Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

.N 42.

Erschnnl wvchcinlich 8n,nl und koste! halbjährlich ! kirr sohnr TräAerlohn) I 60 4, in dem Bezirk ! 2 außerhalb des Bezirks 2 40 4.

Donnerstag den 8. April.

Jnscrtionsgebühr für die lspaltigc Zeile ans ge- mobnlicher Schritt bei einmaliger Einrückunq 9 ch bei niehrmaliger je 6 4.

1880.

Nagold.

Amtsverfammiung.

Am Sauistag den lff. April d. I. findet auf dem hiesigen Rathhans eine Amtsvcrsammlnng nach dem Turnus V. statt, zu welcher die Ortsvvrstcher oder deren Stellvertreter und Amtsversammlnngs- Depntirte präcis Vormittags 0 Nhr sich einznfinden hohen.

Die Verhandlungen haben hauptsächlich zum Gegenstand:

1) Wahlen:

o) eines bürgerlichen Mitglieds der Militär- Ersah- Commission für die Jahre 1880, 188l und 1882,

h) des Amtsversammlungs-Ansschusses, sowie zweier Ersatzmänner,

e) zweier, der Amtsvcrsammlnng nicht angehö- rigcr Älitgliedcr der Landarmen-Commission, sowie deren Ersatzmänner, ci) geheime Wahl des bürgerlichen Mitglieds der Ober-Ersatz-Commission nnd dessen Stellvertreter für die Jahre 1880, 1881 nnd 1882,

o) der Oberamtswahl-Commission für eine et­waige Landtags-Abgcordneten-Wahl gemäß Art." 17 des Gesetzes vom 26. März 1868 und 13 der Ministerial-Verfügung vom 20. April 1868, nebst Stellvertreter, t) Wahl eines Depntirten zu Verathung der allgemeinen Angelegenheiten der Gebäude- Brandversicherungs-Anstalt, ß) von Sachverständigen für Hagelschadens- Abschätzung,

h) des Siebener-Ausschusses gemäß Art. 20 des Gesetzes vom 24. Jan. 1879, Reggbl. Seite 8,

i) der Nachbarschätzer bei Einschätzung der Fcldgüter,

Ir) der Bezirksschützer bei der Gewerbekatastri- rung;

2) Berathung des Amtskörperschafts - Etats pro 1880/81;'

3) Beschlußfassung wegen der Amtsvergleichungs- taxcn und Umlagen der Amtsvergleichungskosten;

4> Publikation der Amtspfleg - Rechnung pro 1878/79 und Mittheilung der Abhör - Recesse;

ö> Verwilligung eines Beitrags an die Gemeinde Oberschwandorf zur Straßen-Correktion von Untcrschwandorf nach Oberschwandorf;

6) Capital-Aufnahme zur Verwilligung von Bei­trägen zu Straßcn-Correktionen.

Die Mitglieder des Amtsversammlungs-Aus- schusses wollen sich Tags zuvor, also am Freitag den 9. April, Vormittags 9 Uhr. auf dem Rathhaus hier einsiuden.

Den 26. März 1880.

_ K. Oberamt. Güntner.

K. Amtsgericht Nagold.

Die Gerichtsvollzieher' von

Berneck, Ebershardt, Ebhausen, Egenhausen, Em­mingen, Fünfbronn, Garrweiler, Oberschwandorf, Oberthalheim, Pfrondorf, Rohrdorf, Unterthalheim, Walddorf, Wenden, Wildberg werden au die unverweilte Vorlegung des Hanptre-- gisters und Kasseutagbuchs pro 1. April 1880 erinnert. Den 5. April 1880.

_ Oberamtsrichter Daser.

Chinesische Socialdemokraten.

(Schluß.)

Allein Wang-Nyang-Tscho, so hieß der chine­sische Lasalle, war ein Mann von überzeugender

Beredsamkeit, scharfsinnigen Geistes und entgegen­gesetzt von seinem deutschen Kollegen wird von ihm die Keuschheit sein?-? Lebenswandels und seine Be scheidenheit gerühmt.

China besaß zu Wang's Zeiten einen jugend­lichen Herrscher, der, aufmerksam geworden aus den Ruf, den dieser Mann unter den zahllosen Millionen seines Reiches sich erworben hatte, von den schwär­merischen Ideen desselben so sortgerissen ward, daß er, als einst plötzlich schwere Unglücksfälle, lleber- schwemmungen, Mißernten und furchtbare Eepidemien über China hereinbrachcn, sich entschloß, Wang nun mehr nach freiem Belieben schalten und walten zu lassen.

Die schweren Folgen hinkten aber gar bald hernach. Trotzdem blieb das Vertrauen des chine­sischen Kaisers unerschüttert nnd Wang tröstet die sich mehrende Zahl der Unzufriedenen damit, daß der Anfang aller Dinge von jeher ein schwerer gewesen sei.

Im Volke selbst regte sich mit den Jahren wachsend der heftigste Unwille. Alles stürmte ans den Kaiser ein, ans der betretenen Bahn einznhalten. Vergebens. - -

Endlich starb, inmitten socialer Wirre», der Kaiser. Die Regentin Mutter übernahm die Herr­schaft. Ihre erste That als Herrscherin war es, das neue System mit einem Schlage wieder auszurotten.

Somit hat vor fast einem Jahrtausend schon das chinesische Experiment unS um eine Erfahrung reicher gemacht, die durch die Praxis erkauft ist. Diese Erfahrung, die in der deutschen und überhaupt in der Literatur der civilisirten Völker bis auf den heutigen Tag leider nicht eingehender erforscht und der von sehr Wenigen überhaupt nur gedacht wor­den ist, hat den deutlichen Fingerzeig ergeben, daß alle Mittel, ein Volk in feste Schranken einzupressen, bisher und in Zukunft den Betroffenen zum Schaden gereicht hat und gereichen wird.

Das waghalsige Experiment hat aber für Den­jenigen, der das Studium der chinesischen Geschichte emsig betneben, noch eine ganz andere Folge, eine Folge, welche Jeden, der sich für die Geschichte des Menschengeschlechts interessirt, auf das Lebhafteste interessiren muß.

Es sind wohl an neunhundert Jahre schon seit jener Zeit verflossen, in der der chinesische La­salle das Volk durch seine Ideen in eine eben so ge­waltige Aufregung versetzte, wie vor wenig Jahren genau das Gleiche in Deutschland der Fall war.

Die Geschichte der Chinesen reicht aber weit vor Christi Geburt und können wir den Verlauf der­selben mehrere Jahrtausende hindurch verfolgen.

In derselben sehen wir China die höchste Cul- turstufe aller Völker entnehmen, sehen es seine Kennt­nisse entfalten, nnd betrachten mit Verwunderung die wahrhaft kunstfertigen Arbeiten nicht allein, sondern auch die technischen Erfindungen und zahlreichen Fortschritte, welche China von Stufe zu Stufe hoben.

Viele Jahrhunderte hindurch nahm China den glei­chen Fortschritt, wie Europa während der letzten 200 Jahre, bis in demselben ein Wendepunkt eintrat und dieser füllt in die Zeit, in der jener chinesische Lasalle mit seinem gewaltsamen Experimente das chinesische Volk in seiner Lebens- und Anschauungs­weise von Grund aus erschütterte.

Nachdem jener chinesische Socialismus sich nicht bewährt hatte, nachdem Wang von seinem Platze zu­rückgetreten, trat dann auch dort eine Erscheinung ein, welche wir im Kleinen oft genug im politischen Leben Deutschlands beobachtet haben, die sog.Re- action", die Rückkehr znm Alten.

Nur war jene Bewegung in China eine ganz andere, sehr viel mächtigere und gewaltigere, als ein ähnlicher Umschwung, der in der öffentlichen Meinung Deutschlands nach dein aberwitzigen Verbrechen eini­ger überspannter socialistischer Köpfe entstand.

In dem 400 Millionen-Reiche China war der Eindruck jedvch ein so nachhaltiger, daß jede Neue­rung in Zukunft der Chinesen verhaßt ward. Die Abneigung gegen allen nnd jeglichen sog.Fortschritt" auf politischem Gebite ward selbst in das bürgerliche und gewerbliche Leben übernommen, so daß von jenem chinesischen Experiment ü ln Lasalle ab an in der langen Reihe von neun Jahrhunderten kein Fort­schritt. keinerlei Neuerung und keinerlei Erfindung mehr in der chinesischen Geschichte zu verzeichnen ist.

Diese Abneigung gegen allesNeue" finden wir lediglich nur bei dem chinesischen Volke, und bei kei­ner anderen Racc in so hervorragender Weise.

Diese Abneigung ist geradezu eine krankhafte Eigenthümlichkcit China's geworden, eine geistige Krankheit, die sich durch die Vererbung nur noch verschlimmerte.

China lebt seir jener Zeit abgeschlossen von der Außenwelt und nur mit Geivalt vermochten die Eu­ropäer sich Eingang in dieses Land zu verschaffen nnd heute noch stehen den Europäern nur einzelne Hasenplätze offen.

Mit der Zeit aber wird auch dieses Land dem eisernen Machtgebote der Erfindungen der Neuzeit sich fügen müssen und dann endlich erst der Bann gebrochen sein, den eine nur fünfzehn Jahre hindurch herrschende socialdemokratische Regierung seiner Zeit auf dieses Land aus geübt hat. _

, v, Tages-Neuigkeiten. r. Deutsches Reich.

Nagold, 6. April. Letzten Samstag den 3. d. M. wurde der am 1. April d. I. nach 38jäh- riger Berufsthätigkeit in den wohlverdienten Ruhe­stand getretene Schulmeister Georg Jonathan Hezer in Jselshausen auf feierliche Weise verabschiedet. Wie unsre Nachbargemeinde die treue Amtsführung ihres langjährigen Lehrers erkannte und zu würdigen wußte, möchte in nachstehenden Zeilen dargelegt werden. Nachmittags 3 Uhr versammelte sich der Geistliche mit dem Pfarrgemeinderath, die bürgerlichen Kollegien und die Schuljugend im Schulhause. Nachdem das Lied:Lobe den Herren, o meine Seele :c. rc." angestimmt worden war, hielt der Orts­geistliche eine längere Ansprache, in welcher er mit warmen Worten der langen Dienstzeit (im ganzen 48, in Jselshausen 38 Jahre) Hezers gedachte und dessen Gewissenhaftigkeit und Treue rühmend hervor­hob. Es wurde auch das gute Einvernehmen betont, welches in einer so langen Reihe von Jahren stets zwischen der Gemeinde und ihrem Lehrer (der auf keinem Posten so standhaft aushielt), sowie zwischen letzterem und einer Reihe von Geistlichen geherrscht habe. Schließlich dankte der Redner dem geliebten Lehrer noch mit herzlichen Worten Namens der Ge­meinde und der Schüler. Als die zahlreich Ver­sammeltenGott ist getreu!" gesungen hatten, dankte Hezer mit gerührtem Herzen für die große, unver­diente Aufmerksamkeit, welche ihm von den Vorstehern und Vertretern der Gemeinde zu Theil geworden sei. Er bekenne, sagte er offen, wenn er auf die 48 Jahre zurücksehe, in welchen er geschulmeistert habe, so fei lein Werk wie das menschliche Werk überhaupt, nur' Flick- nnd Stückwerk gewesen, wcßhalb er gerne das Wort Luk. 17,10 auf sich anwendc. Nachdem der bisherige Lehrer den Schulkindern noch willigen Ge­horsam gegen ihren künftigen Lehrer ans Herz ge-