ungünstigen Vermögensverhältnissen, hatte sich durch Erhängen mittelst einer Weidenruthe selbst entleibt. Auf seinem Rock hatte er zuvor mit Kreide in deut­licher Schrift angeschrieben:Ihr lieben jungen Leute heirathet nur kein reiches Weib!" und auf seine schwarze Kappe:wegen Streit und Zank!" Auch fand man in einer Tasche seiner Kleider ein Gesang­buchblatt mit dem Liede:Du fühlst, o Christ, das Leiden, Daß nun der Geist der Freuden Von dir ge­wichen ist" re., und in einem Kleidungsstücke sorg­sam verwahrt die Summe von 500 cM in Papier­geld und Goldstücken.

Ravensburg, 18. Nov. (Landtagsabgeord­netenwahl.) Stadtschultheiß Seifriz in Weingarten ist gewählt mit 3721 Stimmen.

(Ein beachtenswerther Vorschlag.) In der HeilbronnerNeckar-Ztg." warnte vor einigen Tagen ein Einsender vor einem gewissen, in vielen Blättern annoncirenden Pest her Sch uh Warenge­schäft. weil er bei einem Bezug durch erhaltene schlechte Waare übervortheilt worden sei. Ein anderer Ein­sender nahm hieraus Veranlassung, die schon oft ge­hörige Mahnung ins Gcdächtniß zu rufen, bei allen Waarenbezügen in erster Linie das heimische Ge­schäft zu berücksichtigen, was abgesehen von andern Gründen schon deßhalb empfehlenswerth ist, weil man auf diese Weise am wenigsten Gefahr läuft, unsolid bedient zu werden. Was nun den edlen Ungarn betrifft, so möchten wir, schreibt der betreffende Ein­sender, auf dos Vorgehen der Deutsch-Oesterreicher Hinweisen, welche die tolle Hetzjagd gegen das Deutfch- thuni in ruhig würdiger Weise damit beantworten, daß sie den Herren Madjaren den Brvdkorb etwas höher hängen und sich verbindlich machen, keine un­garischen Waaren mehr zu beziehen. Vor 30 Jah­ren wurde in Pesth der sog. Hcimathverein gegrün­det, in dem sich die Madjaren zur Hebung der un­garischen Industrie gewisse Verpflichtungen aufer­legten. Kehren wir doch einmal den Stiel um und erklären, daß wir, bis sich die Ungarn zu einer bes­seren Behandlung unserer Landsleute entschlossen, keinen ungarischen Artikel, ungarische Weine, unga­rische Bitterwasser mehr gebrauchen wollen. Vor Allem aber überschwemmt uns Ungarn förmlich mit Blechwaren, die in einem äußerst lästigen Hausir- handel dem Publikum aufgedrungen werden. Er­kläre man doch den Herren ungarischen Mausfallen­händlern. sie sollen nach Hause gehen und dort sa­gen, der deutsche Markt sei der ungarischen Waare verschlossen, bis sich Ungarn zu besserer Beobachtung internationaler Duldsamkeit Deutschland gegenüber entschließe.

In Schrotzberg wurde ein Forstgehilfe von einem auf der That ertappten Wildschützen erstochen.

Von der bayerischen Grenze, 18. Novbr. Die ungünstigen Produktionsverhältnisse der letzten Jahre desHopfen" hat den Magistrat der Stadt Rottenburg a. T. veranlaßt, in seiner jüngsten Sitzung den Beschluß zu fassen, die Hopfenpflanzung aufzugeben und die bedeutenden Ländereien, welche bisher für Rechnung der Stadt mit Hopfen be­pflanzt waren, anderweitig zu verpachten; viele Private thun ein Gleiches und stecken die Hopfen­pflanzung auf.

München, 18. Nov. Vor zwei Monaten ist Hierselbst der Bremser Pröpstcl gestorben, zwei Tage, nachdem er in Lolzkirchen von einer mit einem Glassplittergewürzten" Suppe genossen und sich durch den Splitter schreckliche Ver­letzungen im Halse und Magen zugezogen hatte. Am vorigen Samstag ist nun die Leiche Pröpstci's auf dem nördlichen Fried­hose ausgearaben worden und ist durch die gerichtlich angeord­nete Obduktion der Glassplitter zu Tage gefördert worden. Gegen den Bahnhosrcstaurateur in Holzkirchen, bei dem Pröpste! die Suppe genossen hatte, ist die Klage wegen fahr­lässiger Tödtung eingeleitet.

Auf Anordnung des K. Amtsgerichts Markthei­denfeld wurden 19 Fässer gesundheitsschäd­liches Bier aus der Brauerei Englert von Ha­senlohr unbrauchbar gemacht.

Berlin, 15. Nov. In der Angelegenheit der deutschen Beamten, welche nach Konstantino­pel gegangen und in türkische Dienste getreten sind, resp. mit denen von Konstantinopel aus noch unter­handelt wird, gehen derFr. Ztg." von unterrichte­ter Seite Mittheilungen zu, die ein eigenthümliches Licht auf die türkischen Zustände werfen. Vor eini­ger Zeit wurde mitgetheilt, daß der Staatsanwalt Geschen in Köln von der türkischen Regierung die Offerte erhalten habe, nach Konstantinopel zu kom­men. Herr Geschen war bereit, dem an ihn ergan­genen Ruf Folge zu leisten: derselbe war jedoch vor­

sichtig genug, sich vor dem Antritt seiner Stellung in Konstantinopel 71,000 Fr. als Vorschuß von der türkischen Negierung auszubitten; er war von dem aus Coblenz nach Konstantinopel gegangenen Re­gierungsrath Wettendorf zur Beobachtung dieser Vor­sichtsmaßregel gemahnt worden. Herr Wettendorf hat nämlich bis jetzt noch keinen Pfennig von dem ihm zugesagten Geld erhalten, während er die nach Konstautinopel mitgenommenen Uuterbeamten aus seiner eigenen Tasche bezahlt hat. Unter solchen Umständen hat auch der Staatsanwalt Geschen auf die Annehmlichkeiten des Lebens in Konstantinopel vorläufig verzichtet. Aus demselben Grunde haben sich die Verhandlungen, die mit preußischen Offizie­ren wegen ihres Uebertritts in die türkische Armee geführt worden, zerschlagen, indem man ihnen ein nur sehr mäßiges Gehalt zugesagt hat, und auch die versprochenen Vorschüsse nicht eingetroffen sind.

Berlin, 19. Novbr. Der Neunte Deutsche Handelstag wurde heute Vormittag 10 Uhr im Ärchitectenhaus eröffnet bei Anwesenheit von ca. 200 Theilnehmern. Delbrück wurde zum ersten, Direktor Frommel (Augsburg) zum zweiten, und Edgar Roß sen. (Hamburg) zum dritten Vorsitzen­den gewählt.

Berlin, 19. Nov. Nach aus Paris gestern Abend eingegangener Depesche sind dort ernste Ge­rüchte bezüglich eines neuen Attentats auf den Za­ren verbreitet. Hier ist nichts bekannt darüber. Tageblatt" erfährt aus Wien: Zufolge der anti­semitischen Hetzversuche czechischer Blätter wird in Böhmen offiziös erklärt, Graf Taaffe werde nie zu­geben, daß seine Amtsperiode eine Aera der Juden­hetze werde.

Wie mit der BollLe'scheii Dampfkalesche sind kürzlich auch mit dem BollSc'scheu Dampflastwageu in Berlin Versuche gemacht worden, welche sehr befriedigende Resultate ergeben Häven. Die Maschineneinrichtung ist im Wesentlichen derjenigen der Dampfkalcschc ähnlich und nur in gröberen Dimensionen ansgejührk. Die Zugkraft wird jedoch hier da­durch wirksam erhöht, daß durch die Art der Verbindung des Tenders mit dem Dampjwagen nicht nur die Hinterräder des letzteren, sondern auch die Räder des ersteren als Triebräder nutzbar gemacht sind, mithin das auf der Radachse lastende Gewicht derselben zur Adhäsion der Räder an der Bodenfläche benutzt wird. Jedes Triebrüderpaar drückt mit einem Maxi­malgewicht von 8000 Kilogramm gegen den Boden, während die Vorderräder des Dampfwagens gleichzeitig einen Druck von 8000 Kilogr^ ausnben. Die Räder haben sehr breite Spurkränze, welche gleich Straßenwalzen ebnend auf den Bo­den wirken. Auf guten horizontalen Landstraßen soll der Dampfwagen 810, in dringenden Fällen 1520 Kilometer in der Stunde zurücklegen, die Maschine aber auch Steigungen von 1012<>ch überwinden können. Unter normalen Verhält­nissen soll ein aus k>6 Wagen bestehender Zug mit 50 bis 60 000 Kilogramm Gesammtbelastung einen Verbrauch von 10 -20 Kilogramm Kohle und 50100 Liter Wasser ans jeden Kilometer erfordern. Bei der neuesten offiziellen Probe­fahrt, welche am 16. d. in Gegenstand von hochgestellten Mi­litär- und Civilbeamten und Vertretern landwirthschaftlicher und anderer Vereine mit der LastzugmaschincElisabeth" von der Artillerie-Schießschule aus unternommen wurde, hat die­selbe sich ganz vorzüglich bewährt. Die Gesammtlast, aus sünf 15 6m.-Ringkailvnen mit ihren Lafetten bestehend, wog 650 Ctr., die Maschine selbst 575 Ctr. Die Schwenkungen bei Straßcnbiegungen wurden vortrefflich ausgesührt. Weder Pflaster, noch Chaussee zeigten von der doch bedeutenden Last eine Druckspur.

In Folge einer Bier-Wette verschluckte ein Oekonom in Berlin drei goldene 5-Markstücke, er­krankte sofort an einer Darm-Entzündung und war andern Tags eine Leiche.

Koblenz, 17. Novbr. Heute hat hier unter allgemeinster Betheiligung und Theilnahme das Be- gräbniß des Generals v. Go eben stattgefunden. Von fern und nah hatten sich Vertreter solcher Truppentheile eingefunden, die einmal unter Goe- bens Führung gestanden hatten. Alle Regimenter des 8. Armeekorps hatten Abordnungen gesandt. Auch der Kronprinz war herbeigeeilt, um dem ver­dienten General die letzte Ehre zu erweisen und als Vertreter seines Vaters dem Sarge zu folgen. Fast alle Stabsoffiziere des 8. Armeekorps waren anwesend. Auf dem Friedhofe wurde, als der Sarg niedergesetzt war, nur ein kurzes Gebet gehalten.

Der Gouverneur der Festung Koblenz-Ehren- breitstein, v. Beyer, widmet dem General Göben einen höchst ehrenden Nachruf, wonn es heißt: In den Jahren 1836 bis 1840 hat der Verewigte im spanischen Erbfolgekriege unter karlistischem Banner durch hohe Einsicht und glänzende Tapferkeit sich ausgezeichnet, im Jahre 1849 in der Pfalz und in Baden, 1860 in Marokko vor dem Feinde gestanden, 1864 die 26. Jnfanteriebrigade, 1866 die 13. Di­vision, 1870/71 das 8. Armeekorps und die 1. Armee von Sieg zu Siege geführt. In mehr als

60 Schlachten und Gefechten hat er dem Tod ins li

Auge gesehen. Die Armee betrauert in dem in voll- h

ster Manneskraft, aus edelstem Wirken Dahinge- tl

schiedenen einen ihrer bewährtesten, immer siegreichen u

Führer, einen ruhmreichen Feldherrn. DaS 8. Ar- §

meekorps verliert seinen kommandirenden General, sj

der, ausgezeichnet durch hervorragende Eigenschaften Zj

des Herzens, des Characters und des Verstandes, ff!

als ein Vorbild menschlicher und soldatischer Tu- Hl i,

genden, von allen seinen Untergebenen hochverehrt. " a

bewundert und geliebt wurde. In den Annalen S sj

der Geschichte und im Andenken der Armee wird ff! g

der NameGöben" für alle Zeiten unvergessen sein. H

Bochum, 14. Nov. Ein neuer Mordversuch:

Eine Frau aus Langendreer wollte am vergangenen Ai- tz Freitag Mittag ihrem außerhalb beschäftigten Manne d

das Mittagessen bringen, als sie plötzlich in einem I

Hohlwege von einem Menschen überfallen wurde, sf

der ihr eine Schlinge um den Hals zu werfen und ^ sie zu erdrosseln suchte. Zum Glück kam iu dem- .^j, fl

selben Augenblicke ein Milchfuhrmann angefahren, ff

der den Unmenschen verscheuchte. Leider sah sich der ^

Milchknecht nicht veranlaßt, den Flüchtling zu ver- K, d

folgen, obgleich die Behörde 5000 -,/L auf die Er- O f,

greifung des Verbrechers ausgesetzt hat. Die Frau - ^

war von dem Ueberfall so erregt, daß sie erst gegen 'st

Abend der Behörde Anzeige machte. Die Hoffnung, i n des Scheusals habhaft zu werden, ist aber gestiegen, i

denn die Frau hat den Angreifer erkannt, wenn sie auch seinen Namen nicht anzugeben vermag.

Mühlhausen (Elsaßi, 16. Nov. Vor dem hies. Schöffengericht hatten sich dieser Tage zwei Metzger zu verantworten, welche angeklagt waren, Pferdefleisch unter das Rindfleisch gemischt zu ha­ben, aus dem sie Servelatwurst bereiteten. Ihr Ankläger war der Pferdeschlächter selbst, von dem sie früher das Pferdefleisch bezogen haben. Die Ange­schuldigten gestanden ihr Vergehen ein, waren aber naiv genug, zu behaupten, daß sie bei ihrer Hand­lungsweise keine böse Absicht gehabt haben. Es wurde nachgewicsen, daß einer der Metzger all­wöchentlich mehrere Centncr Pferdefleisch in obenan­gegebener Weise zu verwenden pflegte, das um den Preis von 16 Pro. Ctr. von den Pferdemetzgern der Umgegend bezogen wurde, wo hingegen Rind­fleisch bei den Metzgern der Stadt'6080 pro

Ctr. gilt. Bei jahrelanger Fortsetzung dieser Le­bensmittelfälschung hat es sich bei den Metzgern also um einen Gewinn gehandelt, der die Summe von manchen Tausend Mark erreicht haben muß. DaS Urtheil lautete für den einen der Metzger auf 50 für den anderen auf 20 Geldbuße und wurde die Veröffentlichung des Urtheils angeordnet.

Erfreulicher Weise ist im preußischen Etat der Geistlichen aller Bekenntnisse gedacht. Es werden für sie verlangt 2 Millionen Mark, um das Jah­reseinkommen der 5 Jahre im Amte befindlichen evangelischen Geistlichen auf 2400 Mark, der katho­lischen auf 1800 Mark zu erhöhen. Der etwaige Ueberrest ist zu Zulagen für Geistliche mit einem Z Einkommen unter 2700 M. zu verwenden. Doch M«

sind diese Gehaltserhöhungen und Zulagen jederzeit widerruflich und gewähren keinen rechtlichen Anspruch. ^^

Auch die ausländische Presse beschäftigt sich E mit der Rubrik Judenhetze in Deutschland. So ZZ schließt dieTimes" eine Betrachtung darüber mit AZ den Worten:Die ganze Streitfrage würde keine ' Beachtung verdienen, wenn die unwürdige Bewegung ^ nicht von einigen Männern von Bedeutung und Ansehen unterstützt würde. Wir bemerken jedoch Z mit Freuden, daß die edleren Geister Deutschlands der Bewegung nicht nur ferne stehen, sondern aufs Nachdrücklichste dagegen protestiren. Wenn die Ju­den bessere Männer als die Deutschen sind, um so schlimmer für die Deutschen, so lange sie aber keine schlechteren Bürger sind, ist kein rationeller Grund zur Klage vorhanden, welchen der Staat berücksich­tigen könnte. Die Zeiten für die Befriedigung des bloßen Rassenhasses sind längst dahin. Was in Deutschland hochherzig gesinnt ist, wird mit dem Protest übereinstimmen, welcher der beredten Feder Professor Mommsen's zugeschrieben wird. Alles Niedere und Gemeine und Verächtliche wird sich der Judenhetze anschließen. Außerhalb Deutschlands wird sich, wird sind dessen überzeugt, dieses Wieder­aufleben der Leidenschaften vergangener Jahrhun­derte geringer Sympathien erfreuen. Es ist eine Satyre auf die Cultur, die Deutschland so hoch an­schlägt, eine Schmähschrift auf die deutsche Gemüth-