gestattet sei. Daß dies nicht richtig sein konnte, lag für Jeden, der mit den Landesgesetzen nur einigermaßen vertraut ist, auf der Hand. Denn das Reichsgesetz, durch welches der Orden Jesu im Gebiete des deutschen Reiches aufgehoben worden ist, hat auch hier Geltung. Uebrigens ist auch sonst kaum anzunehmen, daß der Statthalter in Zukunft dem katholischen Äerus große Concessionen machen wird, nachdem jüngst bei einem patriotischen Fest in Frankreich zwei Mitglieder der elsässischen klerikalen Partei in einem unbewachten Augenblick ihre innersten Gefühle offenbart haben. Die Herren Winterer und Grad, beide Mitglieder des Reichstages und Landesausschusses, haben sich nicht gescheut, bei einer in La Chapelle bei Belfort stattgehabten Festlichkeit ziemlich unverblümt ihrem „alten Vaterland" die Hoffnung baldiger Wiedervereinigung in Aussicht zu stellen.
In Sachen des Statthalters von Elsaß- Lothringen wird jetzt auf der ganzen Linie zum Rückzug geblasen. Die der Regierung nahe stehenden Blätter lehnen es auf's Entschiedenste ab, mit von der Partei gewesen zu sein und man beginnt jetzt, nach dem Urheber der abfälligen Kritiken über die Manteuffel'sche Regime im Reichslande sich umzusehen. Man will nichts von Frictionen, nichts von Mißhelligkeiten wissen, sondern deutet sehr ge- heimnißvoll auf eine Quelle, von der allenfalls Berichte über Börsen- und Südseehandels-Angelegen- heiten, aber nimmermehr über reichsländifche Verwaltungs-Maßregeln erwartet werden sollten.
Oesterreich—Ungarn.
Wien, 12. Sept. Pariser Telegramme bezeichnen die Situation in Dulcigno als sehr bedenklich. Riza Pascha hege die Befürchtung, daß seine Truppen mit den Albanesen fralernisiren werden.
sZur Volkszählung in Oestreich.j Der dieswöchentliche Figaro prophezeit folgendes bei der nächsten Volkszählung stattfindende Gespräch: Konskriptions-Beamter: Welches ist Ihre „Umgangssprache"? — Der Gefragte: Deutsch—tschechisch— polnisch—ruthenisch—slovenisch—italienisch. — Konskriptions-Beamter: Halt aus! Ich meine, welche Sprache Sie im gewöhnlichen Umgänge sprechen ?
— Der Gefragte: Nun ich spreche den ganzen Tag slovenisch—tschechisch—polnisch—italienisch—ruthe —
— Konskriptions-Beamter: Wollen sie uns zum Besten halten? Wer sind Sie denn ? — Der Gefragte: Ich bin der Portier des Abgeordnetenhauses und muß mit sämmtlichen östreichischen Abg. in ihrer Muttersprache reden!
Wiener Gemüthlichkeit. An einem der letzten Abende erschien in dem Gasthausc des Herrn Kainz, in der Laudongasse zu Wien, ein unbekannter, anscheinend dem Arbeiterstande angehörender Mann, welcher sich ein Krügel Bier, sowie ein Rindsgulasch geben und dasselbe — nebst zwei Broden -- mit stannenswerther Raschheit verschwinden ließ. Kaum fertig geworden, erweckte das von einem andern am selben Tische sitzenden Gast bestellte Schweinsgulasch neuerlich den Appetit des Fremden, weshalb er zum zweiten „Krügel" auch ein Schweinsgulasch mit Kartoffeln und Brod verlangte. Wie diese konsumirtc der hungrige Gast auch noch eine Wurst mit zwei weiteren Broden, worauf er den Wirth rief, und, indem er vor demselben eine stramme „Habachtstellung" einnahm, die inhaltsschwere Anrede hielt: „I Hab zwei Krügel, zwei Gulasch, eine Wurst und fünf Brodc. Hunger Hab' i g'nug g'habt, jetzt Hab i gesscn und trunken, zahlen aber kann i not, weil ich ka Geld net Hab. Ich kumm grad' vom Bezirksg'richt, wo i drei Monat g'habt Hab und auf a gnr's Nachtmahl spekulirt Hab. Jetzt wissen's es, hauen können's mi schon, aber not z'stark, sunst könnts mir weh thun." Darauf sprach der gemüthliche Wirth die geflügelten Worte: „Wanns wieder a mol an Hunger haben, nachher sein's so gut und gehen's wo anders hin. 83 kr. verzehren, und ka Geld haben, dös könnt a jeder Narr!" Unter allgemeiner Heiterkeit zog der so billigen Kaufes Gesättigte von dannen.
Ueber ein verunglücktes Kaisermanöver wird der „N. Fr. Pr." unterm 7. September folgendes aus Mosciska (Galizien) telegraphirt: „Die gestern erwarteten großen Kavalleriekämpfe hatten nicht stattgefunden, weil die Gros der Kavallerie-Divisionen infolge mangelhafter Eklairirung und vielleicht auch unentschlossener Führung einander nicht gefunden haben. F.-M.-L. Fürst Windischgrätz, Kommandant der Kavalleriedivision des Ostkorps, stand mit 14 Eskadronen sieben Stunden lang un- thätig bei Ozomla, ohne zu erfahren, daß die Kavalleriedivision des G.-M. v. Latterer mit dem Gros bei Sadowa-Wiznia stand und, da sie gleichfalls in Unkenntlich über die Stellung der gegnerischen Hauptkraft war, mit 6 Eskadronen einen Vorstoß über Dolmiany bis Bilaglina unternahm. Erst Nachmittags erfuhr Fürst Windischgrätz von dieser Vorrückung des Gegners und marschirte die
sem bis in die Gegend von WolSzuchh entgegen, zog sich aber, trotz der namhaften Ueberlegenheit seiner Division, ohne den Gegner anzugreifen, gegen Grodek zurück. Der Kaiser war durch das Ergebniß des Manövers nicht befriedrigt."
Das in der östreichischen Armee eingeführte Werndelgewehr erfährt zur Zeit dadurch eine Aenderung, daß demselben eine Patrone mit verstärkter Pulverladung gegeben wird und somit eine bedeutende Verbesserung. Durch diese verlängerte Patrone wird die Schußweite von bisherigen 1400 Schritte auf 2500 Schritte erweitert und das an und für sich sehr gute Gewehr auf die höchste Stufe seiner Leistungsfähigkeit gebracht. Die hiesigen Regimenter werden demnächst mit in solcher Gestalt abgeänderten Gewehren versehen.
Italien.
Die Italiener und Oestreicher haben sich die gegenseitige Artigkeit erwiesen, zur großmüchtlichen Flottendemonstration die Schiffe Palestro (1859) und Custozza (1866) zu schicken. Die Franzosen entsenden den Friedland (1807). Es fehlte nur noch, daß Deutschland ein Sedan, Großbri- tanien ein Waterloo und Rußland ein Leipzig ausgcwählt Hütte, um dem europäischen Konzert auch äußerlich einen recht deutlichen Ausdruck zu geben.
Schweiz.
Zürich, 12. Sept. In voriger Woche hat ein blinder Engländer, Namens Camphell, mit seinem Sohn, 3 Führern und einem Träger den Montblanc bestiegen, ein ächt englisches Vergnügen für einen Blinden.
Frankreich.
Der französische Ministerpräsident Freycinet hat für den 18. d. den Ministerrath zuiammenberu- fen, damit derselbe unter dem Vorsitze des Präsidenten der Republik Grevy über die Frage der Kongregationen entscheide. Bekanntlich hat man republikani- scherseits Freycinet den Vorwurf gemacht, daß er in dieser Sache nicht scharf genug vorgehe, weil er von der Auflösung der autorisirten Kongregationen auf Grund der neulich mitgetheilten Erklärung ihrer Obern fürs Erste absehen wollte. Gambetta soll daher, wie das Gerücht sagt, beabsichtigen, den ihm unbequem gewordenen Ministerpräsident Freycinet dadurch zu beseitigen, daß er ihn als Gesandten für Berlin an der Stelle des Grafen St. Vallier verlange.
Die Annexion der Gesellschaftsinseln durch die Regierung der französischen Republik wird von den Pariser Blättern mit allgemeiner Befriedigung begrüßt. Die Nachricht von der ohne Blut und Eisen gelungenen Eroberung kann dem jetzigen Gouvernement in Befestigung seiner Stellung nur zu Statten kommen, während gerade im Augenblick auf Freycinet's Sturz seitens Gambetta's und der Radikalen hingearbeitet wird.
Einer der Redakteure des Turiner „Risorgimento" hatte eine Unterredung mit dem Prinzen Napoleon, worans zu entnehmen ist, daß der Priuz der gegenwärtigen Republik keine lange Dauer verspricht. Dieselbe werde durch die Hand der Intransigenten fallen. Die Dinge ans die Spitze treibend, werden sie ihre Regierungssorm zum Fall bringen. Und eben deßwegen habe er seinen Freunden gera- then, die Amnestie zu votiren und zwar ohne Beschränkung. Je mehr Kommunarden zurückkommen, desto bälder gehe es mit der Republik zu Ende.
Spanien.
Madrid, 11. Septbr. Die Königin ist von einer Prinzessin entbunden worden.
England.
London, 14. September. Unweit Bushey, Station der Nordwestbahn, 16 Meilen von London, fanden die Bahnwärter gestern in der Nähe der Schienen Packete mit Dynamit. Man glaubt, daß der Versuch geplant war, den von London kommenden Eilzug in die Luft zu sprengen. Näheres darüber noch nicht bekannt.
Ein englischer Reisender schreibt an die „Daily News": Die Bulgaren verbrannten einen Türken bei lebendigem Leibe in seinem Garten bei Rustschuk, am Tage als ich dort durchreiste. Ueber diese Thatsache herrscht durchaus kein Zweifel. Der Beweggrund war Habsucht. Er hatte Geld, oder man vermuthet, daß er welches hatte."
Bukarest.
Bukarest, 14. Sept. Wie verlautet, ist zum Thronfolger der jüngste Sohn des Erbprinzen Leo
pold von Hohenzollern, der am 1. Sept. 1868 geborene Prinz Karl Anton, designirt.
Türkei.
Ragusa, 13. Sept. 6000 Montenegriner mit acht Kanonen sind in der Richtung nach Dulcigno ab- marschirt. Es heißt, die formelle Nebergabe Dulcignos erfolge am 15. September.
Kandel L Grrkehr
Stuttgart, 14. Sept. Kartoffel- Obst- und Krautmarkt. Leouljardsplatz: 500 Säcke Kartoffeln L 3 »4L 30 ^ bis 3 »4L 80 -I per Ctr., noch Vorrath. Wilhclmsplatz : 200 Säcke Mostobst L 6 »4L 50 bis 7 »4L per Centncr, Verkauf langsam. Marktplatz: 4000 Stuck Filderkraut L 6 »4L bis 10 »4L per 100 Stiick.
Stuttgart, den 13. Sept. (Landesproduktenbörse.) Der Verkehr im Gctrcidchandel war fast überall schleppend und die Stimmung matt, jedoch hat eine erhebliche Preisäuderung nirgends stattgefunden. Die heutige Börse verlies ebenfalls in ruhiger Haltung und das Geschäft beschränkte sich auf den laufenden Bedarf. Wir uotiren pr. 100 Kilogramm: Waizen, baierifcher 23 .4L bis 23 .4L 50 -ö, ungarischer 24 —25 .4L, amerikanischer 23 -4L bis 23 »4L 75 -l, Kernen 23 .4L bis 23 .4L 75 , Dinkel 14 .4L Mehlpreise per
100 Kilogr. sammt Sack in Wagenladungen: Nr. 1 36 —37 »4L, Nr. 2 34 .4L bis 35 .4L, Nr. 3 31—32 .4L, Nr. 4 28—29 »4L Mittlere Frachtpreise per Centner vom 4. bis 7. September.
Lernen.
Roggen.
Gerste.
Hader.
»4L
»4L
-4
»4L
Nagold.
12.
20.
8.
85.
8.
- .
6.
42
Ebingen.
12.
82.
9.
43.
—.
-.
6.
68
Geislingen ....
12.
38.
9.
50.
—.
—
Kirchheim ....
12.
37.
8.
—.
7.
82.
6.
—
Lentkirch.
11.
88.
10.
10.
8.
60.
6.
65
Tuttlingen ....
13.
1.
—.
—.
6.
61
Waldsee.
13.
12.
8.'
50.
8.
9.
6.
52
Wachcndorf, 1l. Sept. Hopfen. Frhrl. v. Ow'- sches Rentamt: Verschiedene Partien zu 100 , 80 und 75 »4L Durchschnittspreis 80 »4L pr. Ztr.
Nürnberg, 9. Sept. jHopfen.j Der heutige Markt war in Folge lebhaften Einkaufs für Export schon bedeutend zu nennen: die Landzufuhr betrug allein ca. looo Ballen, die Bahnzufuhr 3—400 Ballen: erstere fanden wegen entsprechender Farbe bei den Exporteuren um so bessere Ausnahme, als auch der niedrige Preisstand das Geschäft erleichtert. Die heutigen Notirungen lanten: Markthopfen Prima 70—80 »4L, do. Sekunda 60—70 »4L, do. Tertia 45—55 »4L, Hallertauer Prima 90—100 »4L, do. Sekunda 60—75 »4L, Wolnzacher Siegel 110 .4L, Aischgründer 65 — 75 .4L, Wiirttemberger 75 — 110 .4L, Badische 65—95 »4L, Posener Prima 100 biS 110 .4L, do. Sekunda 80—95 .4L, Steiermärker 115—120 »4L
Philadelphia, 27. August. Die Berichte, besonders aus Peunsiilvanien, über die Spätfrüchte lauten höchst erfreulich. Was den Mais und die Kartoffeln betrifft, werden wir eine größere Quantität und bessere Qualität erhalten, als je zuvor, und dazu kommt noch, daß die Früchte beinahe einen Monat früher eingeheimst werden können, als früher. In den schönen Weinbergen im Reading und in Berks County überhaupt (meistens von Württembergern geeignet) sind die Trauben außerordentlich schön und zahlreich, und beinahe alle Sorten vollkommen reif. Von den Frühtrauben Aycs und Concord wurde in dieser Woche bereits Wein bereitet, was seit Menschengcdenken hier noch nicht geschehen ist, und er verspricht ein ganz vortrefflicher zu werden. Unsere Märkte sind mit allerlei prachtvollem Obst sozusagen überladen,
Guter Rath, unsere Obstkultur betreffend.
Jetzt, nach vollendeter Oehmdernte, wo die bei dem Ausputzen der Bäume herabfallenden Zweige das Futter nicht mehr verderben können, wäre es doch hohe Zeit, daß die Besitzer von Obstbäumen, die trockene Neste und Zweige haben — Folge des Frostes des vergangenen Winters — welche die Bäume verunstalten, diese abgestandenen oder ab- sterbenden Zweige ausschneiden, die Wunden sorgfältig glatt schneiden und mit Theer verstreichen und so gegen Luft und Feuchtigkeit abschließen würden. Ein Ausputzen und Verjüngen, d. h. starkes Zurückschneiden der Aeste zu jetziger Zeit schadet, wie langjährige Erfahrungen gezeigt, niemals den Bäumen, während stärkere Schnitte, die im März und April bei gesunden, vollsaftigen Bäumen gemacht werden, nicht selten (sondern sogar sehr häufig) Brand und Krebs in ihrem Gefolge haben. Des Verjüngens sind gegenwärtig gar viele unserer Obstbäume bedürftig und es ist diese Arbeit gerade jetzt eine der allerwichtigsten, um geschwächte Bäume wieder zu neuem Trieb zu bringen.
Dünger wirkt bei an sich gesunden Bäumen vortrefflich und ist auch gegenwärtig noch anzuwenden , indem man Löcher von 50—60 om. tief» etwa im halben Kronendurchmesser, in den Boden gräbt und dahinein verdünnte Gülle oder noch besser Kloakendünger und Holzasche mit Wasser stark verdünnt, eingießt, wonach die Löcher wieder zugefüllt werden. Wenn man aber bei den frostkranken Bäumen eine derartige Düngung anwendet, so ist der Erfolg oft ein sehr mißlicher und die Bäume erhalten im folgenden Jahre gelbe Blätter und sterben ab, anstatt sich zu kräftigen und zu erholen;