zu einer Strafkolonie zu machen, ein Gedanke, von welchem allerdings im Augenblicke nicht ersichtlich wurde, in wie weit er dem Fürsten Bismarck sym­pathisch ist.

(Warnung an Auswanderer.) In derNordd. Mg. Ztg." wird folgende Warnung an Auswande­rer veröffentlicht:In weiten Kreisen wird es von Interesse sein, daß die gegen arme, arbeitsunfähige und der nötigen Subsistenzmittel entbehrende Einwan­derer (sogen, xauxers) erlassenen amerikanischen Ge­setze neuerdings mit verschärfter Strenge in Aus­führung gebracht werden. Auf dringendes Verlan­gen der New-Aorker Armenverwaltung hat die dor­tige Einwandererkommission wiederholt europäische Einwanderer auf den Schiffen, mit denen sie hin­übergekommen waren, zurückgeschickt, weil dieselben sich über ihre Erwerbsfähigkeit nicht gehörig ausweisen konnten. Dabei ist zu bemerken, daß der bloße Be­sitz eines Billets in das Innere der Vereinigten Staaten gegen das Landungsverbot noch nicht schützt, weil seitens vieler amerikanischer Binnenstädte darüber Klage geführt worden, daß der Zuzug ver­armter und erwerbsunfähiger Elemente aus Euro­pa ihnen unerschwingliche Lasten auflege. Möch­ten sich unsere Auswanderer, die ohne genügende Geldmittel nach Amerika gehen und dort Reichtümer zu erwerben hoffen, dies zur Warnung gereichen lassen."

Die offiziöse Neue Reichskorrespondenz bezeich­net das Gerücht von der englischen Pilgerfahrt des Fürsten Bismarck als die fetteste Ente, welche z. Z. auf dem Tisch der äußern Politik prange.

Wie wir hören, ist der Gesetzentwurf, betr. die Einführung von Postsparkassen im Deutschen Reich, fertiggestellt und liegt gegenwärtig dem preußischen Staatsministerium zur Beratung vor. Ehe der Ge­setzentwurf, welcher sich übrigens die möglichste Scho­nung des Bestandes der Gemeinde- und Kreisspar­kassen angelegen sein läßt, an den Bundesrat ge­langt, wird er noch dem Staatsrate unterbreitet werden.

Es bestätigt sich, daß die Verhandlungen der deutschen Regierung mit Spanien über die Errich­tung einer Kohlenstation für die deutsche Flotte auf der Insel Fernando Po zu einem günstigen Ab­schluß gelangt sind. Es ist damit ein weiterer Schritt zur Verwirklichung des Planes gethan, die Errichtung von Kohlenstationen für unsere Flotte in überseeischen Ländern soviel als möglich zu er­weitern.

(Blöder Aberglaube.) Eine Bahnwärtersfrau unweit Niederwöllstadt zog, weil ihr Kind kör­perlich eher ab- als zuzunehmen schien, eine sogen, weise Frau" zu Rat. Die Sybille erklärte, daß das Kind in der Periode, während sie Sympathie gebrauche, in seiner Wiege an der Zimmerdecke hängen müsse, und führte das Geschäft des Aufhängens selbst aus. Der Hokuspokus mit Spannungen an Armen, Binden mittels Riemen rc. hatte den traurigen Er­folg, daß die Wiege samt der Decke herabfiel und dabei das Kind das Genick brach. Das weitere wird sich hoffentlich vor Gericht finden.

Hamburg, 4. Olt. DieBörsenhalle" ver­öffentlicht das folgende Telegramm aus Kopenhagen von heute miltag über den Brand des Königlichen Residenzschlosses Christiansborg: Gestern nachmittag um 4 Uhr wurde in den Nebengemächern des Folke- Iküng-Saales Feuer bemerkt, welches von den Ofen­röhren herrührte, der eigentliche Herd des Feuers war jedoch nicht zu entdecken. Um 6 Uhr fand eine Gasexplosion statt und der östliche Flügel stand schnell in Brand. Es wurde Militär requiriert. Der Stadtarchitckt Meldahl, unterstützt von 600 Soldaten und Freiwilligen, leitete die Herabnahme von 800 Nummern der königlichen Gemäldegallerie. Jerichaus MarmorgruppeHerkules und Hebe" wurde in einem Blockwagen transportiert. Die wichtigsten Staats­ratspapiere und die königliche Handbibliothek sind ge­rettet, dagegen ist die Reichsbibliothek teilweise zer­stört. Der Staats-Reservefonds und die vielen kost­baren Manuskripee der königlichen Bibliothek wurden nach den Gewölben des Zeughauses transportiert. Um l l Uhr wurde eine Dynamitsprengung zwischen dem Schloß und der Schloßkirche vorgenommen, um dieses und das Thorwaldjen-Museum zu retten. Fen­ster wurden zu Tausenden zertrümmert und unter den Zuschauern brach eine Panik aus. Um 1 Uhr nachts war man Herr des Feuers.

DieH. B.-H." meldet aus Kopenhagen vom

nachmittag: Ein offener Brief des Königs dankt der Feuerwehr, den Soldaten und den Matrosen für den von ihnen bewiesenen Mut und ihre Ausdauer und Opferwilligkeit, durch welche die Rettung aller Kunstschätze ermöglicht worden sei. Da sämtliche Reichstagslokalitäten und die Bibliotek zerstört wor­den sind, ist die Vertagung der Reichstagseröffnung auf 2 Monate wahrscheinlich. Der Flügel des Schlosses wurde mit 1 800 000 Kronen bei inländi­schen Gesellschaften versichert, das Hauptgebäude ist unversichert. Menschenmassen umstehen die rauchen­den Ruinen.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 4. Okt. Das sonst gut unterrichtete Oesterreichische Handelsjournal" meldet, in Skierne- wiece hätten Bismarck und Kalnoky prinzipiell ein Zollbündnis von 1890 ab vereinbart, worin unter Rußlands Zustimmung die Balkanstaaten einbezogen würden.

Wien, 6. Okt. Die Leichenfeier Makart's gestaltete sich zu einer imposanten, würdigen Trauer­kundgebung unter Anteilnahme der gesamten Kunst- welt. Die Straßen waren übersäet von einer un­übersehbaren Menschenmenge, und es brannten die mit Flor verhüllten Straßenlaternen. Der Leichen­zug war großartig.

Bozen. 4. Okt. Gestern ist der deutsche Kronprinz hier angelangt, um imHotel Austria" in Gries einen vorläufig auf drei Wochen berechne­ten Aufenthalt zu nehmen. Der Kronprinz war be­gleitet von seiner Gemahlin, deren Schwester Prin­zessin Louise von England, Marquise of Lorne, und den drei Prinzessinnen Viktoria, Sophie und Mar­garethe. Es batte sich eine ungeheure Menschen­menge zur Begrüßung eingefunden. Für Anfang November wird auch die Königin von Serbien erwartet.

Frankreich.

Paris, 4. Okt. Ein Telegramm aus Hong­kong von heute meldet: Courbet begann am Mitt­woch die Bombardierung der Forts von Kelimg; die Chinesen leisteten lebhaften Widerstand. Der Verlust der Franzosen am 1. Okt. früh betrug zwei Tote und etwa zehn Verwundete.

Paris, 5. Okt. Die Regierung bereitet sich bereits ernstlich für die im nächsten Jahre stattfinden­den Depntirtenwahlen vor. Der Minister des Innern empfängt jetzt täglich mehrere Präfekten, um sich über die Strömung der Bevölkerung zu unterrichten. Man glaubt zu wissen, daß die Berichte der Präfekten weniger günstig sind, als die Regierung wünscht. Die Stellung der Deputaten ihren Wählern gegen­über ist bedeutend schwieriger geworden, was größten­teils Folge der üblen wirtschaftlichen Lage ist. Han­del und Gewerbe liegen darnieder und haben ihre liebe Not gegenüber dem ausländischen Mitbewerb. Mehrere große Industrien, wie die des Eisens und der Seide, befinden sich in einer Krisis; mit meh­reren Zweigen der Pariser Luxusindustrien steht es kaum besser. Auch die Landbevölkerung klagt sehr. Die Ernte war zwar überwiegend gut, aber der Preis des Getreides ist niedriger als vor dreißig Jahren. Dagegen sind die Abgaben und sonstigen Lasten des Ackerbaues gestiegen. Die landwirtschaftlichen Vereine verlangen Erhöhung der Getreidezölle, aber die Re­gierung muß hierbei sehr vorsichtig zu Werke gehen, um die Arbeiter, die billiges Brot verlangen, nicht gegen sich einzunehmen. Merkwürdigerweise hat das billige Getreide nicht auch das Brot billig gemacht.

Paris, 5. Okt. Der etsässischen Kundgebung im Grand Orient ist heute eine vor dem Kriegerdenkmal auf dem Kirch­hofe von Montreuil gefolgt. Etwa 5 i Schützen- und Turn­vereine, die Patriotenliga, 8 Schülerbataillone, mehrere Frei­denker-Gesellschaften, alle mit ihren unter Trauerflor umhüllten Fahnen, waren erschienen, auch ein Verein italienischer Repub­likaner. Au Dsroulödc's Stelle schritt an der Spitze der Pat­riotenliga die frühere Marketenderin Madame Farthout, die Brust mit dem Ritterkreuz der Ehrenlegion geschmückt. Die Reden liefen sämtlich darauf hinaus, die Jugend müsse zu Rächern Frankreichs erzogen werden; sic müßte einstens Elsaß- Lothringen wiedererobern. Lcssvre, Gencralrat des Seine- Departements, schloß mit den Worten:Bismarck, der größte Barbar unter den Teutonen, der Frankreich mit Brand und Plünderung heimgesucht, soll wissen, daß das republikanische Frankreich zur Rache gerüstet ist; er soll erfahren, was das heißt!" Der einem Schülerbataillou angehörende 9jährige Sohn des Beigeordneten von Montreuil bestieg mit seinem Chassepot die Rednerbühne, um rachcschnaubende Verse vorzutragen. Ein Mitglied des italienischtu Vereins ließ dieWcltrepublik" hoch ' leben. Nach Schluß der Kundgebung zog die Versammlung nach der Bürgermeisterei, wo der Ehrenwcin kredenzt wurde.

Paris, 6. Okt. Eine Depesche des Admi­rals Courbet aus Kelung vom 4. Okt. sagt: Die

Werke im Osten und Süden der Rhede sind heute von den Landungskompagnieen ohne Widerstand be­setzt worden. Vor dem weiteren Vorgehen gegen Tam-Sui oder die Kohlengruben ist es unerläßlich, die Hauptpunkte zu befestigen, damit sie durch we­nige Mannschaften verteidigt werden können. Eben­so ist die Zerstörung mehrerer chinesischer Schanz­werke notwendig. Die Batterien von Tam-Sui sind demoliert. Wir arbeiten daran, die von den Chine­sen durch versenkte Dschunken und Torpedos herge- stelltc Sperre zu zerstören.

Paris, 7. Okt. In der Kirche Saint Nico­las des champs in Rue St. Martin ereignete sich gestern nachmittag ein großer Skandal. Anläßlich eines Versuchs des Gemeinderats, die nicht in der Baufluchtlinie stehende Sakristei räumen zu lassen, wogegen der Pfarrer protestierte, drang eine Men­schenmenge in die Kirche ein und verübte großen Unfug, zechte auf dem Altar und bejubelte eine Spottrede, die ein 1 »jähriger Mensch von der Kan­zel herab hielt. Eine rauchende Migäre rief vom Altäre herab allerlei Zoten aus. Nach 4stündigem Tumult wurde die Menge, welche rief: nieder mit den Pfaffen, aus der Kirche und von deren Umge­bung Vertrieben. Bis abends 7 Uhr haben jedoch noch keine Verhaftungen stattgefunden.

Von Paris meldet man derK. Z.: Das sogenannteNebeneinandermarschieren" Deutschlands und Frankreichs ist heute eine vollendete Thatsache: zwischen Frankreich einerseits und Deutschland und seinen Verbündeten anderseits ist es dem Vernehmen nach zu einem Einverständnis betreffs gewisser ge­genwärtig schwebenden Fragen gekommen. Die Ra­dikalen und Royalisten werden, wenn dies erst ein­mal offiziell feststeht, noch mehr gegen Ferry wüten, als sie es bisher gethan; dies wird ihnen wenig nützen, da die Mehrheit des Parlaments gerade des­halb um so fester zu Ferry halten wird, wenn er ihr den wahren Sachverhalt auseinandersetzt. Die Stellung des Kabincts ist natürlich nicht die ange­nehmste.

England.

London, 6. Okt. DieTimes" meldet aus Peking von vorgestern: Es verlautet zuverlässig, daß China geneigt sei, in den Differenzen mit Frankreich sich einem Schiedssprüche unbedingt zu fügen.

Der englische Staatssekretär hat einen Aus­schuß von drei Aerzten zur Ergründung der Chole­raursachen nach Calcutta gesandt. Einer derselben verschluckte eine Menge Commabaccillen, ohne eine Wirkung zu verspüren. (Wenn man nur gesund dabei bleibt; übrigens besten Appetit!)

Amerika.

New-Aork, 6. Okt. Aus der Provinz Buenos-Ayres werden große Ueberschwemmungen gemeldet; die Verbindungen find 11 Tage lang un­terbrochen. Große Verluste an Eigentum und Men­schenleben, ganze Familien ertranken; jetzt herrscht große Hungersnot; es wurden öffentliche Subskrip­tionen eröffnet.

Handel § Verkehr.

Herrcnberg, 4. Okt. Der heutige Hopfenversandt beträgt 146 Ballen, welche nach Mainz und Mannheim verla­den wurden. Bei steigenden Preisen treffen Käufer zahlreicher ein. Der Handel gestaltet sich bei der reinen Ware sehr leb­haft. Bezahlt wurden gestern abend 126130 4L. Hier lagert durchschnittlichgute" Qualität.

Stuttgart, 6. Okt. (Landesproduktenbörsc.) Der Hopfcmnarkt ist in der abgelauscnen Woche etwas flauer ge­worden, doch bleiben feine Qualitäten noch immer gesucht und preishaltend. Die heutige Börse war ziemlich lebhaft besucht und wurde mehreres zu etwas höheren Preisen gegenüber vo­riger Woche als verkauft zur Anzeige gebracht. Wir notieren per 100 Kilogr,: Weizen, baherischer 1819 4L, rnss. Sax. 17 40 4 bis l7 90 4, rnss. Assow. 16 4L 50 4, kali­

fornischer 18 4L 75 4 , ungarischer 19 4. 35 4, Haber 12 4L 50 4, Hopfen per 50 Kilo 100115 4!.

Stuttgart, 6. Okt. (Mehlbörse.) Das Mehlgeschäst an hiesigem Platze hat sich ebenfalls nicht gebessert und ist der Absatz eher noch schwerer geworden. An heutiger Börse sind von inländischen Mehlen 1423 Sack als verkauft zur Anzeige gekommen zu folgenden Preisen: Nr. 0 4c. 30.5032, Nr. 1 4L 28.2530, Nr. 2 4L 26.5028, Nr. 3 4L 2426, Nr. 4 4L 19.50- 21. In ausländischen Mehlen kein Handel.

Eßlingen, 4. Okt. Kartoffel kosteten heute 2 bis 2 .« 50 4 pr. Ztr., das Kraut 6-10 4L pr. Hundert.

Rcutlingen, 4. Okt. (Obstmarkt.) Es wurden gegen 2100 Säcke aufgestellt. Die Preise stellten sich von 4L 4.80 bis 5.20 per Ztr. Auf dem Bahnhof waren 6 Waggon mit fremdem Obst, welches zu 4L 4.20 per Ztr. raschen Absatz fand. Kartoffeln waren 300 Sacke aufgestellt und kosteten 4L 1.80 bis 2.20 per Ztr.

Nürnberg, 6. Okt. (Hopfen.) Auf dem Samstags­markt wurden für Württemberger Prima 125135 und Wiirttcmbergcr Sekunda 4c 110 -120 bezahlt.