Der Gesellschafter.
Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
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Sämstag den 9. Aurznlt.
: Jnsertionshebühr für die Ispnllipc Zeile ans qe- ^ wohnlicher Schrift bei einmaliger Einriiekninz 9
bei mehrmaliger je 6 -l. ^
Auch für die Monate August K September nimmt jedes Postamt und die Postboten Bestellungen auf den Gesellschafter an.
Tages-Neuigkeiten.
Deutsches Reich.
Stuttgart, 6. Ang. Morgen früh 7 Uhr geht ein Extrazug mit den Mitgliedern der beiden hohen Kammern nach Neckarstcinach ab. Die neue Badisch-Hessische Odenwaldbahn wird dabei einer Besichtigung unterworfen.
Stuttgart, 6. Aug. In ihrer gestrige» Sipnng be- rieth die Kammer der Abgeordneten über drei Gesetzen!- würfe, betreffend die weitere Ausbildung des Tclegraphennepes, ferner betreffend außerordentliche Bedürfnisse der Postverwaltung und endlich betreffend die Ausdehnung des Eisenbahnnetzes und den Bau von Eisenbahnen in der Finanzperiode I87P81. Der elftere Entwurf (Ez'igcnz 125,000 .4L ans den für Ban der Eisenbahnen bewilligten Mitteln) wurde genehmigt: ebenso der zweite Entwurf (Exigenz 184,700 für Rcucrrich- tung, Erweiterung oder bauliche Einrichtung von Postgcbciuden in Heilbronn, Ebingen Tübingen, Ulm, Eßlingen). Beim dritten Gesetz sprachen sich in der Generaldebatte sowohl der Berichterstatter v. Schwandner, als Minister v. Mittnacht, Baumgärtner u. A. für den Versuch des Baues von Sekuiidär- bahnen aus. In der Spczialdcbattc wurde Art. 1 (Bahn .Heilbronn Eppingen und Kißlcgg — Wangen) angenommen, ebenso Art. 2 (Bahn Ludwigsburg Beihingcnf. -- 6. Aug. Heute debattirte die Kammer über die projcktirte, von der Kommission jedoch abgelchntc Bahn Freudensradi — Schiltach und nahm dieselbe schließlich auf den Antrag von Gest und Bitzcr mit großer Mehrheit an. Der Rest des Entwurfs über die weitere Ausdehnung deS Eisenbahnnetzes wurde rasch vollends erledigt. Hienach werden zur Deckung des Aufwands für die Finanzperiodc 1879(81 (ausgenommen die aus Grnndstocksmittcln zu bestreitenden Kaufschillingc für Bauplätze w.), 32 Millionen Mark bestimmt, die, soweit sie nicht ans verfügbaren Mitteln der Staatskasse bestritten werden können, unter möglichst günstigen Bedingungen als StaatS- anlehcn auszunchmcn sind. Das Gesetz wurde darauf mit 70 gegen 8 Stimmen angenommen. Einige hieran angcknüpfte tVünsche über künftig zu bauende Eisenbahnen werden von Minister v. Mittnacht zurückgcwiesen: bezüglich einer Petition von Blaubeurcn wegen einer Verbindung der Neckarbahn mit der Donaubahn über Münsiugen mit dem Anschluß in Blaubcuren wurde beschlossen, dieselbe der Regierung zur Keiint- niß zu übergeben. (N. T.)
Ulm, 6. Aug. Gestern Abend halb 10 Uhr sprang vor dem Eisenbahntunnel der Stuttgarter Bahn ein Soldat des Infanterieregiments „König Wilhelm" Nr 124 in dem Augenblick, als eine Lokomotive von Beimcrstetten znrückfuhr, ans dem Gebüsch heraus und stürzte sich auf die Schienen, so daß er, bevor der Führer seine Maschine zum Stehen bringen konnte, getödtet wurde.
Im Lenninger Thal ist die Kirschenernte Heuer so reichlich allsgefallen, daß dafür nicht weniger als 135 000 cM erlöst wurden. Die Hauptkänfer waren meist Schweizer Händler. Die Gemeinde Bis- singen am Fuße der Teck erlöste 36 000 d
Zu Uehlingen im Amt Bonndorf brannten am 2. Aug., Abends, 5 Wohnhäuser gänzlich nieder.
Darmstadt, 5. August. Die Ankunft der Kaiserin von Rußland ist auf den 12. August festgesetzt. Als Dauer des Aufenthalts sind sechs Wochen vorgesehen.
Breslau, 6. Aug. Meldung der „Breslauer Ztg." auS Zabrze vom 5. d. M.: In Folge eindringenden Wassers kamen auf der Ludwigsglückgrnbe zwei Bergleute ums Leben, ein Bergmann wurde schwer verletzt und 11 sind noch verschüttet.
Essen, 4. Aug. Die Stadtverordneten, welche dem Fürsten Bismarck wegen seiner WirthschaftS- politik das Ehrenbürgerrccht ertheilt, erhielten dieser Tage ein von Kissingen den 1. Ang. datirtes Danksageschreiben des Reichskanzlers, welches folgende bemerkenswerthe Stelle enthält: „Die Anerkennung, welche meine Reformbestrebungen auf wirthschastlichem
Gebiete von einer für letzteres so bedeutsamen Gemeinde wie Essen erfährt, befestigt mich in der Ueberzcugung, daß die von mir vertretene Politik der verbündeten Regierungen in dem deutschen Bürgerstande auch der größeren Städte dieselbe Zustimmung, wie bei der Mehrzahl »er Gesammtbevölkernng deS Reichs findet. Ich hoffe zuversichtlich, daß die Gesetzgebung, welche sich den Schutz deutscher Arbeit und die Bermindcrung der direkten Stenern zur Aufgabe gestellt hat, in den weiteren parlamentarischen Kämpfen gegen die ohne Zweifel bevorstehenden Angriffe von Seiten der Mehrheit der Volksvertretung wirksam vertheidigt werden wird."
K ö l II, 6. Alilp Vvrpestern wurde der Eassendi e II e r eines hiesigen großen Hvlzgeschüftes beauftragt, bei dem Hans Deichinann 21000 ./L zu erbeben. Er vergaß das ilm zu diesem Zwecke legitimirende Schriftstück. Ein Commis, welcher dieses bemerkte, nahm dasselbe an sich, erhob den Betrag und ist bis dahin spurlos verschwunden.
Berlitt, 4. Ang. In Ostpreußen und Pommern rüstet man sich bereits zum Empfange des Kaisers. Wie wir hören, werden in Königsberg die Veranstaltungen zur Krönung im Jahr 1361 (seit welcher Zeit das Königspaar dort nicht wieder anwesend war» überbvten werden, obschvn man an der Hand der damaligen Einrichtungen Vorgehen wird. In Stettin bereiten die Stände dem Kaiser ein besonderes Fest, ähnlich wie vor 10 Jahren.
Berlin, 6. Aug. Die Prov. Korreip. demen- tirt alle in neuester Zeit von Rom auS in Wiener und Pariser Blättern verbreiteten Nachrichten über das Verhältnis; zwischen der preuß. Regierung und dem heiligen Stuhl.
Berlin, 6. Aug. Vom katholischen Klerus wird jetzt dem „Berl. Tagbl." zufolge dafür agitirt, an den neuen Cnltusminister v. Puttkamer eine Massen-Petition wegen Abschaffung der von seinem Vorgänger Falk Angeführten Lesebücher zu richten. Durch diese Manifestation wollen die Klerikalen sofort den Cultusminister veranlassen, Stellung zur gesummten Culturkampffrage zu nehmen. Auch Herr Windthvrst verspricht sich jetzt bessere Zeiten: aus der Coblenzer Centrnms-Versammlung am letzten Sonntag hat er sich unter Anderem dahin geäußert, daß sich in letzter Zeit zwar Vieles geändert hat, aber daß dies noch lange nicht genug sei, nur durch vollste Einigkeit werde das Centrum zum Siege gelangen und den Culturkampf los werden.
Berlin, 7. Aug. Die „Nordd. Ztg." bespricht in einem längeren Artikel die Antworten, welche von einigen Blättern auf ihre Frage an die „Weg mit BiSmarck"-Rufer, wer an des Reichskanzlers Stelle treten solle, eingegangen sind, und bemerkt bezüglich des Wahlkampfes: Sprechen wir unsere Ueberzcugung aus, die Parole der nächsten Wahlen muß lauten: Schutz der nationalen Arbeit oder Preisgebnng derselben !
Berlin. Wie daS „Tagbl." meldet, hat noch vor einigen Tagen die deutsche Botschaft in Rom dem früheren Erzbischof Ledochowski eine weitere Strasvorladnng der preuß. Gerichte zustellcn lassen.
Auf Anordnung deS Reichskanzlers sind den einzelnen Regierungen der Bundesstaaten Fragebogen mit dem Ersuchen übersandt worden, die Mißständc des Waarenverkehrs im Hausiren oder Herumziehcn des Näheren begründen zu wollen.
Die Parole: „Fvrt mit Bismarck" hat herzlich wenig Anklang gefunden unter den Liberalen. Die äußerste Linke, die Fortschrittler, einige wenige son- stige.Heißsporne und natürlich die Sozialdemokraten nahmen diesen Ruf des Abg. Richter mit einem Jubel auf, in dem sich ein wenig die Aussicht aus ein erfolgloses
I Beginnen hineinmischte. Natürlich tritt bei dieser Gelegenheit die Frage heran, wer denn eigentlich die Stelle des einflußreichen Staatsmannes späterhin einnehmen solle, lieber kurz oder lang muß diese Frage doch erledigt werden, denn bis zur körperlichen Unsterblichkeit wird Fürst Bismarck cS gerade noch nicht gebracht haben. Wie schwer es aber sein wird, einen Nachfolger zu finden, der eine gleiche allumfassende Kraft und weitblickende staatsmännische Erfahrung besitzt, braucht nicht erst erwähnt zu werden.
Der viel geschmähte deutsche Städtctag wird im September wieder ein Lebenszeichen von sich geben. Man wird über den Zeitpunkt sich verständigen, mit welchem man an der Hand der Wirkungen der Korn- und Viehzölle mit neuenKundgcbungen hervortreten will.
Vier stark angeheiterte junge Leute nahmen kürzlich zur Abkühlung ein Bad in der «aale bei Merseburg. Drei derselben entstiegen zu gleicher Zeit dem Wasser und bemerkten jetzt zu ihrem Schrecken, daß der vierte, ein Tchneidergeselle, fehlte. Sie rufen, suchen im Wasser nach, nichts zu siuden, der Arme war zivcisellos ertrunken. Schwere» Herzens gehen die drei nach Hanse und nehmen die Kleider des verunglückten Kameraden mit. Mit schwerem Herzen vernahm auch der Meister die Tranerkniide, denn er hatte den Gesellen gut leiden mögen. Er vermvchle die ganze Nacht nicht zu schlafen. Plötzlich gegen halb vier Uhr ruft Jemand von der Straße herauf mit kläglicher Stimme, man möge ihm öffnen. Der Meister springt von seinem Lager, denn die Stimme ist diejenige des vermeintlich Ertrunkenen. Und siehe dieser steht unten zähneklappernd ans der Straße in völlig adamitischem Kostüm. Die Lösung des Räthsels war einfach. Es hatte ihm im Wasser nicht bchagt und deshalb hatte er sich herausgemachl, am Ufer auf den Sand gelegt und war dort in Folge seines Rausches sofort eingeschlafcn. An dieser Stelle hatten ihn seine Kameraden nicht gesucht. — Auch eine „Badegcschichte".
Der „Hamb. Corr." berichtet über das am 3. August stattgehabtc Begräbnis: des Sozialdemokraten Gcib. An demselben habe sich eine so große Menschenmenge betheiligt, daß die Ordnung nur mit Mühe aufrecht erhalten werden konnte: trotzdem habe keine Störung der Ruhe stattgefniiden. Jede Korporation, berichtet das Biatt weiter, trug dem Sarge einen Kranz mit rvthcn Schleifen, die Wandsbecker ein schwarzes Kissen mit silbernem Schild, ans welchem sich die Namenszüge des Verstorbenen, nach. Anstatt der Fahnen, die in dem Zuge nicht gestattet wurden , trugen die Parteigenossen rothe Rosen und Nelken in den Knopflöchern. Es waren von Zürich, Hannover, Bremen, Harburg, Kassel, Dresden und noch vielen anderen Städten Deputationen cingetroffen. Am Grabe sang eine Liedertafel, worauf Blos, Liebknecht, Hascnclcver, Auer und Heuer Rede» hielten. Ein abermaliger Gesang und ein Gebet beschlossen die Trancrseier.
Es wird sehr oft von deutschfeindlicher Seite in Elsaß-Lothringen zu beweisen gesucht, wie sehr schlecht die Elsaß-Lothringer es nmer deutscher Oberhoheit haben. 'Nun haben aber genau eingestellte Berechnungen ergeben, daß Elsaß-Lothringen unter deutscher Verwaltung jährlich 14 Mill. ^ weniger Steuer zu zahlen hat als unter franz. Verwaltung, was für eine einzelne Fainilie im Durchschnitt 50 Reichsmark weniger ausmacht. Außerdem hätte Elsaß- Lothringen nach dem Kriege 1870—1871 die enormen Kriegskosten mit zu tragen gehabt, welche die Schuldenlast Frankreichs um fast das Doppelte erhöht haben.
Schlettstadt, 5. August. In der Gemeinde Kestenholz brach gestern ein großer Brand aus. Bei heftigem Sturmwind hatte der Brand nach kaum einer Stunde die ganze Westseite des Dorfes ergriffen. Die Garnison Schlettstadt, bestehend aus 4 Kompagnien des 2. Bataillons des württembergischcn Infanterie-Regiments Nr. 126, war unter dem Kommando ihres Majors, Herrn v. Kaiser um 10 Uhr am Platze. Ohne deren Beihülfe wäre, wie die Einwohner eines Urtheils sind, die ganze Stadtabgebra n n t. Trotz der größten Anstrengung brannten etwa 130 Gehöfte nieder und sind von den ca. 4000 Einwohnern nahezu 1600 obdachlos. Der Gesammtschaden wird, auf l Million Mark berechnet, nicht zu hoch gegriffen sein. Leider