Stichwunden, der Hals war bis auf die Halsarterien durchgeschnitten, der Unterleib durch einen langen Schnitt geöffnet, beide Oberarme waren der Länge nach aufgeschlitzt, beide Oberschenkel ausgelöst und fehlten gänzlich; die beiden Beine vom Knie ab lagen neben dem Rumpf. Der Leichnam war gänzlich entkleidet. Am Fundorte war keine Blutspur zu entdecken.
Ein Schlosser in Barmen hatte sich leicht am Schienbein verletzt, achtete der Sache nicht und trug seine wollenen farbigen Strumpf weiter. Das Bein fing an zu schwellen, wurde trotz ärztlicher Hülfe schlimmer und führte den Tod des Mannes an Blutvergiftung herbei.
Oesterreich-Ungarn.
In Oestreich gab eS vergangene Woche einen Kampf um die deutsche Sprache, der mit großer Erbitterung im Reichsrath ausgesuchten wurde. Leider unterlagen die Deutschen; der Antrag des Grafen Wurmbrand, welcher die gesetzliche Anerkennung der deutschen Sprache als Staatssprache verlangt, wurde von den Czechen, Polen, und wie all die anderen Völkerschaften heißen mögen, abgelehnt. Vergebens waren alle Hinweise der Deutjchliberalen auf die Gefährdung der nationalen Einheit, sogar die Minister stimmten gegen den Antrag. Ein deutscher Abgeordneter rief den Czechen die Worte zu: „Es wäre nicht das erste Mal, daß Ihr Sieg eine Niederlage OestreichS bedeutet." Dies wird sich bald bewahrheiten.
Es hat den Anschein, als ob der Mörder Hugo Schenk zu dem beliebten Mittel der Simulation greifen wollte, um das Gericht zu täuschen. Vor einigen Tagen ließ er sich den Aerzten des Jnqui- sitenspitals, Dr. Schwab und Dr. Lurtz, vorführen und iprach sehr viel von Wahn-Ideen, unter welchen er zu leiden habe ; eines der von ihm ermordeten Mädchen verfolge ihn bei Tag und Nachts, so daß ihn der Schlaf fliehe und er sich in fortwährender größter Aufregung befinde. Er bat beschall) die Gerichtsärzte, ihm Morphium zu verabreichen, um seine erregten Nerven beruhigen zu können. Die Gerichtsärzte erkannten alsbald, daß Schenk einen Zustand simulire, der ihn nicht sonderlich belästige. Da der Verdacht besteht, daß Schenk sich größere Dosen Gift ansammeln will, um damit einen Selbstmord zu versuchen, so ist alle mögliche Vorsicht angeordnet worden.
Frankreich.
Paris, 1. Februar. In Folge des Steigcns der Tabakpreise in Belgien, der Schweiz und Deutschland hat die französische Regierung beschlossen, die Tabakpreise in den Grenzdepartements zu erhöhen, wo dieselben in Folge der Schmuggelei niedriger sind, als im Innern. Die Regierung ist der Ansicht, daß die Maßregel dem Budget von 1885 einen Zuwachs von 5 Millionen eintragen werde.
Paris, I. Febr. Durch eine heftige Feuersbrunst wurde gestern die Cito Joly in der Nähe des Pöre-la-Chaise zerstört. Gegen hundert Familien sind obdachlos und mehrere Kinder werden vermißt. — Beim Empfang der bonapartistischen Dele- girten erklärte Prinz Napoleon, der Augenblick sei gekommen, eine gesetzliche, aber andauernde Agitation in's Leben zu rufen. Es wurde beschlossen, eine große bonapartistischc Versammlung am 17. Februar im Circus zu veranstalten. — Der Graf von Paris kehrt von Spanien direct nach Paris zurück und begibt sich alsdann nach Cannes.
Paris, 3. Febr. Rouher (früherer Minister unter Napoleon) ist heute Vormittag gestorben. Türkei.
Der türkisch-montenegrinische Grenzstreit entfacht von Neuem; die Untcrthanen des Sultans wollen nicht Vasallen des Fürsten Nikolaus sein. Die Truppen konzentrircn sich an der albanischen Grenze, ein neues Blutvergießen scheint abermals bevorzustehen.
Egypten.
Mit Egypten hat England immer noch seine liebe Noth. Bevor es sich entschließt, die Waffen gegen den Mahdi zu gebrauchen, macht es noch einen Versuch mit dem goldenen Schlüssel. General Gor- don, von dem man eigentlich ein kriegerisches Vorgehen erwartete, ist zum Vermittler ausersehen; er soll versuchen, entweder mit einigen 100000 Pfd. den Mahdi zu bestechen, oder mit dem Geld eine Verschwörung gegen denselben anzetteln. Gordon soll seine Reise voll trüber Ahnungen angctrcten
haben, das Schicksal des erschlagenen Professor Palmer, der unter ähnlichen Verhältnissen eine Vermittlerrolle spielen wollte, ist noch in aller Gedächtniß. lieber die Stellung der Aufrührerischen sind die Berichte seh r verschieden. _
« Krrkeyr.
(KonkurScrösfiiuiigen.) ) Wilhelmine Wieland, ledig, volljährig, von Eydach (Geislingen.) Hieronimns Weißhaupt, Schuhmacher in Wurzach (Lenlkirch.) Richard Kaufmann, Uhrmacher von Vaihingen.
Tübingen, 1. Febr. (Lcbensmittelpreise: 8 Pfund Kcrnenbrod 1.12, 8 Pfd. Schwarzbrot) 92 1 Paar
Wecken — 100 Grm. 6 ^1, I Pfd. Maslochsenfleisch 86 ^>, Rindfleisch 56—60 Kalbfleisch 50 -i, Schweinefleisch mit Speck vo ohne Speck 58 ^t, Hammelfleisch 40 ^1, Schweineschmalz 80 -I, Rineschmalz 1.10, 1 Cr. Heu 2 ^5, 1 Bund Stroh 80—40 -1, 4 Rm. Buchenholz 40 ^e, 4 Rm. Tannenholz 28 Kartoffel 5 bis 5 .«L 20 pr. Sack.
(Die Hopfenernte pro 1383.) Der Gesammtertrag in Deutschland wird auf 395 000 Zir. veranschlagt, und cs heißt allgemein, daß die Qualität gur ist. Das erste Hopfen- land Deutschlands ist Bayern. Die Ernte dort wird aus beinahe die Hälfte der ganzen deutschen Ernte veranschlagt. Württemberg ist daS zweitgrößte Hopjenlanv Deutschlands. Der Ertrag kommt nicht ganz einer Durchschnitlsernte gleich; er beziffert sich auf 59 000 Ztr., der Hopsen ist jedoch vorzüglicher Qualität. In Oesterreich fiel die Hopfenernte im Ganzen nicht so befriedigend aus wie in Deutschland, sie ergab ungefähr 90 bis 100000 Ztr. — Der Gesammlkonsum an Hopsen ist in Europa etwa 1200 000 Ztr., in Amerika 22o00o Ztr. Bon jenen 1200000 Ztr. verbraucht England 600000, das deutsche Reich 330000 (darunter Württemberg 33 000 Ztr.), Oesterreich 98 000, Bel gien 70 000 , Frankreich 50 000 Z tr. u. s. w.
Der Nebenbuhler.
Humoreske von Wilhelm Reinhold.
(Fortsetzung.)
O weh! Der eine, dessen Pferd einen Abstecher auf die benachbarten Felder und Wiesen gemacht halte, war der vor Wuth schnaubende Freier Nataliens, Feo- dor Eisenstein. Derselbe verwünschte den heutigen Nachmittag und den unglücklichen Zufall, der fein Pferd über den Chauffeegraben rennen ließ, und um sich in seinem Aerger zu trösten, sagte er mit spöttischem Lächeln, daß die „alte Liefe" und ihr Reiter nur deßhalb gesiegt hätten, weil fein Brauner zufälliger Weise vom Wege abgegangen fei.
Der lange Peter war von Natur ein geduldiger Mensch und belächelte Manches, worüber anderen Leuten die Galle in's Blut zu schießen pflegt, aber dieser Angriff auf seine Reiterehre war ihm doch zu stark und er erwiderte mit etwas scharfer Betonung:
„Die Kunst des Reitens besteht nicht darin, ein Pferd in tolles Jagen zu bringen, sondern mit den Kräften des Pferdes sparsam umzugehen und in allen Situationen das Pferd in der Gewalt zu behalten. Das Pferd darf nur das thun, was der Reiter von ihm verlangt. Diese Kunst scheint aber Herr Eisenstein gerade am allerwenigsten von uns zu verstehen, denn sein Pferd brach aus."
Dem stolzen Herrn Eisenstein schoß bei diesen Worten des langen Peter das Blut in den Kopf und er sagte höhnisch zum langen Peter:
„Ihr altes Kameel von einem Pferde, welches seit zwanzig Jahren von Ihnen dressirt wird, hat freilich keine Ursache vom Wege abzugehen, wer weiß aber, ob Sie ein jüngeres, feuriges Thier überhaupt reiten können."
„Ich bin nicht so neidisch wie Sie," meinte darauf der lange Peter lachend, „deßhalb will ich Ihnen auch keine böse Antwort geben, aber ich wette mit Ihnen, daß Sie mein altes Kameel nicht reiten können, während ich mit Ihrem Braunen ein nochmaliges Wettrennen zu gewinnen gedenke."
„Lächerliche Prahlerei!" meinte Feodor Eisenstein spöttisch.
„Das nehmen Sie zurück oder Sie nehmen meine Wette an!" entgegnete der lange Peter energisch.
„Ich bin gewohnt, zu thun, was mir gefällt, Herr Langerhans!" gab Feodor Eisenstein malitiös zurück, „und lasse mir von Ihnen keine Vorschriften machen."
„Nun, so erkläre ich Sie für ein Großmaul und einen lächerlichen Prahlhans," sagte der lange Peter trocken.
Feodor Eisenstein zitterte vor Wuth bei diesen Worten und nur die Anwesenheit der Damen verhinderte bei ihm einen größeren Wuthausbruch.
Einige der Herren mischten sich jetzt auch in den Streit und meinten, daß es rücksichtslos sei, sich in Gegenwart der Damen über Pferde zu streiten.
„Da pflichte ich Ihnen vollkommen bei," rief der lange Peter lachend, „wir sollten viel lieber mit den Damen einen Spaziergang durch das romantisch gelegene Dorf machen. Ich habe übrigens den Streit
nicht angefangen, Herr Eisenstein hat mich dazu heraus- gefordert, er hat mich sogar beleidigt, und Beleidigungen steckt Niemand ruhig ein."
Natalie kam jetzt herbeigehüpft, faßte den langen Peter neckisch am Arme und sagte in zärtlichem Tone:
„Aber Peter, sei jetzt nicht mehr böse, Du verdirbst sonst die ganze Gesellschaft!"
Peter lachte herzlich bei diesen Worten seiner Cousine, machte eine Verbeugung vor ihr und sagte lächelnd:
„Ach, liebe Cousine, willst Du das nicht auch Herrn Eisenstein sagen, der hat es mehr verdient als ich!"
Das junge Mädchen wurde bei diesen Worten des langen Peter ganz verwirrt und fand, wie es schien, gar keine rechte Antwort, denn sie wandte sich hastig ab und lenkte ihre Schritte wieder den Damen zu.
Die Damen und Herren erhoben sich kurze Zeit darauf und machten unter der Führung des langen Peter einen Spaziergang in das Dorf und in die an- muthige Umgebung, wobei man die Beobachtung machen konnte, daß Natalie nicht von der Seite des langen Peter wich und Feodor Eisenstein, auf dem Nataliens Augen bisher mit Wohlgefallen geruht hatten, grollend den begehrenswürdigen Fräulein fern blieb.
Was mochte wohl in diesen Stunden im Herzen Nataliens vorgegangen sein?! Eine Revolution zu Gunsten ihres langen Cousin?! Niemand wußte es, am allerwenigsten der im Grunde seines Herzens harmlose Peter, aber Feodor Eisenstein schien es zu ahnen, denn er trug einen furchtbaren Mißmuth zur Schau und hielt sich fast ganz abgesondert von der übrigen Gesellschaft.
Als die Damen und Herren sich wieder nach Zwiebelhausen aufmachten, war es Abends 7 Uhr, aber noch Heller Tag, wie es zur Psingstzeit zu sein pflegt. Der Heimweg sollte in gewöhnlicher Weise erfolgen, einige Herren sollten vor, einige hinter den Wagen der Damen reiten.
Doch da trat Feodor Eisenstein plötzlich an den langen Peter heran und sagte:
„Ich nehme Ihre Wette an, Herr Langerhans, ich bin es mir schuldig! Ich reite Ihr Pferd und Sie reiten das meinige und wer von uns beiden zuerst nach Zwiebelhansen kommt, der gilt als der eigentliche Sieger von heute."
Der lange Peter war von diesem Anträge seines Gegners nicht wenig überascht und hatte vielleicht Lust, diesem nunmehr eine abschlägige Antwort zu geben; als er aber das erregte Antlitz des jungen Mannes sah, glaubte er dessen Wunsche, um neuen Streit zu vermeiden, Folge leisten zu müssen und gab seine Zusage.
Die Wagen der Damen hielten bereits vor dem Gasthofe und die Herren bestiegen ihre Rosse in dem Hofe des Gasthauses. Der lange Peter hatte sich, so gut es in der Eile ging, mit dem Pferde Feodor Eisensteins vertraut gemacht. Er hatte dasselbe von allen Seiten betrachtet, es gestreichelt und gehätschelt und ihm Beruhigung in Bezug auf den ungewohnten Reiter einzuflößen gesucht. Feodor Eisenstein hatte mit der alten Liese genau das Gegentheil gethan. Zornig wie seinen Feind blickte er das Pferd an und ging roh mit ihm um, als er sich aufsetzle, er dachte wahrscheinlich: Dich, altes Kameel, will ich mit Kan- tare, Sporn und Peitsche schon zum Laufen bringen, Deine langen Beine sollen auch bei mir Wunver thun.
Der lange Peter ritt jetzt auf dem Braunen des Herrn Eisenstein an denselben heran und sagte ernst:
„Nehmen Sie sich mit der alten Liese in Acht, wenn Sie dieselbe nicht schnlgerecht reiten oder gar tyrannisiren, geht sie entweder mit Ihnen durch odcc sie bäumt sich so lange, bis Lie unten liegen." —
„Lassen Sie das meine L-orgen sein," entgegnete Feodor Eisenstein selbstbewußt und gab der alten Liese die Sporen.
Doch der gewünschte Effekt blieb aus. Die Liese that wohl einen Sprung vorwärts, blieb aber dann mit gespreizten Beinen und heftig schnaubend stehen. Feodor Eisenstein gab ihr jetzt auf's neue Sporen und Gerte und riß wüthend die Zügel an sich. Da drehte sich die alte Liese schnaubend im Kreise und schlug furchtbar nach allen Seiten aus.
Ihr Reiter glaubte aber immer noch an seinen Sieg und prügelte furchtbar auf das Pferd los. Die alte Liese ging aber nicht vom Flecke, sondern stieg jetzt zum Entsetzen der Umstehenden kerzengerade in