China.
Es sind in China Anzeichen vorhanden, daß der Konflikt mit Frankreich, der jetzt mehr unter der Hand spielt, offenkundig wird. Frankreich wird ! dann neue Anstrengungen machen müssen, um feine bis jetzt errungenen Vorteile sicher zu stellen, ohne doch verhindern zu können, daß seine Situation in Ostasien auf unabsehbare Zeit hinaus kritisch bleibt. China seinerseits kann nur davon profitieren, wenn der Tonkinhandel, statt ausgetragen zu werden, in Versumpfung gerät.
Amerika.
Der Pastor R. Ncumann in New-Dort warnt alle Unbemittelten vor dem Einwandern nach Amerika. Die Zeiten seien jetzt in Amerika harte und Geschäftslosigkeit und Geschäftszusammenbrüche gebe es an allen Orten. Fast jeden Tag lese mau in den Blättern von Einlassungen großer Scharen von Arbeitern und wo noch gearbeitet werde, geschehe es sehr häufig nur für die halbe Zeit oder den halben Lohn. Die Bureaus seien von Hunderten von Arbeitssuchenden umlagert. Manche isind schon vom November an im Lande, ohne bis jetzt Arbeit gefunden zu haben.
Durch einen Wirbelsturm wurden in Galveston in Texas eine Kirche und eine Negerschule zerstört. Von den 32 Kindern, welche in der Schule waren, wurden 10 schwer und eins tödlich verletzt. — Aus Mexiko vom 20. ds. M. wird gemeldet, daß die Apache-Indianer in der vorigen Woche in San Miguel eingefallen sind und 12 Männer und Frauen getötet haben; später griffen sie eine Karawane in der Nähe dieser Stadt an und erschlugen dabei noch weitere " 5 Personen.
Handel Li- Verkehr.
Zufolge der Verfügung des Ministeriums der auswärtigen Angelegenheiten, Abteilung für die Ver- kehrSanstalten, betreffend Einschränkung des Po st die n st es an Sonn- und Festtagen, wird an letzteren der Poitschalter beim Postamt Nagold vom 1. Mai an geöffnet sein:
Vorm, von 8 — 9 Uhr,
„ 11-12 ..
Nachm. „ 5— 7 „
Die Belieferung der ankommenden Postsendungen findet künftig an Sonn- und Festtagen statt:
Vorm, von 7 —9 Uhr (für Briefe, Zeitungen.
Paket- u. Wertsendungen), Vorm von 11 — 12 Uhr (für Briefe, Zeitungen und Postanweisungen).
(Konkurseröffnungen.) Michael Rösch, entwichen, vormal. Hirschwirt in Anendorf (Göppingen). Anton Hang- naner, Schreiner in Schussenried (Waldsce).
S tnttgart, 28. April. (Landcsprodnktenbörse.) Das Geschäft aus heutiger Börse ging sehr schwerfällig, weil Verkäufer höhere Preise verlangen, welche nur mit Widerstreben verwilligt wurden. Wir notieren per 100 Kilogr.: Weizen, baicrischer 20 „L 75 bis 21 70 rnss. Sax. 20 75 4,
russ. Assow. 18 50 it, kalifornischer 21 50 ^>, bulgari-
schcr 17 72 ._
Ln Kind der Urmuth.
Erzählung von M. Gerbrandt. (L. Calm.)
(Fortsetzung.)
War es denn wahr? War es denn möglich? An sie, die Verachtete, Gekränkte, an sie, das Kind der Armut, konnte ein solches Anerbieten herantreten? Und warum nicht an sie? War sie nicht jung und hübsch, gebildet und fähig, Edelsteine und kostbare Gewänder zu tragen, wie fine der stolzen Frauen da drüben?
„Ja, Sie sind schön und lieblich, wie keine der andern," sagte der Baron herantretend und die Por- tivre hinter sich zuziehend, „und darum sagen Sie ja oder nein?"
Sic verhüllte zitternd das Gesicht in den Händen.
Sie waren abgeschieden von dem übrigen Raum wie in einem kleinen lauschigen Kabinet; die Musik drang nur gedämpft durch die dichten Sammetvorhänge, die Blumen und fremdländischen Gewächse, mit welchen man den Winkel dekoriert, verbreiteten einen seltsamen Dust. —
Er neigte sich über ihre Stuhllehne und zog ihr die Hände vom Antlitz. „Warum fürchten Sie sich vor mir?" sprach er mit bestrickender Weichheit. „Sie armes, verschüchtertes Kind, warum berührt Sie meine Werbung wie etwas Unerhörtes, Unmögliches? Habe ich denn heute die Sprache Ihrer Augen mißverstanden, als ich Sie so einsam, so verlassen vor Beginn des Tanzes aus Ihrem Platze sah? Sprachen diese Augen nicht wie damals, wo ich Sie zum ersten Male erblickt: „Ich kenne kein größeres Glück als
Reichtum!" Denken Sie an meine Güter, wenn — wenn Sic wirklich glauben, nie ein wärmeres Gefühl für mich hegen zu können."
Sie erhob sich und trat, soweit der enge Raum es gestattete, von ihm zurück.
„Herr Baron," sagte sie mit fester Stimme, obgleich in den großen kindlichen Augen, die sie zu ihm erhoben, eine rührende Angst lag, „Herr Baron, auch wenn Ihr Antrag ernst gemeint märe, muß ich doch bitten, die schuldige Rücksicht für meinen Ruf nicht aus den Augen zu setzen."
Er richtete sich auf und schaute einige Momente sinnend aus sie herab. „Ich gehe," sprach er dann, „und morgen bitte ich Sie um die Erlaubnis, in Gegenwart meiner Mutter Ihnen meinen Antrag wiederholen zu dürfen."
„Der Baronin," ries Adele und machte unwillkürlich eine Geberde des Schreckens.
„An eine Verbindung mit der Gräfin Malten denkt meine Mutter nach dem heutigen Abend selbst nicht mehr," sprach er, den Vorhang bereits in der Hand haltend. „Krank, wie sie leider ist, wird sie meinen Wünschen nicht lange widerstreben, und sollte sie dennoch — — nun, was man einmal bitter bereut hat, thut man nicht leicht zum zweiten male."
Als er gegangen, eilte Adele in ihr Zimmer hinauf. Wie totenstill, wie einsam war es hier, und wie schaurig schlug der Regen an die Fenster! Sie zündete Licht an, warf sich aus die Chaiselongue und stützte den Kops in die Hand.
Auch an die Fenster der großen, öden Bauernstube schlug der Regen und auch hier wurde cs totenstill, wenn die wirren Fieberreden des kranken Erich verstummten. Den Raum vom Bett bis zum Fenster aber durchschritt Agnes angstvoll, wohl zwanzig mal — aber so oft der Raine, der immer, immer wieder auf des Bruders Lippen trat, sie von Neuem empor- fchreckte, so oft sie die Stirn an die Scheiben lehnte und sehnsüchtig in die Finsternis hinausblickte, die,' die sie erwartete, die sie als Rettung für den Totkran- ken erhoffte, kam nicht.
„Freunde in der Not sucht man vergebens," sprach sie bitter, als sie die letzte Hoffnung fahren ließ, „das ist eine alte Wahrheit, und doch könnte ich darüber wahnsinnig werden, wenn ich denke, daß sie Dir, Erich, meinem einzigen Beistand, vielleicht das Leben kostet." —
Zehntes Kapitel.
Es war ein langer und schwerer Kampf, den Adele in dieser Nacht mit sich selber kämvlte. Was sie ihr Leben lang mit Sehnsucht gewünscht, dessen Mangel sie oft bitter empfunden, es stand nun auf einmal erreichbar vor ihr. Sie konnte vielleicht schon morgen den Dienstboten, die in ihr nicht viel mehr als ihres Gleichen sahen, die gebietende Herrin sein. Sie konnie später als Freifrau v. Rordheim ihre Vaterstadt besuchen und durch den Glanz ihres Auftretens diejenigen blenden, die ihr und ihrer Mutter Demütigungen bereitet. Sie konnte auch nach Freieuwald lsinüberfahren und dort den Hardenbergs eine noble Demütigung bereiten. — Sonderbar, daß sie viel mehr an die veränderte Lebensstellung dachte, als an den, der sie zu derselben erheben wollte. Und doch war er der begehrteste, der am meisten gefeierte Mann der Umgegend, und sie war die Erste, der er in Gegenwart seiner Mutter aus freien Stücken einen Antrag machen wollte. Und sie hatte ihn nie angelockt, sie war ihm nie entgegengekommen, er selbst hatte sie aufgesunden und sie schön und lieblich wie keine andere genannt. Ha, was die stoizen adeligen Damen, die sie gestern so über die Achsel angesehen, wohl sagen würden, wenn sie plötzlich an des Freiherr» Seile erschien! Aber lieber als jene, lieber als die ganze Welt hätte sie Einen damit treffen mögen. ttmen, der sie mehr gekränkt hatte, als die ganze Welt.
Sie erhob sich unwillkürlich und trat an ihre Kommode. Dort lag, in einem Winkel versteckt, das Medaillon von Erichs Uhrkette. Agnes hatte es zu ihren Sachen gelegt, die sie ihr gleich nach ihrer Heimkunft übersandte. Sie nahm das kleine Schmuckstück sinnend in die Hand, um das Gefühl der Bitterkeit gegen seinen Eigentümer von Neuem in sich mach zu rufen, aber nicht um die Welt hätte sie aus die Feder gedrückt und die rotblonde Haarlocke geschaut.
Als sie damals in seinen Armen gelegen, als sie sein Herz so stürmisch an dem ihren klopfen gefühlt, als sie dann die Augen ausgeschlagen und in sein Ant
litz geblickt — — nein, es war nicht Zorn, was sie bei der Erinnerung erbeben ließ, nicht Zorn, was plötzlich die Glut in ihre Wangen trieb und ihr unwillkürlich den Ausruf entriß: „Baron Adolf, all' Ihre Güter, Ihre Schönheit, Ihren stolzen Namen könnte ich für diesen Einen fahren lassen!"
Sie schlug die Hände vor das Gesicht, als müsse sie sich vor dieser Erkenntnis verbergen. Aber nun war in ihrer Seele kein Schwanken, kein Sinnen, kein Irrtum mehr. Ein Kind der Armut war sie gewesen, weil sie die Schätze ihres eigenen Innern verkannt. Reicher als alle Güter der Welt macht das Weib die Liebe. Was that es, daß Erich hart gegen sie gewesen, daß er sie gedemütigt, verstoßen — sie liebte ihn! Wenn er heute sie wieder verlangte, wenn er die Dienste einer Untergebenen von ihr gefordert, sie hätte willig gesagt: „Thn mit mir, was Du willst."
Auch wenn er sie niemals lieben, wenn sie ewig getrennt bleiben sollten, ihr Fühlen und Denken gehörte ihm. Es war der wichtigste Tag in Adelens Leben, sie kehrte um von dem Irrwege, auf den jugendliche Thorheit ihren Geist geführt. Ihre edle Natur ging nicht unter im Staube der Alltäglichkeit.
(Fortst folgt.)
Allerlei.
— sEin guterRat.j Eine Newyorker „Firma" annonciert in Landzeitimgen: „Wir teilen gegen Einsendung von 50 CenlS ein Mittel zur Abgewöhnung des Fluchens mit", und erhält täglich eine Menge von Briefen von frommen Farmern, die des gedachten Lasters gern los werden möchten. Für die fast immer in der Briefmarke beiliegenden 50 Cents wird regelmäßig der Rat erteilt: Halt Dein Maul!
7 Nag old. (Auszug aus der „Deutschen Reichs- fechtschulc" Magdeburg, 15. April 1884.) In der heutigen Sitzung des Engeren Ausschusses berichtete zunächst der Kassier, daß er am heutigen Tage für den vorhandenen Kassenbestand 4 o/g Consols zum Nennwerte von 11 000 angetanst habe.
Der Vorsitzende überwies aus dem Depot 40 000 in 4°/o Preuß. Consols der Finanz-Kommission.
Der Engere Ausschuß beschloß die Deponierung dieser ^ 40 000 bei der Reichs-Hauptbank in Berlin, wodurch die Höhe der deponierten Summe auf -^ 200 000
angewachsen ist.
Der Geschäftsführer hat eine Kaution von ^ 20 000
zu bestellen. Die Finanz-Kommission wurde ermächtigt, dieselbe entgegenzunchmen und ebenfalls bei der ReichS-HauPtbank zu hinteilegen.
In der letzten Zeit sind von vielen'Seiten Anerbietungen für zu Waisenhäusern geeignete Grundstücke eingegangen.
Zu unserer Information über etwa im Deutschen Reiche vorhandene Grundstücke soll auf Antrag der Waisenhaus-Kommission nachstehende Annonce durch verschiedene größere Zeitungen erlassen werden:
Da wir beabsichtigen, der Pfingsten tagenden Delegierten-Versammlung Vorschläge wegen Errichtung mehrerer kleiner Waisenhäuser zu machen, die zunächst für etwa 25 Kinder eingerichtet werden, jedoch den Raum für etwa 50 Kinder bieten sollen, ersuchen wir Behörden und Private, uns mit geeigneten Anerbietungen zu versehen.
Die Verbände und Fechtschulen werden ersucht, für die möglichste Verbreitung dieser Annonce durch unentgeltliche Aufnahme derselben in alle ihnen zu Gebote stehenden Zeitungen Sorge zu tragen. —
Gewiß keine Gegend würde sich besser zu einem derartigen Waisenhause eignen, wie die hiesige mit ihrem anerkannt guten Klima und andern Vorzügen; es dürfte daher dieser Gedanke von den Vätern unserer Stadt ernstlicher Erwägung und Beschlußfassung unterzogen werden und den hiesigen Fechtverband zu energischer Agitation für die Sache veranlassen. Auch würde dieser Idee durch weiteren Beitritt zu dem Fcchtverband, der jedermann durch den kleinen jährlichen Beitrag von mir 30 L ermöglicht ist, ebenfalls Vorschub geleistet werden. Zur Entgegennahme solcher Beitrittserklärungen ist stets gerne bereit der Verbands-Kassier Kaufmann Pflomm.
Verantwortlicher Redakteur Steinwandel in Nagold. — Druck und Verlag der G. W. Z aiser'scheu Buchhandlung in Nagold.