konstituirt. Sechs der seitherigen Minister sind ge­blieben, ausgeschieden sind Waddington, Le Roher, L8on Sah und General Gresley. (St.-A.)

Herr Gambetta soll die Ansicht ausgesprochen haben, daß Frankreich, wie sehr es auch wünschen müsse, seine verlorenen Provinzen wiederzugewinnen, doch zu diesem Zwecke niemals einen Krieg unter­nehmen werde; es müßte denn gerade wieder in die Hände eines Kaisers fallen, der eines solchen Vor- wandes bedürfte, um den militärischen Neigungen der Nation neue Nahrung zu geben. Die Welt müssä den Fortschritt durch den Frieden lieber als durch den Krieg suchen. Ganz vernünftige Ansichten das, nur schade, daß ihnen vom dem Sprecher selbst nicht recht geglaubt werden dürfte.

England.

London, 29. Dez. General Roberts tele- graphirt: Die Afghanen begannen am 23. Dez. früh 6 Uhr den Angriff von 3 Seiten. Roberts machte nach Erkennung der feindlichen Absichten einen Gegen­angriff in der Flanke des Feindes mit Artillerie und Kavallerie. Der Feind floh nach Kabul von dort heimwärts; der englische Erfolg war vollommen, aber die Führer der Afghanen entkamen. Roberts wollte am 24. oder 25. Dez. Kabul besetzen. (N. T.)

Dundee in Schottland, 29. Dezember. Ein fürchterlicher Sturm zerstörte einen Theil der Brücke über den Tay, während der gestern 7V^ Abends fällige Personenzng von Edinburg nach Dundee die Brücke passirte. Der Zug ist in den Fluß hinabgestürzt, man fürchtet, daß sämtliche Passagiere, über 200, ertrun­ken sind. (St.-A.)

Dundee, 30. Dez. Bei dem gestrigen Eisen­bahnunglück auf der Tahbrücke sind, wie es nach­träglich heißt, ungefähr 80 Personen umgekommen; es wurde niemand gerettet. (St.-A.)

Boston, 28. Dez. Durch eine Feuersbrunst wurden in der Devonshire- und der Federal-Street verschiedene Waarenlager vernichtet. Der auf eine Mill. Dollar geschätzte Schaden ist durch Versiche­rung gedeckt. (St.-A.)

Rußland.

Aus Rußland selbst kommt wieder das Gerücht, daß der Czar abdanken wolle, diesmal nicht ohne einen gewissen Anstrich von Wahrscheinlichkeit. Der Czar wolle nach Cannes zu seiner Gemahlin reisen, und während seiner Abwesenheit würde der Groß­fürst-Thronfolger die Regentschaft führen. Man glaube aber, daß der Czar die Regierungsgeschäfte nicht mehr übernehmen, sondern abdanken werde. Jedenfalls bereitet sich in Petersburg etwas vor; die gleichzeitige Anwesenheit so vieler russischer Staats­männer deutet daraus hin.

Türkei.

Die Soldaten in Constantinopel betteln mit und ohne Gewehr, aber meistens ohne, weil sie ihr Gewehr versetzt oder verkauft haben. Verdenken kann man's ihnen nicht; denn die meisten haben seit Jahr und Tag keinen Heller Sold erhalten und von der Luft kann auch unterm Halbmond Niemand leben.

Nachschrift.

Nagold, 31. Dez., 1 Uhr 55 Min., Nachmittags. (Telegramm.) Stuttgart. Zimmermann Waibel, Weberstraße 55, hat heute früh Frau und zwei Kinder mit ei­nem Hammer erschlagen ausgefunden; ein weiteres Kind starb den Vormittag. Allein übrig geblieben ist eine 13jährige Tochter. Man sagt, des Vaters Bruder sei der Mör­der; dieser ist flüchtig.

Landet L Derkehr.

Herrettberg, 26. Dez. Die hiesigen Rindsmetzger haben unfern Hausfrauen ein schönes Weihnachtsgeschenk be­reitet. Seit einigen Tagen kostet das Rindfleisch nur noch 40 4 Pr. Pfd. gegen 45 4 von früher, Kuhfleisch 3034 4 , Kalbfleisch 45 4 und Schweinefleisch 54 4 . Dagegen haben die Bäcker die Brodpreise in letzter Zeit merklich erhöht, der 4pfiindige Laib Kerncnbrod kostet 52 4 , gegen 44 4 von früher, 1 Pfd. Weißbrod 15 4.

Mittlere Fruchtpreise per Eeutuer

Geislingen .

vom 20. bis 23. Dezember.

Lernen. Roggen. Gerste.

4 ^ 4

Haber.

4

Nagold .

. . ... 10. 44.

9. 69.

6. 47.

Kirchheim

... 12. 20...

9. 13.

6. 66.

Le«tkirch .

... 11. 69. 9. 80.

9. 29.

8. 44.

Waldsee .

... 11. 99...

9. 74.

6. 58.

Mennheim, 28. Dez. Die Stimmung im Getreide­handel war während abgelaufencr Woche fest, Umsätze jedoch unter dem Einfluß der Feiertage sehr beschränkt und haben wir zu notircn: Weizen je nach Qualität 24.5027.50, Roggen 1819.75, Gerste 18.7520.50, Hafer 14.2515.75, Kohlreps 27.5028, per 100 Kilo. Im Kleesamenhandcl stille Tendenz, Rothsaat ^ 104 -109 für neue, 98101 für jährige, Lucerne ^ 118130, hochfeine Provcucer 134 bi- 140, Esparsette 3537.50 per 100 Kilo, brutto. Rüböl ^ill 6363.50, Leinöl 6767.50, Mohnöl Pfälzer 132 bis 135, Sesam-Oel 9699.

Der Fra«;ofenferertag 1848.

Samstag, den 25. März.

Unter diesem Titel hat Herr Pfarrer Or. Bunz in Ohmenhausen ein Werkchen herausgegeben, das sich die Aufgabe stellt, den Eindruck zu schildern, den die fälschlich verbreitete Nachricht, die Franzosen seien im Anmarsch, der sog.blinde Franzosenlärm", in den Märztagen des Jahres 1848, in den verschiedenen Theilen Württembergs hervorrief.

Der Herr Verfasser hat diese seine Aufgabe in solch' gelungener Weise gelöst, daß wir uns ver­pflichtet fühlen, unfern Lesern die Anschaffung des Merkchens dringend zu empfehlen, um so mehr, als es dem Verfasser sicher große Mühe und vielen Zeit- Anfwand gekostet hat, alle in dem Buch niedergeleg­ten Notizen zu sammeln und ihm deshalb ein zahlrei­cher Absatz wohl zu gönnen ist.

Wenn wir in Nachstehendem einen kleinen Aus­zug aus dem Werkchen veröffentlichen, so beabsichtigen wir hiedurch nur, das Interesse unserer Leser für das Buch zu wecken.

Zunächst schildert der Verfasser den Schaden, den Württemberg durch frühere Kriegszüge der Fran­zosen erlitten. Wenn wir diese Summen betrachten und dabei bedenken, daß hier überall nur die Ziffern des direct gestifteten Schadens angegeben sind, wobei der indirecte Schaden durch Verlust an Menschenleben, durch Verödung der Felder und noch nicht berechnet ist, so begreifen wir leicht den jähen Schrecken, den die Nachricht vom Anrücken der Franzosen land auf land ab in Württemberg verbreitete.

Speziell Nagold betreffend ist anzuführen:

Die Grafenwürde im Nagoldgau begleiteten die Grafen von Nagold, seit Mitte des 12. Jahrhunderts Pfalzgrafen von Tübingen. Später wurde Nagold Hohenbergisch, 1363 von Württemberg erkauft. Nach­dem schon nach der Schlacht von Nördlingen Kroaten und Pest die ganze Gegend furchtbar heimgesucht hat­ten, erhielt das Schloß die erste französische Besatzung 1645, da weimarisch-französische Truppen eingerückt waren und die ganze Gegend geplündert hatten. Am 1. Advent mußten sie sich .dem bairischen Feldzeug­meister Rauschenberg übergeben und erhielten freien Abzug über den Rhein. Im Winter 1795 kam ein Theil des französischen Emigranten-Corps unter dem Prinzen Conds hier und in Altenstaig in's Quartier, wo sie manche Ausschweifungen begiengen, selbst raub­ten und mordeten. Auf der Verfolgung des Generals Hügel trafen am 8. Juli 1796 die französischen Vor­truppen in Nagold ein, denen am 14. noch 600 Mann folgten. 1799kamenam5. März 100Chasseurs hierher, zogen aber nach Jourdanis Niederlage am 5. April wieder ab. Im Spätjahr 1800 lag die 65te fran­zösische Halbbrigade in Nagold und Umgegend, der Commandant Sennarens in der Stadt.

Welch ungeheuren Schaden einzelne Gegenden durch französische Besatzung erlitten, möge aus einem Beispiel entnommen werden:

Stadt und Amt Neuenbürg hatte im Jahre 1796 vor und während des Waffenstillstandes folgen­den Plünderungsschaden:

an Geld 41317 fl., Pretiosen 9286 fl., 168 Eimer Wein 18521 fl., Brod, Mehl und Victualien 27,945 fl., Möbel 75,600 fl., 43 Pferde 6,385 fl., 19 Ochsen 2258 fl., 17 Stiere 498 fl., 44 Kühe 1932 fl., 99 Rinder 2422 fl., 44 Kälber 636 fl., 1100 Schweine 16,807 fl., 223 Schaafe 1590 fl., 122 Ziegen 856 fl., Geflügel 3798 fl., Gebäude rui- nirt 1522 fl. Dazu kam noch Brandschatzung mit 7,322 fl.

Zusammen 218,695 fl. gewiß eine für da­malige Verhältnisse ganz riesige Summe!

Calw wurde 1692 von den Franzosen geplün­dert und hierauf vollständig in Asche gelegt, ebenso das Kloster Hirsau.

Dies aus der Einleitung.

Was nun denblinden Franzosenlärm" selbst betrifft, so führt der Verfasser aus, daß alle Nach­richten nach Offenburg als Ausgangspunkt weisen,

dort war am 19. März 1848 die bekannte Volks­versammlung, von 1215,000 Mann besucht, mit mehr als 100 Fahnen. Bewaffnete Zuzüge wurden theils vom Festkomite selbst theils auf den Bahnhöfen vom Militär verhindert. Fikler wollte die Republik aus- rufen, wurde aber neben Simon, Jtzstein und Struve. besonders von Hecker daran verhindert. Augenzeugen behaupteten, letzterer habe sich mit einer Pistole in der Hand neben Fikler auf den Balkon gestellt und ge­droht, ihn augenblicklich zu erschießen, wenn er die Republik proklamire. Auch sprach Hecker entschieden gegen französische Einmischung. Fikler erhielt, wie sich aus der späteren Untersuchung gegen ihn ergab, am 21. März aus Paris einen Brief, unterzeichnet von Herwegh als Präsident und von A. v. Barnstedt als Vicepräsident der Gesellschaft demokratischer Deutscher, in dem gesagt war, daß diese aus mehreren Tausend bestehende Gesellschaft sich militärisch organisirt und bewaffnet habe, um den Brüdern in Deutschland bei­zustehen. Die Deutschen in Lyon und London wür­den gemeinschaftlich losschlagen und die Polen mit- marschiren. Am 24. März werden die ersten 500 Mann abgehen und die Uebrigen bald Nachfolgen. Fikler möge sich mit ihnen in Verbindung setzen, über seinen Plan, seine Hilfsmittel und den zu erwartenden Widerstand berichten. Sie wollten dann gemeinschaft­lich handeln.

Um dieselbe Zeit kam an die badische, hessische und andere Regierungen die offizielle Nachricht und in den Zeitungen die Notiz, daß sich in Paris aus deutschen Arbeitern, denen sich sonstige Abenteurer an­schließen, eine sogenannte deutsche Legion bilde, um die deutsche Republik zu begründen.

Am 23. März Abends nach 9 Uhr zog ein eben angekommener Handwerksbursche durch die Straßen von Offenburg und rief, es seien Plünderer aus dem Elsaß in Lahr, wo man Sturm läute. Während die Menge sich noch ungläubig verhielt, sprengten 2 reitende Boten, worunter ein Grenzwächter, vor das Rathhaus mit der Nachricht, in dem 3 Stunden entfernten Frie­senheim sei ein Haufe von etwa 1500 Mann über den Rhein gebrochen.

Es wurde Alles allarmirt, die Bürger versam­melten sich bewaffnet vor dem Rathhaus und man be­ruhigte sich erst, als eine nach Lahr geschickte Lokomo­tive Nachts 12 Uhr die Nachricht zurückbrachte, daß Alles nur blinder Lärm sei.

Nach Pforzheim kam am 24. März Abends das Gerücht, die Franzosen sengen und brennen in Gerns­bach und haben schon das württembergische Dorf Lof­fenau pasfirt. Alles bewaffnete sich, 600 Mann wur­den mit Sensen versehen, Einzelne versahen sich mit Aexten, Heugabeln, Mandelreibern, Kuchenschaufeln, Krautstempfeln rc. Württemberg besaß damals an Eisenbahnen nur die Strecke Bietigheim-Süßen und Friedrichshafen-Ravensburg. Telegraphen waren noch keine im Betrieb.

Am 24. März berichteten die Anwälte vom Knie­bis an das K. Oberamt Freudenstadt, von allen Sei­ten laufe die zwar unverbürgte Nachricht ein, daß ein Haufe von 12 000 Franzosen im benachbarten Baden ziemlich weit vorgedrungen und raubend und brennend sich der Grenze nähere; es werde um Hilfe von Freu­denstadt und Baiersbronn gebeten, weil hier der ge­eignetste Platz sei, um mit einer geringeren Mann­schaft einen größeren Haufen ungeordnetes Raubgesindel aufzuhalten und zurückzutreiben. Hierauf rückten 70 Beivaffnete von Baiersbronn und einige Hundert meist mit Sensen bewaffnete Freudenstädter auf die Alexan­derschanze. Soweit sie jedoch gegen das Rheinthal hinabsehen konnten, nirgends bemerkten sie etwas Un­gewöhnliches. Der vorüberfahrende Postillon von Petersthal versicherte, daß alles blinder Lärm sei. Die Wacht auf dem Kniebis zog sich in's Dorf in denOchsen" zurück. Eine am 23. März in Freu­densladt abgehaltene Bürgerversammlung beschloß be­waffneten Widerstand, verlangte aber zugleich Ent­fernung des Oberamtmanns von seinem Posten.

Die Werke von Friedrichsthal stellten ihre 3 sonst zu Salutschüssen dienenden Böller an geeigneten Punkten zur Vertheidigung zurecht und bewaffneten ihre Arbeiter, etwa 80 Mann mit an Bohnenstangen gesteckten Bajonetten.

(Fortsetzung folgt.)

Allerlei.

(Schädlichkeit hartgesottener Eier.) Man hat mehrere Beispiele, daß hartgesottene Eier Genesenden den Tod brachten. Ein 18jähriges