Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt siir den Oberamts-Bezirk Nagold.

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! Erscheint wöchentlich '!mn> und kostet halbjährlich -liier lohne Trägerlohn) 1 60 4, in dem Bezirk

! 2 rmßerhnlb des Bezirks 2 .« 40 4.

Samstag den T. Juli.

Jnsertionsgcbühr inr die ispaltige Zeile anS ge- wöbnlicher Tchriil bei eir.maiiger Einrnckniig 9 4, - bei iiiehnnaiiger je 6 4.

187S.

Für das 3. Quartal des Abonnements desGesellschafters" nimmt noch immer Be­stellungen an jedes Postamt resp. die betr. Postboten.

ElseilbahnziM der Station Nagold

vom 15. Mai MI.

Nach E»tw: K,-..,, w,^, 0,4,. 9 .27-

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MittelschuUebrer Kästle in Hailerbach wurde von der Obarschnlbehordr znm Oberlehrer daselbst ernannt.

Die erledigte AmtsnotarsstMe in Hayingen. OA. Miin- si»«ii, ivnrde dem NotariatSassisrerlten Hailer in Horb über­tragen._

Tages-Neuigkeiteu.

Deutsches Reich.

Stuttgart, 2. Juli. Die Blükhe Des Wein­stockes lMt gegen Den Schluß der vorigen Woche be­gonnen und dürste mit Anfang der laufenden Woche allgemein, nur verschieden nach Lage und Sorte, geworden sein. Bei der hohen Temperatur der letzten Tage nahm die Blüthe einen überaus raschen und glücklichen Verlaus, lieber die guantitativen Aus­sichten der heurigen Weinernte gehen die Ansichten ziemlich weit auseinander.

Die Stuttgarter freiwillige Feuerwehr feierte gestern unter vielseitiger Theilnahme das 25- jährige Bestellen ihrer Unterstützung-)- und Sterbe­kasse.'

C a n nst« tt, 2. Juli. In Gais b u r g übernach­tete dieser Tage in einer Wirthschaft ein Reisender, der mit einer gefüllten Reisetasche angekommen war. Als man am Morgen nach ihm sah, war er verschwun­den, mit ihm jedoch auch eine neue Bettdecke und noch anderes Weißzeug, die der Bursche, wie es scheint, in seinen Reisesack gepackt hatte, nachdem er dessen Inhalt, frisches Laub, im Zimmer ausgeleert.

Karlsruhe, 1. Juli. Der Gewinner des großen Looses in der letzten Ziehung der badischen 100-Thaler-Loose im Betrage von 120,000 ist, nach dem Pfalz. Kur., ein Pfälzer und zwar ans Kaiserslautern oder dessen Umgegend. Er sackte sei­nen Gewinn in 120 Tausend-Mark-Scheinen ganz kaltblütig ein und wünschte guten Morgen. Es geht nichts über kalt Blut!

Nürnberg, 30. Juni. Kurz vor Abgang des Würzburger Schnellzuges wurde heute Morgen auf dem Perron des Staatsbahnhofes ein 11 Jahre alter Knabe, welcher sich mit einem Schulränzchen auf dem Rücken ein Schnellzngsbillet gelöst hatte, von der Polizei festgenommen, weil derselbe über den Zweck und das Ziel seiner Reise unwahrscheinliche Angaben machte. Weitere Recherchen ergaben nun, das; der­selbe von München kam, woselbst er seinem Bater, einem Agenten, ca. 600 entwendet hatte, um in einer etwas allzufrühen Anwandlung von Reiselust nach Amerika zu entfliehen. In der Büchertasche fanden sich noch 564 vor.

München, 2. Juli. Das hiesige Geueral- «uditoriat wies in seiner heutigen Sitzung die Nich­tigkeitsbeschwerde des Lieutenants Schenk v. Geyeru ab. >Schw. MZ

Am 11. Juni wurde im Namen der deutschen Fürstinnen durch die Königin von Sachsen, die Groß­herzoginneu von Baden. Sachsen und Mecklenburg- Schwerin der deutschen Kaiserin eine Kasette nach dem Muster einer kleinen mittelalterlichen Hochzeitstrnhe überreicht, welche eine Geldspende > 24 000 ^3 für die unter dem Protektorate der Kaiserin stehende Kaiserin- Angusta-Stiftung zu Charlottenburg die 1870 gegründete Erziehungsanstalt für Töchter der im

Kriege gefallenen oder verwundeten Offiziere, Beamten n. s. w. enthielt. Die Kaiserin hat ihren Dank für diese schöne Gabe in einem Handschreiben an die deutschen Fürstinnen ausgesprochen.

Wollte man allen den Anssprüchen trauen, die in einem großen Theile der gegenwärtigen Tagcs- prcsse zu finden sind, so muß der Deutsche unbedingt zu der Ueberzeugnug kommen, daß sein Vaterland in größter Gefahr schwebt. Was Parteileidenschast zu Tage zu fördern vermag an Pessimismus und schlech­ten Prophezeihuugeu, das geschieht nach Kräften selbst in angesehenen und sich sonst einer maßvollen Sprache befleißigenden Blättern. Es heißt, das deutsche Reich habe vor dem Ceutrum kapitulirt, es sei eine gewaltige Reaktion über das deutsche Reich hereingebrochen, die Alles mit Füßen zertreten werde, was nur an Einheit und Freiheit in zwei Jahrzehnten hat errungen werden können. In wie weit sich das Volk von diesen mißgelaunten Denkern beeinflussen läßt, ist nicht allzuschwer cinznsehen, es kann dem gesunden Menschenverstände bei nüchterner Beobach­tung nicht entgehen, daß alte diese das größte Unglück prophczeihcnden Artikeln zumeist doch nur aus leeren Phrasen zusammengesetzt sind. Sogar diezweihun­dert Mill. Mark neuer Stenern" , welche zur Zeit der letzten Wahlen als Schreckmittel hingeworfen worden, waren ein derartiger Puff, daß er selbst die Landbevölkerung in ihrem Vertrauen zu den dem neuen Reformwerk zu Grunde liegenden redlichen Absichten nicht stutzig machen konnte. Denn es braucht doch nicht geglaubt zu werden, daß in Deutschland nach orientalischem Style Schulden gemacht, mit Soldaten gespielt und leichtfertige Kriege aufgetischt werden. Wer den Hunderten Parlamentsreden und den unzähligen Zeitungsartikeln, die von einem be­ginnenden Verfall des deutschen Reiches sprechen, blind­lings traut, der kommt zu der Ueberzeugung, daß bei uns eine elende Mißwirthschaft sondergleichen herrschen müßte. Trotz alledem und glücklicherweise ist der Geist des Mißvergnügens im deutschen Volke noch kein herrschender geworden.

Berlin, 1. Juli. Bezüglich des Kultusmi­nisters Falk steht fest, daß dessen Rücktrittsgesuch lediglich auf die Differenzen auf evangelisch-kirch­lichem Gebiet und die Ernennungen zur Generalsy­node zurückznführen ist, während die Verhandlungen mit den Organen der römischen Kurie auf Grund einer Verständigung zwischen Falk und Bismarck er­folgten. Falk tritt ins Privatleben zurück. Der Zollausschuß des Bundesraths beantragt ein Gesetz über die Zollfreiheit des denaturirten Branntweins für gewerbliche Zwecke, mit hohen Strafen für Hin­terziehungen.

Berlin, 2. Juli. Nach derVoss. Ztg." soll über die Amtstracht der Richter folgende Verordnung ergangen sein: Die Robe wird für alle richterlichen Beamten gleichmäßig ans einem leichten schwarzen Wollenstoff gefertigt sein und nur im Kragen wird sich eine Verschiedenheit zeigen, derartig, daß derselbe für die Richter ans Sammet für die Anwaltschaft aus -Leide und für die Gerichtsschreiber aus dem­selben Stoff wie die Robe selbst besteht. Das Barret entspricht dem Stoffe der Kragen. Außerdem soll die weiße Halsbinde obligatorisch sein. Besondere den verschiedenen Rangstufen der Richter entsprechende Abzeichen sind nicht in Aussicht genommen, dagegen wohl für die Präsidenten des Gerichtshofes, über dessen Form aber noch nicht definitiv Beschluß ge­faßt zu sein scheint.

Berlin, 2. Juli. Die Minisierkrisis ist abge­schlossen. Die Publikation des Nachfolgers Hob-

rechts wird für nächste Tage erwartet kein Rcichs- täglcr, auch kein bisher genannter Candidat.

Berlin, 3. Juli. Die Tarif-Commission be­schloß heule, daß die Zölle ans Eisen, Hopsen, In­strumente, Materialwaaren. Ächte, Oe! , Petroleum, Thiere und Vieh sofort in Kraft treten sollen. Von den Materialwaaren bleiben vorläufig Krastmehl, Müh- lenfabcikatc ausgeschlossen. Vom l. Januar 1880 an sollen die Zolle auf chemische Zündhölzer, Malz, Kraft­mehl, Mühleufabrikate, einfaches Leinengarn und wei­ßes und farbiges Glas in Kraft treten. Vom l. Ok­tober 1879 an treten alle übrigen im Tarif aufgc- führten Artikel, also auch Getreide ec. in Zollkratt.

Berlin, 3. Juli. Als Finanzminister gilt als dcsignirt der UnterstaatSsclretär im Ministerium des Innern Bitter, als Kultusminister der Obcrpräsident von Schlesien v. Puttkammer, für das, Ministerium der Landwirthschaft scheint die Entscheidung zwischen v. Seydewitz und Lucius noch auszustehen.

Berlin, 3. Juli. Außer der Einigung über den Tabakzoll und die Tabaksteuer von 85 rcsp. 45 Mark ohne Nachsteuer und Licenzsteuer sollen sich Konservative über den Kaffeezoll zu 40 Mark und den Petroleumzoll zu 6 Mark verständigt ha­ben. > Fr. Ich

Im Reichstag mußte am Montag 2mal die Sitzung ans eine, rcsp. Ls Stunde wegen Beschluß­unfähigkeit des Hauses ausgesent werden. Es wird immer leerer, und die Urlaubsgesuche mehren sich.

lieber Finanz min ist er Hobrcchts anderwei­tige Verwendung im Staatsdienst verlautet, daß für ihn der gerade vakante Posten des verstorbenen Gra­fen zu Eulenburg, Präsidenten der Staatsschulden- Tilgnngskommission, in Aussicht genommen sei. Es ist dies nach gewissen Seiten hin der lohnendste Po­sten und dem Posten eines Berliner Oberbürgermei­sters, eines Oberpräsidenten und eines Staatsmini- sters bei Weitem vorzuziehen. Kein Aerger, wenig Dienstgeschäfte und 30000/L Gehalt. Als Finan­zier würde Herr Hobrecht vor seinen Demissions­kollegen Friedenthal und Falk jedenfalls bezüglich dieser Anwartschaft den Vorrang haben.

Die Berliner Blätter melden, daß außer Hob­recht auch die Minister Falk und Friedenthal ihre Entlassung eingereicht haben, lieber die Beweg­gründe der beiden Letzteren zu diesem Schritt sagt dieKöln. Ztg.":Friedenthal sah schon den Brief des Reichskanzlers an den Freiherrn v. Thüngen als großentheils gegen sich selbst gerichtet an. Er erkannte schon damals, daß ein Zusammenwirken mit dem Fürsten Bismarck für ihn nicht mehr möglich sein werde, und darauf kam nun noch der Konflikt mit Bismarck über die Getreidezölle. Der Reichs­kanzler verlangte wiederholt, daß der landwirthschaft- lichc Minister für die Getreidezölle sprechen solle und wollte dessen Entschuldigungsgründe nicht gelten lassen. Beide Herren verständigten sich darüber, daß Friedenthal am Lchlusse der Session um seine Ent­lassung bitten werde. Vom Minister Falk ist es be­kannt, daß er seit lange mit dem Entschlüsse umging, sein Amt niederzulegen. Besondere Streitpunkte hatten in der letzten Zeit nicht Vorgelegen: aber die Ultra- montanen fordern täglich lauter die Entlassung Falls, als des Vaters der Maigesetze. Und so glaubte Falk, der ganzen Wendung der Dinge nach, im öf­fentlichen Interesse zu handeln, wenn er diese Per- sonensrage durch eigenen Entschluß erledige. In sei­nem Entlassungsgesuche an den Kaiser bezog er sich im Allgemeinen aus die Lage, die seinen Rücktritt wüuschcnswcrth mache: namentlich werden die Ver­handlungen mit dem Vatikan dadurch erleichtert werden.