des VagantenthmnS. wozu der Ausschuß des BezirkSwohlihätig- keitsvereinS bereits die Initiative ergriffen. Zur Tagesordnung der Versammlung übergehend, gab Herr Sann mal d, der die Ausstellung ebenfalls etwas früher besucht hatte, ein kurzes geschichtliches Bild über die Entwicklung der Wollindustrie, und dann aus die Beschreibung des Jndustriegebäudes und Einthei- lung der Räume übergehend, gab er hierauf zuerst Hrn. L. Kapp das Wort, der die Ausstellungsgegenstände im Einzelnen Re­vue passiren ließ. Obwohl er von den Tuchen viel schöne und gute Waare ausgestellt fand, so glaubt er doch, daß bei uns in nicht geringerer Qualität fabrizirt werde: nicht so bei den Stoffen, die durch Billigkeit und eleganter Ausstattung von Seiten süddeutscher Fabrikanten kaum eine Conkurrenz zulas- scn, zudem man bei uns nur mit reeller, dauerhafter Waare zu dienen gewohnt sei. Die Ausstellung in Flanellen befriedigte Redner am wenigsten, denn mancher unserer Fabrikanten liefern weit bessere und schönere Waare. Teppiche waren ebenfalls reichlich und in prächtiger Waare vorhanden, doch dürsten die Calwer Fabrikate hiebei kecklich die erste Stelle einnchmcn. Ueberhaupt zeigte dieser Berichterstatter, daß er die Ausstellung mit fachlichem Interesse und Fieiße musterte und daher auch manche Winke für unsere Fabrikativnsweise geben konnte, die da und dort vielleicht Beachtung finden werden. Herrn Alb. Koch war die Aufgabe zugcfallen, über die Maschinen-Aussteilung zu berichten, welcher er in einer Weise nachkain, daß wir eher einen Maschinenbauer als einen mit der Tuchfabrikation Be­trauten zu sprechen hörten. Die Aufzählung und Beschreibung der Maschinen ließ erkennen, daß man mit solchen auf einem Standpunkt angckommen, das; auch der minder Eingeweihte, der Laie, begreifen muß, wie schwer es dem mir dem gewöhnlichen Stuhl Arbeitenden sein muß, mit jener FabrikalionSweise Con- currenz in Preis und Ausstattung der Waare zu halten. Neben diesem berichtete Reoner auch noch über die sonstigen ausgestellten Utensilien zur Wollfabrikation und über die Wollen als Rohmaterial selbst. Der Dritte Berichterstatter, Hr. Schaibl e, hatte die Strickerwaaren seiner besonderen Aufmerksamkeit unter­zogen. Auch er konstatirte den Fortschritt in diesem Fab- rikationszwcige, in welchem Artikel von der gewöhnli- chen Eamaschc bis zu den feinsten elegantesten Jacken, Leib­chen und andern Kleidungsstücken vertreten waren. Dabei glaubte er aber doch, gleichsam atS Beruhigung für die Landbevölkerung, der so manchen Verdienst durch die hierlän- dische Strickerei geboten wird, daß die von denselben gefertig­ten Strümpfe, Schuhe, Jacken w. nicht sobald als Maschinen­fabrikat in Gebrauch kommen werden. Das viele Schöne, das der Redner in der türkische» Ausstellung gesehen, machte es ihm begreiflich, warum so manche Herren um den Besitz des Ottomanenreichs streiten und nicht zur Ruhe kommen können. (Ob bei dieser Abtheilung derÄusstellung etwas Berliner Schwin­del mitunterlaufen, wie man lispelt, wollen wir unerörtert lassen.) Schließlich gab der Redner auch noch Bericht von der Reise selbst. Besonders rühmte er hiebei die billige und gute Zehrung und das freundliche Entgegenkommen in Leipzig, auch biete Leipzig so vieles Sehenswerthe dar, daß das Äuge kaum satt werden könne. Uebrigens zeige sich Leipzig wie zu einer Meßstadt eigentlich gemacht. Alle drei Berichte gaben davon Zeugniß, daß die Herren zu Vergnügungen nicht viel Zeit er­übrigen konnten und daß sie mit Interesse, Sach- und Fach- kenntniß ihrer Ausgabe oblagen, daher ihnen aus der Mitte der Versammlung durch Herrn H. Schuster auch voller Dank ausgesprochen wurde.

8 Nagold. Am (letzten Sonntag Nachmittag fand in Anwesenheit des für Hebung des Feuerlöschwesens in unserem Bezirk so hoch verdienten Herrn Obcramtmann Güntner von hier in Wildberg eine gemeinsame Uebung der Feuerwehren von Wildberg, Gültlingen, Sulz und Nagold unter dem Com- mando des Bezirksfenerlöschinspektors Ehr. Schuster statt. Die betr. Feuerwehren waren der Bezirksfeuerlöschordnung ent­sprechend in der Stärke und mit denjenigen Geräthschaften aus­gerückt, wie dies für genannte Gemeinden beim auswärtigen Feucrlöschdienst vorgeschrieben ist. Als Brandobjekt war der Gasthof zum Hirsch bestimmt, an welchem auch die Wildberger Feuerwehr mit deren gesammter Hilfsmannschaft u. sämmtlichen Gerüchen auf das gegen 4 Uhr Nachmittags gegebene Alarmsig­nal den ersten Angriff ausführte. Die sodann durch Feuerreiter herbcigerufcnen Feuerwehren von Sulz, Gültlingen und Nagold griffen die nächstgelegenen Häuser der Reihe nach an und bald entströmten 8 gewaltige Wasserstrahlen den Spritzenschläuchcn, welche sicherlich hingereicht hätten, auch eine schon ziemlich be­deutende Feuersbrunst zu ersticken, trotzdem daß außer dem Wildberger Fcuerlöschkorps blos 120 freiwillige Feuerwehr­männer anwesend waren. Die Schutzmannschaft von Wildberg hatte mit Absperren des Uebungsplatzes gegen das von Stadt und Land sehr zahlreich erschienene Publikum vollauf zu thun, und ist deren pünktliche Pflicherfüllung viel zu danken, daß alles in bester Ordnung und ohne jeglichen Unfall vor sich ging. Die Execution sämmtl. Feucrivehren wurde nach dem im letz­ten Jahr im Bezirk eingeführten Reglement in allen Theilen pünktlich und mit der größen Ruhe ausgesührt, so daß jeder unbefangene Beobachter gestehen mußte, daß die Leute gut ge­

schult und in der Stunde der Gefahr im Stande sind, ihrem bedrängten Mitmenschen wirksamste Hilfe zu leisten. Bei der Mittags 1 Uhr nach zuvor eingenommenem gemeinschaftlichen Mittagessen im Gaflhof zum Hirsch in Wildberg stattgehablen Generalversammlung der Offiziere sämmtl. Feuerwehren des Bezirkes wurde eine vom Oberbeamten des Bezirkes Herrn Oberamtman» Güntner vorgelesene und erläuterte Bekannt­machung des Kgl. Berwaltungsrathes der Gebäude-Brand- Versicherungsanstatr, betr. die Verwilligung von Unterstützungen aus der Centralkasse an im Feuerlöschdienst Erkrankte oder Verunglückte und deren Hinterbliebene, von den Anwesenden mit größtem Dank entgegen genommen, indem hieraus ersehen werden konnte, in welch hohem Maße unsere Staatsbehörden bemüht sind, für diejenigen, welche in Ausübung ihres Feuer- wehrberuss erkranken oder gar das Leben einbüßen, in aus­giebigster Weise zu sorgen. (Siehe Bekanntmachung in heuti­ger Beilage.) Hierauf wurde vom Bezirksfeuerlöfchinspektor Schuster ein Entwurf zu Satzungen für de» Nagolder Bc- zirksfeuerwchrverband, welchem die Aufgabe zukvmmt, das Feuerlöschwesen im ganzen Oberaml nach Kräften zu heben und zu vervollkommnen, zur Annahme empfohlen. Die Ver­sammlung hielt die Ausstellung eines derartigen Statutes sür nothwendig und beschloß, die Feuerwehrkommandanten mit der Berathung der einzelnen Paragraphen zu beauftragen, welche sodann in der nächsten Bezirksoersammlung ein Referat darüber vorzulegen hätten. Nach Erledigung einiger, die einzelnen Feuerwehren betreffenden Angelegenheiten wurde noch auf Grund des H. 6 des Gesetzes über die Sountagsseier und auf Grund einer Entscheidung kgl. Ministeriums des Innern be­kannt gemacht, daß jeder zum Feuerlöschdienst Eingethcilte verpflichtet ist, an den an Sonntagen abzuhaltenden Feuerwehr- Übungen theilzunehmen, wenn dieselben nicht während des Hauptgottesdienstes am Vormittag oder eine halbe Stunde vor demselben stattfinden. Auch diese Mittheilung wurde mit gro­ßem Interesse entgegen genommen, weil da und dort bis jetzt irrthiimliche Anschauungen hierüber verbreitet waren. Hoffen wir, daß der Äahlspcuch der FeuerwehrGott zur Ehr, dem Nächsten zur Wehr" in unserem Bezirk immer mehr.Anhänger finden möge und daß sich namentlich auch in den Landgemein­den die im Entstehen begriffenenorganisirten Feuerlöschmann­schaften" unter Beihilfe der Staats- und der Gemeindebehör­den rasch zu Nutz und Frommen aller entwickeln werden.

In Berneck hat sich ein Turncrbund kon- stituirt.

Letzten Freitag nach der Abcndglocke wollte die Ehefrau des Taglöhners Schwarz in Ältenstaig von einem Privathause, in welchem sie im Taglohne stand, sich nach Hause begeben, gerieth aber, da sie an epileptischen Zuständen litt, bei der Schwanen­brücke in die Nagold, aus welcher sie unter demzum Bade" führenden Stege Nachts 10 Uhr ertrunken ausgezogen wurde. Sie hinterläßt 3 Kinder.

Herr Dekan Mczger, welchem in Calw ein ungemein herzlicher Abfchied zu Theil geworden ist, zieht ain 13. ds. Mts. in seinem neuen Bestimmungs­ort Ludwigsburg auf; seine Investitur wird am nächstkommenden Sonntage stattfinden.

Stuttgart, 8. Okt. Die Lehrlingsprüfungen, welche hier zweimal im Jahre gehalten werden, haben noch keinen festen Boden gewonnen, denn es haben sich für die nächste Prüfung nur 8 junge Leute ge­meldet. Der Ausschuß des Gewerbevereins sieht sich durch dieses Ergebniß in seiner bisherigen Auffassung bestärkt, daß diese Prüfungen aus dem Wege der Freiwilligkeit niemals zu ihrer vollen Bedeutung ge­langen und trotz des unangenehmen Klanges, welchen das Wort Zwang hat, die gesetzliche Verpflichtung hiezu ausgesprochen werden sollte.

Stuttgart, 9. Okt. Gestern wurde nach dem D. V." ein Wirth in der Hauptstätterstraße, Va­ter von fünf Kindern, festgenommen, weil derselbe einen falschen Fünfmarkschein, bekannte Spiel­marke, zusammengelegt für einen ächten ausgegeben. Derselbe wurde dem Amtsgerichte übergeben.

Stuttgart, 11. Okt. Vom Landeskomite der deutschen Partei berufen, fand gestern in der Liederhalle eine Versammlung von Gesinnungs­genossen statt, welche über die Mittel berieth, die Parteithätigkeit wieder zu beleben und den Bestre­bungen der extremen staats- und vaterlandsfeind­lichen Parteien wirksamer entgegenzutreten. Die Versammlung, die unter dem Vorsitz des Reichs- tagsabg. Max Römer tagte, und an welcher etwa 70 eingeladene Vertreter sämmtlicher Landestheile, darunter eine größere Anzahl von Reichstags- und Landtagsabg., auch von der Ritterbank, Theil nah­men, war vertraulicher Natur. Nach einem leb­haften ästündigen Meinungsaustausch, worin der politische Zustand des Landes und die Parteiver-

hältnisfe eingehend besprochen wurden, gelangte fol­gender von dem Abg. Dr. Lenz gestellte Antrag zur einstimmigen Annahme.Die auf Veranlassung des Landeskomites der deutschen Partei zu Bespre­chung der damaligen politischen Lage in oer Lieder­halle in Stuttgart zusammengetretene Versammlung von Gesinnungsgenossen: In Erwägung, daß ange­sichts der neu hervorgetretenen politischen Aufgaben und gegenüber den mehr und mehr zu Tage treten­den Bestrebungen der extremen Parteien ein gemein­sames kräftiges Handeln der treu auf dem Boden des Reichs und der Landesverfassung stehenden libe­ralen und gemäßigten Elemente geboten ist, beauf­tragt das von ihr gewählte Komite die zur Neubc- lebung politischer Thätigkeit in der angeführten Richtung erforderlichen Maßregeln mit thunlichster Beschleunigung einzuleiten. Es ist zu erwarten, daß mit dieser Versammlung der Anstoß zu einer erneu­ten Parteithätigkeit gegenüber den extremen Parteien gegeben ist. Nach den Berathungen fand ein ge­meinsames Mahl statt, das unter zahlreichen Trink- sprüchcn bis gegen Abend dauerte.

Stuttgart, 11. Okt. Der preußische Gene- ralauditeur Oehlschläger ist derWürttemb. Landes- ztg." zufolge gestern von hier nach München abge- reist zur Fortsetzung der Verhandlungen über die Militürstrafprozeßordnung.

Stuttgart, 11. Oktober. Das Stuttgarter Stadt-Anlehen ist, wie dieWürttemb. Landesztg." meldet, an beiden Subskriptionstagen nahezu voll­ständig placirt worden.

Stuttgart, 11. Okt. DerStaatsanzeiger" meldet: Der König ist durch Gesundheitsrücksichten verhindert, der vom Kaiser ergangenen Einladung nach Köln stattzngeben und an der Feier der Ein­setzung des Schlußsteins zum Dome persönlich theil­zunehmen. Der König läßt sich durch den Prinzen Wilhelm vertreten.

DerSt.-A." enthält eine Verfügung des Ministeriums des Innern, betreffend die Anordnung neuer Abgeordnetenwahlen für die Oberamtsbezirke Nagold und Ravensburg und für die Stadt Reut­lingen.

Tübingen, 10. Okt. Professor Scyboth an der Realschule hier entfernte sich letzten Donnerstag Mittag vom Hanse, um einen kleinen Spaziergang zn machen, kehrte aber nicht inehr zurück. Seine Kollegen, Freunde und Schüler suchten ihn die folgenden zwei Tage vergeblich; heute, Sonn­tag früh, durchstreifte eine Anzahl Soldaten den Wald zwischen hier und Reutlingen und fanden ihn daselbst todt, mit durch­schnittener Pulsader. Er soll in letzterer Zeit kränklich gewesen sein, sich selbst seinem Berufe nicht mehr gewachsen gehalten haben und scheint ihn dieser Gedanke verfolgt und in einem Ansall von Schwermuth zum Selbstmord getrieben zu haben. Eine andere Ursache ist bei seinen Familien- und sonstigen Verhältnissen nicht denkbar. (W. L.)

Aus dem zum Oberamt Cannstatt gehörigen Pfarr- dorfe Oeffingen erzählt dieCannst. Ztg." einen Fall von Kurpfuscherei durch einen Pfcrdequacksalber, der geradezu un­glaublich klingt. Dem Metzgermeister Kayscr erkrankte ein Pferd, Fuchse, an der Kolik, weshalb er einen im Orte woh­nenden und bei Thierkrankheiten vielfach zu Rathe gezogenen Mann, Flachcnecker mit Namen, kommen ließ. Der besann sich nicht lange, sondern rieb den Gaul mit Schnaps so reichlich ein, daß die Flüssigkeit die Bauchwand zu beiden Seiten herab- träufelte. Als dies nicht half, wiederholte er das Experiment, zündete aber diesmal den Branntwein mit einem Schwefel- Hölzchen an. Im Nu stand das arme Thier in Flammen und erhielt gräßliche Brandwunden. Die Haare fielen dem be- klagcnswcrthen Opfer weithin vom Leibe und auch ein Theil der Haut dazu. Die Kolik war weg, aber das Thier wäre auch wcggcwesen, wenn nicht durch einen Sachverständigen eine geeignetere Behandlung eingetrcten wäre. (W. L.)

Blaubeuren, 6. Oktbr. Ein Mädchen aus Sontheim, bis vor ungefähr 3 Wochen in einem Dienste zu Bermaringen, hielt sich nach der Geburt eines Kindes bis jetzt noch dort auf. In einem Anfalle von Schwermuth suchte sie in der Frühe des heutigen Tages sich und ihrKind durch einen Sprung in eine der Hülen zu ertränken. Hiebei entfiel dem Mädchen das Kind und fand feinen Tod, die Mutter selbst aber rettete sich wieder und wurde später von andern Hausbewohnern in ihrer Kammer triefend und nur nothdürftig bekleidet auf­gefunden, voll Jammer über ihr Kind, das ihr ent­rissen. Das Gericht ist bereits eingeschritten. Die wahrscheinlich von Irrsinn befallene und immer noch um ihr Kind jammernde Mutter wurde vor­erst nach Blaubeuren zur ärztlichen Behandlung gebracht.

Ulm, 10. Oktbr. Auf ergangene Einladung werden sich die Herren Oberbürgermeister v. Heim und Dekan Presset am nächsten Mittwoch zur Dombaufeier nach Köln begeben.