GMschllster.
Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagotd.
.HL 84.
Erscheint wöchentlich Lmal und kostet halbjährlich hier (ohne Trägcrlohn) 1 6« -I, in deni Bezirk
2 außerhalb des Bezirks 2 40 -4.
Donnerstag den 15. Juli.
i Jnscrtionsgebübr für die lspaltigc Zeile aus ge-j ! wohnlicher Schrift bei ciinnaligcr Einrückung S -4,' bei cnchrmaligcr jc 6
1880.
Nagold.
Fl-tz-Sperre.
Wegen Umbaues der Walkmühlestoßgasse bei Calw ist die Flößerei aus der Nagold von Calw bis Kentheim für die Zeit vom 15. Juli bis 31. August d. I. gesperrt, was hiemit zur öffentlichen Kenntniß gebracht wird.
Den 11. Juli 1880.
K. Oberamt. Güntner.
Vor zehn Jahren.
Die zehnte Wiederkehr des Jahrestages der französischen Kriegserklärung gegen Deutschland steht vor der Thür. Jeder Tag, jede Stunde der lausenden Woche ruft eine wichtige Erinnerung in uns wach. Am 6. Juli 1870 beantwortete der Herzog von Gramont die Cochery'sche Interpellation mit der berühmt gewordenen Phrase, die französische Regierung werde nicht dulden, daß eine fremde Macht ihren Prinzen ans den Thron Karls V. setze und dadurch das Gleichgewicht Europas und die Ehre Frankreichs gefährde; drei Tage später stellte Graf Bcnedetti an den König von Preußen und Ober- fcldherrn des norddeutschen Bundes das Verlangen, er solle dem Prinzen Leopold von Hohenzollern seine bereits ausgesprochene Annahme der spanischen Königskrone verbieten; an dem nämlichen Tage berichtete Lord Lyons seiner Negierung, der Herzog von Gramont habe gesagt, eine freiwillige Entsagung des Prinzen würde die ganze Angelegenheit erledigen. Abermals drei Tage, und das Verlangen Frankreichs war erfüllt, an dem nämlichen Tage aber vor aller Welt enthüllt worden, daß die hohenzollernsche Candidatur nur der Vorwand zu einer im voraus beschlossenen Kriegserklärung des zweiten Kaiserreichs gegen den Sieger von Sadowa sei. Die Meldung, es sei dem damaligen Oberhaupte der spanischen Regierung, dem Marschall Prim, durch den Fürsten von Hohenzollern mitgetheilt worden, daß Prinz Leopold seine Candidatur zurückgezogen habe, hatte der französische Minister des Auswärtigen mit der insolenten Phrase beantwortet, „daß Frankreich den hohenzollernsche» Verzicht auf die spanische Candidatur als bloße Nebensache betrachte, da es die Thronbesteigung eines Prinzen dieses Geschlechts niemals zugegeben haben würde." Vierundzwanzig Stunden später, am Morgen des 13. Juli, wurde an den König Wilhelm das Ansinnen gestellt, er solle versprechen, daß er zu einer etwaigen Erneuerung der hohenzollernschen Candidatur seine Einwilligung niemals ertheilen werde. Des Königs bekannte abschlägige Antwort hatte die am 15. Juli beschlossene, am 19. desselben Monats dem Berliner Cabinette amtlich notificirte französische Kriegserklärung zur Folge.
Die deutschen Kriegs- und Staatsmänner, welche den Gang dieser und der folgenden Ereignisse bestimmten, gehören — von einzelnen Ausnahmen abgesehen — noch heute dem Leben und den gewohnten Kreisen der Thätigkeit an; von den Franzosen, denen die Verantwortung für die Katastrophe vom Juli 1870 zufällt, sind die Einen todt, die Andern so spurlos verschollen, daß wir Mühe haben, uns auf ihre Namen zu besinnen. Vier Mal hat die französische Regierung seit dem Sturze des zweiten Kaiserreichs gewechselt, kaum mehr zu zählende Ministerien haben sich an der Erbschaft der Gramont, Ollivier und Leboeuf abgemüht, — das Ziel, welches die französische Nation während des letzten Jahrhunderts verfolgt hat, ist nuverrückt das nämliche geblieben, welches während der berühmten zweiten Juliwoche des Jahres 1870 angestrebt
wurde. Was damals „Rache für Sadowa" hieß, heißt heute „Rache für Sedan", damals wie heute gilt die Machtstellung des geeinigten Deutschlands für eine mit der Ehre und Sicherheit Frankreichs unvereinbare Verirrung der Geschichte. Der Tag, an welchem vor zehn Jahren die Würfel fielen, d. h. im Schooße der französischen Regierung die entscheidenden Beschlüsse gefaßt wurden, war der cin- undachtizgste Jahrestag der Erstürmung derBastiilc: diesen Tag haben die Bürger der französischen Republik neuerdings zum nationalen Festtage gemacht. Am 14. Juli d. I. soll die wiederhergestelltc Armee festlich versammelt, mit neuen Fahnen beschenkt und zu den Thaten cingefegnet werden, welche die Zukunft von ihr erwartet.
Für uns Deutsche ist das abgelaufcne Jahrzehnt eine Zeit unermüdlicher Arbeit gewesen, welche der Vollendung des mächtigen Neubaues, zu dem die glorreichen Ereignisse des Jahres 1870 das Fundament bildeten, gewidmet war, und wenn die Früchte dieser Arbeit auch jetzt noch nicht zu voller Reife gelaugt sind, wenn manche Fragen der inneren Politik des neuen Deutschen Reiches noch einer schärferen Klärung bedürfen, ja wenn sich in letzter Zeit sogar ein Zug von Ermüdung in dem aufreibenden Schaffensdrange bemerkbar machte, soviel steht fest: wir können und wir wollen zu den Zuständen, welche jenseits der Ereignisse von 1866 und 1870 liegen, nicht mehr zurückkehren. Und selbst wenn wir wollten, — ivir vermöchten es nicht, wenn wir uns nicht selbst aufgeben wollten. In dem Feuer des Krieges von 1870 sind die Stücke ehemaliger deutscher Nationaleinheit zusammengeschweißt worden, - unter der Asche brennt dieses Feuer noch gegenwärtig weiter und es bedarf nur eines Hauchs, damit dasselbe auf's Neue in Helle, lodernde Flammen versetzt wird. Dasselbe Frankreich, das uns Jahrzehnte lang die Rückkehr zu der alten Reichsherrlichkeit mit flammendem Schwerte versperrt Hatte, steht seit dem Jahre 1870, einem drohenden Wächter gleich, vor dem Thor, das uns aus dem Zustand früherer Zerrissenheit und Getheilt- heit herausgeführt hatte. Eine Rückkehr dahin gibt es nicht mehr. Wir sind ein Volk geworden und wir werden es bleiben, so lauge wir überhaupt den Anspruch erheben, ein Volk zu sein.
Tages-Neuigkeiten.
Deutsches Reich.
ff: Vom Hinteren Wald. In unseren meisten besseren Wirthschaften haben sich Luftkurgäste eingestellt, zum Theil solche, welche schon in früheren Jahren unsere luftigen Höhen lieb gewonnen haben. Wie unverschämt solche Gäste mitunter überfordert werden, möge folgendes Beispiel beweisen. (Die Wahrheit dieser Thatsache müssen wir übrigens unserem Corresp. zu beweisen überlassen. Red.) In einem einsamen, fast von jedem Verkehr abgeschlossenen Thale liegt die R . . . . le. Diefe wählte eine aus 7 Personen, meist Kindern, bestehende Familie zu einem vierwöchigen Sommerauf- cnthalt. Als nun der Kostenpunkt zur Sprache kam, verlangt der Besitzer nicht weniger als 300 nur für die Wohnung. Die Familie gieng auf diese Forderung natürlich nicht ein, sondern bezog die Wohnung eines Privatmannes, welcher sich mit dem vierten Theil obiger Forderung begnügte. Andere Wirthschaftsbesitzer dagegen sind bestrebt, bei billigen Forderungen es ihren Güsten so angenehm als nur möglich zu machen und scheuen deßwegen oft große Opfer nicht, so namentlich Faißt znm grünen Baum
in Ettmannswcilcr, dessen Wirthschaft in jeder Beziehung jedem Lnstkurgasi zu empfehlen ist.
Aus dem Horber Obcramtc, 11. Juli. Am Donnerstag, in der Mittagsstunde, hat in Hochdorf, Oberamts Horb, der Blitz in den hochgelegenen Kirchthurm eingcschlagcn. Derselbe fuhr vom obersten Dache an bis hinab zur Kirchenthüre, wobei er mancherlei Schaden anrichtetc, ohne jedoch zu zünden. Gleichzeitig wurde auch in dem Läutwerke des Bahnhofes eine elektrische Entladung wahrgenommen. - Am Freitag früh Morgens ist auf der Station Gündringen der Pfcifendampfkessel der Lokomotive in mehrere Stücke zersprungen. Erst nach einem mehr als cinstündigen Aufenthalte, während dessen ans Horb eine Lokomotive reklamirt worden war, konnten die Passagiere iyre Reise fortsetzen.
Stuttgart, 12. Juli. Nachdem Herr Geh. Rath Or. Steinbeis in Nr. 27 des Gewerbeblattes aus Württemberg die Redaktion niedergelcgt, übernimmt in der neuesten Nr. 28 Oberreg.Rath Lutz, stellvertretender Vorstand der Zentralstelle für Gewerbe und Handel, die Redaktion dieses Blattes in Vertretung. (Sch. M.)
Stuttgart, 13. Juli. Gestern Nachmittag fand das Begräbniß des ain Samstag früh verschiedenen Professors Ludwig von Wagner statt. Ludwig von Wagner wurde als Sohn des Münzmedailleur Wagner im Jahre 1800 geboren und widmete sich frühzeitig der Bildhauerei unter Leitung seines berühmten Lehrers Dannecker. Nach Beendigung seiner Studien ging er zur weiteren Ausbildung nach Rom, von wo er 1826 nach hier zurückkehrte. Im Jahre 1836 wurde er zum Professor und Lehrer der Seulptur an der hiesigen Kgl. Kunstschule ernannt. In dieser öffentlichen Stellung blieb er 40 Jahre lang und legte 1876 erst vom Alter genöthigt sein Amt nieder.
Stuttgart, 13. Juli. Am künftigen Freitag früh werden von hier wie voriges Jahr wieder 100 Schüler und Schülerinnen unter Beaufsichtigung von neun Lehrern resp. Lehrerinnen nach verschiedenen Ortschaften zur Stärkung ihrer Gesundheit während der Vakanz gehen. Als Aufenthaltsorte für dieses Jahr sind bestimmt; Friedrichsthal bei Freudenstadt, Sulz a. N., Reichenbach im Schwarzwald, Schwann, Lorch, Kapfenburg, Kirchberg a. d. I., Güterstein, l In Stuttgart hat sich eine Frau Kaufmann Frick, Mutter von 2 Kindern, in Folge religiösen Wahnsinns eine große Anzahl, darunter mehrere sehr schwere Wunden selbst beigebracht, indem sie ausrief: „die Gnade und das Blut Christi könne ihr nicht mehr helfen, sie sei verloren." Die Selbstmörderin wurde in das Ludwigsspital verbracht, allein die Aerzte zweifeln an ihrem Aufkommen. Einige Nachbarsfrauen erklärten, daß die Betreffende eine fleißige Besucherin der in der Nähe gelegenen Zionskirche gewesen sei.
Von dem Verlags-Komptoir des Evangelischen Gesangbuchs wird mitgetheilt, daß nach einer ihm vom K. Evangelischen Konsistorium gewordenen amtlichen Zuschrift eine Aenderung der bestehenden Orthographie in den Kirchen- und Schulbüchern von Seiten der Oberkirchen- und Oberschulbehörde zur Zeit nicht beabsichtigt wird. Die in Betreff des Gesangbuchs gehegten Befürchtungen sind somit gegemtandlos und die laufenden Ausgaben behaupten ihren vollen Werth.
Der Urheber der Fenersbrunst, welche in der Nacht vom 4. auf 5. Juli in Sontheim auf der Alb ein Wohnhaus und eine Scheuer in Asche gelegt hat, ist in der Person des 18 Jahre alten