statt des Freihandels (free trade) den Gegenscitig- keitshandel (fair trade) als leitendes Prinzip prok­lamiert." Hiernach sollen nur diejenigen Staaten ihre Ware zollfrei nach England importieren dürfen, welche England gegenüber im Freihandel stehen, die also ihren Markt für englische Ware offen halten. Ueberaus klassisch ist die Begründung:Freihandel war so lange für uns günstig, als wir noch den Weltmarkt beherrschten;" jetzt aber haben sich Ame­rikaner, Deutsche und Franzosen von uns emanzipiert. Was bisher noch reine Wissenschaft war. wird auf einmal verketzert, weil die englische Lehre auf Eng­länder angewandt werden soll. Bisher waren alle Berliner Laternenpfosten aus englischem Eisen ge­gossen, jetzt ände'.t sich das Billd allmühlig, ja es ist sogar schon möglich, unsere hübschen deutschen Oefen nach London zu verkaufen. Die Konkurrenz wird unbequem, sie muß ans jede Weise vernichtet werden. Man wendet sich an die Stimmherde, die Arbeiter, um ihnen klar zu machen, woher ihre Not­lage rühre, man sucht Stimmen im Parlament zu gewinnen und wir sehen das seltsame Schauspiel, daß England die Pci'nzipwii des krassesten Freihandels mit denen des Schutzzolls vereinigen muß. Dieser Berlegenheils-Misch-Masch ist das Fair Trade, in Wirklichkeit krassester Schutzzoll mit srcihändlerijchem Mäntelchen, der wahrscheinlich bestimmt ist, die Zu­kunft zu beherrschen. Auf gut Deutsch heißt das Jn- tercssenpolitik uni jeden Preis, die wir leider ans dem Kontinent über die unfruchtbare Partei-Politik nur allzusehr verleugnen."

Oesterreich-Ungarn.

Der Kaiserin von Oesterreich macht's nicht leicht eine andere Großmutter nach. Sie reitet und fahrt, sie turnt, sicht und jagt und nun läßt sie sich auch kneten, was ein ziemlich neues schwedisches Heil­verfahren ist. Berühmt durch seine Knetkurcu ist ein Dr. Metzger in Amsterdam und er ist auch der augenblickliche Leibarzt der Kaiserin, die durch diese Kur über die etwas steifen Leichenfeierlichkeiteu in Wien Inuüberlommt.

lieber einen Raubmord in einer Kaserne wird aus Raab unter dem Gestrigen gcfchriebeu: Heute um 5 llhr morgens fanden einige dem hier statio­nierenden 1 l. Feldjägerbataillon angehvreuden Sol­daten, als sie sich zu der in der Kaserne wohnhaf­ten Kantinenwirtiu begaben, diese sowie deren 24jäh- rigen Sohn blutüberströmt leblos auf dem Fußbo­den liegen. Scherben und Bestandteile einer Soda­wasserflasche lagen umher, sonst befand sich das Zim­mer in bester Ordnung. Die Kaserne wurde sofort gesperrt, die Mannschaft einer eingehenden Untersu­chung unterzogen, Waffen und Kleider visitiert doch ohne Erfolg. Die gerichtliche Kommission, die sofort auf dem Thatorte erschien, konstatierte das Vorhan­densein von 218 fl. und einigen Wertsachen. Der GerichtSarzt gibt als Augriffswaffen ein 40 Centi- meter langes Messer, eine kleine Hacke und die So­dawasserflasche an. Wie dem P. N. gemeldet wird, konnte die Frau verhört werden. Sie gab Folgen­des au: Des nachts seien zwei Soldaten des Jäger­regiments eingetreten und haben Rum verlangt Der Sohn'ging mit der Lampe hinaus und wollte wel­chen holen. In diesem Augenblicke bekam er einen Hieb auf den Kopf und fiel zu Boden. Als die Frau dies hörte, rief sie um Hilfe, worauf die Sol­daten hineingingcn, über sie herfielen und sie so lauge schlugen und stachen, bis sie sie für tot hiel­ten. Dann suchten sie ihr Geld, fanden jedoch nur 14 fl. vor. da ihre übrige Barschaft wohlverwahrt war.

P r a g, 7. Mai. Das Ministerium des Innern hob das Verbot der Prager Statthaltcrci wegen Ab- singung derWacht am Rhein" auf.

Frankreich.

15 Millionen Sündengeld haben die Pächter der Spielhölle von Monaco letztes Jahr cingesackt. Ein gewisser Dr. Henrichi aus Genf soll jüngst auf Monte Carlo sein ganzes Vermögen verspielt und sich hierauf vergiftet haben. Man sagt in Monaco, es sei das 152. Opfer dieser Saison! Wann regnet es einmal Pech und Schwefel auf dieses Sodom?

England.

London, 0 . Mai. Bei einer heute stattge- habteu Dynamit-Explosion in einer Fabrik bei Ahr (Schottland) wurden 10 Personen getötet und 2 schwer verwundet.

Das englische Unterhaus hat Vroadhursrs An­trag zu Gunsten der Legalisierung der Ehe mit der

Schwester der verstorbenen Frau mit 238 gegen 127 Stimmen angenommen.

Spanien.

DieSchw. A. Ztg." läßt sich von ihrem Pariser Korrespondenten aus wohlunterrichteter Quelle schreiben, daß die Krankheit des Königs Alphouso von Spanien seit einige» Tagen eine bedenkliche Wendung genommen habe, derart, daß in Pariser diplomati­schen Kreisen mit großem Ernst die Frage ventiliert werde, wie sich die Dinge jenseits der Pyrenäen in­folge des Ablebens des gegenwärtigen Souveräns gestalten würde? König Alphonso soll an einem or­ganisierten Brusrleidcn darnieder liegen. Anderen Nachrichten zufolge ist der König wieder völlig her- gestellt.

Egypten.

Kairo, 9. Mai. Angesichts der Schwierig­keiten, die Steuern in Obercgypten einzuziehen, be­schloß der Ministerrat, die Stcuerbeträge in natura anzunehmen. Auch verhandelt die Negierung mit den egyptischen Banken wegen eines Vorschusses von 300 000 Pfd. zu 5 pCt., wobei das aus Ober-Egyp­ten für die Steuerzahlungen eingehende Getreide als Garantie dienen soll.

China.

Während verlautet, die französische Regierung werde ihre Truppen aus Tonkiu nicht eher zurück­ziehen, als bis China die verlangte Kriegskostenent- schädigung bezahlt habe, ist China im Augenblick sehr bemüht, Zeit zu gewinnen und ernstliche Vor­bereitungen fiir einen kriegerischen Konflikt mit Frankreich zu treffen. Dießbezüglich meldet die Korresp. Hamas":In den Provinzen werden eif­rige Vvrbe:eitnngeu zur Verteidigung getroffen, be­sonders in Nanking und an der Mündung der Jan-tsc Kiang. Der Gouverneur der Provinz Tsche- Kiaug wurde nach Peking berufen, wo bedeutende Truppenmassen zur Verteidigung der Hauptstadt zu- sammengezogeu werden."

Amerika.

Die Vereinigten Staaten von Nordamerika haben im l. Quartal d. I. für 54Vs Millionen Doll. Brodstoffe und sonstige Lebensmittel zur Ausfuhr ge­bracht gegen 8 OV 2 Mill. während derselben Zeit des verflossenen Jahres, also für 26 Millionen.

(Ein Sec vci schwanden.j Red Fish Lake, ein See auf einer Bergkette in Idaho, der mehrere Meilen lang und sehr tief war, ist plötzlich in die Tiefe gesunken. Der See lag etwa 1 1 000 Fuß über dem Meeresspiegel und war mit einem dichten Wald umgeben. Die Felsen bestehen aus Granit und Kalk­stein und eine ungeheure Ocffnung hatte sich gebildet. Der See enthielt Millionen roter Fische, welche mit dem Wasser spurlos in die Tiefe versunken sind.

DerKöln. Ztg." zufolge ist der Präsident der Republik Mexiko vor 4 Jahren als ein armer Manu ins Amt gekommen und besitzt jetzt ein Ver­mögen von ca. 18 Millionen Mark. Es ist unter diesen Umständen kein Wunder, wenn mau in den Vereinigten Staaten der Meinung ist, daß die mexi­kanische Negierung, die offenbar der Bestechung im höchsten Gradezugänglich ist, bald zusammen brechen wird.

Handel K Verkehr.

In Frankfurt ging die traurigste aller Messen zu Ende. Ein Händler in Slrohhütcn mußte IvO für die Bude bezahlen und nahm Alles in Allem 40 ein. Große Nachfrage war nach Pelzwaareu, die aber nicht befriedigt wer­den konnte, weil Mangel an Abgebern war.

(Australischer Hopsen.) Der erste Verkauf australischen HopsenS der diesjährigen Ernte fand am 5. d. in London statt und wurden per Ztr. (112 Pfd. engl.) 7 Pfd. Sterl. (140 .«) erzielt. _ _

Allerlei.

Keinen Branntwein kein Fleisch mehr ! ist in England das Losungswort. Während man seit Jahren in dem Bestreben, der übeihany nehmenden Trunksucht Einhalt zu thnn, gegen Bierbrauer und Schänkwirte Krieg geführt hat, so scheint man jetzt gegen Fleischer und Schlächter einen Feldzug eröff­nen zu wollen, um ans Abschaffung des Fleischessens hinzuwirken. Da diese Bestrebungen gegen andere animalische Nahrung, wie Eier, Milch und Butter nicht gerichtet sind, so wollen wir sie nicht als vege- tarianische Umtriebe, sondern als diätetische Reformen bezeichnen. Einerseits gehen dieselben auS von dem blauen Bandorden, andererseits von den zahlreichen Ticrichntzvcreinen. Jener predigt in allen Dingen Mäßigkeit, diese wollen in übertriebenem Hnmanitäts- eiser das Leben der Tiere geschont wissen, wenngleich es zu unserem körperlichen Unterhalt dienen soll. Vielleicht hat auch das Beispiel der Königin einigen

Anlaß zu diesen diätetischen Reformbestrebungen ge­geben. Um den Nachwuchs des Viehes zu schonen, duldet dieselbe seit der Zeit der Rinderpest nie Lamm­oder Kalbfleisch auf der königlichen Tafel. Genug, diese diätetischen Reformen machen sich mehr und mehr in England bemerklich. Auch die Presse scheint hieran regen Anteil zu nehmen. Es ist wahrschein­lich, sagt die Times, daß Fleisch nicht allein weniger nahrhaft ist, als andere menschliche Nahrnngsstoffe, sondern auch, daß die Wirkungen desselben aus das Gehirn ungünstig sind. In der vorletzten Nummer derQncen", eines der gclesensten Damenjonrnale, wird auf die mannigfachen Krankheiten des Schlacht­viehes hingewiesen und die Einführung einer wesent­lich vegetarianischen Dät ans Sparsamkeits- und Ge­sundheitsrücksichten befürwortet. Ein weiblicher Arzt, Miß Dr. Anna Kingsfmd, wird wissenschaft­liche Vorlesungen über Vegetarianismus und sein Wesen halten, um so mit theoretischen und praktischen Beweismitteln ans den eingefleischten Magen John Bulis einzuwirken. Wie wir vernehmen, werden ihre Vorlesungen im Folgenden gipfeln. Fleischgenuß ist schädlich, da das Schlachtvieh, besonders Schweine, mit akuten und chronischen Krankheiten behaftet sind, die durch den Genuß dem menschlichen Organismus zugcführt werden. Der ll-iprnng aller Ernährung ist hingegen vorwiegend im Pflanzenreich und Pflanzen­kost zu suchen. Früch'e, Pflanzen, Eier, Honig sind als natürliche und einfache allen anderen Nahrungs­mitteln vorznziehen. Die uegetauanische Lebensweise, die für viele Völker eine Notwendigkeit ist, ist gesun­der, billiger und lcichtvcrdaulich. (England könnte nach vegetarianischen Grundsätzen die doppelte Be­wohnerzahl ernähren.) Gemüsebau, Obstbau, Bie­nenzucht muß gepflegt, Jagd, Fisch- und Vogelfang unterdrückt werden. Ein Gemüsegarten ist besser als zehn Schlachthäuser.

Eine seltsame Wette ist das Tages­gespräch in Antwerpen. Ein Engländer Be­sitzer einer dortigen Taverne hatte dem Besitzer des deutschen Ratskeller gegenüber die Aeußerung gethan, daß die deutschen Kellner die ungeschicktesten der Welt seien. Letzterer bestritt es und so kam es zu einer Wette, bei welcher der Engländer sich ver­pflichtete, 500 Francs demjenigen deutschen Kellner zu zahlen, welcher in 24 Stunden 2000 Schnitte Brod schneiden, mit Butter streichen und mit Rost- beas belegen würde. Ein Kellner des deutschen Rats­kellers nahm die Wette an und begann vorgestern morgens um 6 llhr, vor einem zahlreichen Publikum die Arbeit. Um zwei Uhr nachts, also nach achtzehn Stunden, war das 2000ste Butterbrot) fertig; mit stark geschwollenem Handgelenk hatte der Kellner die Wette gewonnen. Der Besitzer des Ratskellers fügte die Hälfte der Tageseinnahme den 500 Frcs. hinzu und übergab die 2000 Butterbrodc den Hospitälern der Stadt.

Das StuttgarterN. T." schreibt: Wenn der Himmel uns Heuer so gnädig ist, wie genau vor 300 Jahren, so dürfte ein Hcrbstsegen zu erwarten sein, bei welchem heute schon den Weintrinkern das Herz im Leibe lacht: Als Gewährsmann für jenen außerordentlichen Herbstsegeu dient uns einPaul Kapp", dessen Unterschrift ein Stein trügt, welcher in der Schildmauer eines Kellergewölbes im Metzger Alb. Linck'schen Hause in der Karlsstraße zu sehen ist. Die auf demselben zu lesende Inschrift lautet: Anno . Domini. (Im Jahre des Herrn) 1584. ist . dieser . Keller . gemacht . worden . und . hat. ein . Mas . Wein . gölten . ain . Pfing . und . in . Stifts­keller . um . sunst. wer . hat. wellen." Möchte sich dieser Preis, wenn auch in modifizierter Weise, Heuer wieder einmal entstellen!

Verantwortlicher Reralteur Steinwandel in Nagold. Druck und

Verlag der G. W. Zaiser'scheu Buchhandlung in Nagold.

Eine neue prachtvolle Ansicht von

Stuttgart,

welche der Herausgeber deS schwäbischen Wochenblattes in New- Aork durch den bekannten Künstler E. Emminger in Bibcrach unfertigen ließ, wurde uns durch den Buchhändler E. Rupfer in Stuttgart, bei welchem sie für ö Mark zu haben ist,zugc- sandt und liegt bei uns bereit.

Wir zweifeln nickt, daß mancher unserer Leser, welcher teils beim Militär, leils sonst einige Jahre in Stuttgart ver­lebte, sich das schöne und dabei sehr billige Bild gerne anschafst, denn es ist für ihn nicht nur eine angenehme Erinnerung, sondern es bildet auch eine schöne Zimmerzicrde; namentlich dürfte cs in jedem Wirtslokalc manchem Gast willkommen sein.

Diejenigen, welche die Ansicht den Ihrigen in Amerika zusenden wollen, mögen an Herrn Buchhändler Rupfer in Smlt- gart deren genaue Adresse mit 6 Mark einsendcn und wird es ihnen dann franko von Ncw-Aork zugcsandt.