l

dffentlicht. In dem an die Redaktion dev genannten Blattes gerichteten Schreiben des Admirals heißt es nach einer Uebersetzung also: Wenn es wahr ist, daß Janina, Larissa und Prevesa Griechenland über­liefert werden sollen, dann kann ich nur sagen, daß man seit dem Tage, wo die Civilsation in Europa zu blühen begonnen, niemals eine größere Ungerech­tigkeit erlebt hat. Ich kann kaum glauben, daß eine mit einer Vermittler-Rolle betraute Conferenz einen so frechen (sie) Gebietsraub an einer befreundeten Macht Vorschlägen könne. Es steht zu hoffen, daß ihre Informationen unrichtig find; sonst könnte die Türkei wohl sagen:Befreit mich von meinen soge­nannten Freunden!" Rußland von Ruhm und Er­oberung berauscht, vor den Thoren Stambuls lagernd, verlangte als Siegespreis eines großen Krieges, in welchem die Türkei überwunden worden, weder eine so bedeutende Gebietsabtretung noch die Ueberlieferung einer so großen Anzahl von Moslims an die Christen, als es heute die Conferenz thun würde, wenn sie richtig unterrichtet wären. Ich spreche nicht von Bulgarien: denn wenn der Vertrag von San Stefano ausgeführt worden wäre, hätte Oeüreich niemals Bosnien lind die Herzegowina

besetzt. Wenn die Mächte die vollkommene Zer­stücklung der europäischen Türkei beabsichtigen,

dann mögen sie es offen heranssagen. Es wäre viel ehrlicher, als die hinterlistige Vorschützung eines Artikels deS vagsten Vertrages, der jemals unter­zeichnet worden. Wie die russischen Staatsmänner sich an den Fruchten dieser europäischen Philanthro­pie erlaben werden! Welch traurige Betrachtungen wird die Türkei anstelle»:Warum" - wird sie sagen -habe ich jemals aus die Rathschläge Englands gehört? Warum habe ich je auf sein

Verlangen meinen Truppen Einhalt geboten, als

Serbien mir, besiegt um Frieden flehend, zu Füßen lag? Warum habe ich Griechenland nicht nieder­geschlagen, als es mich nur einen Befehl gekostet hätte, um dessen Ehrgeiz zu brechen? Warum habe ich die Hand nicht angenommen, welche Rußland, nachdem es mich in ehrlichem Kampfe besiegt, mir mit den Worten angeboten:Alles fei vergessen, und in Zukunft sind wir Freunde?" Anstatt dessen hat die Türkei gehört auf die beschwichtigenden Worte Englands, auf die zweifelhaften Versprechun­gen Testreich - Ungarn--, welches ihr schließlich ein Viertheil ihres europäischen Gebietes hinwegnahm, auf die Rathschlüge Frankreichs, welches ihr ent- gegenrief:Habe Geduld!"man wird dich gegen deinen Feind Rußland vertheidigen," und dann wie­der ans die gefährlichen Schmeicheleien Italiens, welches allezeit nach einem Stück Albanien gelüstete. Und was ist daraus entstanden? Viel besser wäre es gewesen, sich mit Rußland zu vergleichen, als so weit zu kommen, wie wir heute stehen. Die Türken sagen zu den wenigen Freunden, welche ihnen bleibe», mit Thränen in den Augen:Verkauft sind wir, verkauft, dreifach verkauft!"

Straßburg, 8. Juli. Staatssekretär Her­zog ist zur Disposition gestellt. Der Statthalter wird wahrscheinlich versuchen, ohne Staatssekretär zu regieren. (T. Chr.)

sKatalepsie.j Im Johanniter Krankenhause zu Nicder-Wesel ist nach dem Wetterauer Boten ein seltener Fall von Katalepsie in Behandlung. Es ist dieselbe Krankheit, an welcher derschlafende Ulan in Berlin" litt, was vor noch nicht langer Zeit die Runde durch die Blätter machte und selbst vielfach zu Illustrationen Anlaß gab. Dieses Mal leidet an dieser seltsamen Krankheit ein Mädchen von 13 Jahren; schon seit 6 Wochen liegt es mit ge­schlossenen Augen, ohne Bewußtsein und Gefühl auf seinem Lager und muß durch die Schlundröhre künstlich ernährt werden. Hebt man einen Arm oder ein anderes Glied in die Höhe, so bleibt es in dieser Lage, bis man es wieder zurücklegt.

Laugenschwalbach, 26. Juni. Gestern nahm sich ein hier beschäftigt gewesener Arbeiter aus Württemberg dadurch das Leben, daß er eine Dy­namitpatrone an einem Feuer anzündete und wahrscheinlich in liegender Stellung im Munde explodiren ließ. Die Explosion trennte den Kopf gänzlich vom Rumpfe und die rechte Hand, welche die Patrone festgehalten, vom Arme. Der Unglück­liche soll, wie wir hören, seit einigen Tagen arbeits­los und wegen körperlicher Gebrechen fast arbeits­unfähig gewesen sein.

Oesterreich-Ungarn.

Wien, 5. Juli. Vorgestern haben sich die Eheleute Keil, zwei hochbejahrte und völlig mittel­lose Personen, um's Leben zu bringen versucht. Der Mann ist todt, aber die Frau wurde gerettet. Wenn man das Folgende liest, begreift man den Entschluß der Unglücklichen. Wie verlautet, erhielt nämlich das Ehepaar acht Tage vor Ausführung des Doppelselbstmvrdes eine Vorladung zum Kom­missariate Ottakring, wo ihnen durch den Referenten des Armenwesens, Polizeikommissär Presser, die Mittheilung gemacht wurde, daß deren Gesuch um Aufnahme in die Versorgung von ihrer Zuständig- keitsgcmeinde Bartelsbrunn in der Weise erledigt worden sei, daß dieselben monatlich 50 kr. (!) Pfründe und freies Quartier beim Kuhhirten erhalten sollen, und daß ihnen weiters gestattet werde, in der Woche zweimal zu betteln (!) Das greise Ehepaar nahm diese Art der Versorgung nicht an und zog es vor, lieber zu sterben. Die gerettete Wittwe Johanna Keil ist 67 Jahre alt. Sie wurde von der Gemeinde Ottakring vorläufig in Versorgung übernommen.

Wien, 9. Juli. Allen entgegenstehenden De- menti's zum Trotz halten hiesige diplomatische Kreise daran fest, daß eine Flottendemonstration zum Schutze der griechischen Häfen so gut wie beschlossen ist.

In Graz fand am 5. Juli ein Bankett zu Ehren der steirischen Reichsrathsmitglieder statt, das zu einer bedeutungsvollen Kundgebung des Deutsch­thums sich gestaltete. Rechbauer, Schlosser, Heils­berg, Graf Wurmband, L-prung u. A. hielten Re­den, für deren wörtliche Wiedergabe die D. Ztg. konfiszirt wurde.

Wie demEs" aus Verbo berichtet wird, hat ein dortiges Weib, Namens Katharina Csaßua, vor drei Tagen ihren siebenten Gatten zu Grabe geführt. Das herkulische Weib denkt auch jetzt nur daran, sich wieder zu verehelichen. Die Frau ist heute 50 Jahre alt und strotzt noch von Kraft und Gesundheit.

Italien.

Rom. Der Papst hat am 4. Juli die Pre­diger empfangen, welche nach Rom gepilgert sind, um ihm ihre Huldigungen darzubringen. Italien, Frankreich, Spanien, Deutschland, Oesterreich, Polen, England, die Türkei, Indien und Amerika waren dabei vertreten. Der Pacht hat sie wegen dieser Pilgerfahrt belobt und gesagt, den Predigern käme es zu, die Jrrthümer der Zeit zu bekämpfen. Er empfahl ihnen, bei ihren Predigten Einfachheit und Demuth zu bewahren und St. Thomas von Aguin zu studiren. Schließlich erklärte der Papst, er stelle sie unter das Patronat des hl. Johannes Chrhso- stvmus, und gab ihnen seinen Segen.

Frankreich.

Paris, 7. Juli. Der französische Socia- lismus treibt mitunter recht sonderbare Blasen. Veröffentlicht da soeben dieEgalits", ein auf dem Pariser Boulevard erscheinendes Kommunard-Blatt, das mit anerkennenswerther Offenheit an seinem Kopfe die Bezeichnung »cu-gaas ravolutioimirv" trägt, das Wahlprvgramm der sozialistischen Arbeiter Frankreichs. Natürlich sigurirt darin als einer der ersten Punkte die Forderungallgemeiner Volksbe­waffnung." Einen förmlichenGipfel" auf dem Gebiete des grotesken Radikalismus aber bildet fol­gendes neu zu kreirende Menschenrecht:Montags­ruhe, d. h. gesetzliche Verhinderung der Ar­beitgeber, am Montage arbeiten zu lassen". (Was waren doch im Vergleich zu diesen Franzosen unsere deutschen Sozialdemokraten mit ihrer Forde­rung des Normalarbeitstages bescheidene und beson­nene Leute!)

Paris, 7. Juli. Für das Fest vom 14. Juli hat der Kriegsminister verfügt, daß in jeder Stadt, wo Artillerie-Garnison ist, drei Salven von 21 Kanonenschüssen, die eine des morgens um acht Uhr, die zweite um 12 Uhr und die dritte des Abends um 8 Uhr abgefeuert werden sollen. Die Regi­mentsmusiken müssen sich den Gemeindebehörden zur Verfügung stellen. Die Uebergabe der Fahnen an die verschiedenen Regimenter in der Provinz findet am 25. Juli in allen Garnisonen statt.

Paris, 8. Juli. Die Journale der Linken bezeichnen den Kammerbeschluß als einen Beweis der Versöhnung, weil er die volle, einfache Amnestie nicht beschlossen habe. Sie hoffen, der Senat werde dem­selben beitreten. Das Organ Dufaures,Le Par­

le ment Z dagegen glaubt, der Senat werde eine solch erniedrigende Rolle nicht übernehmen, und die Jour­nale der Rechten versichern, der Senat werde seine Meinung nicht ändern.

Paris, 11. Juli. Die Amtszeitung veröffent­licht ein Dekret vom 10. Juli, wonach allen Ber- urtheilten der Kommune ihre Strafen voll­ständig erlassen werden. (Sch B.)

Belgien.

Brüssel, 7. Juli. Baron d'Anethan hat in Rom die Abzeichen der Gesandtschaft eingezogen und ist hieher ab gereist.

England.

London, 9. Juli. Die Morgenblätter ver­öffentlichen eine Privatdepesche aus Pekhing vom 22. Juli, wonach der frühere chinesische Gesandte in Petersburg Tschunghow begnadigt wurde, zum Be­weise, daß China die Würde Rußlands nicht ver­letzten wolle und Fortdauer freundschaftlicher Be­ziehungen wünsche. (W. L.)

London. Die Baronin Rothschild, Wittwe des verstorbenen James v. Rothschild, die bekanntlich erblindet war, ist heute vollständig hergestellt.

Die Operation wurde von dem bekannten hiesigen deutschen Augenarzt vr. Mayer mit großem Geschick und Glück ausgeführt. Die Operation war um so schwieriger, als die Dame fast 80 Jahre alt ist.

London. DomBert. Tagbl." berichtet man nntorm 6. Juli oon hier: Gestern Abend bvnrde London von einer Kalamität heimgesucht, wie sie in den Annalen der britischen Hauptstadt glücklicherweise äußerst selten vorkam. In dem sehr- dicht bevölkerten Stadttheile nahe der Haupt - Verkehrsader Tottenham-Courtroad wurde die Haupt-Gasröhrc unter der Straße ausgebcssert. Eine Anzahl Arbeiter waren dabei be­schäftigt, welche eben ihr Tagewerk beenden wollten. Mit einem Male ertönt ein dumpfer Knall, richtiger eine Reihe von Detonationen. Fcuergarben schießen an verschiedenen Orten ans dem Erdboden hervor. Die Erde scheint zu wanken und zu zittern. Der Boden hebt sich, die Häuser ans den beiden Seiten der Straße auf Hunderte von Klaftern schwanken.

Trümmer von Baiken, schwere Pflastersteine, ineuschtiche Glied­maßen, Ziegel und Gas fliegen durch die Lust. Menschen,

Wagen und Pferde verschwinden in dem gähnenden Krater.

Die Lust ist eine Zeit lang förmlich verfinstert durch Trümmer und anfgewirbelten Staub, Dazwischen tönt das Jammern

der Verwundeten und daS Angstgcschrei der herbeicilenden-s-

Menschenmengen. Die Scene war erschütternd. Niemand wußte im ersten Augenblick, was geschehen war. Biele glaub­ten, cs sei ein Erdbeben, Bald zeigte sich die Ursache, nämlich eine Explosion in der Gasröhre. Ein Mann sagte ans, er sah einen Arbeiter ein Zündhotz anstecken, alsbald erfolgte die ZsK. Detonation. Dieser Arbeiter wurde in die Röhre hineinge- schleudert und sofort gelobtet. Ein anderer nahe dabei Säe- -2« hender, entsetzlich verstümmelt, starb bald. Aus den Trümmern 8 3 D der Häuser und ans dem Abgrunde wurden einige dreißig Z ! Personen verwundet hcrausgezogen, davon sind 8 ans das -E-AAFE schwerste verletzt. Die Explosion war ganz merkwürdig. Erst KH s» muß das Gas an einer Stelle sich entzündet haben, hierauf 3« schoß die Ftamme unterirdisch in die Röhre entlang, worauf andere Detonationen und Erschütterungen folgten. Vier bc- WZHZ'* sondere große Krater öffneten sich. Alle Häuser sind auf einer 3 »M" etwa ein Viertel englische Meilen langen Strecke mehr oder minder beschädigt. Fenster und Thüren sind in allen Ge- ""s»' bänden zertrümmert: manche der Häuser liegen ganz in Ruinen nnd die stürzenden Balken begruben die Einwohner. Die N« Gegend ist zumeist von kleinen Geschäftsleuten und Arbeitern

bewohnt. 8 '

Rußland. ' sr,

Petersburg, 8. Juli. Sämtliche griechische Offiziere, welche sich augenblicklich auf Urlaub in ° Rußland befinden, wurden in der Odessaer Polizei- ^

zeitung aufgefordert, sofort nach Griechenland zurück- -

zukehren.

Türkei.

Ragusa, 7. Juli. Zwischen Türken aus Jakova und Christen aus Fandest hat ein Zusam­menstoß stattgefunden, wobei einige Türken getödtet wurden. (T. Chr.)

Amerika.

Aus Amerika wird gemeldet, daß die Jahres­feier der Unabhängigkeitserklärung am 4. Juli zu vielen Unglücksfällen Veranlassung gab. 30 Men­schen kamen dabei ums Leben und eine Unmasse anderer wurde durch Feuerwerke, Pistolenschüsse und dergleichen arg beschädigt.

7O

s

ot,

3 A 3 §

Kandel L Werkehr.

sEriltc in Ungarn.j Aus Pest, 5. d. M,, wird derW. A, Z." gemeldet, der Rost trete nur ans wenigen Weizenfeldern ans und er habe nirgends den Kern der.Achren angegriffen. Der Waizenschnitt beginnt jetzt auch in den höher gelegenen Gegenden-, die Berichte lauten beinahe ausnahmslos sehr günstig.

Die Tochter de» FresottenkopttL«».

(Fortsetzung.)

Lange saß sie, wie in wachem Traume, bewe­gungslos da; seine letzten Worte klangen noch immer