Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

k

.N 115

-4

Erscheint wöchentlich 3mal und kostet halbjährlich hier (ohne Trägerlohn) 1 UL 60 -l, in dem Bezirk 2 außerhalb des Bezirks 2 UL 40

Donnerstag den 2. Mtolrer.

Jnsertionsgebiihr siir die lspaltige Zeile aus ge­wöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 9 -4, bei mehrmaliger je 6

1879.

Amtliche».

Nagold.

An die Ortsvorsteher. Bekanntmachung, ketr. das Inkrafttreten der Reichsstrafproxetz - Grdnnng »am 1. Fedrnar 1877, «nd das Gesell, detr. Aen- dernnge« des Kandespslireistrafgesetzes »om 27. Dexemder 1871 «nd das Uerfah- ren dei Grlajfnng polheilicher Straf-Uer- fnanngen vom 12. Angnst 1878, Reggdl. Ur. 21, vom 1. Oktober 1879 ad.

Die Ortsvorsteher werden darauf hingewiesen, das; die oben angeführten Gesetze mit dem 1. Okto­ber d. I. in Kraft treten.

Es ist hiebei besonders zu beachten, daß die Art. 4648 und 58 - 66 des Gesetzes vom 27. De­zember 1871 aufgehoben sind und an die Stelle der ersteren drei Artikel die Art. 2 5 des oben ange­führten Gesetzes vom 12. August 1879, Rggbl. S. 153, treten.

In diesen! Gesetz enthält:

Art. 9 die Anordnung künftiger Straf-Verfü- gungen, welche außer der Festsetzung der Strafe das angewendete Straf-Gesetz und die Bezeichnung der Beweismittel (Geständnis;, Zeugen rc.) enthalten müssen. 8- 453 der R.-Str.-Proz.-O.

Art. 10 die Fälle, in denen die Ortsvorsteher Straf-Verfügungen zu erlassen zuständig sind. Hiebei wird insbesondere darauf aufmerksam gemacht, daß künftig nur diejenigen Bettler von dem Ortsvorsteher bestraft werden dürfen, welche in der betreffenden Gemeinde wohnen; im klebrigen wird auf die. 127 und 128 der R.-Straf-Proz.-O. hingewiesen.

Art. 11 die künftige Strafbefugnis; der Orts­vorsteher. Die Gemeinderäthe haben keine Straf­gewalt mehr.

Art. 19 die Art der Eröffnung der Straf-Ver­fügungen.

Art. 20 die dem Gestraften zustehenden Rechts­mittel der einmaligen Beschwerde an das Oberamt oder des Antrags auf gerichtliche Entscheidung; be­züglich des letzteren wird auf 8- 454 der R.-Straf- Proz.-O. hingewiesen.

Ueber die Rechtsmittel ist der Gestrafte zu be­lehren; vgl. auch K. 453, Abs. 3. der R.-St.-P.-O. Der bisherige Recurs nach dem Gesetz vom 26. Juni 1821 hat somit-seine Geltung verloren.

Art. 22 die Bestimmung über die Zeit der Vollstreckbarkeit einer getroffenen Straf-Verfügung.

Art. 26, Abs. 3 und 6 solche über das Ver­fahren bei den am 1. Oktober d. I. anhängigen Un­tersuchungen, bei welchen ein Erkenntniß noch nicht oder schon gefällt ist.

Hienach haben sich die Ortsvorsteher genau zu achten. In Zweifelfällen sind die Akten mit Anfrage an das Oberamt einzusenden.

Den 29. September 1879.

K. O beramt. Güntner.

Bei dem Landgericht in Tübingen sind folgende Rechtsanwälte zngclassen: Vierer, Bohnenberger, Hof­meister, Kiese, Lammfromm, Wetzcl svn, Wetzet ja», in Tübingen; Baur, Göppingcr, Dr. Otto Hahn, Rei­cherter in Reutlingen; Klotz in Rottenburg: Palm, Um­fried in Calw; Weiß in Urach.

Tages-Nerrigkeiten.

Deutsches Reich.

r Zur Jubelfeier des Redakteurs unseres Amtsblattes. Eine hübsche Extra- Beilage der Nr. 113 desGesellschafters", von Freunden des Jubilars heransgegeben, leitete die Feier ein und lud auch zu derselben ein. In poeti­

scher Form wurde in derselben eine Darstellung ge­geben vom Namen und Sein, von; Wesen und Le­ben, vom Thun und Wirken und von den Verdien­sten des Mannes. Am letzten Samstag Abend gab Frau Zaiser zur Erinnerung an den vor 25 Jah­ren stättgehabten Geschäftsantritt ihres Faktors ein Familienfest, zu dein außer ihren Verwandten und der Familie des Jubilars auch einige Freunde des letzteren eingeladen waren. Auf eine schöne, edle Art und auf die liberalste Weife wurde die Treue und Berufstüchtigkeit Steinwandels von dessen Principalin und deren Familiengliedern durch kleberreichung werth- voller Geschenke anerkannt. Am Sonntag darauf gab eine Versammlung von circa 300 Festgcnossen in vier ineinandergehenden Localen derPost" hier kund, welcher Liebe und Verehrung der Gefeierte sich auch außerhalb seiner Osficin zu erfreuen hat. Den Bemühungen eines Schwagers vom Jubilar ist cs zu verdanken, daß im größten der erwähnten Locale zum hiesigen Liederkranz sich noch der Gesangverein von Friedrichsthal und ein Musikcorps von Baiers- bronn gesellte, deren Mitglieder, nachdem sie im Ver­lauf des Vormittags dem Jubilar ein Ständchen ge­bracht und dem Gottesdienst in der schönen Stadt­kirche angewohnt hatten, abwechselnd mit den hiesigen Sängern sich producirend zur Verschönerung der Feier- ungemein viel beigetragcn und allgemeinen Beifall gefunden haben. Mädchenschullehrer Gaus; von hier sprach in längerer Ausführung davon, wie Stein­wandel stets den Grundsatz befolgte: Liebe deinen Nächsten wie dich selbst! und schloß mit warmem Danke für das, was der Jubilar zum Besten des Nagolder Liederkranzes gethan. Fabrikant Sann- wald von hier gedachte der Verdienste, die sich der Gefeierte um den Gewerbe-Verein erworben und übergab demselben zwei werthvolle silberne Eß­löffel mit hübsch ausgeführterWidmung". Schul­lehrer Knieser von Altenstaig verstand es, die Vor­züge des Redakteurs desGesellschafters" zu nennen. Oberlehrer Bauder von hier brachte auf Frau und Familie Zaiser ein Hoch aus um der Liberalität willen, mit der sie ihrem Faktor begegneten. Prä­zeptor Junginger von Stuttgart versuchte, die ganze Persönlichkeit des Helden des Tages zu zeichnen, in­dem derselbe den Namen Steinwandel und dessen einzelne grammatikalische Theile und deren Etymologie und Onomatik verdolmetschte, auch etliche Episoden aus der Berufsthätigkeit Steinwandels zur allgemei­nen Heiterkeit der Zuhörer einstreute. Obcramtsbau- meister Schuster von hier schilderte in humoristischer Weise eine Scene zwischen den Abonnenten, der Her­ausgeberin und dem Factor desGesellschafters" aus dem Jahre 1866, welche zur größten Ergetzung der Anwesenden mit den Worten endigte:Alte Tanta, des muß i besser wiffa; verstanda!" Weiterer Spaß machte die Verleihung des nagelneuen, sehr kunstreich ausgcstattetenSelters - Wasser - Ordens" an den Jubilar von einernamenlosen" Gesellschaft. Sämmtliche Toaste wurden stets von einem kräftigen Tusch der trefflich geschulten Baiersbronner Kapelle begleitet. Handels-Gärtner Böhler hier hatte die zarte Aufmerksamkeit, den Tisch des Vorstandes des hies. Kranken-Unterstützuugsvereins mit einem kunstreich gebundenen Blumenbouquet von riesigen Dimensionen zu schmücken. So verlief die Feier in schönster Weise. Tief gerührt und eine solch allgemeine und herzliche Kundgebung der Freundschaft und Anerken­nung entfernt weder ahnend noch erwartend dankte Steinwandel wiederholt. Es war in der That eine Freude, zu sehen, wie dieser schlichte Faktor von allcit Seiten geliebt und geehrt wird; und war die

Feier ein rühmliches Zengniß für den Arbeiter und die Principalin, so ist sie eben damit auch kein Be­leg dafür, daß treue Arbeiter und wohlgesinnte Ar­beitgeber selbst in unserem social so aufgeregten Zeit­alter nicht ansgestorben sind.

Freudenstadt, 28. Sept. Se. Majestät der König hat bei seinem Besuche der Gewerbehalle die Ebenholzschatulle von Schreiner C. Bvkhmer um den Preis von 800 ^ angekauft. Messerschmid Heinzel- mann, W. F. jun., überreichte Sr. Majestät bei der Durchsicht seiner Fabrikate ein elegantes Taschen­messer, auf dessen Heft die Photographie von Ihrer Majestät der Königin angebracht ist, und das huld- vollst von Sr. Majestät entgegengenommen wurde. Der König lies; Heinzelmann die Summe von 30 ^ znstellen.

Freudenstadt, 28. Sept. Die Zeit unserer Gewerbeausstellnng wird bis 8. Okt. d. I. dauern (also verlängert), an welchem Tage zum Schluß der­selben die Verloosung der Lotterie stattfindet. Seit dem 25. ds. M. haben wir meist regnerisches, kaltes Wetter, die Temperatur sank bis zu 6° II. herab; trotzdem wird aber die Gewerbehalle stets von Frem­den besucht.

Stuttgart, 27. Sept. Wie wir aus zuver­lässiger Quelle vernehmen, ist die Angabe, das neue Juftizgcbäude seizu klein, unrichtig. DemAmts- gerichte wird in dem großen Gebäude neben dem Landgerichte und Oberlandesgericht der erforderliche Raum nicht mangeln. (N.-Ztg.)

Stuttgart. Am Samstag Abend hielt Dr. Bilfin- ger aus Hall im Aufträge des süddeutschen Vereins der Ve­getarianer einen Bortrag über den Vegetarianismus. Er zeigte zuerst, wie verachtet und verspottet diese Lehre noch allenthalben, namentlich von der Universitätswissenschaft sei, indeß sei dies mit allen neuen Lehren der Fall. Eine Lehre aber, die sich aus der Natur begründen lasse, sei wahr und richtig. Redner sucht nun zu beweisen, daß der Mensch von der Natur auf Pflanzenkost hingewiesen sei, durch die Bauart seines Gebisses, das dem des früchtesressendcn Orangoutang ähnlich sei, aber nichts gemein habe mit dem der fleischfressenden Raubthiere. Ferner weise der Instinkt des Menschen im Kinde schon auf Pflanzenkost, ebenso die Tradition der Bibel, wie auch die Mehrheit des Menschengeschlechts heut noch nur vegetabilische Kost kennt (so die Indier, Chinesen und viele südliche Völker). Der Mensch sei aus Noth aufs Fleischessen gekommen, und mehrfache Versuche beweisen, daß man von Obst allein schon leben könne. Redner führt als Beispiel Dr. Vogel an, der 44 Tage nur Acpfel, ohne jeden Schaden, und eine junge Dame, die durch Schönheit und imponirenden Wuchs ebenso wie in ihrem Studium der Medizin in Zürich sich auszcichnctc, nur von Brot und Obst lebte. Mit diesen naturgemäßen Be­weisen sei der Hanptbcweis sür den Vegetarianismus schon geliefert. Es lasse sich zudem viel gegen den Fleischgenuß ein-^ wenden, daß man auch hierdurch auf die vegetabilische Kost kommen müsse. Biele Krankheiten, besonders epidemische, kom­men vom Genüsse faulgewordenen oder von krankem Vieh stammenden, oder solchen Fleisches her, daS verbrauchte Stoffe schon zur Ausscheidung bereit hatte. Das Fleisch ist ein Reiz­mittel, es treibt Kinder zu überrascher Entwickelung', macht Gegenreizmittcl nöthig, namentlich Kochsalz, ohne das man be­stehe» könne, und verschulde durch die Ausscheidungen Nieren­krankheiten. Der Reiz zum Genuß von Spirituosen sei in erster Linie auf das Fleisch zurückzusührcn. Dem Einwande, daß man von der vegetabilischen Kost nicht bestehen könne, begegnete Redner mit einer ckeinonstratio ack oculos. Auf einem Tableau befanden sich die Photographien von etwa 30 Kindern, die nur vegetabilische Kost genießen und sehr kräftig und gesund erscheinen. Man bedürfe auch keiner großen Mengen zur Ernährung, das beweisen die Irländer und Alpenarbeitcr, die sehr kräftig sind, trotzdem sie nicht viel zu essen haben und sich nur von Pflanzenkost ernähren. Wie gesund dieselbe sein muß, beweisen auch die verschiedenen Knrmethoden, Trauben- und Milchkur w. Die Pflanzenkost erwärmt das Innere, doch er­hitzt sie nicht so wie das Fleisch, und cs sei zu wünschen, daß diese rationelle natürliche Kost recht weite Verbreitung finde.

Cannstatt, 29. Sept. In aller Frühe er­schoß sich heute ans dem Volksfestplatze ein «chrei- ncrmeister ans Cannstatt. Motive find unbekannt.

Brandfälle: Am 25. Septbr., Abends, in