Stuttgart. 21. Septbr. (Kartoffel- Obst- und Krau tinarkt.) Leviihardsptap: 200 Säcke Kartoffeln L 3 SO bis 3 50 per Centncr; alles verkauft. Ml-
belmsplatz: 120 Säcke Mostobst L 6 80 bis 7 per
Centner: alles abgesetzt. Marktplatz: 5000 Stuck Filderkraut z. tz bis 10 per 100 Stück.
Kirchheim u. T., 20. Sept. dlepsel 12 -13 pr. Sack. Birnen 11-13
Reutlingen, 18. Septbr. Auf dem Obstmarkt wurden nach der „Kr.-Z." heute Aepfel mit 13 — 14 per Sack: Birnen mit 14 — 16 .L per Sack bezahlt. Auf dem Bahnhoi kam heute der erste Waggon mit Mostobst an und wurde zu 6 per Ctr. verkauft. Kartoffeln kosteten ^ 31- bis .L 4 per Ctr.
Hcitbroun, 21. Sept. (Kartoffel und Obstmark t.i Bei stärkeren Zufuhren an Kartoffeln und Obst stellten sich auf deni heutigen Markte die Preise bei Kartoffeln auf 2 50 -4 bis 3 ./L: beim Obst auf 7—8 ^ per Ctr.
lllm. 20. Septbr. Zn der hcnte beginnenden Ledermesse ist viel Leder zugefnhrt worden. Wenn Bormittags das Geschäft wenig lebhaft war, so entwickelte sich heute Nachmittag ein regerer Verkehr und wurde viel verkauft. Obgleich viele' Käufer am Platze sind, scheint sich doch auf den Markt der heutige israelitische Festtag etwas fühlbar zu machen.
(Postalischc s.) Die ossiciösc deutsche Verkehrszcitung weist darauf hin, dast Bri.escouverts, auf deren Vorder- ober Rückseite Abbildungen, scherzhafte Bemerkungen, Ankündigungen sich befinden, im Postvcrsendnngs-Berkehr unzulässig sind, was den Papierfabrikanten und im Publikum nicht bekannt sein dürfte. Ebenso bringt die Privat-Jndustrie Postkarten in den Handel , aus deren Rückseite Scherzgedichte, Figuren. Embleme u. s. w. gedruckt sind. Innerhalb Deutschlands sind solche Postkarten zulässig, wenn sie sonst den Anforderungen entsprechen, im Verkehr mit den Ländern des Weltpostvereins aber nicht erlaubt, weil nach diesen Ländern nur die von den Postverwaltungen unmittelbar hergcstellten Postkarten abgesandt werden dürfen.
Der gehrkmnitzvolle Sänger.
Ans dem Englischen. Von Ernst Norden.
(Schluß.)
Der Verstorbene war beerdigt, ein gemeinsames Grab umfaßte nun beide, Vater und Sohn, und Eloise saß einsam und verlassen in ihrem Zimmer. Die herrliche Stimme des Orgeldrehers weckte sie aus ihren düstern Träumen. Als sie verhallt und der Sänger verschwunden war, fühlte sie sich noch verlassener als zuvor. Es blieb ihr gerade Geld genug, um nach New-Dork zurückzukehren und sie beschloß, dies sofort zu tbun, denn sie zweifelte nicht, dorten eine Stelle als Gouvernante zu finden und solcherweise für sich selbst sorgen zu können. Vor ihrer Abreise wollte sie noch einen letzten Blick auf die Gräber ihrer Theuren werfen. Sie stand an der Seite des schönen Grabmonumentes, als ein Zunge aus sie zutrat, ihr ein Packet überreichte und lautlos wieder verschwand. Das Packet trug die Adresse „Eloise Vertuer". Erstaunt öffnete sie es und fand darin ein Korallenkästchen, in dem eine Rolle englischer Banknoten lag und dabei ein Zettel, der folgende Worte enthielt:
Nebmen Sie dies Geld als eine Anleihe und benutzen Sie es, um nach Amerika zurückzukehren. Suchen Sie in New-Dork Signor Finculli auf und er wird Sie für die italienische Oper engagiren, wo sie dem Schreiber dieser Zeilen, der Sie unaussprechlich liebt, später begegnen werden.
Eloise war sprachlos vor Ueberraschung. Wer konnte der Absender sein? Dann erfaßte sie die Idee, Line berühmte Sängerin zu werden mit unwiderstehlicher Gewalt und ohne Zögern beschloß sie, der Aufforderung Folge zu leisten.
Vier Wochen später war sie in New-Dork und hatte bei Signor Fiucuilli die zuvorkommenste Aufnahme gefunden. Er war von ihrer Stimme entzückt, hatte ihr noch ein mehrmonatliches Studium angera- then und ihr sodann eine glänzende Carriere prophezeit.
Der Abend ihres Debüts war da. Die Academy of Music war überfüllt. Mit ihr sollte zugleich ein italienischer Tenor, welcher in London kolossales Aufsehen erregte, zum erstenmale in New-Dork auftreten. Zn den Proben war der Tenor durch einen Substituten vertreten, so daß Eloise ihn nicht eher zu Gesicht bekam, als der Vorhang in die Höhe gieng. Wie schrak sie zusammen, als sie in ihm den geheimnißvol- len Säuger erblickte. Er seinerseits verrieth mit keinem Blicke, daß er sie schon früher gesehen. Sollte sie sich täuschen? Als der Beifallssturm, womit sein Erscheinen begrüßt worden war, sich gelegt hatte und die Tausenden seiner wunderbaren Stimme lauschten, da war Eloisens letzter Zweifel geschwunden — er war es. Ihr Herz wollte zerspringen und die Kehle schien ihr zugeschnürt; sie glaubte keinen Ton hervor- Lringen zu können. Als sie aber fühlte, wie sein Blick ans ihr ruhte, da regte sich ihr künstlerischer Stolz und sie sang zum Entzücken schön.
Ihr Erfolg war ein ungeheurer. Hatte ihr Au
ditorium im Sturme erobert, riesigen Applaus und zahllosen Blumenspenden geerntet. Unter letzteren befand sich ein Anker von Rosen, dem eine Karte angeheftet war, aus welcher drei Daten verzeichnet standen und der die Unterschrift „Pedro" trug.
Die Daten waren ihr wohlbekannt. Es waren der Todestag ihres Bruders, der Tag an welchem sie zum erstenmal den Orgeldreher gesehen und der Tag, wo sie Abschied genommen von dem Doppelgrabe in Rom.
Sie ließ ihre Gedanken zurückschweifen in die Vergangenheit — dann plötzlich ward's Licht in ihrem Innern. Sie mußte sich krampfhaft an der Lehne eines Stuhles festhalten ,um nicht umzusinken.
O mein Gott, habe Mitleid mit mir! war alles, was sie Hervorbringen konnte. Sie hatte sich in jenem Moment zurückversetzt, wo sie mit ihrem Vater nach dem Gehölz eilte, in dem das Duell stattfinden sollte; sie waren zu spät gekommen, ihr Bruder lag leblos auf der Erde und über ihn gebeugt stand dessen Mörder — Pedro.
Am andern Morgen erhielt sie folgenden Brief:
Theures Fräulein!
„Wenn Sie diese Zeilen erhalten, wissen Sie bereits, wer ich bin. Statt mich zu lieben, werden Sie mich hassen. Aber ehe Sie mich ganz verdammen, müssen Sie mich hören. Ich hatte eine Schwester, die ich über alles liebte. Ihr Bruder war ihr Verführer, ihr Entehrer. Er verließ sie und sie tödtete sich mit eigener Hand. Ich schwor sie zu rächen und habe mein Wort gehalten. Da sah ich Ihr liebliches Gesicht, aufgelös't in Kummer und Schmerz, ich floh. Ihre Erscheinung verfolgte mich auf Tritt und Schrit. Zch lieble Sie vom ersten Augenblick an mit Leidenschaft. Sie wissen das klebrige. Sollen wir uns nie anders sehen als auf der Bühne? — Ihr Wille geschehe. Können Sie mich lieben — so machen Sie mich zum glücklichsten der Menschen Pedro."
Eloise Vertuer ergriff rasch eine Karte; sie schrieb nur das eine Wort „Komm!" darauf. Es genügte, um zwei Wesen glücklich zu machen.
Allerlei.
— Vom König Ludwig. Von der romantischen Zauberwelt König Ludwig von Bayern, von dem Leben, welches der Monarch auf seinen mit märchenhafter Pracht ausgestatteten Alpenschlösser führt, ist schon so oft erzählt worden, aber noch immerhin sich die Außenwelt von den abgeschlossen gehaltenen Herrlichkeiten, die einen wunderbaren, unwiderstehlichen Reiz haben, noch nicht erschöpft. Die „Desd. Nachr." veröffentlichen augenblicklich Reisebriefe aus Hohenschwangau, die neben vielem Bekannten auch interessante Einzelheiten enthalten und aus denen wir Folgendes wiedergeben : König Ludwig besitzt auf einer ganzen Reihe von Bergen kleiner Jagdhäuser, in die er oft wochenlang sich einsam begibt. Auf den Schachen bei Partenkirchen, den Degel bei Hohenschwangau, den Her- zogenstand beim Walchensee und andere Berge mehr hat er sich, um die dort oben gelegenen Jagdhütten bequem zu erreichen, geradezu kostbare Gebirgsstraßen anlegen lassen. Seine enorme Korpulenz macht ihm das Bergsteigen beschwerlich; er weilt aber für sein Leben gern auf Bergeshöhen; zum Reiten ist er fast zu schwer, sich tragen zu lassen, sagt ihm auch nicht zu, — so blieb ihm nichts übrig, als mit dem Auf- wande von Millionen schmale, aber bequeme Fahrstraßen bis zum Gipfel von Bergen von sechstausend Fuß Höhe bauen zu lassen. Das Publikum kann's zufrieden sein; es ersteigt auf förmlichem Promenadewege die aussichtsreichsten Bergeshöhen. Reiten und Fahren ist jedoch dem Publikum verboten und mit Recht, das bleibt das Privileg des königlichen Erbauers. Wie aber fährt der König die steilen Berge hinauf? Er besitzt einen Marstall ausgesuchter Bergpferde, mehr als militärfromm, die vor nichts scheuen. Zu einer Bergtour wird alle Mal eines in eine Doppeldeichsel eingespaunt, die von einem schmalen, höchst sinnreich construirten Bergwagen ausgeht. Stelle man sich einen Großvaterstuhl vor, oder, wenn's feiner klingt, einen Fauteuil, der dicht über dem Fußboden auf zwei hohen, schmalen Rädern rubt und mit einer Plane vor Regengüssen zu bedecken ist. Der Wagen hat nur Platz für eine Person, hinter dem König steht auf einem Tritt der Kutscher. Der Wagen geht sehr sicher und muß es auch, da der König nur Nachts in den Bergen führt, im Trabe um die schärfsten Krümmungen biegt und im Carriere bergauf und bergab die Zickzackwege saust. Vor diesem königlichen Berg
wagen sprengt etwa zehn Schritte vorher, der Sicherheit halber, ein Vorreiter, mitunter folgt ein Reitknecht, auch eröffnen und schließen bisweilen Gendarme die nächtlichen Ausfahrten des Königs. Gendarme bewachen auch den Zugang zu den königlichen Schlössern. Er hat es höchst ungern, wenn er wahrnimmt, daß Leute auf der Landstraße auf seine Vorüberfahrt warten. Gendarme bedeuten dann die Stehenbleibenden, sich geeignetere Orte als die öffentliche Landstraße zu wählen. Kann der König aber dem Begegnen nicht entgehen, so achtet er sehr darauf, daß der Gruß respektvoll ausfällt. In Hohenschwangau sind Personen, die unvermuthet auf den König stießen und im ersten Schrecken den Hut nicht tief genug gezogen, nachträglich vom königlichen Kammerdiener nach Namen befragt und bedeutet worden, künftig es etwas ehrfurchtsvoller mit dem Gruße zu nehmen. Hat jedoch Jemand das Glück, persönlich mit dem König zu verkehren, so rühmt er gewiß seine Leutseligkeit. Mit Kindern soll er, der wohl nie eigene Kinder haben wird, ungemein gern spielen. Liebschaften bei seinen Dienern duldet er nicht; er dringt, wie weiland Maria Theresia, auf Heirath; dann aber ist er seinen Dienern ein huldvoller Herr und hebt ihre Buben aus der Taufe. Weilt der König auf so einem Berge, auf den natürlich kein Telegraphendraht führt, so muß ein eigener Bergsteiger die Depeschen hinauftragen. Derselbe erhält für jeden Botengang 10 Mark, oft muß er den Tag drei Mal gehen. Die obengedachten Bergwagen werden bei Weitem in den Schatten gestellt von dem prachtvollen Schlitten von Hohenschwangau, der 100,000 Gulden zu bauen gekostet hat. Hier lebt nämlich König Ludwig, der München gar nicht liebt, auch im Winter oft wochenlang und fährt dann Sonntags, um das einsame Diner einsam einzunehmen, nach der drei Stunden entlegenen Jagdhütte in der Blökenau. Durch den mannshoch liegenden Schnee eine Straße dahin zu schaufeln, auf welcher der König in seinem goldenen Schlitten wie der Wirbelwind dahinsausen kann, verursacht einen Aufwand von 15—20,000 Mark. Eine halbe Stunde Schneefall verschüttet das mühsame Werk vieler fleißiger Hände. Die Bayern lieben ihren König. „Das Geld bleibt wenigstens im Lande", meinen sie, wenn das Gespräch auf solch? abnorme Ausgaben kommt. Damit spielen sie aus König Ludwig 1. all, der viele Millionen bayerischen Geldes nach Griechenland verwendete. Sein königlicher Enkel bestreitet den Aufwand der gleichzeitigen kostspieligen Schloßbauten und zur Ausführung seiner verschiedenen künstlerischen Neigungen ausschließlich aus der Civilliste, die freilich sich nicht immer in der besten Finanzlage befinden soll.
Neuestes.
Paris, 21. Sept. Ein Telegramm der „Agence Havas" aus Stuttgart sagl, Freiherr v. Varnbüler habe formell erklärt , daß er niemals irgendwelche Mittheilungen bezüglich der behaupteten Unterhandlungen zwischen Frankreich und Rußland, von denen er in der improvisirten Rede zu Ludwigsburg gesprochen, erhalten habe und daß er sich einfach zum Echo der Gerüchte in den Journalen gemacht habe, welche seit dem vorigen Jahre über jene Angelegenheit wiederholt aufgetaucht feien.
Das „Tageblatt" meldet aus Ragusa: Der britische Admiral Seymour, Befehlshaber des vereinigten europäischen Geschwaders, hat an Riza Pascha eine Sommation gerichtet, binnen drei Tagen Dulcigno an Montenegro zu übergeben. Die Meldung der „Agenze Havas", daß Riza Pascha Dul- cigro verlassen llabe und daß 8000 Albanesen dasselbe besetzten, ist erfunden. Gestern standen kaum 4000 Albanesen in der Umgebung Dulcignos. Riza Pascha selbst ist in Dulcigno anwesend.
Elberfeld, 21. Sept. Die „Elbcrfelder Ztg." meldet aus Düsseldorf: Bei dem gestrigen Festmahle des Ccutralverbandes deutscher Industrieller theilte der Präsident Häßler einen Brief des Commercien- rathes Barre aus Bochum mit, wonach Letzterer auf Einladung des Reichskanzlers soeben zwei Tage in Friedrichsruhe mit dem Fürsten über die Frage der Arbeiterversicherung conferirte. Der Schreiber des Briefes erklärt sich ausdrücklich ermächtigt, öffentlich zu erklären, daß der Reichskanzler diese Angelegenheit energisch zum Abschluß zu bringen gedenke, unter deni Beirath von Sachverständigen. Häßler brachte ein begeistertes Hoch auf den Kaiser aus und die Versammlung sandte sofort ein Danktclegramm an den Reichskanzler, den energischen, nimner müden Förderer nationaler Wohlfahrt.