entsinnt sich noch des Vorgangs, der der wackerenGleise, keine« kierre Kapoleon" in Deutschland den NamenMord­peter" eintrug. Viktor Noir, ein Pariser Journalist, war in Begleitung eines Kollegen zum Prinzen Peter gekommen, um von diesem als Sekundanten für einen Freund Satisfaktion zu verlangen und der biedere Peter batte Viktor Noir in sei­nem Zimmer, nach den ersten Worten, die der Journalist ge­sprochen, mir einem Revolver niedergeschossen. Die Beerdigung Noirs wurde zu einer ungeheuren Demonstration gegen das wankende Kaiserreich. Hundcrttausende begleiteten den Sarg zum Kirchhof, hatten sich auf den Straßen zusammengerottet. Roche fort, damals Herausgeber derLanterne", der Popu­lärsten Einer in Paris, hielt die Leichenrede. Ein anseuerndes Wort von ihm in jener Stunde am Grabe des Erschossenen, und Paris würde sich mit Barrikaden bedeckt haben . . . Aber am Grabe wurde Henrn Rochesord ohnmächtig und die Hun-, derttauscnde verliefen sich leidlich ruhig. Aber der Sturm in der Bevölkerung war damit nicht beruhigt und um die öffentliche Stimmung einigermaßen zu beruhigen, mutzte Louis Napo-^ le o n in TourS einen Ltaatsgerichtshof zusammentreten lassen, der über seinen Halbvetter aburtheilen sollte. Natürlich sprachen die Mamelucken im Nichtcr-Talar in Tours den Prinzen ein­stimmig frei. So grotz aber war die Volkserbitterung, datz die Studenten der Sorbonne einen Professur, der als Sachver­ständiger zu Gunsten derAltesse" ansgesagt hatte, hinaus­trommelten und keine medizinischen Vorlesungen mehr zu Stande kommen lictzen. Ilebrigens war Prinz Peter selbst zur Zeit der Btütbe des Kaiserreichs und wie überall, so auch in den Tuilerien eine über die Achsel angesehene Persönlichkeit. Seit dem famosen Prozeß von Tours hörte man kaum mehr von ihm. Er hatte sich im Jahre 1869 mit einem Mädchen zwei­felhafter Art ans kleinbürgerlichen Pariser Kreisen gegen den Willen deS Kaisers verheirathet und seit 1870 ging es ihm herzlich schlecht. Von Ehislehurst bekam er um des Na­mens Napoleon nullen, den er nun doch einmal trug, eine JahreS-Unterstiitznng, aber die reichte so wenig aus, daß seine Frau in London ein Putzwarengeschäst eröffnen mußte, um ihn zu ernähren, -- aber wir glauben selbst, mit dem Putz- Handel hatte der Sprößting der Bvnaparte's, der Urgroßneffe deS gewaltigen Eroberers kein Glück. Der verrufene, verarmte, herabgekvmmene Prinz Peter, um dessentwillen fast ciniiml ein Kaiserthron nmgeworsen worden wäre, ist 64 Jahre alt ge­worden. (W. Ldsztg.)

Das Vvrhmideiismi eines politischen Testa­ments des Prinzen Napoleon wird bestimmt in Abrede gestellt. Das Testament soll blos häusliche Dinge, wie Legate an Freunde, Verwandte und Diener behandeln. - DaS JournalLe Voltaire" behauptet zu der Erklärung ermächtigt zu sein: das Manifest, welches Prinz Jerome Napoleon an das Land richten werde, soll die Versicherung ent­halten, das; er, der Prinz, nicht als Prätendent auizntrcten beabsichtige, und daß er in seiner Familie leinen Prätendenten dulden werde. Die Republik sei die die von ihm acceptirte Staats­form, und der gedenke er treu zu bleiben. Auch der Figaro" erfährt, der Prinz habe festgesetzt, indem er die Einladung zur Todtenmesse zu Ehre des Ge­fallenen für nächsten Donnerstag angenommen, daß die Ceremonie durchaus kirchlich bleibe. Er habe im Vorhinein jede Kundgebung mißbilligt, welche geeignet sei, der Autorität der Republik Abbruch zu thun.

England.

London. Man ist hier sehr erbittert gegen Lord Chelmsford, weil dieser trotz der Warnung des Herzogs von Cambridge den Prinzen, statt ihn bei sich zu behalten, auf gefährliche Unternehmungen ausziehen ließ. Tie Stimmung des Landes fordert, daß Chelmsford sich wegen der Vernachlässigung des Prinzen, und dessen Gefährten wegen ihrer Flucht sich rechtfertigen. Darauf wird von allen Seiten gedrungen.

Den englischen Zeitungen gehen zahlreiche Zu­schriften zu, welche der Beschämung Ausdruck verlei­hen über die Vorfälle bei dem Tode des Prinzen Louis Napoleon. Es gibt sich eine große Ent­rüstung kund über den Mangel an kollegialer Auf­opferung seitens der Eskorte und des Offiziers, die vor den Zulus flohen und den Prinzen im Stich ließen. Ebenso wird die Unfähigkeit Lord Chelm- fords als Befehlshaber getadtelt. Aus diesen Um­ständen erklärt sich auch die besondere Theilnahme des englischen Volkes an dem Todesfall; man be­trachtet den Prinzen gewissermaßen als ein Opfer- britischer Fahrlässigkeit.

Wie derGaulois" vernimmt, hätte die Kai­serin Eugenie erklärt, daß sie Ehislehurst nicht ver­lassen werde. Sie wolle, Hütte sie wörtlich gesagt, so lange Gott sie noch zu leben verurtheile, bei ihren beiden Gräbern verweilen.

(Vom Hause Rothschilds Wie verlautet, ist das sog. Personalvermögen (der Grundbesiz gehört nicht dazu) des verstorbenen Barons Lionel «.Roth­schild von den Hinterlassenen eidlich als weniger denn 2 700000 Pfd. St. angegeben worden. Sein vom 24. Juli 1865 datirtes Testament, 2 Briefbogen

stark, setzt seine Söhne Sir Nathaniel v. Rothschild und Alfred v. Rothschild zu Vollstreckern ein, hinter­läßt seiner Gemahlin 100000 Pfd. St., sowie eine lebenslängliche Einnahme von dem Geschäftsgewinne des Londoner und des Frankfurter Hauses Rothschild, ferner das Wohnhaus in Piccadilly (nahe Hybe Park) und den Landsitz zu Gunnersbury. Die Baronin wird von dem Erblasser gebeten, an jüdische wohlthä- tige Anstalten 10,000 Pfd. St. und an andere 5000 Pfd. St. zu vertheilen.

Deputation bei einem Henker. In eng­lischen Zeitungen finden wir folgende originelle Ge­schichte: Ein englischer Henker feierte kürzlich im ge- müthlichen Familienkreise sein silbernes Dienstjubi­läum. Als man in heiterster Laune beim Champag­ner sitzt, stürzt ein Dienstmädchen, bleich vor Schre­cken, in den Saal und meldet, daß 3 Herren im Zimmer des oberen Stockes den Jubilar zu sprechen wünschen, Niemand von der Dienerschaft wisse, wie sie hereingekommen. Der Jubilar steigt mit der gan­zen Gesellschaft den oberen Stock hinauf, die Die­nerschaft folgt, und richtig, es sitzen die drei im dunklen Zimmer. Alle schweigen erstaunt, aber einer von den drei Unbekannten tritt vor und überreicht dem Hausherrn einen kleinen silbernen Galgen mit folgender feierlichen Anrede:Sir! Uns ist die Ehre zu Theil geworden, von der Genossenschaft der Spitzbuben hieher gesendet zu werden, um Ihnen zu Ihrem Jubiläum Glück zu wünschen, unsere Ehrfurcht au den Tag zu legen und Sie bitten, auch künftig­hin mit ihrer liebenswürdigen Humanität und ihrer unerreichbaren Geschicklichkeit den armen Opfern, die von der grausamen Justiz zum Henken verdammt sind, die unangenehmen Empfindungen der letzten Augenblicke in dieser Welt des Jammers zu verkürzen und sie schnell und sicher in's Jenseits zu befördern." Der so hoch geehrte Jubilar antwortete sofort mit ernster Würde:Gentleinen! Tief gerührt von dem zarten Beweis ihrer Aufmerksamkeit, fehlen mir die Worte, um Ihnen meine Gefühle auszndrücken. Gcntlemen, nehmen Sie die Versicherung, daß, wenn Einer von Ihnen mir zum Henken übergeben werden sollte, ich meine Schuldigkeit mit der größten Accu- ratesse und Delikateste thun werde." Wein wurde gebracht und stehend getrunken. Die Herren Spitz­buben baten dann höflichst um die Erlaubuiß, sich, wie sie gekommen, auch wieder durch die Fenster entfernen zu dürfen, um ihre Genossenschaftsgesetze nicht zu verletzen. Natürlich wurde die Erlaubniß gegeben. Die Gentlemen entfernten sich unter den höflichsten Verbeugungen, die zurückgebliebene Gesell­schaft ging hinuter in den Eßsaal und fand ihn - gänzlich ausgeräumt.

Die englische Königin duldet keine Damen in ihrer Nähe, die sich das Haar ä Is Wahnsinn über die Stirn in die Augen kämmen. Die Brautjungfern bei der jüngsten Hochzeit erhielten die Weisung, daß sic weder in der erwähnten Frisur, noch in Stelzenschuhen, noch mit nach hinten zugezogenen Kleidern er­scheinen dürfen. Eine junge Dame, die sich im vorigen Jahre mit über die Stirn gekämmten Haaren zu einer Audienz cin- fand, erhielt von dem Lordkämmerer den etwas unzarten Wink, sich nicht wieder im Palaste blicken zu lassen, bis das Haar wieder laug geworden sei.

Rußland.

Aus Cz enst och au (russ. Polen) wird gemel­det: Gegenwärtig beherbergt unsere Stadt 60000 Fremde, die hieher aus Böhmen, Schlesien, Galizien und allen Gouvernements Polens gekommen sind, um vor dem Czenstochauer wunderthütigen Bilde der Mutter Gottes zu beten. Am 4. d. schlug, während die Menge Andächtiger vor der Kirche stand und betete, ein Blitz in einen Baum unweit der Kirche ein und tödtete 15 Personen, welche unter demselben standen. Der Baum wurde völlig zerrissen.

Daß ein Richter seine eigene Frau verurtheilt, steht wohl als ein ganz außerordentliches Curiosum da. Dieses seltene Beispiel der allerstrengsten Unparteilichkeit hat dem Kiew!." zufolge ein Kreis-FriedenSrichter im Gouvernement Podolien gegeben. Das im Hause desselben lebende Dienst­mädchen wurde gegen die Hausfrau, die Gattin des Friedens­richters, vor dem letzteren klagbar auf Verleumdung und Schimpfen. Beiden Frauen ging die betreffende Citation zu, in der Kammer des Richters zu erscheinen und dort wurde die legal eiugelcitete Verhandlung auch zum Abschluß gebracht. Der wackere Richter, der im Bewußtsein seiner hohen Pflicht und in diesem Falle seiner zarten Ehehälfte gegenüber mit beispielloser Unerschrockenheit handelte, konnte schließlich nicht umhin, die Frau Friedensrichterwegen Verleumdung und Schimpfen zn 50 Rubel Silber Geldstrafe" zu vernrtheilcn.

Asien.

Kairo, 26. Juni. Der Khcdive hat abgedankt; Tewfik wird noch heute als Bicekönig proclamirt werden. ' ' (Fr. I.)

Handel L Uerkehr.

' Messen und Märkte in Stuttgart. Die nächste der in Aussicht stehenden Messen ist die Tuchmesse, welche am 19. August beginnt und 3 Tage dauert und womit gleich­zeitig ein Wollmarkt verbunden ist. Als Verkaufshalle dient diesmal nicht die Gemüsehalle, sondern die in nächster Nähe des Wollmagazins in der Forststraßc stehende, 8 Minuten vom Bahnhof entfernte städtische Turnhalle, in deren unmittel­barer Umgebung die noch weiter erforderlichen geschlossenen Buden zur Ausstellung kommen. Der früher schon laut ge­wordene Wunsch: Tuchmesse und Wollmarkt möchten bezüglich des Bcrkausspldtzes näher zusammengerückt werden, geht damit seiner Erfüllung entgegen. Die Tuchmesse und der Wollmarkt Stuttgarts erfreuen sich seit Jahren einer großen Frequenz und stellt zu hoffen, daß auch Heuer der Verkehr ein reger werden wird. Bon Seiten der Stadt wird den Verkäufern durch das Marktmeisteramt nach jeder Richtung cntgegengekommen. Die Verlegung der Tuchmessc in die Turnhalle dürfte nur eine ausnahmsweise sein, sofern anzunehmen ist, es werde betr. Orts der Erbauung einer Halle für Meß- und Ausstellungs-Zwecke in nächster Zeit näher getreten. Nie letzte Weihnachts- resp. Mag-Messe, sowie die Trottoirscorrekturen haben die veränderte Aufstellung der Verkaufsbuden auf demMarktplatz" nahe gelegt. Es werden demnach an der Wcihnachtsmesse 1879 (15.124. Dez.) an Stelle von 5 Buden- und 2 Stand-Reihen mir noch 6 Reihengeschlossene Buden" zur Aufstellung ge­langen, wodurch die Gänge der einzelnen Reihen im Interesse der Verkäufer und Käufer eine bedeutende Erbreiterung erhal­ten: die seitherigen beiden Reihenoffene Stände" werden vom Marktplatz weg- und theils in die Münz-, theils in die Doro­theenstraße (Kürschnerstände) verlegt. Die mit der Früh- und Spätjahrs-Messe verbundenen Schaustellungen, Caroussels re., welche aus dem Wilhelmsplatz Unterkunft finden, betreffend, so sind die Inhaber mit dem Wunsch beseelt, es möchte mit Rücksicht daraus, daß in Folge der Ausdehnung der Baum­anpflanzung ans obigem Platz weit weniger Schaubuden als früher Aufstellung erhalten könnten, seitens der Behörden von deni Verbot des Musicirens Umgang genommen jwcrdcn. Dem Hopsenmarkt wird von Seiten der Stadt große Auf­merksamkeit zugewendct: es steht zu hoffen, daß auch diesjährig wieder eine Hopfcnauktion abgehalten werden wird.

Die Messen und Märkte (incl. Pferdemarkt) Stuttgarts wer­den von den Verkäufern aus Nah' und Fern gerne bezogen, da die allgemeinen Erfordernisse entsprechend erscheinen und die Gebührenansätzc mäßige sind.

Allerlei.

Der sogenannte Pipis ist eine Krankheit der Hühner, die sich dadurch charakterisirt, daß das Thier traurig wird, nicht sressen mag, den Schnabel offen hält, gleichsam als bekomme es bei dem Ath- men keine Lust und hin und wieder einen Thon von sich gibt, der wiePips" klingt. Die Zunge ist gelb belegt, an ihrem Ende ist eine hornartige Haut, die mittelst eines Federmessers entsernt werden muß, die dadurch entstandene Wunde wird rein gewaschen, und mit ungesalzener Butter eingeschmiert. Die Pa­tienten dürfen nach der Operation nur leichtes Fut­ter bekommen und müssen warm gehalten werden. Die Nasenlöcher sind bei dieser Krankheit mit einem zähen Schleim verstopft, der den Thieren das Ath- men erschwert. Dieser muß entfernt und die Nasen­löcher mit etwas Baumöl ausgepinselt werden, ebenso soll den Thieren zweimal täglich ein Theelöffel voll Oel oder Fischthran eingegeben werden. Der mög­lichen Ansteckung wegen müssen die kranken Hühner von den gesunden getrennt gehalten werden.

(Der Weinkenner.) (Ein alter Weintrinker wird aus der Straße ohnmächtig. Man trägt ihn in das nächste Haus, wo ihm etwas Wein eingeflößt wird. Alsbald die Au­gen halb ausschlagend, flüstert er):Das ist Achtundsechsziger!"

- Eine Todesanzeige in dem zu Friotowu in TexaS erscheinendenMcrcury" lautet wie folgt:Es hat dem Allmächtige» Schöpfer der Welten gefallen, während er auf einer Reise durch Mexiko abwesend war, unseren geliebten Bruder N. N. zu sich zu nehmen."

Unbeabsichtigtes Kompliment. In einem Wochenblatte war zu lesen:Mit, dem Eintreffen des Bürger­meisters nimmt die Viehausstellung ihren Anfang."

Neu cingetroffen ist soeben das 22. Heft der ,,Jl« lustrirte« Welt" (Verlag von Eduard Hallbcrgerin Stuttgart; mit nachstehendem interessanten Inhalt:

Text: Eine rumänische Dorfgeschichte. Bon Jo an Slavici. - Die Gemse und ihre Jagd. Skizze von O. P.

- Wenn Frauen hassen. Roman von Fr. Henkel. Die Nelke. Sonnenstrahl. Erzählung von Daniel Reesen.

- Aus Natur und Leben. Humoristisch: Blätter. Aus allen Gebieten: Hauswirthschaft: Gewerbliches. Charade. Bildcrräthsel. Schach. Kleine Korrespondenz. An­kündigungen. Tageschronik auf dem Umschlag.

Illustrationen r Die verhängnißvolle Brücke zu: Eine rumänische Dorfgeschichte". Von B. Katzler. Die Wildarten der Erde. --- Die vcrräthcrische Studie. Bon Fer­dinand Brütt. Ave Maria. - - Auf dem Rennplatz: Bor dem Rennen. Bon H. Lang: Das Aufstellcn. Bon O. Fi- kentscher. Haremlebcn. Morgenwaschung: Die Mode früher und jetzt. - Aus dem russischen Pestdistrikt. Kamps gegen die Pest im Dorfe Wetliauka. Das Innere der Alt- neuspnagvge in Prag. Bon M. Wchli. Der kleine Pip oder Aus " dem häuslichen Leben eines Däumlings. Von G. Lucke.

Preis pro Heft nur 3V Pfennig.

Zu beziehen durch alle Buchhandlungen und Postämter.