sowie bei dem großen Reichthum an Mäusen empfiehl es sich, die Saatfrucht vor letzteren zu schützen. Dasselbe geschieht auf eine einfache und billige Weise: Man nimmt auf 1 Simri Saatfrucht für 5 L Vitriol, löst denselben in ungefähr 1*/, Liter warmem Wasser auf und netzt dieselbe damit an und läßt es einen Tag stehen. Ein Acker, mit solcher Saatfrucht ausgesät, ist nicht allein gegen Mäuse geschützt, sondern das Getreide wird auch viel weniger den Brand bekommen. Bei der großen Einfachheit vorstehenden Mittels sollte kein Landwirth dasselbe unversucht lassen.
Karlsruhe, 13. Oktober. Zur Affaire Jost schreibt jetzt die offizielle „Karlsr. Ztg.": Bon zuverlässiger Seite sind wir in die Lage versetzt, zu bestätigen, daß nach dem Verschwinden des Vorstandes des Hofzahlamts, Hof-Finanzr. Jost, welcher seit dem 5. ds. Mts. vermißt wird, sich in der ihm anvertrauten Kasse ein Defekt von 150,000 c/lL herausgestellt hat. Gerichtliche Untersuchung ist eingeleitet.
Von einem eigenthümlichen Unfall wurde in Mannheim ein Herr beim Kegelspiel betroffen. Derselbe verrenkte sich beim Werfen einer Kugel das Bein derart, daß die Kniescheibe vollständig nach hinten gedreht wurde und mußte die Verbringung des Verletzten nach dem Spital erfolgen.
München, 14. Okt. Nach dem „Fr. Kur." soll der Kriegsminister Willens sein, für die Folge Offiziere, welckie wegen Soldatenmißhandlnngen ver- urtheilt wurden, zwei Jahre vom Avancement auszuschließen.
Frankfurt a. M. Der zum Tod verurtheilte B. Wagner aus Rückers, welcher seine Frau in den Main gestoßen hatte, wurde vom König zu lebenslänglichem Zuchthaus begnadigt.
Ein schlimmes Zeichen der Zeit ist die auffällige Zunahme der Ehescheidungsprocesse, und zwar meist von Personen höherer Stünde. Beim Landgerichte in Frankfurt a. M. sind zur Zeit nicht weniger als 21 Processe anhängig.
(Ermordung einer ganzen Familie.) Aus Fürstenau bei Dresden meldet das „Dresd. I.": Am Freitag Mittag fand man im Hause des Wirlhschaftsbesipers Bohmc drei seiner Kinder im Alter von 8 , 5 und ^4 Jahren, sowie seine Ehefrau, und zwar am Treppengeländer aufgehangen, todt auf. Nach den Ermittelungen ist anzunchmeii, daß die Letztere die Mörderin ihrer drei Kinder ist. Dieselbe scheint ihre Opfer zunächst in dem im Hause befindlichen Brunnen ertränkt, dann aber die zwei gröberen Kinder, da sie im Wasser ihren Tod nicht sofort gesunden hatten, am Treppengeländer aufgchängt und sich dann selbst daneben strangulirt zu haben. Nahrungssorgen, die aber nach den Verhältnissen Böhme's nicht drückender Natur sein sollen, mögen der Böhme die Veranlassung zu der unglücklichen That gegeben haben. Zwei der übrigen Kinder sind zur fraglichen Zeit mit dem Vater auf dem Felde mit Kartoffelausnchmen beschäftigt gewesen, während das sechste 3jährige Kind der Mutter davongelaufen ist. Es verdient erwähnt zu werden, daß der Vater der verehelichten Böhme sich früher aus Furcht vor einer Operation selbst entleibt hat und die Mutter derselben auf dem Sonnenstein im Jrrenhause verstorben ist.
Der „Köln. Ztg." wird der Umschwung der Stimmung in Württemberg zu Gunsten der demokratischen Richtung als Thatsache bezeichnet; aller Wahrscheinlichkeit nach, wenn nicht noch Unerwartetes geschieht, werde der vacant gewordene Reutlinger Sitz für den Landtag dem vor Kurzem für den Reichstag im Reutlingen - Tübingen - Rottenburger Wahlbezirk gewählten Payer zufallen.
Köln, 15. Okt., Vormittags. Die Stadt ist außerordentlich prachtvoll bis zum letzten Hause mit Festons, Laub und Tannengewinden, Wappenschildern, Emblemen und Flaggen in den Reichs- und Landesfarben geschmückt. Viele Straßen sind mit Mastbäumen besetzt, die durch Guirlanden verbunden sind. Alle Schiffe auf dem Rheinstrom tragen festlichen Schmuck. Durch die ganze Stadt wogt eine festlich bewegte Menge Kopf an Kopf. Jeder Zug bringt neue Menschenmassen. Soeben rückt eine Ehrenwache mit klingendem Spiele und der Fahne zum Empfange des Kaisers an den Bahnhof. Das Wetter ist tübe, aber bis jetzt regenlos. (Fr. I.)
Köln, 15. Oktober. Nachdem der Kaiser auf die Begrüßungsrede des Weihbischofs Baudri erwidert hatte, führten der Domdechant und die Prälaten den Kaiser durch das Schiff zum Altäre im hohen Chor. Dort intonirte der Dechant das Tedeum, das von einem Knaben- und Sängerchor vorgetragen wurde. Während des Tedeums standen der Kaiser und die Kaiserin mit Gefolge an den Stufen des Altars. Nach dem Tedeum geleiteten der Dechant und die Prälaten den Kaiser bis
zur Thür des Südportales. Als der Kaiser heraustrat, wurde Se. Majestät durch Tausende von Stimmen jubelnd begrüßt. Die hier aufgestellte Kinderschaar begann den Gesang des Vollendungsliedes. Der Kaiser schritt durch die Reihen der Kinder und Spalier bildenden Werkleute unter immer stärkerem Jubel dem Kaiserpavillon zu. Tribünen und Dächer waren bis auf weiteste Entfernung dicht mit Menschen besetzt. Die Urkunde wurde durch den Dvmbaumeister verlesen, sodann folgte die Unterzeichnung derselben. Eine zweite für das Stadtarchiv bestimmte wurde ebenfalls vom Kaiser, den Prinzen des königlichen Hauses, den Fürsten und Ministern unterzeichnet. Hierauf sprach der Kaiser mit deutlicher, weithin hörender Stimme, der man die tiefe innere Bewegung anmerkte, ungefähr folgende Worte: „Wer gedenkt nicht des Tages, welcher dem verewigten Könige Friedrich Wilhelm IV. das Leben geschenkt hat, wer gedenkt nicht des Tages, an welchem im Jahre 1842 König Friedrich Wilhelm IV. den Grundstein zum Fortbaue dieses Domes legte, den wir heute im Kranzesschmuck glänzen sehen. Dem in Gott ruhenden Könige Friedrich Wilhelm IV. war es nicht vergönnt, den Tag zu jeheii, der diesem herrlichen Gotteshause die Vollendung bringen sollte. Aber dieses höhere Ziel konnte nur erreicht werden durch einmüthiges Zusammenwirken der ganzen Nation, an deren Spitze die erlauchten Fürsten und freien Städte. Schon im Jahre 1825 hatte König Friedrich Wilhelm III. den Gedanken gefaßt, den Dom zu erhalten; auch seiner haben wir mit dankbaren Gefühlen zu gedenken. Sodann gebührt mein Dank allen Fürsten, allen Spendern von Mitteln, insonderheit den Dombau-Vereinen und ihrer unermüdlichen Thätig- keit, welche zur Vollendung des Werkes führte. Möge Gott der Herr mit seiner Gnade über dem Bauwerke walten und dasselbe für alle Zeiten bleiben ein hehres Denkmal zur Ehre Gottes und zum Heile des Vaterlandes! Es folgten sodann die Reden des Overpräsidenten der Rheinprovinz und des Vorsitzenden des Dombauvereins, die Hinaufschaffung der Urkunde aus die Thurmspitze, der Choral „Nun danket alle Gott", schließlich das Hoch auf den Kaiser unter dem Donner der Kanonen, Glockengeläute und Jntoniren der Nationalhymne. Um lZ/n Uhr fand die Abfahrt der Mäjestüten nach dem Bahnhofe zur Rückkehr nach Schloß Brühl unter brausendem Hochrufen der Menge statt.
Köln, 19. Oktbr. Die längere Ansprache des Dom-Dechanten an die Majestäten begann folgendermaßen: Das Domkapitel hat die Ehre Ew. Majestäten in seinem Gotteshause allerunterthänigst und ehrerbietigst in Abwesenheit des Erzbischofs zu begrüßen. Gegen Schluß heißt es : Möge bald der heißersehnte Tag erscheinen, welcher der Kirche den Frieden, dem vollendeten Dome die Hirten wieder gibt.
Berlin, 14. Okt. Die Kreuzz. schließt einen Artikel zur Kölner Dombaufeier mit Folgendem: An der Vollendung des Domes bewahrheitet sich auch wieder: „Es Weltgeschichte ist das Weltgericht;" „Gott sitzt im Regiments!" Das war Preußens Königen Vorbehalten, den deutschen Dom am Rhein aufzubauen und zu vollenden. Friedrich Wilhelm III. ließ ihn durch Schinkel untersuchen und regte den Gedanken an, jeinen Aufbau in Angriff zu nehmen. Diesen Gedanken zur Ausführung gebracht zu haben, das ist das ewige denkwürdige Verdienst des kunstsinnigen Königs Friedrich Wilhelm IV.; sein hoher Name ist mit der Geschichte des Domes unlöslich verbunden. Kaiser Wilhelm beschützte das Gotteshaus mit seinem siegreichen Schwerte und wendete den Bauleuten seine lebhafte Fürsorge und Gunst zu: Kaiser Wilhelm vollendet den Dom am 15. Okt. des Jahres 1880, einem Tage, der in den Annalen der deutschen und vornehmlich der preußischen Geschichte eine hohe Stelle einnimmt. Diesen erhabenen königlichen Protektoren aus dem Hause Hohenzollern widme ganz Deutschland, katholisch und protestantisch, seinen Dank! Nicht minder gebührt der Dank des Volks und der Kirche den Männern, die im Verein mit der Krone das Werk des Dombaus eifrig betrieben haben, den Schriftstellern, den Dichtern, vor allen den Mitgliedern des Dombauvereins. Welch' hohe Gesinnung spricht aus all' den literarischen Erzeugnissen, all' den Gedichten, all' den Aufrufen, die um des Kölner Doms willen veröffentlicht worden sind, wie sauer haben es sich jene pat
riotischen Männer werden lassen, das Werk zur Vollendung zu bringen! Und wenn es zu weit führen würde, all' jener Männer zu gedenken, die sich um ipis Nationalwerk wohl verdient gemacht haben, so dürfen doch die Namen aus der Neuzeit nicht verschwiegen werden: Dombaumstr. Zwirner, Dom- baumstr. Esser, Sulpice Boisserse, Dombaumstr. Voig- tel. Möge die Kölner Dombauhütte nicht aufhören zu bestehen, sondern ihren Geist und Kunstsinn noch verherrlichen an manchem nationalen Bau im deutschen Vaterland; durch sie ist erst das rechte Ver- ständniß für die Gothik und im Großen und Ganzen der Kunstsinn und die ideale Richtung Deutschlands wesentlich gefördert worden. Möge das Fest zu Köln am Rhein Segen bringen über unfern geliebten Kaiser und sein Haus, über Deutschlands Fürsten und Völker. Der Dom sei sin Sinnbild deutscher Thatkraft, deutscher Einigkeit, er spreche aus jedem Stein, aus jeder Spitze zu uns mahnend: Gar viel, unendlich viel ist noch zu bauen, ehe den Dom des einigen Deutschland wir vollendet schauen.
Berlin, 15, Oktbr. Der Papst Leo ist, dem „Tageblatt" zufolge, erkrankt. Cardinal Hohenlohe ist zu gleicher Zeit mit der Absetzung des päpstlichen Staatssekretärs Nina nach Deutschland abgereist, angeblich zum Besuche Verwandter (auch des Fürsten Hohenlohe in Berlin). Der ehemalige Cultusminister Falk ist zur Zeit in Rom. — Der Londoner „Pall Mall Gazette" zufolge sei für nächstes Jahr ein Krieg im Orient nicht unmöglich. „Pall Mall ist Gladstone's Organ. Es scheint sich um eine neue Ueberraschung Betreffs Griechenlands zu handeln. -
Prinz Heinrich von Preußen hat sein Kieler Examen vorzüglich bestanden; von einem der Seekadetten wird in der Magdeb. Ztg. erzählt, der Prinz habe auf die meisten Fragen rasch und ungemein präzis geantwortet, in zweifelhaften Fällen eine nochmalige schärfere Fragestellung vom Examinator erbittend. „Der Prinz, berichtet derselbe weiter, ist auch ein fleißiger Sammler gewesen: Steine, Blumen, Muscheln, Vogelfedern, Holzarten und was sonst noch Alles hat er mitgebracht, zum Theil für sich, zum Theil für seine Eltern und Geschwister. Was uns im Grunde am meisten an ihm gefiel, war seine sich immer gleich bleibende Freundlichkeit gegen Alle; dabei kehrte er nie den Prinzen heraus, er war der sich uns gleichstellende Kamerad, der gern vergnügt ist und ungeheuer herzlich lachen kann. Wir Alle vom Prinzen Adalbert haben Freundschaften auf's ganze Leben geschlossen; auch das ist ein nicht hoch genug zu schätzender Gewinn aus unserer Reise um die Welt, die ja begreiflicher Weise dadurch eine Lebensbedeutung für uns hat, weil wir sie zusammen mit dem künftigen Admiral der deutschen Marine gemacht haben. Und Prinz Heinz wird ein guter Admiral werden, paßt auf!"
Zn nächster Woche steht, wie offiziös gemeldet wird, die Veröffentlichung der Ernteberichte in der- gesammten Monarchie bevor. Wie man hört, liefern dieselben zwar kein befriedigendes Ergebniß, immerhin aber lauten sie nicht so trüb, wie vielfach befürchtet wurde. Die Aufhebung oder Suspension der Getreidezölle ist in Regierungskreisen noch gar nicht in Frage gekommen. Auch besondere Nothstandsvorlagen, von denen vielfach die Rede war, sind bis jetzt nicht in Aussicht genommen.
Das Statistische Jahrbuch für das deutsche Reich weist nach, daß seit 1872 durchschnittlich jährlich 20 Mill. Hektol. Bier in Deutschland gebraut worden sind. Auf den Mund eines jeden Deutschen kommen 90 Liter jährlich, auf den Schlund jedes Bayern 263 Liter. Da kann es nicht wundern, daß die Brauknechte mit dem Streike (im Trinken?) drohen, wenn man ihr tägliches Deputat von 24 auf 20 Maß herabzusetzen Miene macht. —
Oesterreich—Ungarn.
Wien, 15. Okt. In Prisrene wurde am 12. d. Mts. der österreichische Konsulardragoman sammt seiner Gattin nach heftiger Gegenwehr, wobei zwei der Angreifer erschossen wurden, ermordet. Der Affaire wird keine politische Bedeutung beigelegt.
In Pesth besprechen die Blätter lebhaft die gestern erwähnten Bestrebungen zur Magyarisi- rung des Handels. Ellenör sagt: „So lange Handel und Gewerbe in Pesth deutsch find, wird Pesth keine Weltstadt sein." Die gegenwärtige Regierung habe zwar viel gethan, um das Land zu magyarisiren; aber Alles könne man von der Regierung nicht erwarten. Auf manchen Gebieten könne
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