Amts- und Intelligenz-Blatt sür den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Dienstag den 24. August.

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Zu viel Handlnngsgehülfcn.

Das SprichwortArbeit schündet nicht" ist bei uns eine vielangewandte Phrase, allein in den meisten Fällen wird dieser schöne Satz nur ange­wandt. um sich damit zu brüsten, daß man biederen Grundsätzen huldige. In Wahrheit schändet in der Praxis die Arbeit leider doch.

Der, welcher sich. durch, seiner Hände Arbeit ernährt, gilt weniger als Der,, welcher sein Geld für sich arbeiten läßt, und wegen des besseren Ver­dienstes dieser ArtGeldverdienens" befähigt ist, sich mit einem besseren Rocke zu bekleidet!, als der erstere. Es liegt ja in der Natur der Sache und kann es ja auch nicht anders sein, daß der Eine durch die gesellschaftlichen Verhältnisse begünstigt,. sich, sein Geld und damit seinen Lebensunterhall leichter undnnüheloser verdient, als der Andere.

Aber der Eine, dem außer seiner körperlichen und geistigen Arbeitskraft auch noch Vermögensvor­theile zur Seite stehen, sondern sich im gewöhnlichen Leben von der Mehrzahl derer, denen die Natur und der Zufall nur die persönliche Arbeitsfähigkeit allein mit auf den Lebensweg gegeben hat.

So kommt es denn, daß der große Kaufherr oder gar der Herr Geheimrath verdrießlich die Nase rümpft und sich unbehaglich fühlt, wenn es ein einfacher Arbeiterwagen" wollte, in einem öffent­lichen Locale sich zn ihm an denselben Tisch zu setzen. Es liegt dieser Zug aber in dem mensch­lichen Character selbst weniger ist es der Unter­schied zwischen mehr oder minder Besitzenden, als die Kluft zwischen einem höheren und niederen Grade geistiger Fähigkeiten, welche die Klassenunter­schiede in unserer Gesellschaft verursachen.

Daher kommt es denn auch, daß die körper­liche Arbeit sich im Sinne der oberflächlich denkenden Menschen keiner großen Achtung erfreut.

Gestehen wir uns die Thätsache ein, die alten Vornrtheile des Ständestaates haften noch rn allen Fibern, der Arbeiter nimmt eine geringere sociale Stellung bei uns ein, lediglich weil er dem Arbeiter­stande angehört.

Aus diesen Vorurtheilen entspringt denn auch der übermäßige Andrang zum kaufmännischen Gewerbe. Jeder will seinen Söhnen eine gesell­schaftlich möglichst hervorragende Stellung einnehmen lassen, und Keiner will sie wenigstens gesellschaftlich niedriger situiren.

So kommt es, daß der Beamte,, der Kauf­mann, der Landwirth seinen Sohn, wenn die Mittel fehlen , ihn studiren zu lassen oder auch der Knabe dazu nicht die geistige Fähigkeit besitzt, Kauf­mann werden läßt,. und daß das Gleiche der Hand­werker, der Bauer mit dem seinen thut.

Natürlich entsteht dadurch eine Ueberfülle unter den kaufmännischen Arbeitskräften und von Jahr zn Jahr wächst die drohende Beschäftigungs­losigkeit mit Riesenschritten.

Es mag genug schon über diese hier erwähn­ten , allgemein bekannten Uebelstände gepredigt worden sein und doch haben alle abmahnenden Vorstellungen noch wenig genützt.

Ein Jeder tröstet sich mit der Hoffnung, daß gerade sein Kind das Glück haben werde, von den Gefahren des Kaufmannsberufes verschont zu blei­ben. So findet denn, obgleich in Berlin 13,000 stellungslose Commis sich befinden sollen, trotzdem ein unverminderter Zudrang der Lehrlinge zu den Comptoiren statt.

Tausende und Abertausende junger Leute, die Intelligenz und Bildung in den Arbeiterstand brin­

gen könnten, fanden dann im Kaufmannsstande ein trauriges Brod.

Schwer ist es, hier mit dem Gesetze bessernd eingreifen zu wollen, vielmehr müßten schon in der Erziehung, im gesellschaftlichen Lclcn die Ansichten bekämpft werden, und die Anschauungen verschwinden, welche die eine Erwerbsart der ande­ren überlegen sein lassen.

In Jedermanns Denken und Handeln muß die Ueberzeugung dringen, daß die ehrliche Arbeit, welcher Art sie auch sein möge, den einzigen An­spruch auf gesellschaftliche Achtung begründe.

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

* Das Programm des Kirchengesangfestes, das morgen hier stattsindet, liegt uns vor und ist so mannigfaltig, daß sowohl das Ohr kirchlicher Ge- sangsfreunde als auch das religiöse Gemüth sicher angenehme. Befriedigung finden wird, weßhalb wir wiederholt auf diesen Doppelgenuß aufmerksam ma­chen zu müssen glauben.

/X Altenftaig, 21. Aug. lieber die Ankunft des neuen Stadtvorstandes Walther in hiesiger Gemeinde hat die letzte Nummer Ihres geschätzten Blattes bereits kurze Mittheilung gemacht. Lassen Sie mich nun über den Empfang dahier und die hiebei empfangenen Eindrücke Einiges berichten: Ein­heimische und Fremde warteten in den Gasthäusern und auf den Straßen der Thalstadt auf den längst­ersehnten Ankömmling mit seinen zahlreichen Beglei­tern. Es schlug Nachmittags 4 Uhr und nun wurde das Signal zum Sammeln der Feuerwehr und der Turner gegeben. . Letztere nahmen Stellung längs der Straße vor der Kornhalle gegen das Waldhorn und bildeten hier Spaliere, die freien Plätze erfüllte ein Menschenheer. Punkt 4Ns erschienen die 15 Ge­fährte mit gegen 80 Männern, Böllerschüsse verkün­deten dieses der ganzen Stadt. Unter Musik und Hurrahrufen empfing ihn die Menge, nach allen Seiten grüßend fuhr er in Müller Schill'.s Chaise mit seiner Gemahlin durch die Spaliere vor das Waldhorn. Hier am Fuße der Höhe, worauf die Altstadt, die Wohnung Walthers und das Rathhaus liegt, wurde Halt gemacht. Herr Stadtpfarrer Mezger hielt hier auf freiem Raum nach herzlicher Begrüßung Hrn. Walthers eine Anrede an denselben, beginnend mit den Worten:Gut Ding braucht lange Weile! Eine.lange Weile ist es gewesen, seit dem Wahl- und dem Einzugstage, seit Anfang März bis heute. Ein gut Ding braucht zu seiner Erstellung eine feste Hand, einen starken Willen und diese sind dem Neueintretenden nöthig, um ein gut Ding für sich, sein Haus, für die Stadt und Ge­meinde zu werden. Er hat eine ehrenvolle Scelle verlassen, um hier zu wirken. Möge er Vertrauen und Anerkennung finden, damit er sein Amt thue mit Freuden und nicht mit Seufzen! Die eingeschli- chenen Mißhelligkeiten werden sich bald ausgleichen, die brüderliche Eintracht werde bald wieder hergestellt sein, wenn er nach allen Seiten ein gut Ding zu schaffen bestrebt sein werde. Gott segne Ihren Ein­gang in die Stadt und in Ihr Amt! Redner bringt dem Gefeierten ein Zfaches Hoch aus, in das alle Anwesenden freudig einstimmten. Herr Walther entgegnet nach vorausgegangenen geschichtlichen No­tizen aus seinem Leben, daß er in der Letztzeit von allerlei Bedrängnissen durch Versetzung im Staats­dienst, durch Umzug u. s. w. betroffen worden feie; er habe aber einen höchst ehrenvollen Abschied von der Eisenbahndirektion erhalten. und danke nnn für

den herzlichen Empfang und für die freundliche Auf­nahme. Als Gegenversichcrung könne er nur sagen: Ich gehöre von heute an Ihne», dem Wohl der Stadt und der Bürger! Er -bittet den Gemeinderath um seine treue Unterstützung, die Bürgerschaft um ein freundliches Entgegenkommen und schließt: Mein letztes Wort au dieser Stelle ist: Ich danke Ihnen herzlich! Nachdem sich sofort die Zimmer des Wald­horn mit Gästen dicht angefüllt hatten, begrüßte Herr Gemeinderath Kaltenbach den Stadtvvrstand und fügte hinzu: Leider sollte Ihre Wahl-nicht ohne Kampf vorübergehen, die Wellen desselben haben sich noch nicht gelegt; aber wir hoffen, daß es-Ihnen bald gelingen werde, diese Wogen ins stille Fahr­geleise zurück zu bringen. Die städtische -Musik und der Liederkranz ließen nun in schöner Abwechslung ihre Weisen ertönen und bald war die gesellige Un­terhaltung im besten Flusse. Daß alle Redner es vermieden haben, auf die jüngsten Ereignisse näher einzugehen und sie nur die Hoffnung aussprachen. es möge den gegenseitigen Einflüssen eine Aussöhnung und Ausgleichung alles jetzt noch Feindlichen gelingen, war im Sinne jedes Anwesenden gedacht. Hoffen wir, daß Herrn Walthers Verwaltungs-, Organi- sations- und Disciplinartalent- zum Frommen der Stadt und der Bürger ausschlage. Die nächste Zeit dürfte ihm Gelegenheit bieten, zusammenznfügen, zu gestalten und damit d?n verschiedenen Anforderungen zu genügen. Mögc, ^r nicht müde werden ! Seine Aufgabe ist dazu angethan, müde zu machen und Ausdauer in solchem Amte ein fast größeres Verdienst als zeitweiliges Gelingen. Es war Abend ge­worden, bis die Empfangsfeierlichkeiten beendet wa­ren. Um 8 Uhr sammelte man sich nochmals in der Schwane" um den Stadtvorstand. Spät trennten sich die letzten Gäste und so mancher soll , wie die geschwätzige Fama behauptet, doppelt begeistert nach Hause und ins Bett gekommen sein. Sie haben es an diesem Tage redlich verdient; wer wagt es, hei­tere Prüder zu schelten!

^ -a- Schönbronn, 21. Aug. Heute Mittag nach 12 Uhr zog über unsere Markung ein sehr heftiges Gewitter. Wolkenbruchartig strömte der Regen herab; Hagelkörner von der Größe bis zu einer Haselnuß fielen dabei so massenhaft, daß manche Stellen noch 3 Stunden später fußhohe Spuren aufzuweisen vermochten. In Folge dessen rauschte in kurzer Zeit eine Wassermafse daher, die sämmtliche Ortswege überschwemmte, Dohlen, Brü­cken, Gartenzäune und sonstige Gegenstände, und auf den nahen Dorfwiesen das Oehmd mit sich fort riß. Das ganze Espachthälchen glich einem See. Der Verkehr war im Dorf über eine Stunde nnter- brochen. Der Schaden an Hopfen, Bohnen, Kraut, Angersen und andern Feldfrüchten ist strichweise nicht unbedeutend. Auch ein Versuch mit Anbau von Pferdezahnmais ist dem Unwetter zum Opfer gefallen. Das Gewitter hat sich von Westen her so ziemlich dem Ziegelbach entlang entladen und soll in den Orten Martinsmoos, Oberhaugstett, Neubulach nicht ohne Schaden ab gelaufen sein. Dem Sägmüller am Ziegelbach in der Neubulacher Sägmühle mußte die dortige Feuerwehr zu Hilfe kommen. Fast täglich unterbrechen Gewitterregen die im Gange sich befindende Oehmdernte, fördern aber dagegen das Wachsthum der Fntterkräuter sehr bedeutend. Heute Nachmittag um 2 llhr hatten wir die gleiche Ueberschwemmung wie Tags zuvor, jedoch ohne Hagel, aber an Wohnungen, Scheunen und Ställen,sowie an den Feldcrzeugnissen gleichen > Schaden anrichtend.