IV. Die nach Ziff. I. oben abzugebenden Erklärungen (Fassionen)

1) über das Kapital- und Renten-Ein- kommen können entweder mündlich in das von der Ortssteuerkommission zu führende Aufnahmeprotokoll, oder schriftlich nach den in 8. 17, Ziff. 1 der In­struktion vom 10. Juni 1843 gegebenen, aus den Fassionsformularien ersichtlichen näheren Bestimmun­gen abgegeben werden. Dagegen sind

2) die Fassionen über das Dienst- und Be­rufs-Einkommen in der Regel schriftlich nach dem vorgeschriebenen Formular zu übergeben; es kann aber im zweiten und dritten Jahre einer Etatsperiode die Erklärung, das; das Einkommen des Fatcnten dem des Vorjahres gleich geblieben sei, auch münd­lich in das Aufnahmeprotokoll abgegeben werden.

V. Von der Fassionsvflicht befreit sind bezüglich des oben Ziff. II. 1 bczeichneten Kapital- und Renten-Einkomme ns die im Gesetz Art. 3 ä.. a. b. x. genannten Anstalten, die im Gesetz Art. 3 2V e. erwähnte allgemeine Sparkasse in Stuttgart und diejenigen, welche in diese Sparkasse Ersparniß- Einlagen gemacht haben, hinsichtlich der denselben aus diesen Einlagen zufließenden Zinse, ferner die in Art. 3 V. k. genannte Kasse des Wohlthätigkeitsvereins, sowie bezüglich des Dienst- u. Berufs-Einkom­mens die Landjäger und die militärischen Forst,- Zollgrenz- und Steuerschntzwächter und diejenigen Personen, deren Dienst- und Berufs-Einkommen den jährlichen Betrag von 350 -FL nicht übersteigt. (Ein- kommcnssteuergesetz Art. 3 L. a. und lr. und Gesetz vom 20. August 1861. Reg.-Bl. S. 186,^Art. 3 und Gesetz vom 24. Juni 1875, Reg.-Bl. S. 131, Art. 1). Uebrigens muss auf etwaiges Anfordern der OrtSsteuerkommission gleichwohl die in tz. 14, Abs. 2 der Instruktion vom 10. Juni 1853 vorge­schriebene Anzeige abgegeben werden.

VI. Wenn weitere (s. Ziff. V. oben) im Gesetz Art. 3 s. k. genannte Anstalten, oder wenn In­stitute der im Gesetz Art. 3 a. o. ck. ll. bczeichneten Art Steuerbefreiung ansprechen, desgleichen, wenn auf Grund der Bestimmungen im Gesetz Art. 3 V. ü. ein solcher Anspruch erhoben werden will, so sind diese mit vollständigen Nachweisen zu begründeten Ansprüche durch die Ortsstenerkommission beim Ka- meralamt anzubringen. Die den Mitgliedern des Kapitalisten-Vereins in Stuttgart früher einge­räumte, seit 1. Juli 1859 aber aufgehobene Steuer­freiheit für ihre Einlagen in diesen Verein bleibt laut der vom K. Steuerkollegium auf Grund des Art. 1 des Gesetzes vom 20. August 1861 (Reg.-Bl. Seite 185) unterm 1. Juli 1864 (A.-B. S. 85) getrof­fenen Verfügung aufgehoben: die Mitglieder dieses Vereins werden daher anfgefordert. die Zinse aus diesen Einlagen gleich ihren übrigen Kapitalzinsen zu fatiren. Ebenso haben die Mitglieder der Allge­meinen Rentenanstalt in Stuttgart die Renten, welche sie von dieser Anstalt beziehen, zu fatiren und zu versteuern, da die Rentenanstalt seit 1. Juli 1860 nur die nach Abzug der auszubezahlenden Renten ihr verbleibenden Activzinse versteuert, welches Ver­hältnis; laut der vom K. Steuerkollegium unterm 9. August 1864 (A.-Bl. S. 99) auf Grund des Art.

I des Gesetzes vom 20. August 1861 getroffenen Verfügung fortbestehen bleibt. Desgleichen haben die Einleger in die mit der allgemeinen Rentenanstalt verbundene Spar- und Depositenkasse als Gläu­biger der Rentenanstalt die hieraus zu beziehenden Zinse gleich ihrem sonstigen Kapital- und Renten­einkommen, und ebenso haben die Mitglieder der an die allgemeine Rentcnanstalt übergegangenen sogenann­ten Nottenburger Wittwenkasse ihre diesfälligen Bezüge nach Art. 1 II. d. des Einkommenssteuerge- setzcs zu versteuern.

VII. Wer sein der Besteuerung unterliegendes Dienst- oder Berufseinkommen ganz oder theilweise verschweigt, hat neben der verkürzten Steuer den zehnfachen Betrag derselben als Strafe zu bezahlen, welche auch nach dem Tod des Schuldigen angesetzt werden kann.

Die Steuergefährdung ist im Falle unvollstän­diger oder unrichtiger Fassion mit Ablage der schrift­lichen oder mündlichen Erklärung an die Aufnahme­behörde, bei gänzlicher Unterlassung der Anzeige aber mit dem Ablauf des Steuerjahres vollendet (Art.

II Abs. 3 des Gesetzes vom 19. September 1852). Als Steuerjahr in dieser Beziehung gilt nunmehr der

Zeitraum vom 1. April 1880 bis 31. März 1881 (Art. 4, Ziff. 1, Abs. 1 des Finanzgesetzes von 1878).

Den 14. April 1880.

Die Kameralämter Altenstaig, Hirsau, Reuthin.

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

Nagold, 23. April. Die Eröffnung des hiesigen Schullehrerscminars, das. bekanntlich fürs erste Jahr in die weiten Räume der Präpa- randenanstalt verlegt wird, findet wie wir hören am 25. Mai d. I. statt: Vorgestern Mittag traf der erste Seminarlehrer, Oberlehrer Schwarzmayer, von Cannstatt hier ein und bezog die schönen Ge­laffe des stattlichen Gebäudes. Abends 8 Uhr brachte der hiesige Kirchengesangverein seinen Willkomm in einem solennen Ständchen. Während des Singens wurde der Platz vor dem Hause durch einen hiesigen Bürger mit bengalischem Feuer beleuchtet. Möge der Eintritt und die bald beginnende BerufSthätigkeit des neuen Oberlehrers von reichem göttlichem Segen begleitet sein! Am gleichen Tage wurde der be­kannte Rvhrdorfer und Altenstaiger Bote Johann Lutz beerdigt, der infolge seiner am 8. d. M. er­haltenen Verletzungen letzten Sonntag gestorben war. Er kehrte um 9 Uhr Abends mit seinem Fuhrwerk von Rohrdorf zurück. Als er etwas bergab gieng, setzte er sich hinten auf den Wagen. Das Pferd fing an zu laufen. Es lief immer rascher und war nicht zum Stehen zu bringen. Lutz wollte abstcigen, blieb aber mit einem Fus; am Wagen hängen und wurde so eine längere Strecke geschleift. Dadurch erhielt er auf dem Rücken eine tiefe Wunde, die durch eingetretenen Starrkrampf seinen unvermuthetcn Tod herbeiführte.

* Aus verschiedenen Gegenden unseres Landes werden über in den jüngsten Tagen stattgehabtcn Gewitter berichtet, die mit Hagel begleitet waren. Es dürfte dies ein Wink für Gutsbesitzer sein, bei Zeiten die Felderzeugnisse bei einer soliden Gesellschaft gegen Hagelschaden versichern zu lassen.

Altenstaig Stadt, 22. April. Bezüg­lich unsers Sommerfahrtenplans haben die Ge­werbevereine Nagold- Altenstaig von der K. Eise> bahndirektivn Stuttgart die Antwort erhalten, zwar das K. Ministerium der auswärtigen Angc^ genheiten der Bitte von Leonberg und Umgegend nicht entsprochen habe, den Zug 167 (unfern Früh­zug via Calw) früher zu legen, um namentlich nicht die Interessen von Stadt und Bezirk Nagold zu schädigen: daß aber unsere frühere Nachtverbindnng mit Stuttgart via Calw (Zug F90) nicht bewilligt werden könne, um die Interessen der Stadt Calw nicht zu gefährden, auch der Aufenthalt in Stuttgart beinahe 9 Stunden, der in Pforzheim über 8 Std. ansmache. Zudem könne die Rückfahrt von Stutt­gart nach Nagold via Eutingen gemacht werden. Es ist das wenigstens etwas und wir sind dem freundlichen Entgegenkommen der K. Eisenbahndirektion Dank schuldig, was wir weniger gegenüber einer andern Behörde behaupten können, die auch bei der Sache interessirt war.

Stuttgart. Die schwäbische Residenzstadt, die schon wegen ihrer herrlichen Lage und ihres milden Klima's einen Weltruf besitzt, um den uns gar viele Städte beneiden, wird in neuester Zeit auch noch berühmt als die Stadt der Millionenerbschaften und der fabelhaftesten Lotteriegewinne, welche deren Ein­wohnern über Nacht zufallen. Soll da von einem unbekanten Onkel aus Amerika einer hiesigen Familie das runde Sümmchen von einem Vicrtelhundert oder gar 10 weiteren Millionen Dollars (neuester Kurs 4 ^ 2225 L per Stück) zugefallen sein. Ein hiesiges Blatt und mit ihm auch noch andere Blät­ter erzählen die Geschichte, die bei aller Schönheit nur den einen Fehler hat, nicht wahr zu sein. Ebenso unwahr ist, daß ein h. Bierbrauer (Ernst Wulle) 300000 fl. in der östr. Lotterie gewonnen. Die Unzahl ihm zugekommener Bettelbriefe nöthigte ihn, die angeschwommene Ente selbst aufs trockene Land zu setzen. (W. L.)

Brandfälle: In Ulm am 19. April die Scheuer bei der Wirthschaft z. Alber; am 20. April in Birkenfeld (Neuenbürg) 2 Scheuern und 1 Wohnhaus und abermals 3 Scheuern und 1 Wohn­haus zum größten Theil; in Amtszell (Wangen) am 20. April durch den Blitz eine Scheuer, ein Wohnhaus wurde stark beschädigt: in Oberdorf

(Biberach) am 20. April 12 Morgen Wald meist junger Anflug.

In Dunningen wollte ein Küfer mit seinem Lehrjungen bei der Faßremise eines Bierbrauers Fässer pichen. Der Lehrling zündete in der Remise einen Strohwisch an und scheint hiebei einem Harz- fäßchen zu nahe gekommen zu sein; letzteres fing Feuer und in kurzer Zeit stand das Holzwerk in Flammen und das Gebäude brannte bis auf den Grund ab.

In Micholbach a. d. Lücke ist in vergangener Woche ei» jüngeres Dienstmädchen so ost hintereinander Carroussel gefahren, bis es ganz betäubt war und ihm das Blut in den Kopf stieg; dieser Tage inugle dasselbe nun in eine Anstalt für Geisteskranke verbracht werden.

Memmingen, 18. Apr. Gestern Nachmittag entlud sich demFr. Kur." zufolge über unseren Fluren ein schweres Gewitter. Ein Oekonom von Hitzenhofen wurde nebst seinem Zweigespann vom Blitze auf freiem Felde erschlagen. (N. T.)

Berlin, 20. April. Die internationale Fischereiausstellung ist heute Vormittag 11 Uhr von dem Kronprinzen feierlich eröffnet worden. Die Ausstellung ist äußerst glänzend und großartig von fast allen Nationen beschickt, meist auch bis im De­tail vollendet. (Tüb. Chr.)

Berlin, 20. April. Der Botschafter in Paris, Fürst Hohenlohe-Schillingsfürst, hat heute seinen Platz im Reichstage eingenommen. Er hat bereits seine Amtswohnung im auswärtigen Amt bezogen.

Berlin. Das preußische Kriegsministerium hat zum Zwecke von Versuchen in größerem Umfange die Bewaffnung von 10 Eskadrons Ulanen mit Bambuslanzen beschlossen. Der Ersatz der jetzigen Lanzen durch Bambusrohr sei für den mit Karabiner und langem Säbel ausgerüsteten Ulanen eine Er­leichterung , da die Bambuslanzen 2 Pfund leichter als die Tannen- und 2^/n Pfund leichter, als eschene Lanzen sind.

Dein Buudesrath ist das Gesetz betr. die Be­steuerung der zum Militärdienst nicht herangezogenen Wehi" '"chtigeu (Wehrsteuer) vorgelegt worden.

Blätter sind einstimmig im Lob über die >!> ,le Fischereiausstellung. Das Arrangement

ellungsgebäudes sei überraschend gelungen scheine der Ausstellung ein großer Erfolg >u sein. Fast alle auswärtigen Staaten .reter nach Berlin gesendet. Am meisten ^ -erden die Ausstellungen von Japan und China.

i der heutigen Sitzung des Reichstags wurde, nachdem der Handels- und Freundschaftsvertrag mit Hawaii definitiv angenommen war, in die zweite Le­sung des Wuchergesetzes eingetreten. Die Vorlage definirt als Wucher die Ausbeutung der Nothlage, des Leichtsinns oder der Unerfahrenheit eines Andern und droht dafür Gefängnis; bis zu sechs Monaten, Geldstrafe 73000 <M, sowie Verlust der bürger­lichen Ehrenrechte an. Abg. Graf v. Bismarck be­gründete in längerer Rede seinen Antrag, den That- bestand des Wuchers durch Ueberschreitung eines für Grundstücke auf 8, für ander Geschäfte auf 15 Pro­zent zu fixirenden Zinsmaximums als erwiesen hin­zustellen, da sonst dem Richter ein zu weiter Spiel­raum geboten sei und die Gefahr vorliege, daß auch erlaubte Geschäfte bestraft würden. Der Antrag ward aber abgelehnt.

Eine junge Dame in Berlin, Tochter höchst achtbarer Eltern und Braut eines wohlhabenden Kaufmanns, erkrankte plötzlich an einer schweren Kopfkrankheit, die sich hauptsächlich darin äußerte, daß die Dame durch furchtbar heftiges Jucken unter der Kopfhaut heimgesucht wurde. Es wurde ermittelt» daß die Dame zur Frisur seit längerer Zeit sogenannte Puffen von Kuhhaaren getragen hatte. Die Untersuchung der Haare ergab, daß die Kuh, von der die Haare stammen, krank gewesen war. Die Dame mußte sich einer Operation unterwerfen, welcher ihr schönes Haar zum Opfer siel. Ihr Zustand soll immerhin noch Besorgniß erregend sein.

In Berlin schoß ein Militärpostcn auf 2 ihn insulti- rcnde Personen, traf aber unglücklicher Weise ein Dienstmädchen in den rechten Oberschenkel. Der Kaiser hat sich bereits nach dem Befinden des Mädchens erkundigen lassen.

In derKreuz-Ztg." wird es als eine der traurigsten und bedenklichsten Folgen der modernen Gesetzgebung bezeichnet, daß wir eine von Jahr zu Jahr steigende Anzahl heimathloser Menschen bekommen. Wer heimathlos fei, der sei auch vater­landslos.Wer nicht mehr festgewurzelt ist im Boden der Heimath, der hat auch kein lebendiges Gefühl mehr für das Vaterland. Vaterland das wird ein abstrakter Begriff, sobald man von der Heimath absieht. Die Heimath mit all den Gütern, die sie in sich schließt, macht uns das Vaterland wcrth und theuer, und die Vaterlandsliebe hat ihr