in geschäftlichen Angelegenheiten sein Vertrauen zu besitzen scheint, in offenem Wagen in sein Palais.

Eine gar wunderliche Form hat in manchen Köpfen der Kulturkampf angenommen, seitdem der Kultusminister Falk seinen Posten verlassen. Wenn wir selbst nun auch nicht glauben wollen, daß die deutsche Kirchenpolitik einen Rückschlag erlitten hat, so ist es auch nicht gerade einleuchtend, daß es eine gesunde Tactik sei, vor errungenem Siege einen be­währten Streiter und Führer zu verabschieden - und als ein solcher hat sich Dr. Falk viele Jahre hindurch unbestritten bewährt.

Die deutschen Wollenwaarcn Fabrikanten werden imDeutschen Wollen-Gewerbe" zu einer am 12. und 13. Okt. in Grünberg i. Schl, tagen­den Versammlung eingeladen. Unter andern nächti­gen und brennenden Fachfragen steht auch die für 1880 geplanteGroße allgemeine Ausstellung der deutschen Wolleniudustrie und deren Neben- und Bedarfsbranchen" auf der Tagesordnung. Voraus­sichtlich wird diese Versammlung stark besucht werden.

Aus Lantenburg in Westpreußcn wird berichtet: Der Schuhmacher C., ein wohlhabender Mann, hatte vor einiger Zeit sein Dienstmädchen im Verdacht, ihm 30 Thaler gestohlen zu haben. Da das Mädchen die That nicht eingestehen wollte, legte C. ihr in die Achselhöhle unter jeden Arm ein siedend heißes Ei und band ihr die Arme an den Körper so, daß die Eier in den Achselhöhlen fest liegen bleiben mußten. In Folge der Schmerzen gestand die Unglückliche den Diebstahl und wurde verhaftet. Im Gefäugniß klagte sie über die ihr durch die Brandwunden ver­ursachten Schmerzen. Die Sache wurde untersucht und gegen C. Anklage erhoben. In erster Instanz wurde er wegen Peinigung zu zwei Jahren Gefäng- uiß verurtheilt, das AppellationSgcricht legte ihm noch ein Jahr zu, und die Nichtigkeitsbeschwerde, welche er jetzt eingereicht hat, wird das Erkenntlich wohl nicht ändern.

Straßburg, 27. Sept. Der Oberpräsidcnt v. Möller bringt folgendes kaiserliche Handschreiben zur öffentliche« Kenntlich: Die Eindrücke meiner dies­maligen Anwesenheit in Elsaß-Lothringen haben mir zu meiner lebhaften Genugthuung und Freude bestä­tigt, daß der innere Wiederanschlnß dieses Landes an das deutsche Vaterland in erfreulichem Fortschritt begriffen ist. Es ist mir und der Kaiserin und Kö­nigin, meiner Gemahlin, überall ein Empfang berei­tet worden, welcher unsere Erwartungen weit über­troffen hat, und welcher durch die sichtbare weitere Betheiligung in sehr wohlthuender Weise Zeugniß von der freudigen Bewegung der Bevölkerung ab­legte. Ich ersuche Sie, meinen Dank zur allgenieinen Kenntlich zu bringen, dem ich gern auch den Ausdruck meiner Befriedigung für die allgemeine entgegenkom­mende und gute Aufnahme der Truppen während der Uebungen hinzufüge. Ich verlasse Elsaß-Loth­ringen heute mit dem Wunsche für das fernere Ge­deihen dieses schönen Landes und mit der erhöhten Zuversicht, daß einsichtsvolles Streben der Regie­rung und wachsendes Vertrauen der Bevölkerung Beide bald mit einem festen Bande vereinigen wer­den. Metz, 26. Sept. 1879. tGcz.t Wilhelm.

Metz, 26. Sept. Der Kaiser ist gestern 5 Uhr Nachm, von dem Besuch der Schlachtfelder zu­rückgekehrt, allenthalben festlich empfangen. Heute Vorm. 9V4 Uhr ist der Kaiser unter Hochrufen des Publikums über Straßburg nach Baden abgereist.

(Feuer im Eisenbahnzuge.j Am Montag, schreibt die N. Müll). Z., erlitt eine Fahrt nach Straßburg zum Kaiserfeste eine aufregende Unter­brechung. Kurz vor Wittelsheim ertönte aus einem Waggon händeringendes Zetergeschrei. Zugleich hörte man das Zersplittern der Glasscheiben. Man sah Menschen hilfcflehend die Arme hinausstrecken, und als nun gar die herzzerreißenden Rufe:Hilfe! Feuer! Feuer!" ertönten, so pflanzte sich das Geschrei durch alle Wagen orooooncko fort, bis zuletzt selbst die Lokomotive ein menschliches Rühren empfand und bremste. Kaum hielt der Zug, so stürzten aus dem betreffenden Wagen wie aus der Pistole geschossen ein Duzend Bauernfrauen, alle außer sich vor Schreck und Todesangst. Die Beamten, die Passagiere lau­fen, um zu löschen und zu retten, was noch zu ret­ten ist. Als sie aber endlich vor den sich flüchtenden Passagieren in den Waggon eindringen können, ist auch nicht eine Spur von Rauch oder Feuer in dem­selben zu sehen es war der reine panische Schre­cken gewesen. Ob eine weggeworfenc Cigarre, ein

Funke aus einer Thonpfeife Veranlassung gegeben, daß vielleicht nachträglich eine der Landdamen an ihren Kleidern einen Brandfleck vorfindet, ließ sich nicht feststellen. Lachend und spottend stieg alles wieder ein. Allein an der nächsten Station konnten die Bauernfrauen die Entdeckung machen, daß es doch ein Schadenfeuer gewesen; sie hatten das Ver­gnügen, die in ihrer llebereilung zertrümmerten Waggvnfenster mit ca. 16 vE zu ersetzen. Sie wer­den so leicht nicht wieder Feuer fangen!

Frankreich.

Die französischen Blätter, welche massenhaf ihre Korrespondenten nach Straßburg gesandt ha­ben, um ihren Landsleuten über die Aufnahme des Kaisers in Elsaß-Lothringen zu berichten, bemühen sich natürlich, diesen Empfang so darzustellen, daß das Selbstgefühl der Franzosen möglichst wenig ver­letzt, ihrer Hoffnung auf Wiedergewinnung des Lan­des nach Möglichkeit geschmeichelt werde. Ein Pa­riser Blatt aber, der Figaro, bringt einen Bericht, der, indem er die herzliche Aufnahme des Kaisers offen eingesteht, alle jene Bemühungen durchkreuzt und zugleich die beste Bestätigung der Festberichte aus deutschen Federn ist; das Pariser Blatt erzählt nämlich über den Einzug des Monarchen:Der Kaiser ist ganz von Blumen überschüttet. Sein Haupt ist hochgehoben, sein Blick würdig und doch freund­lich. Sein lächelndes und heiteres Antlitz ist von einer überraschenden Jugendlichkeit. Der Kaiser, 1797 geboren, scheint, flüchtig gesehen, höchstens 65 Jahre zu zählen." Der Bericht schließt mit den Worten: Alles in Allem, cs ist ein wahres Fest! Und wir befinden uns in Straßburg!" Die Leser des Figaro werden (so bemerkt zutreffend der Hmmov. Kur.) dem Berichterstatter nachempfinden, was er mit die­semUnd wir befinden uns in Straßburg!" sagen wollte.

Spanien.

In Madrid ist kürzlich der Thierbändiger Ka­ro ly während einer Produktion von einer Boa Oon- striotoi- erdrückt worden. Er hatte die gelehrige Schlange wie gewöhnlich um seinen Leib sich winden lassen, als sic plötzlich ihre Ringe enger zog. Karoly stieß einen heißeren Schrei aus, mehrere Zuschauer applaudirten, in der Meinung, cs handle sich um eine neue Schaustellung, aber der unglückliche Thier­bändiger war binnen wenigen Augenblicken zerdrückt, lieber eine Stunde hielt die Schlange, der sich Nie­mand zu nähern wagte, den Leichnam umschlungen; endlich wurde eine Schaale Milch in ihren Käfig gestellt, worauf sic sich langsam von dein Leichnam abwickelte und in den Käfig kroch.

England.

London. Eine der größten, vielleicht die größte aller Bienenzüchtcreien der Welt befindet sich bei dem Dorfe Beeton in Canada. Sic besteht aus vier getrennten Einfriedigungen, deren jede un­gefähr einen Morgen Landes groß ist. In ihnen hat der Eigenthümer, ein Herr Jones, zusammen 620 Ltöcke, deren jeder ungefähr 80000 Bienen enthält. Während die Bienenzüchter fast überall in Europa in diesem Jahre über ein schlechtes Erträg­nis; klagen, hatte der genannte Züchter schon Ende Juli 50000 Pfd. Honig eingeheimst und hofft, daß das Erträgnis; seiner 90 Millionen kleiner Arbeiter sich am Ende des Jahres auf 70 000 Pfund bezif­fern wird. Den Reinertrag schätzt er auf 710 000 Dollars, nicht eingerechnet den Verkauf von Schwär­men und deren Königinnen.

Der Major Cavagnari, der an der Spitze der in Kabul ermordeten englischen Gesandtschaft stand, soll einer ans London stammenden Correspondenz desPester Lloyd" zufolge ein natürlicher Sohn Napoleons III. gewesen sein. Der spätere Kaiser habe, als er noch als Prinz in London lebte, mit einer Jrländerin Kavanuah in vertrantem Verkehr gestanden, und der ans dieser Verbindung entspros­sene Sohn habe den Namen der Mutter in italieni­scher Ilmmodelung erhalten. Als Beweis wird an­geführt, daß der genannte Major die Vornamen Louis Napoleon trage, und daß in seinen Gesichts­zügen eine große Aehnlichkeit mit den Angehörigen der napoleonischen Familie hcrvortrete, wie das in derJllustrated London News" erschienene Porträt Cavagnaris leicht erkennen lasse.

Schweden und Norwegen.

In Norwegen besteht eine für die dortige Armee und die eigenthümlichen Naturverhältniffe des Landes charakteristische Truppe das Schlittschuhläufer-

Korps. Es ist dies eine sehr gut ausgebildete Schützentruppe, welche auf den Eis- und Schneeflächen des Gebirges und der Wasserläufe mit nicht geringerer Schnelligkeit manöverirt, als anderwärts die bestaus- gebildete Reiterei. Dies eigenthümliche Korps besteht aus 5 Kompagnien des stehenden Heeres, deren jede 110 Mann stark ist. Bei ausbrechendem Kriege können diese Kompagnien durch 270 Landwehrleute verstärkt werden.

Rußland.

Die russischen Zeitungen können ihren Aerger über Bismarcks Reise nach Wien nur schlecht ver­hehlen. DiePetersb. Ztg." rühmt den Fürsten Gortschakoff, daß er abgelehnt habe (!), an den Wie­ner Unterredungen zwischen den beidenunaufrichti­gen" Staatsmännern Bismarck und Andrassh theil- zunehmen, da dieselben doch nur die Annexion Deutsch- Oesterreichs an Deutschland zur Folge haben würden. Die französische Presse tröstet sich über diese Bespra­ch ungen durch die Annahme, daß dieselben gegen Rußland, nicht gegen Frankreich gerichtet seien.

In St. Petersburger Kreisen scheint man jetzt bereuen zu wollen, Frankreich 1870/71 im Stich ge­lassen zu haben. Sonst war man in Rußland ein eifriger Gönner Frankreichs und französischer Sitten gewesen, als sie sich 1870 zu ihrem Vortheile plötzlich verleiten ließen,den Deutschen Straßburg und Metz zu gönnen, damit Letztere ihnen den Weg nach Kon- stantinvpcl frei geben". In Petersburger Hofsphären kam zu dieser Erwägung noch eine andere: die warme und aufrichtige Dankbarkeit, welche der zum mächtigsten Fürsten Europas gewordene Sieger von Metz und Sedan und der berühmteste Staatsmann der Zeit trotz aller Rußland geleisteten Gegendienste dem Czaren spendete, that dem russ. Selbstgefühl außer­ordentlich wohl und wiegte dasselbe in den Wahn, es könne trotz der veränderten Verhältnisse am Ende dabei bleiben, daß (wie Herr v. Gerlach einstmal gesagt hatte)jeder Preuße den Kaiser von Rußland wie seinen leiblichen Vater verehre." Man muß dem gntmüthigen Deutschen denn doch eine allzu starke Portion Harmlosigkeit zugetraut haben, um sich eine derartige russ. Vaterfrenndlichkeit gefallen zu lassen. Hätte Deutschland sich auf solch' gutmüthige Art über den Löffel barbieren lassen, wäre es im Schlepp­taue Rußlands mit diesem durch Dick und Dünn ge­gangen, so würde cS alsbald an das russ. Staats- schiff unzertrennbar fcstgefchmiedet worden sein, dem österreichischen Lande feindlich gegenüber stehen und überhaupt außer Rußland das gesammte Europa zu seinem Feinde zu rechnen haben.

Amerika.

New-Jork, 27. Sept. Eine große Feucrs- brunst in Deadwood zerstörte 175 Häuser; 2000 Personen w urden obdachlos. _

Irinzch Uothljaar.

Erzählung von Max v. Schlaegel.

(Fortsetzung.)

Grüß Gott, Hilda!" krächzte der Rabe und sah sie init leidenden Augen an.

Schnapp!" schrie das junge Mädchen auf und eine tiefe Bläffe entfärbte ihr zartes Gesicht.Der Feigling!" murmelte sie mit bebenden Lippen, wäh­rend ihr verächtlicher Blick das Fenster des Schreibers streifte. Dann bettete sie das verwundete Thier vor­sichtig in ihren Arm. Schwere dunkle Blutstropfen rannen von dem glänzenden Gefieder auf ihr Kleid, und der eine Flügel hing kraftlos herab. Mit lieb­kosenden Worten trug Hilda den Vogel hinauf in ihr Zimmer; dort prüfte sie seine Verwundung. Dieselbe war nicht tödtlich aber ein Flügel war zerschmettert, und mit den Streifzügen des armen Thieres war es wohl für immer vorbei.

Behutsam wusch Hilda die Wunde des Vogels, da streiften die Finger eswas Hartes, um mit einem leichten Schrei zog sie ein zusaminengerolltes Perga­mentblatt unter seinen Federn hervor. Hastig entfal­tete sie es.

Bon Wendelin," flüsterte sie in freudigem Schreck. Aber kaum vermochte sie die verblaßten Zeilen zu entziffern, so schwirrten die Buchstaben von ihren Augen untereinander. Endlich las sie:

Hilda, man schickt mich fort von hier und erlaubt mir nicht einmal, Abschied von Dir zu nehmen! Ich soll in die Welt hinaus, um dort mein Glück zu suchen, und weiß doch seit heute, daß ich nur in Deiner Nähe noch glücklich sein kann... Mein Herz will brechen vor Weh... oh, warum hast