Befragt, warum er gerade das kronprinzliche Palais zu feinem Bubenstreiche auserwählt habe, äußerte er, daß er bei Ausübung dieser That an einem Privat­gebäude blos durchgebläut und dann entlassen worden wäre. Seinem Wunsche wurde auf 3 Monate ent­sprochen.

Berlin, 9. Sept. Ein militärischer Korrespon­dent des Tageblattes telegraphirt aus Königsberg: Auf dem Studenten-Commers sprach der Kronprinz auch über Politik sehr sreimüthig. Er äußerte u. A.: Der ganze Skandal mit Rußland seiUnsinn." Russische Offiziere, die den Manövern beiwohnen, äußerten sich ebenfalls gegegen mich sehr friedfertig. Major Liegnitz von der deutschen Botschaft in Peters­burg ermächtigt mich, zu erklären, die Geschichte, welche von ihm durch diePresse" läuft, sei eine infame" Erfindung von Wiener Blättern. Es seien ihm Orden und Werthsachen gestohlen, aber keine Papiere: denn so fügt er hinzu, Dokumente beher­berge er nicht in seiner Behausung. Dieses Dementi bezieht sich auf die von der WienerPresse" gebrachte Mittheilung, daß der deutsch-russische Preiskrieg haupt­sächlich darauf zurückzuführcu sei, daß dem deutschen Militärattaches in Petersburg, Major Liegnitz, jüngst politisch compromittircnde Documentc gestohlen wor­den seien, die dann der russischen Regierung in die Hände kamen. Die Nachricht von Major Ca- vagnari's Ermordung kam Montag früh in Königs­berg an. Auf jdie Bemerkung eines fremden Offi­ziers, daß England Afghanistan wohl annectircn werde, meinte der russische Militärbevollmächtigte in Berlin, daß Rußland sein Veto einlegen würde.

Man schreibt derKöln. Ztg." aus Berlin: lieber die Kaiserbegegnung in Alcxandrowo bewahrt man tiefes Stillschweigen. Man wünscht, daß in dem bedeutsamen Akte nur der private Ausdruck freund­schaftlicher Gesinnung zwischen den beiden Monarchen gesehen werde. Inzwischen ist cs zweifellos geworden, daß Fürst Bismarck von dem Vorgang Keuntniß hatte. Es heißt, der Reichskanzler habe den Rath ertheilt, cs möge die Begrüßung der Souveräne ei­nen Charakter tragen, welcher die Voraussetzung eminent politischer Konsequenzen von vornherein aus- schließcn müßte. Trotzdem beharrt die politische Welt dabei, der Kaiserzusammeukuuft in dem polnischen Grenzstädtchcn eine wesentlich politische Grundlage beizumesseu."

Die Prophezeiung der Schutzzöllner, daß aus­ländische Produzenten oder deutsche Zwischenhändler die neuen Zölle ganz oder theilweise bezahlen wür­den, ist bislang bekanntlich nvch in keiner Weise in Erfüllung gegangen. Jetzt scheint man das auch in Regierungskreisen einzusehen, ebenso wie man sich allmälig liberzeugt hat, daß die Versprechungen we­gen Verringerung der direkten Stenern und Entla­stung der ärmeren Klassen von denselben sich in ab­sehbarer Zeit nicht erfüllen werden. Die neueste halbamtlicheProv.-Corresp." bequemt sich dazu, aus einer Besprechung, welche scheinbar jetzt erst angestellt worden ist, die Preissteigerungen, welche sich mögli­cherweise durch die im reformirten Zolltarif neu auf­gelegten oder erhöhten Zollsätze begründen lassen können," zu besprechen. Sie erkennt an, daß in Folge der Einführung eines Zolles auf ausgeschlachtetes Fleisch eine Preissteigerung von 4,5 Pfg. für das Pfund gerechtfertigt sei,was aber keineswegs die entsprechende Steigerung des inländischen Marktpreises bedeutet, da es sich bei dem Zoll nur um von jen­seits der Grenze eingeführte frische Fleisch handelt." DieProv.-Corresp." will nicht einsehen, daß die Verthenerung der fremden Zufuhren stets eine Er­höhung der Preise der inländischen Consumentcn mindestens um denselben Betrag im Gefolge haben muß. Im Weitern wird berechnet, daß die gerecht­fertigte Preissteigerung aus Kaffee 2,5 Pfg., auf unbearbeitete Tabakblätter und Stengel 30,5 Pfg., aus Cigarren und Cigarreten 75 Pfg., auf Schnupf­tabak 30 Pfg., auf fabricirten Tabak 57 Pfg., aus Thee 26 Pfg., auf Petroleum 3 Pfg., auf Reis 0,5 Pfg., alles für das Pfund, betrage. Die Leser der Prov.-Corresp." finden hier plötzlich alles das an­erkannt, was ihnen früher dieRevolutionäre" ge­sagt haben.

Ratzeburg, 4. Sept. Die hiesigen Dienst­mädchen hatten, wie dieAllg. Landesztg." ganz ernst meldet, in einem weisen Rath beschlossen, den Kommandeur der hier bisher einquartirten hanseati­schen Truppen zu ersuchen, doch wenigstens die Sol­daten noch am Sedantage da zu lassen, um noch

einmal ordentlichtanzen" zu können. Es wurde die resoluteste der Küchen-Kommandantinnen erwählt und mit der Botschaft betraut. Der betreffende Offizier empfing das Mädchen in freundlichster Weise, mußte jedoch die Bitte abschlagen, da natürlich die Manöver- Dispositionen keine Aenderung zuließen.

OesterreichUngarn.

In Wien suchtein junger und hübscher Mann eine stelle als Schwiegersohn in einem wohlhabenden und ru­higen Hause.

Pest, 2. Sept. Wie derBudap. C." aus Szegedin berichtet wird, sind die Schätzungen der Schäden fast vollständig beendigt und das Resultat beträgt insgesammt 11,200,000 fl. Nach Hinzu­rechnung der noch restlichen wenigen Schätzungen dürfte sich der Gesammtschaden auf höchstens 12 Mil­lionen Gulden belaufen.

Italien.

Neapel, 2. Sept. Gestern erlebten wir ein Schauspiel, wie es wohl nur im Oriente zuweilen Vorkommen mag. Aus dem Palaste, den der Ex- Khedive sich hier gemiethet hat, sah man nämlich 10 Frauen sich in's Meer stürzen und schwimmend die Flucht ergreifen. Alsbald wurden sie aber von den Eunuchen verfolgt, eingeholt und in die Sklaverei zurückgeführt.

England.

London, 6. Sept. DasReuter'sche Bureau" meldet aus Simla von heute: Die englische Bot­schaft in Kabul wurde am 3. d. M. von insur- girten afghanischen Regimentern, welche ihren rückständigen Sold forderten, angegriffen. Die Angreifer wurden von dem Pöbel der Stadt unter­stützt. Der Emir suchte den Aufruhr zu beschwich­tigen und sandte seine Söhne und mehrere andere Persönlichkeiten an die Anführer ab. Der Haufe war aber den Vorstellungen derselben unzugänglich und der Emir selber wurde von den Insurgenten belagert. Der Angriff auf die englische Botschaft dauerte den ganzen Mittwoch über an. Am Abend dieses Tages brach zudem eine Feuersbrunst aus. Das Schicksal des Majors Cavagnari selbst sowie der übrigen zur Botschaft gehörigen Personen ist bis jetzt unbekannt. Es sind Befehle an die britischen Truppen gegeben worden, sofort nach Kabul zu marschiren und es findet eine allgemeine Konzentration der Truppen gegen das afghanische Gebiet statt.

London, 8. Septbr. Lady Cavagnari in Edinburg empfing gestern Abend ein Telegramm des Vicekönigs von Indien, welches meldet, ihr Gatte, Sekretär Jenkins, Doktor Velly, Lieutenant Hamil­ton und die ganze aus 67 Manu bestehende Eskorte in Kabul seien nach verzweifelter Gegenwehr von den Aufständischen getödtet worden.

London, 8. Sept. Sämtliche Journale ver­langen schleunige strenge Ahndung des Vorganges in Kabul. DieTimes" führt aus, Re Vorfälle schaffen keineswegs eine neue Situation, dieselben liefern kein einziges neues Argument für die Annexion Afghani­stans. England werde die Politik, welche den Bei­fall der öffentlichen Meinung gefunden habe, festhalten. Rußland.

Inden russischen diplomatischen Kreisen ist man jetzt eifrig daran, Mittel und Wege zu finden, den Fürsten Gortschakoff mit dem Fürsten Bis­marck zu versöhnen oder wenigstens eine Zusammen­kunft zwischen den beiden Kanzlern zu Stande zu bringen. Diese letztere Eventualität ist, wie dasDeutsche Montagsbl." wissen will, auch in der Umgebung der beiden Monarchen während der jüngsten Zusammen­kunft in Alcxandrowo vielfach besprochen und die event. Möglichkeit einer Kanzler-Begegnung hervor­gehoben worden, welche erst der Kaiser-Entervue den richtigen Mlchluß verleihen und auch die öffentliche Meinung der beiden Nachbarstaaten ein- für allemal beruhigen würde.

Türkei.

Konstantinopel, 7. Sept. Der Minister des Auswärtigen, Savfet Pascha, erklärte dem österreichi­schen Botschafter, daß die Pforte es als ihr größtes Interesse erkenne, ihr vollkommenes Einverständniß mit Oesterreich möglichst deutlich zu markiren. Um diesem Einverständnisse unzweideutigsten Ausdruck zu geben, ist Husni Pascha heute ausdrücklich angewie­sen worden, die einrückenden österreichischen Trup­pen zu begleiten. Auch den übrigen Organen der Pforte im Distrikt Novibazar wurden die Befehle des Sultans erneuert, dem Vormarsch der österreich. Truppen möglichsten Vorschub zu leisten. (Fr. I.)

Amerika.

In Nordamerika entwickelt sich ein wildes Ge­schäftstreiben. Unglaublich große Weizenverschiffungen nach Europa rufen die Spekulation in einem Grade wach, daß ein Rückschlag von bedenklichen Folgen sein muß. Die Gelder der Nationalbanken sind be­reits in einem solchen Maße in Verwendung ge­nommen, daß eine fällige Zahlung von Staatsschuld­verschreibungen aus dem Refervefvnd genommen werden mußte.

" Kandel L Jerkehr.

iT Altenstaig Stadt, 9. Sept. Der heutige Bieh- markt war mit Ochsen, Kühen und Kalbeln ziemlich stark be­stellt und wurde von auswärtigen Händlern, namentlich von Elsästern, ziemlich aufgckauft. Die Preise waren zwar im all­gemeinen etwas gedrückt, bei Fcttvich übrigens nicht von we­sentlichem Abschlag. Ochsen wurden bezahlt zu circa 50 Karo­tin, Jungvieh wurde im Durchschnitt unter dem Preis ver­kauft, wir notiren für trächtige Kalbeln 1315 Karolin, Kühe wurden im allgemeinen wenig gehandelt. Fettvich fand ge­genüber Jungvieh größere Nachfrage. Der S ch w c i n c m a rk t war in Anbetracht des schlechten Wetters gut befahren und galten Milchsäue 2024 ^l, größere Läufer 4076 . Der Frachtmarkt war für den Produzenten nicht schlecht: »euer Dinkel 8S pr. Ctr., alter Dinkel 8 Haber 8,78,8

Jl räglc r m arkt wie gewöhnlich liederlich.

' T T I Erntebcricht vom hintern Bezirk. In Folge der (günstigen Witterung konnte in voriger Woche die Einheimsung der Brodfrüchte und des Oehmds fast vollständig beendet wer­den, und obgleich die Ergebnisse in den einzelnen Gegenden unseres Landes sehr verschieden sind, so kann unser Bezirk seiner Ernte von Herzen sich freuen. Waren auch bei uns die Hoffnungen für die neue Ernte anfänglich durch das andau­ernde Regenwetter bedeutend herabgestimmt, so ist der angst­vollen Aufregung nunmehr allgemein eine Ruhe gefolgt, die beim Bauern wie beim Taglöhner mehr und mehr zum Aus­druck kommen wird. Der zum Thcil noch ausstehende Haber, welcher von der Einsaat an durch Kälte und Nässe bedeutend Schaden gelitten hat, hat unter dem Einfluß der letztwochigen Prachtwittcrung an Halm und Korn wesentlich gewonnen. Die bis jetzt bekannten Dreschrcsultate lauten günstig, jedenfalls quantitativ und qualitativ besser als im vorigen Jahre. Für die Kartoffeln ist fortgesetztes trockenes Wetter erwünscht, da sie theilweise noch klein sind und manche Spuren der Krankheit zeigen. Das Oehmd ist gut unter Dach gebracht worden; tro­ckene Wiesen gaben eine volle, nasse nur eine halbe Ernte. ^

Stuttgart, 8. Sept. sLandesprvduktenbövsc.j An unserer Börse blieb auch heute das Geschäft iu Brodfrüchte» beschränkt, da der Absatz in Mehl schwach geworden ist und ebenso herrschte für andere Cerealien nur wenig Nachfrage. Wir notiren pr. 100 Kilogr. Waizen, baier. ^ 22.75, bis -Hl 23.40, russischer .L 22.50 bis 23, Dinkel . 14, Kohlrcps . 22.50, Mohn 40. Mehlprcile vr. 100 Kilogramm: No. 1 34.50 bis 38: No. 2 32 bis 33; No. 3

27. 50 bis ^l 28.50; No. 4 24.50 bis 25.50.

Stuttgart, 9. Sept. (Vom Kartoffel-, Kraut- und Obstmarkt.) Auf dem Kartosfelmarkt: Zufuhr 300 Sack; Preis per Ztr. 2.60Hl 3; Verkauf langsam. Obstmarkt am Wilhelmsplatz: Zufuhr 200'sack; Alles ver­kauft mit Preisausschlag per Ztr.Hl 44.40. Krautmarkt: Borrath ca. 3500 Stück; Preis per HundertHl 10Hl 12; Verkauf flau.

Kirchhcim, 8. Septbr. Heute hat der Ob st mar kt seinen Anfang genommen. Es wurden 110 Säcke Mostobst beigeführt; sür Aepfel wurden 6 .ich für Birnen 89Hl per Sack bezahlt. Das städtische Obst auf der Hvhcweid, zu 900 Simri geschätzt, wurde vor einigen Tagen um 1700Hl verkauft.

Eßlingen, 7. Sept. Der gestrige Faßmarkt war nicht sehr stark befahren; es waren im Ganzen 424 Stück mit einem Gesammtcichhalt von 305 Eimer 9 Jmi zum Verkauf ausgestellt. Letzterer ging sehr flau; für 4yz KI wurden 20 bis 21 für 3 KI 1718Hl verlangt. Die Preise gingen aber bedeutend herunter; es wurden Fässer mit 3 KI Eichhalt zu 12 und 13Hl und solche mit 6 KI zu 2225Hl verkauft.

Nürnberg, 6. Sept. (Hopsen.) Gestern war das Geschäft in 78crn sehr bedeutend und gingen davon allein über 300 Ballen, meistens zu 3542 .6, sür Export ab; von neuer Waare notirt: Marktwaare 200218 *6, Hallertauer 215 bis 240Hl, Wiirttemberger 230240Hl, Böhmische 230244Hl, Steiermärker 235245 Vom heutigen Markte ist schon eine größere Zufuhr neuer Hopfen zu melden. Es kamen seit gestern Abend 100 Ballen in sehr verschiedener Qualität zum Verkauf, wovon die besten Sorten zu höheren Preisen rasche­ren Absatz fanden, als geringere halbgetrocknete oder noch feuchte Waare.

Frankfurtern Blättern zufolge wurde dieser Tage an Metzgermstr. Fell in Bockenheim ein Schwein im Gewicht von 664 Pfd. stir 380HI verkauft. Es soll seit Jahren in und um Frankfurt ein solches Kapitalthier nicht geschlachtet wor­den sein.

Vrinzeß Uothhaar.

Erzählung von Max v. Schlacgel.

(Fortsetzung.)

Gegen Mittag ließ der Bürgermeister den Thür- mer zu sich bescheiden. Ruhig betrat dieser das Zim­mer des Gestrengen.

Meine Tochter hat bei Euch erfahren, daß un­ser gnädigster König hierherkommen würde," begann Leberecht ohne Weiteres,jetzt thut mir gefälligst kund, woher Ihr diese Mittheilung genommen."

Der Thürmer lächelte und deutete schweigend auf den Kirchthurm, dessen Spitze zahllose Krähen lärmend umkreisten.