Berlin. 28. April. (Reichstag.) Bei der Wahl des Präsidenten werden 259 giltige Stimmen abgegeben: von Levetzow erhält 162, Stauffen- berg 97: Elfterer ist somit gewählt und nimmt die Wahl au. Sodann wird Frhr. v. Franckenstein mit 159 gegen 96 Stimmen znm ersten Vizepräsi­denten wieder gewühlt. Zum zweiten Bizeprüsiden- den wird Ackerms-nn mit 126 Stuimieu gewählt; Benda erhält 1!5 Stimmen. (Das Präsidium ist alio wieder mit denselben Personen besetzt, wie in der letzten Session.) Der Präsident beraumt die nächste Sitzung auf Freitag den 5. Mai an.

Man liest, das; Fürst Bismarck der Ableh­nung des Tabakmonvpvls im Reichstage mit ziem­licher Ruhe entgegen sehe, er habe nämlich die feste Ueberzeugung, daß die mißlichen Finanzen in den Bundesstaaten, in den Gemeinden und Kreisen bald einen Druck üben und daß die heute Widerstreben­den über kurz oder lang ihm entgegenkommen und Hülse vom Reiche verlangen werden.

An hervorragender Stelle bringt dieNordd. Allg. Zlg." folgende Petersburger Correspondenz: Die kleine Komarofs'sche ZeitungSwet" enthält unterAllerlei' folgende Mvnslruvsitüt: Offizier: Was nennt man den inneren und den äußeren Feind? Rekrut: Die inneren Feinde heißen Inden und Deutsche, die äußeren Türken, Engländer und andere Bassurmauen. (Das Wort Bassnrmanen ist ein altrussischer Ausdruck für Andersgläubige und auch Fremde überhaupt., Der Eorrespondent be­merkt sodann noch, daß die obige Instruktion nicht etwa eine Erfindung des im Generalstabe bis zum Obersten avaucirten RedacieurS desSwet" sei, vielmehr auf eine Aeußcrung des Generals Skobe- lefs zurückgeführt werden könne; derselbe habe näm­lich in einem Kreise jüngerer Offiziere geäußert, der Rekrut müsse künftig nicht mehr auf die Fahne, son­dern auf den Deutschenhaß vereidigt werden.

Entscheidung des Reichsgerichts. Dus Aus­setzer: eines Kindes iu einem bewohnten Hause an einer Stelle und zu einer Zeit, wo dem Kinde, sobald cS schrie, sosorl die Äuimerksamkeit der Hausbewohner und deren Hitse zu Theit werden mußte, nach einem llrtheil des Reichsgerichts, nicht als Kiudesaussetzung in: Sinne des 221 St.-G -B. zu bestrafen.

Kafsekränzchcn. Ende voriger Woche veranstaltete eine Familie in Lndwigsbafen a. Rh ein Kaffeekränzchen, weiches einer: tragikomischen Ausgang nahm. Die Fcstgcberin hatte nämlich ziemlich große Vorbereitungen zu diesem Kränz­chen getroffen und u. A. sich mit Backwaaren aller Art ver­sehen. Zur Herstellung dieser ließ sie sich präparirten Wein­stein holen, bekam jedoch aus Versehen Brcchweiusteiu, ohne diesen Jrrthum zu bemerken. Als nun die Gäste, uugesähr 20 an der Zahl, sich zu dem besagten Kränzchen einfanden und den mit obenbesagtem Präparate vermengten Kuchen ko­steten, überkam solche bald ein Gefühl, ivie man es sonst bei Kaffeekränzchen nicht gewohnt ist. Das Schlußtablean mag sich der Leier selbst ansmalen.

Schweiz.

In Luzern ist der seit einem Jahre steckbrieflich ver­salzte Berliner Bankier E. verhaftet und am 24. April nach dem deutschen Reiche abgcliefert worden. E. steht unter der Anklage der Unterschlagung von 200,000 ^

Rußland.

St. Petersburg, 25. April. Die Zeitung Srmstwo" meldet aus Moskau: Daselbst sollte eine todtkranke Greisin, nur weil sie Jüdin ist, ans- gewieien werden. Der Arzt stellte ein Attest aus, wonach ihre Abreise unmöglich, weil unbedingt todt- bringend sei. Die Behörde befragte den Arzt,wie lauge die Todtkranke überhaupt noch zu leben habe?" Der Arzt antwortete: höchstens zehn Tage, worauf d e Behörde entschied, die Greisin sei während der genannten zehn Tage vollkommen unbehelligt zu las­sen. habe aber, wenn bis dahin der Tod nicht ein­getreten sei, unweigerlich Moskau zu verlassen. Wie andererseits verlautet, wurde währenddem die allgemeine Judenansweisnng in Moskau inhibirt. Amerika.

Washington, 27. April. Der Präsident empfing mehrere Personen, welche seine Intervention zu Gunsten der russischen Juden nachsuchten. Er erwiderte, er werde sein Möglichstes thun, um die russische Regierung zu veranlassen, die Juden wirk­sam zu schützen und habe diesbezüglich den amerika­nischen Gesandten in Petersburg entsprechend instruirt. lauter allen Umständen würden die amerikanischen Ju­den, die provisorisch in Rußland wohnen, von den Wer. Staaten geschützt werden.

In Enclaire, Wisconsin, hat eine Feuers- bruutt gewüthet, durch welche über 60 Gebäude ein­geäschert wurden. Der angerichtete Schaden wird auf 250,000 D. geschätzt.

Handel H Uerkehr.

Horb, 29. April. Die Spar- und Vvrschußbank für den Oberamtsbezirk Horb hat letzten Sonntag ihre all­jährliche Plenarversammlung abgehatlen. Ans dem Rechen­schaftsbericht und der Bilanz entnehmen wir, daß die Mitglie­derzahl von 177 ans 163 zurückgegaagen ist, dagegen das eigene Vermögen der Bank von 21,248 »L ans 21,966 sich geho­ben hat. Der Gefammttisisatz Hai sich von 488,595 ans. 888>9S1 A vermindert. Der Rückgang nn Umsatz rührt' hauptsächlich davon her, daß die Bank «egen GctdüberfiuP seit änem Jahr v»n Nichlmitgtiedern gar keine Spargelder mehr annimmt.

Das Her? hat gesiegt.

(Schluß.)

Im Haufe des Professors war dieses Jahr ein großer Christbaum angezündet, da die Enkel und En­kelinnen, drei an der Zahl, schon seit einer Reihe von Jahren dort ihre Geschenke zu erhalten pflegten, nach­dem ihnen zu Haus bereits eine Vorbescheerung be­reitet worden war.

In fröhlichem Getümmel umringten die Kinder der glücklich dreinschauenden Eltern den Weihnachts­baum, im Hintergründe standen die Großeltern bei­sammen, welche halb erfreut über die Gegenwart, halb trübe gestimmt durch die Vergangenheit sich gern die Liebkosungen der kleinen Enkel gefallen ließen.

Die Frau Professor ging aber bald hinaus in ein einsames Zimmer und trocknete sich dort die Thrä- nen, welche sich über ihre Wangen stehlen wollten.

Ein im Hausflur entstehendes Geräusch spre­chender Personen ließ sie aushorchen und veranlaßte sie hinauszutreten, um zu erfahren, um was es sich handle. Eine kräftige Männergeftalt erlheilte eben mit lauter Stimme der Magd die Weisung, sie bei der Herrschaft anzumelden, da er heute noch den Pro­fessor zu sprechen wünsche. Der Fremde hatte keinen Namen genannt und eben wollte die Magd ihn da­nach fragen, als in diesem Augenblicke die Frau Pro­fessor hinzutrat, den Herrn näher ansehend. Ein gro­ßer Pelz umhüllte seine hohe Gestalt, das frisch ge- rüthete Gesicht war mit einem Bollbart bewachsen und ans den Augen sprühte Feuer und Energie.

Als er die Frau des Hauses erblickte, schien es, als wollte er sich ihr vorjiellen; doch plötzlich ries er, indem er einige Schritte vortrat:

Mutter, kennst Du Deinen Sohn denn nicht?" und fiel der halbohnmächtigm Frau um den Hals, sie zugleich mit de» Armen stützend. Rach einigen stummen Augenblicken, die Dienstboten standen in ei­niger Entfernung und betrachteten scheu die Gruppe, kam die Mutter wieder zu sich und blickte dem wie­derkehrenden Sohne unter Thränen ins Antlitz.

Mein Rudolph, mein Sohn, Du bist es, Du lebst! Gott sei gedankt, der Dich zurückgesührt hat!"

Das Gesicht der glücklichen Mutter leuchtete vor Seligkeit und nun zog sie den Sohn, der den Pelz abgelegt halte, hinein ins Weihnachkszimmer.

Alle standen beim Eintreten des fremden Herrn von ihren Sitzen auf, doch das Aussehen und die Worte der Mutter zerstreuten in wenigen Augenbli­cken die Zweifel, die sich auf den Gesichtern gelagert hatten.

Rudolph ging schnell auf seinen Vater zu, beugte seine Knie und sprach:

Vater, verzeih' mir!"

Komm an mein Herz," rief mit bebender Stimme der Vater und blickte forschend dem Sohne ins Angesicht,verziehen und vergessen sei Alles."

Nun trat die Schwester näher und küßte unter Worten der Liebe den Bruder, welcher nicht wenig erstaunt war, sie als Gattin und als Mutter von drei Sprösslingen wiederzusehen. Der Schwager war nicht minder erfreut, und die Kleinen umhüpften voll Neu­gier den neuen Onkel.

Nachdem der erste Sturm der Gefühle vorüber und der beglückende Friede in die Herzen der Betei­ligten eingezogen war, begann sich das Dunkel, wel­ches über dem Verschwinden Rudolph's lag, zu lich­ten. Er erzählte nun den aufmerksam zuhörenden Familienmitgliedern seine Schicksale und begann, nach­dem die Kindergute Nacht" gewünscht und die Fa­milie sich um den Theetisch gruppirt hatte:

Heute vor 17 Jahren war es, wo ich als verblendeter Jüngling das elterliche Haus verließ und meinem starren Kopfe folgend, nach Amerika, dem Lande meiner Sehnsucht, zog. Das wenige Geld, welches ich mitnehmen konnte, reichte, nachdem ich in New-Uork angekommen, noch einige Tage, und erst, als ich keinen Cent mehr mein nannte, wurde mir die ganze Tragweite meines Schrittes klar. Bis dahin

hatte ich die Zukunft voll schöner Pläne gesehen, aber nun kam die Wirklichkeit und lehrte mich die Folgen meiner Handlung begreifen.

Ein Gefühl wie Reue bemächtigte sich meiner, welches aber bald von Stolz und falscher Scham un­terdrückt wuche. Erst wqllte «ch nach Hause schreiben, «KGWSS dann aber fiMtete ich Meder tz«n Spott meiner Ka- S ZIWD

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nicht erspart worden wäre, und so verlor ich im Ge wühl der Welt und im täglichen Kampfe um die Exi- stenz, die mich der Heimath wieder hätten zuführen ErZ IszZ« können. § ZT tzs» «

Nur manchmal, wenn Sonntags die Glocken'Z 3^ s'Z ^ erklangen und die Menschen mit frommem Sinn

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Kirche eilten, da überschlich mich eine Wehmuth, der

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ich vergeblich Herr zu werden suchte. Doch die Zeit und das harte Leben, welches ich durchzumachen hatte, um existiren zu können, vertilgten auch dieses weiche Gefühl, und nach etwa drei Jahren konnte ich für DP« einen Menschen gelten, der es in Amerika mit einiger Aussicht aus Erfolg wagen durfte, sich emporzuarbei- ten. Die Erlebnisse in dieser dreijährigen Lehrzeit übergehe ich gern und überlasse es Andern, zu be­schreiben, was sie gefühlt, gedacht, gethan haben, als sie jung, unerfahren und ohne Geld in New-Aork ihr Leben fristen mußten.

Mit einem Farmer, in dessen Diensten ich stand, ging ich gegen das Jahr 1864 nach dem Westen und übernahm es, einen Distrikt seiner Plantagen zu be­aufsichtigen, welche im Staate Minnesota lagen. Wenn" ich sagebeaufsichtigen," so heißt das nicht etwa auf einem Pferde sitzend, blühende Gefilde und Felder durchstreifen, hier und da die Arbeiter aufmunternd.

Nein, das ist in Amerika etwas ganz Anderes wie bei uns. Die Sonne sendet glühende Strahlen her­nieder und die Temperatur ist meist während der Ernte gegen 30" Hitze, so daß man zur Bebauung des Bodens nur Neger gebrauchen kann. Und diese Menschen müssen mit der Peitsche zur Arbeit getrie­ben werden, da ihre Hauptcharaktereigenschaftdie Freiheit" ist. Dinn kommen die Moskitos und pei­nigen Menschen und Vieh, und viele andere Unan­nehmlichkeiten, von denen man in Europa keine Vor­stellungen bat, treten ans. Dazu kommt noch, daß die Ansiedlnngen keineswegs vor Indianern und an­derem Gesindel geschützt sind, und man immer aui der Hut sein muß, nicht während der Nacht überfal­len zu «erden.

Dort in Minnesota verblieb ich zwei Jabre, dann ging ich in die Dienste eines anderen Farmers nach der Landschaft Montana, welcher ein menschen­freundlicher Mann war und dem ich viel verdanke. Derselbe übertrug mir später eine Pachtung und nach und nach hatte ich mir eine Summe verdient, mit der ich selbst Land kanten konnte. In dieser Zeit lernte ich meine "Frau kennen.

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Wie!" ries crsianiu die Mutter aus,Du hast eine Frau, eine Amerikanerin?"

Die übrigen Familienmitglieder ließen ebenfalls Laute des Erstaunens und der Neugierde vernehmen und bestürmten Rudolph mit Fragen.

Zuerst will ich Eure Fragen beantworten und Euch sagen", erwiderte Rudolph,daß ich seit unge­fähr 8 Jahren verheirathet und Vater von drei Kna­ben und einem Mädchen bin."

Nun laßt mich aber fortfahren zu erzählen, wie sich mein Schicksal weiter gestaltete."

Meine Frau lernte ich bei einem benachbarten Farmer, dessen einzige Tochter sie ist, kennen und da sie eine ausgezeichnete Landwirthin und, wegen ihres ausgezeichneten Charakters, sehr begehrenswerth war, so heirathete ich sie ohne lange zu überlegen. Das Resultat meines Entschlusses war ein günstiges, wir lebten zufrieden und gesund sammt unfern Kindern in glücklichen Verhältnissen."

Der Ertrag unserer Felder ward nach und nach größer und wenn nicht ein Unglücksfall meine Farm betroffen hätte, so wurde ich heute mit zu den reichsten Grundbesitzern der Landschaft Montana zählen."

Hier wurde der Erzählende durch theilnehmende Fragen seiner Angehörigen unterbrochen. Sodann fuhr er fort:Es war in einer sternenhellen Nacht, als ich durch das Gebell und Geheul der Hunde er­weckt wurde; ich stand auf, um nach der Ursache zu sehen. Da gewahrte ich die dahingleitenden Gestalten von Rothhäuten, welche unser Gehöft umringten und gerade dabei waren, die Thüren zu den Ställen zu erbrechen. Schnell weckte ich meine Leute, bewaffnete sie mit Gewehren und postirte sie gedeckt hinter die

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