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Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Erscheint wöchentlich 3mal und kostet halbjährlich hier (ohne Trägerlohn) 1 60 -1, in dem Bezirk

2 >e, außerhalb des Bezirks 2 40

Dienstag -en 3. August.

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bei mehrmaliger je K <1. :

1880.

JE" Bestellungen auf den Gesellschafter für die Monate August und September nimmt jedes Postamt oder die bctr. Postboten an.

Gestorben: Den 29. Juli zu Hcilbronn Kommcrzien- rath R. Rümelin, 186IHI871 Vorstand der Handels- und Gewerbe-Kammer Heilbronn, Kl I. a.

Tage 8 - Neu i g ketten.

Deutsches Reich.

** Nagold, 2. August. Letzten Freitag trat hier in Gegenwart des in der Stadt visitirenden Prälaten v. Georgii die jährliche Diöcesansynode zusammen. Derselben gieng Morgens 9 Uhr ein Gottesdienst voraus, in welchem Pfarrer Rieber von Hochdorf das Eingangsgebet sprach und Stadt­pfarrer Hoffmann von Haiterbach die Eröffnungs- Predigt hielt über das Wort:Herr, stärke uns den Glauben!" (Luc. 17, 15) Redner führte aus, wie dieses Wort eine heiligende Bitte fürs Herz und eine tröstliche Bitte fürs Amt enthalte. Die hierauf fol­genden Verhandlungen wurden im Rathhaussaale gepflogen. Dekan Kemmler erstattete zuerst einen eingehenden Bericht über die mancherlei Wahrneh­mungen, die er bei der letzten Kirchenvisitation ge­macht habe. Es konnte hiebei des Guten und Er­freulichen vieles konstatirt werden, Wenns auch da und dort nicht an Uebelständen fehlt, denen abge­holfen werden sollte. Der erste Gegenstand, welcher zur Verhandlung kam, war das Verhältniß der frei­willigen Armenpflege zur gesetzlichen. Das Referat des Pfarrer Zeller von Ebhausen beleuchtete in klarer Weise die freiwillige Armenpflege, wie sie ohne Gesetz, unter ihrem eigenen Gesetz und unter frem­dem Gesetz lebe. Korreferent, Stadtpfarrer Mezger von Altenstaig, warf seine Blicke mehr auf das prak­tische Gebiet. Sein eingehender, anziehender Vortrag ließ erkennen, wie warm sein Herz für die Armen überhaupt, besonders aber für die verschämten Armen schlägt. Dekan Kemmler faßte den Hauptinhalt der beiden Referate in mehrere Sätze zusammen, über welche sodann eine Debatte eröffnet wurde, an der sich u. a. Stadtpfarrer Hoffmann, Prälat v. Georgii und Pfarrer Hummel von Nothfelden betheiligten. Zu einem eigentlichen, praktischen Ergebniß kam es nicht, weil der Gegenstand erst durch die wohl bald ins Leben tretende Kirchenverfassurg seine befriedi­gende Lösung finden wird. Ein weiteres Referat von Pfarrer Stockmayer in Sulz über die Frage: Wie hat man es anzugreifen, daß die heilige Schrift in den Familien wieder mehr gelesen wird? wurde der vorgeschrittenen Zeit wegen der nächsten Synode Vorbehalten. Am darauffolgenden Tag den 31. Juli fand die jährliche Bezirksschulversammlung in Ebhausen statt, an welcher sich auch Prälat v. Georgti betheiligte. Nach dem einleitenden Gesang von Chorälen und einem Psalm von Fink sprach Bezirksschulinspektor Mezger ein Gebet und erstattete sodann einen ausführlichen, interessanten Bericht über die letzten Visitationen. Den statistischen Angaben des Berichts entnehmen wir, daß unser Schulbezirk 37 Schulgemeinden und 69 Schulklassen mit beinahe 5000 Schülern zählt. Auf einen Lehrer kommen im Durchschnitt 72 Schüler; dagegen haben 14 Leh­rer zwischen 90 und 123 Schülern. In 23 Schul­klassen ist Abtheilungsunterricht eingeführt. Außer den gewöhnlichen Lernschulen befinden sich im Bezirke noch 37 Arbeitsschulen, welche Befriedigendes leisten, und 12 Kleinkinderschulen. Was nun sowohl die Schulzucht als die Leistungen in den einzelnen Un­terrichtsfächern betrifft, so ist mit ganz wenigen Aus­nahmen Erfreuliches zu berichten, indem die ineisten

Visitationen ein befriedigendes Resultat zur Folge hatten. Gegen die Vorjahre hat sich auch der Kennt- mßstand in den einzelnen Fächern meist gehoben. Die Fortbildungsschulen sind etwas im Rückgang begriffen, indem dieselben von 23 auf 22 herabsanken. Diese Anstalten wurden von 382 Schülern besucht, die sich theilweise auch erfreuliche Kenntnisse erwar­ben. Am Schlüsse des Berichts wurde eine Debatte eröffnet über den Unterricht im Rechnen, in welchem im allgemeinen weniger günstige Resultate erzielt wurden, über die Realien, von denen Geographie und Geschichte 2 Jahre nach einander behandelt wer­den sollen, und über freie Lehrkurje, namentlich für jüngere Lehrer. Der erste Gegenstand der Tages­ordnung waren die Kinder- und Schulsparkassen, über welche Konferenzdirektor Helfer Ströle an der Hand von 6 gedruckten Thesen einen sehr anziehen­den, mit viel Humor gewürzten Vortrag hielt. Die einzelnen Thesen, welche dem neuen Eindringling die Schulthürc wiesen und für Erwachsene die gewöhn­lichen Sparkassen oder nach englischem Vorgang die Postsparkassen empfahlen, wurden von der Bezirks­schulversammlung einstimmig angenommen. Ein zwei­ter Gegenstand, den obligaten Turnunterricht in den Volksschulen betreffend, worüber von Schullehrer Frank in Wildberg 7 gedruckte Thesen Vorlagen, wurde auf die nächste Bezirksschulversammlung ver­schoben.

* Der Militär-Verein in Rohrdorf ist nun­mehr auch in den Besitz einer Fahne gelangt und wird nächsten Sonntag die Einweihung derselben begehen. Bei dem Durchmarsch badischer Truppentheile durch unfern Schwarzwald zu Herbstübungen bei Meßkirch wird Ausgangs August auch unser Bezirk, und zwar die Orte zwischen hier und Wildberg, Einquartirung erhalten.

/V Wildberg, 31. Juli. Beim5. allgemeinen deutschen Turnfeste in Frankfurt war auch unser Städtchen vertreten. Im Aufträge des hiesigen Turnvereins besuchte der Vorstand desselben, Herr Mittelmüller Widmaier das Fest. Derselbe machte die Reise mit dem Stuttgarter Extrazug und kam am Donnerstag Abend wieder hier an. Gestern Abend erstattete er im -Lokale des Turnvereins, Gasthof z. Hirsch, ausführlichen Bericht über das Gesehene. Möchte der einstimmige Wunsch der zahlreichen Zu­hörer, daß das Gehörte, resp. Gesehene, zum eifrigen Fortmachen im frischen und fröhlichen Turnen an­spornen möge, in Erfüllung gehen!

In Egenhausen grassiren derzeit die rothen Flecken in ausgedehnter, bis jetzt jedoch nicht bös­artiger Weise. Von 175 Schülern sind 65, also 31°/-> ins Bett gesprochen. Rechnet man die Pflege der nicht schulpflichtigen kranken Kinder und die Ar­beit der bevorstehenden Fruchternte hinzu, so mag die trübe Stimmung mancher Hausmutter mit meh­reren kranken Kindern genügend erkannt werden.

/V Pfalzgrafenweiler, 1. August. Letzten Donnerstag Nachmittag versammelte sich imLamm" in Lützenhardt eine große Anzahl katholischer und evan­gelischer Schullehrer nebst Frauen und Töchtern zum Abschiede des nach Oedheim bei Neckarsulm beförder­ten Lehrers Weckenmann von Lützenhardt. Die schönen Gesänge, die begeisterten Reden, welche hiebei zu den Ohren der Versammelten drangen, blieben nicht ohne Wirkung auf die Herzen. Schullehrer Eckstein von Burrweiler stellte in schwungvollen Worten einen Vergleich zwischen dem rauhen Schwarzwalde und dem unteren Neckarlande an und wies nach, daß Oedheim nicht in einer öden Gegend, sondern in den herrlichen Gefilden des unteren württ. Neckargaues liege. Schult.

Gaiser von hier betonte das freundliche, allen lieb­gewordene Verhältniß zwischen W. und seinen kath. und evang. Kollegen in den umliegenden Orten, sowie seine allbekannte gesegnete Wirksamkeit in musikalischer Hinsicht. Schull. Nußbaum er, Landtagsabgeord­neter für den Bezirk Horb, nahm in seiner Ansprache Rücksicht auf das 9jährige Schaffen und Wirken des Scheidenden an der Jugend der-sehr bewegten Bevöl­kerung seines Wirkungsortes, der ihm zum großen Danke verpflichtet seie. Der Scheidende war zu sehr bewegt und ergriffen, als daß er seinen Gefühlen durch Worte hätte Ausdruck zu geben vermögen. Daher dankte Mittelschull. Widmann von Dornstetten im Namen Wcckenmanns den lieben Gästen für ihre heu­tige Thcilnahme an seinem Abschiedsfeste. Die Theil- nehmer giengen am Abende mit dem betrübenden Be­wußtsein in ihre Heimatorte zurück: Einer unserer Lieben ist räumlich von uns geschieden, wir haben un­ser Sangcshaupt verloren!

Herrenberg, 30. jJuli. In der Aichcle'- schen Bierbrauerei brach gestern Abend gegen 10 Uhr Feuer aus, das in dem enggebauten Stadttheil sehr gefährlich hätte werden können. Zum Glück wurde das Feuer bald entdeckt und konnte solches, ehe ein großer Schaden entstand, gelöscht werden.

Wildbad, 30. Juli. Der Kaiserl. russische Reichskanzler Fürst Gortschakoff trifft heute in Be­gleitung seines Sohnes, des Fürsten Michael, im Hotel Klumpp ein.

Am 30. Juli wurde die Bahnstrecke Kißlegg- Wangen feierlich eröffnet. Anläßlich dieser Feier ernannte die Stadt Wangen die Herren Abgeordneten Dr. Elben und Dentler und Herr Oberbaurath v. Schlierholz zu Ehrenbürgern.

Brandfälle: In Ringschnait (Biberach) am 29. Juli das Oekonomiegebäude und die Wirth- schaft zum Kreuz nebst 6 Stück Vieh: in Rindel- bach (Ellwangen) am 28. Juli ein Doppelhaus.

Kirchheim u. T. Der Besitzer der am Sonn­tag Nacht in Owen niedergebrannten Kunstmühle, Berts ch, welcher zur Zeit des Brandes vermißt wurde, ist nun ebenfalls als der Brandstiftung ver­dächtig verhaftet worden.

Ulm, den 28. Juli. Laut Rechenschaftsbericht des Dombaumeisters Scheu in dem zweiten Hefte derMünsterblätter" betragen die Gesammtausgaben der Restauration bis dato 1,864,830.

In Nesselbach (Niederbaiern) schlug ein Gürtlersohn auf seinen Bruder, der während der Erntearbeit aus Faulheit noch zu Mittag im Bette lag, mit einer Schaufel ein, worauf Letzterer auf­sprang und den andern erstach.

München, 30. Juli. Eine interessante De­batte entspann sich in der Magistratssitzung zu Augsburg. Es soll nämlich zur 10jährigen Feier des Sedanstages ein 7tägiges Volksfest (von Sonntag den 5. bis Sonntag den 12. September) gefeiert werden; nur an den drei Feiertagen (5. 8. und 12. Sept.) ist der Ausschank von Bier an den Vormittagen, an den übrigen Tagen von Nachmit­tags 3 Uhr an beabsichtigt. Um die Kosten zu decken, und der Unterstützungskasfe des Vereins einen Zufluß zu sichern, ist die Aufstellung einer Glücks­bude beabsichtigt. Herr Bürgermeister Frisch, wel­cher den Vorsitz in der Sitzung führte, sprach sich gegen das Programm aus. Er halte cs nicht für angemessen und würdig, eine Nationalfcier in lolcher Weise zu feiern, da ein 8tägiges Kneipen mit da­rauffolgendem physischem und moralischem Katzen­jammer eher eine Entweihung des nationalen Ge­denktages sei. Man börc immer über schlechte Zeiten