mehr ist die deutsche Sprüche als die eines großen Volkes mit einer alten Bildung und reichen Literatur, dem czechüchen Idiom unendlich überlegen.
Linz, 3. Mai. Gestern ist in Freistadt beim Menagekochen in der Kaserne Feuer ausgedrochen. Die Kaserne ist nebst sechsundreißig Häusern abgebrannt. SchlHiz.
Aus der Schweiz, 4. Mai. Jean Bnrtin aus Frankreich, gewesener Kassier bei der Favre'schen Unternehmung in Göschencn. wurde nach der „N. Z. Z." vom RegiernngSrathe von Uri wegen Unterschlagung im Betrage von etwa 30,000 Fr. zum Nachtheil der Arbeiter dem Krimüialgericht überwiesen. — Man klagt in Göschenen über den Gesundheitszustand der Arbeiter: gegen 200 liegen krank und die Sterblichkeit ist groß. Indessen rückt die Arbeit am Tunnel raich vorwärts.
In Winterthur wurde am 2. dS. ein furchtbarer Raubmord verübt. Ter 77jährigc treue Hausknecht des Baron Sulzer von Wart wurde am Morgen jenes Tages in seinem Bett ermordet gesunden. Der Mörder har dein alten Mann mit einem breiten Beil, das er liegen ließ, den Kops förmlich gespalten. Wabricheinlich wurde der Ermordete im Schlaf überfallen : keine Spur der Gegenwehr. Räthselbaft ist, wie der Mörder ins Haus kam. dessen Thüre verschlossen war und das keine Spur von Einbruch zeigt. Baron Sulzer ist sehr reich, derzeit von Winterthur abwesend. Der Mörder versuchte nach deni Mord einen Einbruch im Kassenzimmer, kam aber nicht zum Ziele und entwischte durch die Hintere HauStbüre. Man hat noch keine Spur von ihm.
Bellinzona, 5. Mai. Der „N. Z. Z." wird telegraphirt: Ein Einsturz im Gotthardtunnel, 6300 Meter vom südlichen Ansgang, hat 3 Arbeiter getödtet und 3 verwundet.
Portugal.
Madeira, 8. Mai. Ter der Union Com- parv gehörige Postdamvser „American" ist auf dem Wege nach dem Cap der guten Hoffnung am 23. April in der Nähe deS Aeguators untergegangen. Sämmtliche Passagiere und Mannschaften yaben sich glücklich in 8 Boote ein- gefchifft, wovon 3 von Schissen aufgenommen, die übrigen 5 aber nach dem Cap Palmas gehend gesehen worden sind. (Schw. B.)
England.
London, 4. Mai. Aus Konstantinopel bringen Daily News- einen langen Bericht über den trostlosen Zustand der Türkei, aus welchem hervorgeht, daß das- Osmanerireich einer vollständigen Auflösung anheimfalleu muß, wenn nicht Allah hilft, oder die europäischen Großmächte rettend eingreifen: eine derartige Lage der Dinge muß nothwendiger- weise die Schwierigkeiten und die Verantwortung außerordentlich vermehren, welche mit dem Amte unseres diplomatischen Vertreters in Konstantinopel verknüpft sind, und wenn unter solchen Umständen selbst Männer wie Göschen und Lord Carlingford es ablehnen, den Botschafterposten am goldenen Horn zu übernehmen, darf man eS ihnen wahrlich nicht verargen.
Mr. Gladstone macht wieder einmal das Sprichwort wahr, daß keine Suppe so heiß gegessen wird als sie gekocht ist. Wie nahm der jetzige englische Premier den Mund voll, als er noch als Führer der Opposition das Land durchreiste, um das verhaßte konservative Regiment zu stürzen und die Liberalen, d. h. sich selbst an's Ruder zu bringen. Der Berliner Vertrag war ein infames Machwerk, die Türkei ein faulender Kadavar, Oesterreich ein Hort der Reaktion und Fluch der Freiheit, Rußland der Erlöser der Unterdrückten u. s. w. Nun hat Gladstone sein Ziel erreicht, mit schwerem Herzen mußte die Königin ihm die höchste Würde im Staate übertragen, in der That ist er heute Regent von Großbritannien und Indien, und was ist das erste, was „der wachsame Hund" (wie er sich selbst genannt hat) thm? Er läßt durch sein zweites Ich, den Lord Granville, erklären, daß das neue englische Kabinet unumwunden die Anfrechthaltung des Berliner Vertrages übernehme, daß es sich an keiner festländischen Allianz betheiligen und daß Griechenland an ihm eine Stütze haben werde. Und darum der Lärm und das Geschrei, darum all' die fürchterlichen Kraftanstrengungen : Die ganze Erklärung bedeutet nichs anderes als die neuerliche Jnaugurirung der Abstinenzpolitik: England für sich, das war von jeher die Parole Mr. Gladstone's, sie wird neuerdings zum Feldge
schrei gemacht — uns kann » recht sein, wir verlieren dabei nichts.
Türkei.
Recht traurig sieht es heute in dem Os inanen reiche aus, der Staatskredit ist vollkommen: erschöpft, in Kleinasien und in einem Theile Syriens- die Hun- gersnoth, der bulgarische Tribut uneinbringlich, Al? banien außer Rand und Band und nun kommt noch zu allem Ueberfluß die Nachricht von einem bevorstehenden Aufruhr in Crctal Dabei bleibt es nur noch eine Frage der Zeit, auf wie lange noch das morsche Reich sich auf den Füßen zu halten vermag. Amerika.
Das bestbezahlte Amt in den Vereinigten Staaten ist keineswegs, wie größtcurheils angenommen, das des Präsidenten im Weihen Hause zu Washington, denn dieser bezieht „nur" 50 000 Dollar per Jahr, während der Kollektor der Steucrrückstände in Philadelphia, wie das dortige „Volksblatt" an der Hand von Zahlenbclegen ;eit dem Jahre 1870 nachweist, sich jährlich „gut und gern" in Folge der von ihm bezogenen Sportel auf 150 000 Dol. stellt.
Landet L Verkehr.
Ludwigsburg, 7. Mai. >Ledermarkt--Bericht5 Auf dem am 5. Mai abgehaltcnen Markte wurde taut „L. Ztg." alles Leder rasch verkauft. Abgewogen wurden 8480 Pfund Sohlleder, 7796 Pfd. Schmahllcder, 479 Pfd. Zeugleder, 3609 Pfd. Kalblcdcr, 14991 Pfd. Wildleder, 461 Pfund Vacheleder, zusammen 35,790 Pfund im Betrage von circa „L 63,792. 60.
M » r d t.
In dem an Naturschönheiten so reichen Zlller- thale in Tirol lebte zu Ende des vorigen und zu Anfang dieses Jahrhunderts ein weithin bekaunrer Bauer, Namens Kirchmeyer. Wenn auch sein Anwesen nur klein war und nur durch emsige Arbeit dem Boden das zum Leben Unentbehrliche abgerungen werden konnte, so war es Kirchmeyer doch stets gelungen, Hunger und Noth von den Seinigen fern zu halten. Sein Haus, aus Steinen erbaut, mit einem weit vorspringenden Holzdache, mit großem hölzernen Krucifix über der Thür und geschnitzten Balkongeländern war ein richtiges tiroler Bauernhaus. An Kindersegen fehlte es Kirchmeyer auch nicht, denn seine Frau hatte ihni sieben Sprößlinge geboren. Unter diesen war nur ein Mädchen, die schwarzäugige Mir! (eine Abkürzung des Namens Marie), welche nach der in den Alpen herrschenden Sitte gewöhnlich nur Moidl (Mädl) genannt wurde. Zu der Zeit, in welcher unsere Erzählung beginnt, war sie sechzehn Jahre alt. Kräftig, aber schlank und ebenmäßig gebaut, mit regelmäßigen Zügen, dichtem dunklem Haar und frischer Gesichtsfarbe, erschien Moidl, wie wir die Heldin dieser Geschichte nennen wollen, überaus anmuthig und im ganzen Zillerthale wurde, wenn von schönen Mädchen die Rede war, Kirchmeyers Moidl in erster Linie genannt.
Alois Bach, ein Pflegesohn Kirchmeyers, hatte sich stets zu dem Mädchen hingezogeu gefühlt und war immer ein treuer Spielkamerad Moidl's gewesen. So oft es immer nur möglich war, begleitete er sie auf ihren öfteren Streifzügen in das Gebirge, deren Zweck das Einsammeln von dürrem Holz, Waldbeeren und dergleichen mehr zu sein pflegte. Alois pflegte stets einen Bleistift bei sich zu tragen, und wenn sie sich niedersetzten, um auszuruhen, zeichnete er Moidl's hübsches Gesicht oder die Landschaft auf ein Blättchen Papier. Diese Leidenschaft des Jünglings fürs Zeichnen sollte für sein ferneres Schicksal bedeutend werden.
Als Alois nämlich eines Tages an der Außenmauer der Dorfkirche Moidl's Züge zeichnete, trat der Pfarrer von ihm unbemerkt an ihn heran. Er betrachtete die Zeichnung, faßte den Burschen am Arme und sagte in freundlichem Tone:
Bursche, Bursche! laß mir die Mädel in Ruhe. Zur Strafe für diese Zeichenversuche mußt du mir die Stationen des Kreuzwegs in der Kirche malen.
Dies war Alois sehr willkommen, sofort machte er sich an die Arbeit und schon am folgenden Tage sagte der Pfarrer dem ihm begegneten Kirchmeyer, welcher Zweifel an Alois Malertalent aussprach, daß er sich überzeugt habe, daß der Jüngling zweifellos bedeutende Anlagen besitze. Moidl, welche Zeugin dieser Unterredung war, dankte dem Pfarrer durch einen freundlichen Blick.
Als Alois und Moidl einst wieder im Walde Beeren sammelten und über dies und jenes plauderten, waren sie an einem Gebirgsbache angelangt, welcher neben einer von Mauerwerk umrahmten höhlenartigen
Oeffnung des Felsens hervorflöß.,-Dies war der Eingang zu einem seit langer Zeit ausgegebenen Bergwerke.
Man- hatte von diesem Punkte aus eine prachtvolle Aussicht. Das herrliche Zillerthal, begrenzt von hohen Bergen, lag vor ihnen. Alois hatte von jeher eine große Vorliebe kür diesen Aussichtspunkt gehabt und er und Moiol hatten häüfig ans dem sich über dem Abhang hinziehenden Moosteppiche gesessen und ihre Blicke hinausschweifen lassen. So thaten sie es auch heute. Aber nicht die Berge und nicht das herrliche Thal waren es , welche die Blicke des jungen Mannes aus sich zogen — nein dieselben waren auf die etwa eine kalbe Meile entfernte romantische Ruine des Schlosses Rabenstein gerichtet, welche er abzeichnete.
Nachdem er die Zeichnung beendet, sprang er auf und den Eingang der Höhle aufmerksam betrachtend, erklärte er, daß er sich das alte Bergwerk einmal ansehcn wolle. Anfangs war Moidl darüber erschreckt, als sie aber sah, daß er von seinem Vorhaben nicht abzubringen fei, erklärte sie sich bereit, ihn zu begleiten. Sie traten dann in die dunkle Oeffnurrg ein; Alois voraus und Moidl dicht hinter ihm; Finsterniß und feuchte, dumpfe Luft umgab sie anfangs^ Bald aber gelangten sie in einen großen hallenartigeni Raum, welcher durch in die Felsen gehauene Löcher lustig und ziemlich hell war.
Siehe dort, ein Gespenst, flüsterte plötzlich Moidl angsterfüllt ihrem Begleiter zu. Dieser blickte nach! der von dem Mädchen angedeuteten Richtung und sah eine große hagere Gestalt mit langem weißen Barte langsam auf sie zukommen. Es war der Beiden wohlbekannte Einsiedler Vater Stanislaus.
O, Sie sind es Vater Stanislaus, rief Moidl aus. Es freut mich, Ihre Einsiedelei gefunden zu haben. Ich wollte immer schon so gern wissen, wo sie wohnen — jetzt weiß ich es doch!
Bitte, liebe Kinder, verrathet dies Niemand, denn ich möchte hier nicht gern gestört werden. Ihr aber mögt bei mir vocsprechen, so oft ihr wollt.
Nachdem Alois und Moidl sich eine Zeit lang mit Vater Stanislaus unterhalten, führte "sie dieser durch einen unterirdischen Gang an eine Wendeltreppe.
Sie stiegen diese hinauf und fanden sich im Innern der Ruine Rabenstein. In einer Mauernische derselben fiel Alois ein gut ausgesührtes Bild eines stattlichen Mannes aus. Aus die Frage des jungen Mannes, wen das vorstelle, erwiderte Väter Stanislaus, daß es das Bild des Grafen Arco-Zinneberg, eines östreichischen Offiziers sei, welchem das Schloß gehöre.
Nach einer längeren Unterhaltung, m welcher der ehrwürdige Greis Alois ermahnt hatte, sich fleißig in seiner Gunst auszubilden und mit Liebe und Eifer an den Kreuzwegbildern in der Kirche seines Heimaths- dorfes weiter zu arbeiten, ging der Einsiedler zurück in seine Felsenklause, wahrend Alois und Moidl zu ihren Eltern heimkehrten.
Als am Abende desselben Tages Alois, Moidl und deren Geschwister bei ihrem Nachtessen saßen, kam ein Knabe gelaufen und rief Alois zu dem Pfarrer, da dieser ihn gleich sehen wolle. Alois ging, kehrte aber bald freudig erregt wieder zurück.
Kaum war er wieder in das Zimmer getreten, als er sofort auf Moidl zueilte und ihr zurief: Stelle Dir vor, ich gehe morgen fort von hier. Ich reise nach München, wo ich mich auf Kosten des Pfarrers weiter ausbilden soll.
Mir thut es so leid, daß Du gehst. Aber es ist zu Deinem Besten und es ist schön von unserm Pfarrer, Dich nach München zu schicken, um Dich dort studiren zu lassen. Er weiß, daß Du Talent hast, und eines Tages wirst Du ein berühmter Maler sein und wirst zurückkehren und —
Bei Dir bleiben, fiel ihr Alois ins Wort.
Beide fanden in der nun folgenden Nacht nur sehr wenig Schlaf; dem Jünglinge drängten sich alle möglichen Gedanken über die Studien, welche er jetzt beginnen sollte, auf und das Mädchen weinte, bis endlich die Müdigkeit ihre Augen schloß. Am Morgen trat Alois seine Wanderung an und Moidl gab ihm eine Strecke das Geleit. Sie nahmen endlich kurzen Abschied, da keines dem andern zeigen wollte, wie nahe die Trennung ihm gehe. Ein Kuß, ein Händedruck und der Jüngling stürmte vorwärts den Weg entlang, welcher ihn nach München bringen sollte. Moidl aber erklomm die Höhe eines Hügels, von welchem aus sie die Straße weithin übersehen konnte und blickte dem Wanderer nach, bis er ihren Blicken entschwand.
Jahr um Jahr verging, ohne daß Alois wieder