„Du nicht »erstanden, als meine Glocke Dich „zum Abschied rief! — Jetzt ist's zu spät „— Lebwohl, Hilda! Ich will ringen und „arbeiten, damit ich werth bleibe, Dein Freund „zu heißen. Aber wenn ich mein Ziel erreicht habe, — Hilda, darf ich dann wie- „derkommen?..."
Mit thränennassen Augen sank Hilda neben Wendelins Raben in die Kniee:
„Wir beide wollen seiner warten," flüsterte sie und verbarg ihr erglühendes Gesicht im Gefieder des treuen Thieres.
— Die Zeit »erging. — Auch der letzte Lehrer hatte den Unterricht im Rathhause eingestellt, weil er dem klugen Bürgermeisterkinde nichts mehr zu lernen wußte, und andre Besucher erfüllten die alterthümli- chen Räume mit jugendlichem Leben. Denn der Ruf von Hilda's Schönheit und Anmuth wuchs mit jedem Jahr, und sie durfte unter den besten Freiern wählen. Der Bürgermeister strahlte in stolzem Vaterglück und sah, wie sich Hilda mit dem Anstand einer Fürstin unter ihren Verehrern bewegte. Dennoch erfüllte es seine Gattin Walpurga mit wachsendem Befremden, daß er ruhig zusah, wie Hilda Einem nach dem Andern zu verstehen gab, daß er auf Nichts zu hoffen habe. Im Gegentheil schien Leberecht ein besonderes Vergnügen daran zu finden, daß Hilda keinen der Freier auszeichnete, und so sehr Walpurga ihrer Tochter diese Freiheit gönnte, so sehr beunruhigte sie das Benehmen ihres Mannes, dessen Beweggründe sie mit stillem Kummer errieth.
Schon begann man auch im Städtchen seltsame Reden zu führen über die unbegreifliche Sprödigkeit der Prinzeß Rothhaar; und die allzeit lebendige Verleumdung zog immer engere Kreise um die Familie des Bürgermeisters, welcher der Hochmuthsteufel insge- sammt den Verstand verblendet habe, daß sie ihr Glück mit Füßen traten. Und als eines Tages auch der letzte und gewichtigste aller Herrensöhne sich unverrichteter Sache zurückziehen mußte, da wachten alle fast vergessene Gerüchte auf und traten immer deutlicher an's Licht. Einer versicherte dem Andern, daß Prinzeß Rothhaar nur auf ihren Prinz warte, dem der Vater sie bestimmt, weil er der Höchstgeborene im Lande sei; — ja, sie sei ihm sogar schon versprochen worden, als sie ihm vor Jahren den Kranz überreicht. Mau erinnerte sich, wie wohl Hilda dem jugendlichen Prinzen schon damals gefallen habe, und wartete nur noch auf den Tag, wo Hilda in die Königsstadt abgesandt werden würde, für welche ihre vornehme Erziehung berechnet war. Die Frage, ob der Prinz das Mädchen auch heirathen würde, beantwortete man sich mit bedenklichem Achselzucken und schadenfrohem Lächeln.
Dem Bürgermeister kam auch das gerade zu Ohren, denn Hunold versäumte keine Gelegenheit, seinen Vorgesetzten in seiner geschmeidigen Art davon zu unterrichten. Er war seit Jahren Leberechts rechte Hand und durfte sich mehr erlauben als jeder Andere, so wenig auch Mutter und Tochter ihm ihre Abneigung verhehlten.
Der Bürgermeister schäumte vor Zorn, und sein Ingrimm war um so tiefer, als in seiner engen, im Vorurtheil und Aberglauben befangenen Seele der kindische Glaube an die endliche Erfüllung der alten Prophezeihung unvertilgbar fortlebte und sich mit Hilda's aufblühender Schönheit nur noch befestigt hatte. Warum sollte das Lob dieser Schönheit, das so viele sangen, nicht bis zu den Ohren des Prinzen dringen und ihn daran erinnern, daß Hilda ihm keine Fremde war? Wäre es das erste Mal gewesen, daß Prinzen sich schöne Töchter aus dem Bürgerstande gefreit? — Darum billigte Leberecht das Verfahren seiner Tochter; denn es war ihm ein Beweis, daß sie selber die gleiche Hoffnung hegte, wenn er auch weder mit ihr noch mit der Mutter davon redete.
Der Schreiber hatte längst diese Pläne seines Vorgesetzten durchschaut, aber es lag in seinem eigenen Interesse, ihn darin zu bestärken. Je mehr Leberecht sich auf diese Weise dem Städtchen und seinen Bewohnern entfremdete, um so unersetzlicher mußte sein gewandter Schreiber ihm werden, und wenn dann der Tag kam, an welchem Leberechts Luftschloß vor ihm zusammensank, war Hunold der Einzige, der ihm zur Seite staud. Wendelin glaubte den Schreiber kaum noch fürchten zu müssen. Jahre waren seit dessen Abwesenheit verflossen, und nach dem Tode seines Vaters war des Jünglings im Städtchen wie verschollen.
Denn der alte Thürmer war todt. Eines Mor
gens, als die Glocke von St. Annen länger schwieg als gewöhnlich, war man in den Thurm hinaufgestiegen. Dort saß der Thürmer bleich und kalt, und die Morgensonne wob ihr Silbernetz um das gesenkte Haupt des Tobten.
Hilda war bei dieser Nachricht zum ersten Male ungehorsam gewesen, in den Thurm geeilt, unbekümmert um das Mißfallen des Vaters und die Angst der Mutter.
Stundenlang war sic obengeblieben; als sie dann wieder unten erschien, waren ihre Augen verweint, aber ihr Gesicht hatte einen solchen Ausdruck von Schmerz und Entschlossenheit; daß selbst der Vater vorzog, sie mit seinein Tadel zu verschonen. Auch schien er es später nicht zu bemerken, daß Hilda den Hügel des Alten, den man neben seine Frau gebettet, unter ihre besondere Pflege nahm . . . Prinzeß Rothhaar hatte eben ihre Launen wie jede andere Prinzessin.
Die Mutter des Bürgermeisterkindes jedoch wußte lange, woher diese Launen rührten. Walpurga war alt und schwach geworden vor der Zeit, und je mehr sie zu leiden hatte unter den wechselnden Stimmungen des Gatten, desto inniger klammerte ihr sinkendes Leben sich an die frische Jugend ihres einzigen Töchter- chens. Lange schon war jede Schranke zwischen Mutter und Kind gefallen, und oft kniete Hilda zu den Füßen Walpurga's, um mit dem ganzen Ungestüm eines jungen reinen Herzens ihren Kummer vor ihr auszuweinen. Dann legte Walpurga ihre Durchsichtige Hand wie betend auf das leuchtende Haar der Tochter, und bange Sorge beschattete ihre müden leidenden Züge . . .
Da fiel wie ein zürnender Blitz eine Botschaft in das Städtchen, unter deren unerwartetem Schlage
der Bürgermeister fast zusammenbrach.
Der Prinz, der einzige Sohn des Landesherru, wollte sich vermählen mit der Tochter eines benachbarten mächtigen Monarchen. ....
Wie .ein Lauffeuer verbreitete sich die Kunde bis in die entlegensten Häuser des kleinen Städtchens, und Neugierige und schadenfrohe eilten in Menge auf das Rathhaus, um nach der Wahrheit des Gerüchtes zu fragen.
Wie gelähmt lag der Bürgermeister in seinem Sorgenstuhl und Hunold stand vor ihm und hielt ein großes Blatt in den Händen, dessen Inhalt er soeben unzählige Male dem Stadtoberhaupt vorgetragen hatte. Es war aus der Königsstadt gekommen und enthielt die Anzeige von der bevorstehenden Vermählung des Prinzen, mit dem Auftrag, das Fest am bestimmten Tage im ganzen Städtchen auf das Feierlichste mitzubegehen.
„Und ich als Bürgermeister muß die Rede halten und das Brautpaar hoch leben lassen!" wehklagte Leberecht mit kaltem Schweiß auf der Stiru. „Hunold, das kann ich nicht, das ist mein Tod."
In den farblosen Augen des Schreibers spielte ein boshafter Schimmer:
„So meldet Euch krank, rieth er achselzuckend, „und gebt Euch dem Spott der gesummten Bürgerschaft preis; es wäre ein langersehntes Schauspiel für sie."
„Ihr habt Recht, ich weiß es, Ihr habt ja immer Recht," stöhnte der Bürgermeister mit gerungenen Händen, „aber die Schande überleb ich nicht! Und Hilda, was soll aus meiner unglücklichen Tochter werden?"
„Die Jungfer Hilda muß sich eben zu trösten suchen; mir scheint ohnedies, ihr Herz hing nicht an dem Prinzen — freilich wenn man es als Kind schon verschenkt," setzte er lauernd hinzu.
„Was soll das heißen!" brauste Leberecht auf.
„Weßwegen habt Ihr den Thürmersohn damals aus der Stadt schaffen lassen?" fragte Hunold statt aller Antwort.
„Wahrt Eure Zunge!" schrie der Bürgermeister aufgebracht, meine Tochter denkt nicht an den hergelaufenen Burschen .... ich wollte es ihr auch geraden haben," setzte er mit der Hand auf den Tisch schlagend hinzu.
„Das ist etwas Anderes," meinte der Schreiber uneingeschüchtert, „mich sollte es freuen, denn wenn auch der Prinz für Jungfer Hilda verloren, so könnte es doch ein Anderer sein . ."
„So! Und wer däuchte Euch gut genug für meine Tochter?" fragte Leberecht höhnisch.
Der Schreiber trat einen Schritt näher und beugte sich zu dem Bürgermeister hinab.
„Hört, Gestrengen," sagte er mit gedämpfter
Stimme, „ganz ohne Hohn und Spott werdet Ihr bei dieser Geschichte kaum wegkommen, Ihr habt Euch zu viele Herrensöhne zu Feinden gemacht. Aber es gäbe ein Mittel, die bösen Zungen zum Schweigen zu bringen..."
„Mir ist Alles recht, was mir aus der Noty hilft, was soll ich thun?" drängte Leberecht.
„Ihr müßt Eure Tochter so rasch als möglich verloben, dann schweigen die Leute von selber."
„Aber mit wem? Die Freier sind alle heimgeschickt und werden jetzt gewiß nicht wiederkommeu!"
„Ich glaub's auch," lachte der Schreiber auf. „Ich wüßte dennoch Einen," setzte er ernst hinzu, „der weder Hohn noch Spott scheuen würde, wenn die Jungfer Hilda ihn nehmen wollte."
„Und das wäre?" fragte Leberecht mißtrauisch.
„Ich selber," entgegnete Hunold kurz.
Mit einem Ruck fuhr der Bürgermeister empor. _(Fortsetzung folgt.)_
Wie tief soll der Samen unserer Getreidearten untergebracht werden?
(Schluß.)
Aus angestellten Versuchen, die vor mehreren Jahren in der Weise vorgenommen wurden, daß man an einem 3. Sept. in kräftige Ackererde Samenkörner von 1—7 Zoll tief legte, ergaben sich folgende Resultate: Die 1 Zoll liegenden Körner hatten sich alle vom 8.—10. Sept. entwickelt; bei dem 2Zoll tiefliegenden hörte die Entwicklung am 11. Sept. auf; es hatten hier von 10 Körnern 20 nicht gekeimt. Bei den 3 Zoll tief gelegten hatten von 100 Körnern am 24. Sept nur 55 die Erde durchbrochen und bei Beendigung des Versuches fanden sich noch 33, die zwar gekeimt aber die Erdoberfläche nicht erreicht hatten, also nicht zum Aufgehen gekommen waren. Von den in 4 Zoll Tiefe liegenden waren von 100 uur 40 Körner aufgegangen, während 60 zwar gekeimt hatten, aber nicht aus der Erde herausgekommen waren. Bei 5 Zoll Tiefe war es fast ebenso wie bei 5 Zoll. Die 6 und 7 Zoll tief gelegten Körner waren sämtlich nicht zum Aufgehen gelangt.
Wenn sich aus dem angeführten nun ergibt, daß für die rasche und kräftige Entwickelung der jungen Pflanze eine möglichst flache Erdbedeckung vortheilhaft ist, so ist letztere auch noch ein wesentliches Abhilfsmittel gegen das Auswintern der Saaten.
Wir haben vorhin gesehen, daß das Samenkorn wenn es in einer größeren Tiefe (vielleicht etwa 7—8 om. oder ca. 3 Zoll tief) liegt, und den Wurzelkeim getrieben hat, dann den Graskeim nach oben sendet, an welchem sich, sobald er in den Bereich von Luft und Licht kommt, der Wurzelknoten bildet, aus dem sich Halme und Wurzeln entwickeln. Ist dieses Mittelglied zwischen Samenkorn und Wurzelknoten nun lang, wie es nothwendigerweise bei tiefer Lage des Saatkorns sein wird, und treten abwechselnd strenger Frost und Thauwetter ein, welche den Erdboden zusammenziehen und ausdehnen, so zerreißt dieses Mittelglied, welches der Bewegung des gefrierenden und aufthauenden Ackers nicht folgen kann, und die an dem oberen Wurzelknoten gebildete Be- wurzelung, wenn sie noch nicht kräftig genug ist, reicht nicht hin, um die Pflanze zu ernähren. Die geringsten ungünstigen Witterungsverhältnisse tödtcn dann die Pflanze. Also auch das Auswintern kann, wenn auch nicht immer, doch häufig von zu tiefer Lage des Saatkornes herrühren.
Nun könnte Mancher vielleicht fragen, wie er es möglich machen soll, daß die Samenkörner alle nur mit ca. 1 Zoll Erde und nicht mehr bedeckt werden sollen. Solchem Fragesteller antworten wir, daß das genau auszuführen im großen Ganzen unmöglich ist, daß sich aber jeder Landwirth befleißigen soll, diesem Ziele möglichst nahe zn kommen. Am vollkommensten wird man eine gleichmäßige, vorher zu bestimmende Tiefe mit der Drillmaschine erreichen; demnächst aber kommt man diesem Ziele dadurch nahe, daß man die Saatfurche gut ablagern läßt und dann vor dem Säen den Acker so klar eggt, daß keine großen Schollen und Vertiefungen bleiben, unter und in welche die Samenkörner fallen können. Nach geschehener Aussaat darf dann nicht zuviel geegt werden. Die Anwendung der Ringelwalzc wird auch hier gute Dienste thun._
— (Kricgsjahrc.) A.: „Wie, der Herr von Maser feiert , schon seine goldene Hochzeit? Nicht möglich! der Herr ist ja erst 25 Jahre vcrheirathct!" B.: „Das Hab' ich ihm auch bemerkt. Er behauptet aber, in der Ehe zählen Kriegsjahrc auch doppelt."