Amts- und Intelligenz-Blatt sür den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Erscheint wöchentlich 8mal: Dienstag, Donnerstag und Samstag, und kostet »ierteljäbrkch hier (ohne Trägerlobn) 80 4, in dem Bezirk I 4c 4, außerhalb deS Bezirks 1 20 4. MonatS-

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Donnerslsg den 13. März.

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wohnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung S 4, bei mehrmaliger je 6 4. Die Inserate müssen 1 O O/ll spätestens Morgens 8 Uhr am Tage vor der Herausgabe des Blattes der Druckerei aufgegeben sein.

Amtliches.

Nagold.

Bekanntmachung.

Die Maul- und Klauenseuche in dem Gehöfte des Farrenhalterö Pvser in Jselshausen ist erlo­schen, Was hiemit veröffentlicht wird.

Den l l. März 1884.

K. Oderamt. Güntner.

Zum Stadtschulthcinen in Al>e»steig Stadt wurde Jo­hann Michael Welker, Verwaltungskandidat von Egenhausen und zum Schultheißen in Lpielberg Friedrich Kienzle, Gc- mcinderalh und Gemeiiidepflcgcr von da ernannt.

Lin Mick in eine Spielhölle.

Sie liegt in einem der reizendsten Winkel der Erde, von dem mau fast sagen möchte, es sei hier­ein Stück Himmel auf die Erde gefallen; und doch ist cs wahrhaftig eine Hölle, in die man einen Blick thut, wenn man einmal in die Spielsäle zu Monaco eintritt und das Leben darin ein wenig beobachtet. Aeußerlich sind cs glänzende, herrliche Räume. Da führt eine prächtige breite Marmortrcppe in eine herrliche Halle, wo der Fußboden aus farbigem Mar­mor zusammengesetzt ist, und Marmorsäulen die mit Gold reich geschmückte Decke tragen, die Wände sind mit schönen Gemälden bedeckt, in Marmorbecken plätschern zwei Springbrunnen, an den Seiten laden weiche Divans znr Ruhe ei», zwölf prachtvolle Kron­leuchter erleuchten den weiten Raum. Bon hier a is gelangt man dann in die verschiedenen Spiesiäle selbst, die ähnlich luxuriös ansgestattet sind. Der Eintritt ist überall frei, man läßt sich einfach eine Karte geben, die jedem anständig gekleideten Besucher gegen Nennung seines Namens gereicht wird.

Also auf alle Weise erleichtert die Bank den Besuch und lockt durch tausend Künste der Verführung.

Doch treten wir ein in eines der Spielzimmer, nicht um zu spielen, sondern um zu beobachten! Schon von weitem hört man das surrende Rollen der kleinen Kugel auf dem Nonlette-Tisch, das Klin­gen des Goldes; ruhig und still sitzen die Spielen­den um den Tisch; das Gesicht jedes einzelnen zeigt wieder einen andern Ausdruck, bald furchtbare Gier nach Gewinn, bald Wut und Verzweiflung, bald sorglosen Leichtsinn, bald frohen Uebermut über einen Gewinn. Eben hat ein Herr auf eine Zahl ein Häuf­lein Zwanzigfrankstücke gesetzt, es sind vielleicht 400 Frank zusammen. Die Kugel rollt, es wird vom Kroupier eine Zahl ausgerufen, leider ist es nicht die, auf die er gesetzt, seine 400 Frank sind verloren! Mit einem unterdrückten Fluch geht der Unglückliche weg, er wischt sich den Angstschweiß von der Stirne. Ein anderer war vorsichtiger, er wagt nur ein ein­ziges 10-Frankstück, mit Angst verfolgt er die rollende Kngel; richtig! Er hat gewonnen; cs werden ihm ein paar Goldstücke zugeschoben, vergnügt steckt er sie in die Tasche und geht weg, er ist klug genug, nicht noch mehr gewinnen zu wollen, vielleicht Hütte er beim nächsten Versuch wieder alles verloren und noch mehr dazu.

Ein junger Mann tritt heran, er hält ein Tausendfrankbillet in der Hand.Bitte, zu wechseln!" sagt er, und erhält sür sein Billet einen großen Haufen blinkender Goldstücke; er setzt sie, da und dort, aber nach kurzen Minuten sind die 1000 Frank alle ver­loren. Er zieht einen zweiten Tansendfrankschein heraus, läßt ihn wechseln, setzt wieder und verliert wieder! Mit zitternden Händen wird der dritte Schein geholt, mit heiserer Stimme wieder um das Auswechseln gegen Gold gebeten, mit gierigen Blicken

die rollende Kugel verfolgt; aber er hat kein Glück, auch das dritte Tausend ist dahin! Er stürzt fort, auf einem der DwanS läßt er sich nieder, es arbeitet ! und kocht in ihm; unheimlich blicken seine Augen nach dem Spieltisch hinüber; plötzlich springt er auf. ein neuer Schein wird gewechselt, nochmals versucht er. nochmals verliert er! Wie lange kann er wohl noch' fortmachen? wie viele solcher Scheine Hot er noch in der Brnsttasche? Vielleicht hat er auch einen Re­volver darin, und wenn der letzte Schein weg ist, so geht er vielleicht hinaus in die prächtigen Gartenan­lagen und ein Schuß aus dem Revolver ist das Ende!

Doch dort scheint ein Herr das Spiel recht sachverständig und mathematisch berechnend zu treiben. Ein Haufen Gold liegt vor ihm, aber auch ein Buch mit vielen Notizen; er sucht und blättert, jetzt hat er die glückbringenden Zahlen endlich herausgerechnet, auf 3 Zahlen setzt er, jedesmal eine hohe Summe. Allein das Glück läßt sich nicht berechnen, die Kugel rollt der Einsatz ist verloren. Doch er trägt es mit Philosophischer Ruhe, uotirt sich ruhig seinen Verlust, geht ohne Aufregung weg und fängt mit einem Bekannten ganz unbefangen ein Gespräch an. Da kommt ein junges Mädchen, leider nicht die ein­zige, die wir in den Sälen treffen, harmlos blickt sie drein und fröhlich lacht sie auf. wie sic ein paar Goldstücke gewonnen hat; sie setzt wieder und wieder, höher und höher; sic hat wohl das Glück mitgebracht; endlich hüpft sie mit reichgefüllter Börse weg und erzählt ihren Freundinnen, waS sie gewonnen. Der mathematische Spieler ist indessen auch wieder heran - getreten und hat zugeschaut. Das Mädchen hatte ein paarmal nach einander auf einer bestimmten Zahl gewonnen.

Vielleicht gelingt es ihm auch; er setzt 500 Frank auf dieselbe Zahl und richtig! er gewinnt auch, und kann wieder einstreichen, was er vorhin verloren.

So geht cs fort, Stunde um Stunde! Sum­men werden gewonnen, verloren, wieder gewonnen, wieder verloren!

Aber nicht blos Geldsummen gehen zu Grund, sondern auch manches hoffnungsvolle Leben, manches frohe, zufriedene Herz ging da schon verloren, zu Grunde, erfaßt von dem dämonischen Zauber, den der Spieltisch, den die Spielhölle ausüvt!

Wohl dem, der nur einen beobachtenden Blick hineingethan hat! Das ist lehrreich und heilsam ab­schreckend. Wehe dem, der denkt, er wolle es auch einmal versuchen! Bald hat ihn der Strudel erfaßt und läßt ihn nicht mehr los.

Tages-Neuigkeiten.

Deutsche» Reich.

Stuttgart. Am 17. d. M. soll hier eine Delegirtenversammlung der württemb. Gewerbevereine zusammentreten, um sich zu einem Landeskomits zu konstituiren, welches sich die Aufgabe stellt, das Ver­sicherungswesen der Arbeiter in Württemberg gleich­mäßig zu regeln. Von verschiedenen Gewerbeverei­nen verlautet, daß dieselben eine abwartende Stel­lung einnehmen wollen, da es wohl kaum möglich sein dürfte, bei den verschiedenen Verhältnissen für das ganze Land eine gleiche Regelung herbeizuführen.

Stuttgart. Den Raubmord am Leonhards­platze betreffend, so wird nach einer Bekanntmachung des Untersuchungsrichters A.-R. Pfeifer nach2 an­scheinend jüngeren Männern, allem nach die Thüter," gefahndet, welche 18 bis 20 Minuten nach 9 Uhr aus dem Reinhardt'schen Hanse herausgesprungen und der Eßlingerstraße zugeeilt sind. Es gewinnt

immer mehr an Wahrscheinlichkeit, daß die festgesetz­ten Kutscher Düttling, Silberhorn und Haid mit der Sache nichts zu thun hatten.

Die Krankenversicherung in Württemberg. Aus Stuttgart, 6. März, wird uns geschrieben: In dem jetzt im Druck erschienenen Entwurf des würt- tembergischen Ausführungsgesetzes zum Reichsgesetze, betreffend die Krankenversicherung der Arbeiter, han­delt es sich in der Hauptsache um die Aufrechterhal­tung der seitherigen Einrichtung der Krankenversi­cherung der Dienstboten, indem zugleich an Stelle des bisherigen Gewohnheitsrechts eine gesetzliche Grundlage für diese Versicherung geschaffen wird. Auch soll nach dem Einführungsgesetz das landesrecht­liche Institut der Erhebung von Krankenhaus-Bei­trägen außer für die Dienstboten auch sür alle, we­der gemäß H 1 des Reichsgesetzes, noch gemäß einer nach Z 2 desselben erlassenen statutarischen Bestim­mung dem Krankenversicherungszwang unterworfene Person der in Htz 1 und 2 jenes Gesetzes bezeichne- ten Art ein treten. Diese Hauptgrundsätze des würt- tembergischen Einführungsgesetzes sind in Art. 1 und 2 desselben ausgesprochen. Die übrigen 8 Artikel des Gesetzes überweisen den Oberämtern die Ent­scheidung bei Streitigkeiten über die Verbindlichkeit zur Leistung von Krankenhausbeitrügen in Gemäß­heit von Orts- oder Bezirksstatuten und über die zu gewährende Krankenhilfe, bezeichnen die Ortsvor­steher als die Organe zur Beitreibung rückständiger Beiträge zur Gemeinde-Krankenversicherung, zu Orts- Betriebs- (Fabriks-), Bau- und Innungs-Kranken­kassen und schieben den Kreisregierungen als Ver­waltungsgericht erster Instanz die Entscheidung bei Streitigkeiten über Ersatzansprüche zu. Endlich ver­hängt das Einsührungsgesetz über Arbeitgeber und Dienstherren, welche der ihnen durch Orts- oder Bezirksstatut auferlegten Verpflichtung zur An- und Abmeldung der bei ihnen beschäftigten Personen nicht Nachkommen, Geldstrafen bis zu 20 ^ und überläßt die Erlassung polizeilicher Strafverfügungen wegen der in ß 8l des Reichsgesetzes mit Strafe bedrohten llebertretungen den Ortsvorstehern. (Fr. I.)

Degerloch, 11. März. Ein Akt entsetzlicher Rohheit und Bosheit wurde in vorvergangener Nacht an dem Vieh des Bauern und Weingärtners Gottl. Gohl in Degerloch begangen. 5 Kühe und 2 Rin­der, die den ganzen Viehstand des sehr beliebten Mannes ausmachen, wurden durch fingerlange Schnitte in den After verletzt, so daß einige der Thiere wohl fallen werden. Der ganze Ort ist in Aufregung über diese gemeine Bosheit, die nicht einmal ein Rache­akt sein kann, indem der Mann keinen Feind in der Gemeinde hat.

Aus Crailsheim ist in jüngster Zeit der Kappenmacher Kochendörfer jun. heimlich nach Ame­rika entwichen, nachdem er einen Bauern aus einem Weiler der dortigen Gegend um 1000 geprellt und verschiedene auf Rechnung bezogene Maaren zu Schleuderpreisen abgesetzt hatte. Er holte z. B. Mitte vorigen Monats vierzig Reisekoffer in Stutt­gart aus Conto, da er sie dringend für Auswande­rer bedürfe; es war eitel Wind; ans dem Heimweg veräußerte er sie weit unter dem Werth. Bon einer Fabrik erhielt er ca. 50 Nähmaschinen, etwa 45 sollen sich noch auf dem Lager befinden, die andern sind alle verschachert.

Heilbronn, 9. März. Seit gestern haben wir nun doch einen Wahlkampf. Die sog. Arbeiter­partei unter der Führung des Herrn Kittler hat als ihren Kandidaten Apotheker Lutz aus Stuttgart auf-