Köln, 15. April. Bei dem rheinischen Katholikentag in Gürzenich waren 4000 Personen anwesend. Dr. Braubach cröffnete die Versammlung und erklärte, dieselbe sei aus eigener Initiative zusammengekommen, nicht nur aus Veranlassung der Centrumssraktion, nm den Wünschen und Beschwerden der Katholiken und deren gerechten Forderungen Ausdruck zu geben. Nach dreistündiger Verhandlung wurden 4 Resolutionen einstimmig angenommen. Die Versammlung spricht den Mitgliedern der Zentrumsfraktion im Reichs- und im Landtage für ihren bisherigen unerschütterlichen Akut den wärmsten Dank und freudige Anerkennung aus.
M e tz. 12. April. Der Gouverneur von Metz, General v. Schwerin, wurde gestern Abend von einem Schlaganfalle betroffen; fein Zustand ist sehr bedenklich. (Heute wird dessen Tod gemeldet.)
(Fatale Vergeßlichkeit.) Der Bankier M. aus Berlin war dieser Tage nach Hamburg gereist und dort im Hamburger Hof abgestiegen. Nachdem er im Hotel ein Bad genommen, erklärte er in größter Aufregung während seines Ankleidens im Badezimmer dem herbeigerufenen Badediener, daß er während des Bades bestohlen sei. seine Weste mit goldener Uhr und Kette und einem Portefeuille mit 15 000 ^ fehle. Der Banquier eilte zum Konsulat, dieses requirierte die Kriminalpolizei in Hamburg, und mit Erlaubnis des Direktors Herrn Uhl vom Hamburger Hof wurde das Hotelpersonal einer peinlichen Visitation seiner Sachen u. s. w. doch vergeblich, unterzogen. Endlich sagte der visitierende Kriminalbeamte zu dem vermeintlich bestohlenen Banquier: „Nun wollen wir aber auch Sie visitieren, denn cs waren Beispiele da, daß Leute schon ihren Hut gesucht und denselben doch aus dem Kopfe halten." Wohl oder übel mußte sich der sehr aufgeregte Banquier zur Visitation bequemen, und siehe da, als der Be amte ihn an die Brust fühlte, rief er ans: „Sie haben ja Ihr Portefeuille bei sich, hier fühle ich es ja!" Der zerstreute und vergeßliche Herr Banquier hatte die Weste auf den Leib und dann erst das Hemde angezogen, und als er zum eigentlichen Anziehen der Weste schreiten wollte, diese in seiner Urvergeßlichkeit vermißt und obige Affaire herbeigeführt. Die auf diese Weise beleidigte und gekränkte Dienerschaft des Hotels entschädigte der Banquier durch ein reichliches Geldgeschenk.
Kiel, 9. April. Die an Bord der Korvette „Sophie" von der afrikanischen Küste als Geisel mit- gcbrachren Häuptlinge haben in Berlin die Straf- summc hinterlegt; sie kommen am I I. nach Kiel und werden hier bis zum 15. bleiben, um dann mit der „Möve" nach Afrika zurückzukehren.
Berlin, 12. April. Die Besserung des Kaisers schreitet fort, derselbe konnte bereits wieder längere Vorträge entgegeunehmen, darf aber das Zimmer noch nicht wieder verlassen.
Den Kriegsinvaliden von 1870/71,) welche den rechtzeitigen Meldeterinin versäumt hatten, steht eine große Freude bevor. Der Reichskanzler hat dem Vorstande des deutschen Kriegerbundes mitgeteilt, daß bereits von Reichswegen Erhebungen angeordnet sind und daß die Angelegenheit demnächst gesetzlich reguliert werden wird.
Den Berliner Abend lottern mfolge wurde in der Hauptkasse der Swdtvogiei ein Defizit von achtzigtausend Mark entdeckt. In der Wohnung des Kasseurendante», der seit mehreren Tagen das Bureau nicht besucht hatte, wurden 75 000 in Bar vorgefunden. Ter Rendant ist fluchtig geworden. — Nach einer Beilincr Lokaikorrejpondenz hat sich der Defraudant im Hotel zum „grünen Baum" in der Klosterstraße msebosse».
sSteuerwefen j Wer eine Einnahme von jährlich 20 000 Franken aus Staatspapieren genießt, zahlt jährlich Steuer:
In Deutschland . . . 120 Franken,
„ England.... 350 „
„ Frankreich . . . 800 „
„ Italien .... 1640 „
hat einer dieselbe Emnahme aus Grundstücken, so zahlt er
in Deutschland . . . 200 Franken,
„ England .... 530 „
„ Frank, eich . . . 1800 „
„ Italien .... 4800 „
hat jcmai d dieselbe Iahreseinnahme aus Fabriken, so zahlt er
in England .... 530 Franken,
in Frankreich . . . 1037 Franken „ Italien .... 4245 „
Aus dieser Statistik des „Corriere" erhellt, daß Italien im hervorragenden Sinne das Land der Steuern ist.
Dresden, 6. April. In der Privatwohnung des Baron v. Warburg, eines reichen Rentiers, erschien am Freitag ein angeblicher Beauftragter eines sozialdemokratischen Comitös mit der Forderung um sofortige Aushändigung von 1000 <ckL, andernfalls die Billa durch Dynamit in die Lust gesprengt werden würde. ES gelang dem Besitzer, den Unbekannten einige Zeit hinzuhalten, bis ein hinzngerufener Aufsichtsbcamter die Ergreifung desselben bewirkte. Man ermittelte in der Persönlichkeit einen stellenlosen früheren Steuer-Accessisten, welcher bisher bei der Behauptung stehen geblieben ist, im Auftrag eines sozialdemokratischen Comitös gehandelt zu haben, sonst aber jede weitere Auskunft entschieden ver- weiget. Jedenfalls hat man es im vorliegenden Falle mit einer gewöhnlichen Erpressung zu thun.
(Abscheuliche Roheit.) Aus Oberschlesien wird den „Neuen Hess. Volksblättern" geschrieben: Ein kleiner Grundbesitzer zu Mörlenbach erhielt kürzlich aus Amerika eine Sendung, für welche er, da dieselbe deklarirt war, ca. 7 Zollgebühren entrichten muß. Zum großen Aerger des Mannes enthielt das Packet an Stelle des deklarierten Wertgegenstandes nur einen halben Backstein, mit der beigelegten Bemerkung, daß er auf Wunsch die andere Hälfte auch erhalten könne. Dieser Schabernack scheint den Mann in eine furchtbare Gereiztheit versetzt zu haben und ließ er seine Wut au zwei ihm anvertrauten jungen Stieren aus, welche er in geradezu unerhörter Weise mißhandelte. Nachdem das Vieh in Folge der schrecklichen Mißhandlungen nicht mehr fressen konnte und mehrmals, von Schmerz gefoltert, zusammenbrach, schnitt der Peiniger demselben endlich auf offener Straße mit einer Sense den Hals ab. Das Gericht wird sich jedenfalls mit dieser empörenden Tierquälerei noch befassen.
Oesterreich-Ungarn.
Grügau bei Olmütz wurde am 7. ds. von einer großen Feuersbrunst heimgesucht, bei welcher über 50 Häuser eingeäschert wurden. Tuet Personen, eine Frau und zwei Kinder, verbrannten. Nur ein kleiner Teil der Habe war versichert, so daß die Bewohner des Ortes zumeist zu Bettlern wurden.
Frankreich.
Lahors, 15. April. Bei Enthüllung der Statue Gambettas hielt Ferry die Gedächtnisrede auf Gambetta. Der Kriegsminister brachte die Huldigung der Armee dar. Aus Liebe zu Frankreich habe Gambetta zu guter Stunde gelehrt, daß die Nation nur unter der Bedingung in der Welt mitzähle, wenn sie jederzeit bereit sei, die Rechte Anderer zu respektieren, aber auch ihr Blut zu vergießen für die Verteidigung der Heimat und der Ehre.
General Millot hat vom schwarzen Fluß, 13. April, telegraphiert: „Hong Hoa 6 Stunden bombardiert. Die Stadt steht in Flammen; der Feind hat sich zurückgezogen, nachdem er die umgebenden Dörfer in Brand gesteckt."
England.
(Tierschutz für Frauen.) Die geringen Strafen, welche den landesüblichen „Weiberprüglern" in England zugemessen werden und die eingefleischte Brutalität der Männer in den untern Volksklassen, welche die furchtbarsten Mißhandlungen ihrer Ehehälften als eine Art legitimen Sports betrachten, veranlaßte den Abgeordneten Macfarlane infolge einer unbefriedigenden Antwort seiner diessallsigen Interpellation im Unterhause anzumelden, daß er den Antrag stellen werde, die Frauen dem Tierschutzgesetze zu unterstellen, um ihnen ciuen besseren Schutz zu sichern, als dies gegenwärtig der Fall ist.
Schweden und Norwegen.
Im schwedischen Reichstage ist vor einigen Tagen das politische Wahlrecht der Frauen auf die Tagesordnung gesetzt worden. Seitens eines Mitgliedes der zweiten Kammer wurde ein bezüglicher Antrag eingebracht, der zuerst in der ersten Kammer zur Behandlung und Ablehnung gelangt. Interessant sind die vom Antragsteller gemachten Motivierungen. Derselbe hielt zunächst einen Vortrag über die Mandarinen des Orients und die Ehemänner der Jetztzeit, die ihre Frauen wie Puppen behandeln, sowie andererseits über die heilige Jungfrau, die Pythia, Sibylla u. s. w. Freiherr Stackelberg sprach in
folgender Weise für den Antrag: „Der Reichstag repräsentiert nicht das ganze Volk, sondern nur den männlichen Teil desselben. Der Umstand, daß die Eigenschaften der Frau von denen des Mannes abweichen, gebietet es, daß erstere im Reichstage Sitz und Stimme erhält." Graf Spaure ironisierte den Antrag und meinte, er würde gern noch weiter gehen und den Frauen auch das Recht der Wählbarkeit verleihen, da Damengesellschaft bei den Reichstags- Verhandlungen doch ein schönes Ding sei. Der Antrag fiel aber auch in der zweiten Kammer, obgleich nur mit 53 gegen 44 Stimmen durch.
Italien.
Der „Figaro" erfährt aus sehr sicherer Quelle, daß der Papst Leo XIII. durchaus nicht die Absicht habe, Rom zu verlassen, noch je überhaupt gehabt habe. Jenes Gerücht, verbreitet durch die bekannten Depeschen des „Moniteur de Rome", sei aus einer falschen Auslegung einiger bitterer Worte entsprungen, welche der Papst anläßlich der vielerwähnten Angelegenheit der Güter der Propaganda habe fallen lassen. „Zur Stunde", schreibt der „Figaro", „trifft Leo XIII. Maßnahmen und Vorkehrungen für die Zukunft, die keineswegs auf die Absicht hindeuten, sich aus dem Vatikan zu entfernen. Im Grunde also ist nur der Kredit des „Moniteur de Rome" sehr stark erschüttert, indem er die Worte des heiligen Vaters nach ihrer Bedeutung ungemessen übertrieben hat. Er wollte den Propheten spielen und hat sich vollständig getäuscht."
Amerika.
Der deutsche Gesandte in Washington, Herr v. Eisendecher, soll, wie die „National-Ztg." hört, abberusen werden. Die Annahme liegt nahe, daß die Laskeraffaire die Veranlassung ist.
In Chicago arbeiten 2800 Schuhmaschinen; es erfordert dabei keinerlei Geschicklichkeit und Verständnis mehr, die Arbeit ist rein mechanisch. Der Schuh wird in 64 verschiedenen Teilen bearbeitet, so daß ein dortiger Maschinenschuster nur noch ein vierundsechzigstel eines deutschen Schuhmachers repräsentiert.
Asien.
Aus Birmah wird gemeldet, daß Mandalay, die Hauptstadt des Landes, durch eine große Feucrs- brunst zur Hälfte zerstört worden sei.
Handel H Verkehr.
Tcttnang, 7. April. In diesem Frühjahr sind schon viele Hopfcnverkäuse abgeschlossen worden. Mehrere Großproduzenten haben ihr ganzes Erträgnis aus 5 und 10 Jahre zu Preisen von 135 und 140 pr. Itr. verkauft und auf diesjährige Frnhhopfen wurden Abschlüsse zu 150 ^ gemacht
Allerlei.
Die Thräne.
Ich Hab' in schweren Augenblicken Schon manchen tiefen Schmerz gefühlt,
Der unter wechselnden Geschicken Das Innerste mir hat durchwühlt.
Nur könnt' ich keine Thräne finden —- Stumm stand ich da mit trocknem Blick,
Als ob das innerste Empfinden Versagt mir hätte das Geschick.
Doch gestern, als in meinen Armen Der greise Vater sterbend lag,
Da kamen Thränen mir, die warmen,
Und brachten meinen Schmerz zu Tag.
Und heute, als an seiner Bahre Den schuld'geu Dank ich ihm gezollt Und innig fühlte, wie das Wahre,
Das Beste nur er stets gewollt.
Da fühlt' ich wieder sie erscheinen Und leichter ward' es mir um's Herz,
Und bittend sprach ich: „Laß mich weinen! Die Thränen lindern ja den Schmerz."
Da fühlt' ich all den ganzen Segen,
Der in der warmen Thräne liegt,
Die uns auf allen Lebenswegen Den Schmerz erleichtert und besiegt.
Wohl dem, dem immer sie beschieden In Lust und Leid, in Schmerz und Glück! Sie giebt ihm wieder seinen Frieden,
Sein AUcrheiligstes zurück.
I. Ecllariiis.