§!
«2
I
4
0
L
ü
selbstredend nach allen Richtungen hin gehörig gedonnert — sonst aber kam kein Unglück vor. Portugal.
Nizza, 8. Nov. Das Befinden des russischen Reichskanzlers Fürst Gortschakoff, ist für sein hohes Alter befriedigend. Derjenige Fürst Gortschakoff, welcher früher 2 Monate in Bern und jetzt in Clärens ziemlich schwer krank darnieder liegt, gehört nicht zur Diplomatie.
Rußland.
Rußland klagt darüber, daß jetzt, wo ein Krieg zwischen China und Rußland auszubrechen drohe, deutsche Kaufleute die Chinesen mit Waffen und sonstigen Kriegsbedürfnissen versehen. Es ist freilich wahr, daß die deutschen Kausleute in den chinesischen Häfen schon seit 20—30 Jahren einen bedeutenden und einträglichen Handel mit Waffen treiben. Was kann indessen die deutsche Negierung thun, um diesen Waffenhandel zu beaufsichtigen und zu beschränken? Die deutschen Kaufleute ch China können ihre Waffen nicht blos bei Krupp und von Deutschland, sondern auch von England, Amerika u. s. w. beziehen.
In Rußland gehört's zur Erbweisheit, daß ein General oder Admiral alles verstehen und können muß. Der derzeitige Finanzminister Greigh war Admiral und verstand von den Finanzen so Wiel, wie die Kuh von der Muskate. Er hielt's zwar aus, aber nicht die Finanzen. Diese liegen unglaublich darnieder und stürzen das Reich in Noch und Verwirrung und endlich den Minister selber. Es wird nun ein anderer General oder Admiral kommandirt werden. Die Besoldung eines russ. Finanzministers ist sehr auskömmlich und Greigh verstand es, noch allerlei extra zu verdienen. Er machte große und viele Jnspectionsreisen und schrieb die Rechnungen mit doppelter Kreide; denn ec fuhr mit der Eisenbahn auf Staatskosten, that aber, als reise er.mit! großem Gefolge zu Wagen und Pferd mit Vorspann j von Werst zu Werst. !
Am 7. v. Mts. spielte sich vor dem Krcisge-! richtein Nowgorod folgende Szene ab: Es sollte die Schlußverhandlung gegen den Mörder und Politischen Verbrecher Polefchajeff durchgeführt werden. Poleschajeff hatte während seiner Haft als politischer Verbrecher einen seiner Zellengenossen, Namens Trofimoff, mit einem Stein getödtet, weil Trofi- moff ihn verrathen haben soll. Vor dem Gericht verhielt sich der angeklagte Mörder anfangs sehr ruhig, doch als der Staatsanwalt zu sprechen begann, zog Poleschajeff rasch einen seiner Arrestantenschuhe, welche stark mit Nägeln beschlagen waren, aus und warf denselben in's Gesicht des Staatsanwalts. Letzterer fiel, aus dem Gesicht blutend, zu Boden, mehrere Damen fielen in Ohnmacht und im Saale entstand ein unbeschreiblicher Wirrwar. Der Attentäter konnte nur mit Mühe gebändigt werden. Der Vorfall wurde sofort an den Justiz- minister berichtet und dieser befahl, den Attentäter vor ein Feld-Kriegsgericht zu stellen, welches Poleschajeff wahrscheinlich erschießen lassen wird.
Türkei.
Konstantsinopel, 11. Nov. Es wurde ein Kriegsgericht eingesetzt, um drei Offiziere abzuur- theilen, die im Zustande der Trunkenheit den Grafen Hatzfeld nicht erkannt und demselben in seinem Wagen belästigt hatten. Ein Adjutant des Sultans erschien bei dem deutschen Botschafter, um demselben das Bedauern des Sultans auszusprechen.
„Vor Dulcigno nichts Gescheidtes" — so könnte der heutige Rapport über diese Angelegenheit lauten. Die Uebergabe des Platzes an Montenegro ist „natürlich nicht erfolgt." Aus Ragusa wird be-, richtet, daß Derwisch Pascha bei den Dsficignoten kein Gehör finde. Mit den Führern der Liga Verkehre er freundlich und rathe zur Unterwerfung. Aus Cettinje wird gemeldet, daß die Chefs der ober- albanesischen Liga seit drei Tagen in Tust versam- melt sind und Berathungen halten.
In Skutari sind 500 Urnauten aus Pizr- rend eingetroffen und es gewinnt immer mehr den Anschein, daß die Uebergabe Dulcigno's nicht ohne Gewaltanwendung zu bewerkstelligen sejn wird.
Die türkischen Diplomaten scheine» in ih-. ren jetzigen Nöthen als ihren erfolgreichsten Bundesgenossen die Zwietracht sich ausgesucht zu haben. Die Hoffnung aüf die: Uneinigkeit der Mächte trotz der steten Proclamationen -der Officiösen von -dem europäischen Concerte war die Seele aller ihrer Ope
rationen und Unterlassungen. Und nun verspricht sich auch Derwisch Pascha zur Ausführung seiner Mission bei Dulcigno besten Erfolg von der bestehenden Zwietracht der Albanesen. Das scheint der Halbmond dem Vatican abgeschaut zu haben, abzuwarten, um die Früchte der Zwietracht der Gegner einzuheimsen.
England.
London, 12. Nov. Reuter meldet aus Konstantinopel vom 11. Nov.: Der Chefs der alba- nesischen Liga haben endlich eingewilligt, Dulcigno zu übergeben. Delegirte aus Dulcigno trafen in Scu- tari ein. Die Verhandlungen sind noch im Gange.
Die Wolken am englischen Horizont ziehen sich allmählich düsterer zusammen. Die Zustände in Irland nehmen täglich gefährlicheren Character an. Vom Cap der guten Hoffnung weiden neue Kämpfe und Verluste gemeldet und in Asien ist auch die Situation so, daß man den Kreis enger zieht. Jndeß schreibt der ,Observer :" Was wir bedürfen, ist Ruhe und Frieden für die Entwickelung des Handels und falls es sich zeigt, daß die von der Regierung in der orientalischen Frage befolgte Politik uns dem Risico eines Krieges aussetzt, so wird die öffentliche Meinung sich dahin aussprechen, daß es Griechenland und Montenegro überlassen bleiben muß, ihre eigenen Angelegenheiten zu schlichten." Die meisten andern Blätter betonen gleichfalls die Nythwendigkeit des Friedens. Das täglich entschiedener sich anssprechende Bedürfniß nach Ruhe und Frieden, scheint auch auf Gladstone's Pläne im Vereine mit obengenannten Umständen moderirend einzuwirken.
j2100 Tonnen Zucker vernichtet.j Der Dampfer „Clan Ranald" mit einer Ladung von 2100 Tons Javazucker im Werthe von ca. 500000 Pfund Sterling, nach Kopenhagen bestimmt, ist in Pord Said in Brand gerathen und in 24 Fuß Wasser gesunken. Die Ladung ist vollständig verloren.
Amerika.
Washington, 11. Nov. Durch Cirlular des Staatsdepartements wird bekannt gemacht, daß alle als Bürger der Vereinigten Staaten naturalisirten Deutschen, einschließlich der Eljäßer, welche Deutschland, in der Absicht, nach Amerika zurückzukehren, besuchen werden, seitens der Unionsregierung gehörigen Schutz erhalten, obgleich dieselbe aufgefordert werden dürften, die Naturalisation zu beweisen, sowie auch, daß sie von der deutschen Armee nicht desertirten.
In Nord-Karolina erschoß eine Frau ihren Mann, weil er ein anderes Frauenzimmer geküßt hatte.
In den Vereinigten Staaten soll sich eine Gesellschaft gebildet haben unter dem Namen „Ame- rikan Alliance", deren Mitglieder u. A. einen Eid leisten, in welchem es heißt: „Ich .... verspreche, erkläre und schwöre feierlich, .... daß ich nicht, wissentlich für einen römischen Katholiken stimmen/ noch ihn empfehlen oder ernennen will für irgend eine politische Stellung, welcher Art sie auch sein mag, und daß ich auch nicht zu seiner Erwählung^ oder Ernennung helfen will; ich schwöre ferner, daß ich für keine Personen stimmen oder sie anstellen will, die mit dem römischen Matholicismus sympa- thisirt u. s. w." Die Verantwortlichkeit für die Richtigkeit dieser Mittheilung müssen wir dem klerikalen Blatte überlassen.
Entschiedenes Pech hatte vor Kurzem ein Mann in North Carolina. Der Mann litt an einem sehr schönen, aber etwas kratzbürstigen Weib, und um dieses einmal ordentlich in Angst zu jagen, wollte er einen Selbstmord simulircn und hatte zu diesem Zweck einen Freund instruirt, im entscheidenden Moment dazwischen zu springen und den Strick durch- zuschneiden. Es ging alles der Verabredung gemäß, nur sprang der Freund zu spät dazwischen, und als man den Mann ab- schüist, war er todt. Man sagt,.daß die Wittwe später den .Freund heirathen wird.
Die mexicanischen Staaten Nuevo, Leo, Coa- huila und Durango sind neuerdings in Folge von Berichten über die neu entdeckten Goldminen von fabelhaftem Reichthum von einem ganzen Heere von Bergleuten aus Texas und andern Theilen der Vereinigten Staaten und Centralamerika's überschwemmt worden. Die Minen liegen in der Sierra Mojada, sind vpn einem Ingenieur und einem Mineralogen der mexikanischtzn Regierung untersucht worden und sollen in der That von unberechenbarem Werthe sein.
Äfiyl.
Beim Bau einer römisch-katholischen Kirche kamen ernstliche Unruhen in Canton vor, an denen sich sechs -bis -sieben Tausend - Chinesen . Letheiligteni und welch' letztere fast mit einem Massenmord der
Christen geendet hätten. Die öffentlich ausgestoßenen Drohungen und die große Aufregung unter dem Pöbel bestärkten die Furcht vor einem bewaffneten Angriff gegen die fremde Niederlassung in Schamien bei Canton in der folgenden Nacht, und man war allgemein überzeugt, daß noch vor Mitternacht Versuche gemacht werden würden, die Häuser der Fremden zu zerstören und zu plündern. Chinesische Plakate, welche hierzu einluden, wurden an den Straßenecken angeschlagen. Die fremden Ansiedler griffen zu den Waffen, und es wurden alle möglichen Maßregeln getroffen, um die Gefahr abzuwehren. Das französische und englische Panzerschiff, welche im Hasen lagen, machten sich kampfbereit. Diesen ernstlichen Abwehrmaßregeln nur ist es zu danken, daß die Chinesen einen Angriff nicht wagten und der beabsichtigte Versuch einer Ausrottung aller Fremden unterblieb.
Sandes L Jerkehr.
Unter den unbestellbaren, in Tübingen aufgegebcnen Postsendungen, befindet sich auch eine Kiste anBitschnau u. Söhne in Nagold, aukcgeben am 27. Dezbr. 1679.
Po st buch fürWürttembergfürdasJahr188l. Dieses von Kanzleirath Ba cm ei st er und Postinspektor Nie- derhöfcrnunschon im vierten Jahrgang bearbeitete und herausgegebene Postbuch weist abermals mehrfache Bereicherungen auf und wird Allen, die im öfteren Verkehr mit der Post stehen, sehr nützlich, ja fast unentbehrlich sein. Die Päckereita- rife nach allen Ländern der Erde sind in Folge der Bestimmungen über die Statistik des WaarenverkehrS des deutschen Zollgebiets mit dem Ausland einer durchgreifenden Umänderung unterzogen worden. Ganz neue ausführliche Abschnitte sind gewidmet der Bestimmungen über die Gewährleistung, über die Nachfrage nach abhanden gekommenen Sendungen (Lauszettxl Und Nachfragschreiben), über Postcinlieferungsscheine und Bücher und über den Bezug von Zeitungen. Sodann sind 28 Seiten des Anhangs mit Musterformularen ausgcfüllt zur Belehrung für das Publikum bei Benützung der Post zur Verwendung von Briefpostgegenständen und Päckcreien. Durch alles dieses ist der Inhalt von l44 auf 160 Seiten gestiegen, der Preis aber doch nur wie früher eine Mark.
Allerlei.
— Wenn Essiggurken zu schimmeln anfangen, gebe man in ein Säckchen etwa 2 Loth schwarzen Senf und lege dasselbe auf die Gurken, die alsdann frisch und von jedem Schimmel befreit bleiben.
Einst und jetzt.
(Bei Beobachtung der Eisenbahnunglückssälle.)
Einst als Charon noch mit düst'rer Miene Fuhr in's Todtenreich die bleichen Schatten,
Ach, wie langsam ging die Fahrt vpn statten, Denn es gab noch keine Dampfmaschine.
— Glaubst Du jetzt Dein Lebenswerk gethan, Setze Dich nur auf die Eisenbahn:
Kurze Fahrt — Ruck — Quetschung — Todeskampf Und Dn gehst in's Jenseits ein mit Dampf.
* Berthold Auerbach schreibt gegenwärtig an einer neuen Erzählung aus dem Schwarzwald, ipelche den Titel „Unter Fichten" führen soll und in.seinen bei Bielefeld in,Karlsruhe erscheinenden Deutschen illustrirten Volksbüchern veröffentlicht werden wird, auf welche wir unsere Leser bereits beim Erscheinen des ersten Heftes aufmerksam gemacht haben. Heute liegt uns nun die zweite Lieferung dieses höchst empfeh- lenswerthen Unternehmens vor. Dieselbe ist mit 14 fast durch- gehends von Thnmann's Meisterhand gezeichneten reizenden Bildern geschmückt und bestätigt unsere Ansicht, daß es sich hier um ein Buch handelt, das nicht wie so viele Lieserungswerke viel versprüht und . wenig hält, sondern nur ausgesucht'Gutes bietet, was von dem Autor und den betheiligten Künstlern auch gar nicht anders zu erwarten war. Da anzunehmen ist, daß die Volksbücher bis Weihnachten fereig werden, möchten wir Jedermann deren Anschaffung als wirklichen Hausschatz empfehlen.
Uenestrs.
Berlin, 13. Nov. Anläßlich der in jüngster Zeit vorgekommenen Agitationen gegen die Juden wird in den Morgenzeitungen eine Erklärung angesehener hiesiger Einwohner veröffentlicht werden, welche die Achtung eines jeden Bekenntnisses, gleiches Recht wie gleiche Sonne, im Wettkampfe gleiche Anerkennung tüchtigen Strebens für Christen und Inden verlangt.
Berlin, 13. Nov. Durch die gestern Abend publicirte Ernennungpes Unterstaatssecretärs im preußischen Handelsministerium, Dr. Jacobi. zum Direc- tor und mehrerer Räthe aus den Ministerien des Handels, der Finanzen, 4er öffentlichen Arbeiten und der Landwirthschaft zu Vortragenden Räthen im Reichsamt des Innern ist der „Nordd. Allg. Ztg." zufolge die Frage der Errichtung einer besonderen Handets- abtheilung im genannten Reichsamte gelöst.
Lo b lenz, .1.3. Np.v. .O?,yerSl.Oöben ist heute Abend gestorben.