Vjährigeu Knaben ein Stück weiße (Leber-)Wnrst; das Kind genoß davon und war nach etlichen Stun­den eine Leiche.

München, 7. Jnni. In München wurden laut Erkenntnis; des obersten Gerichtshofs 4 Bäcker, welche denaturirtes, zur Biehfütteruug bestimmtes Salz steuerfrei bezogen, aber zur Brodbereitung ver­wendet haben, wegen Defraudation schwer bestraft. Dieselben wurden zur Zahlung von 198 KL bezw. 396 JL, 462 -,<L 994 verurtheilt.

Kaufbeuren. 5. Juni. Auf einem hiesigen Oekvnomiegutc ereignete sich der seltene Fall, das; eine Kuh drei lebende weibliche Kälber (Drillinge) gebar.

In Sachsenhausen ist ein architectonisches Unikum entstanden. Es wurde nämlich auf ein Wirth- schaftsgebäudc ein Stock aufgesetzt: als derselbe fer­tig war, fehlte die Stiege und die Thüre. Der Bauherr, welcher Kletterübungen vornehmen muhte, um in den Neubau zu gelangen, schlug die Hände über dem Kopf zusammen. Dergleichen kommt übri­gens nicht allein in Sachsenbausen vor. Auch an­derwärts gibt eS Baumeister, ja hochgelehrte Archi­tekten, die in ihren Bauplänen und Ueberschlägen oft gar Bieles vergessen, nur nicht die eigene Rechnung.

Ist nur die bekannte Verdriehlichkeit und Grämlichkeit der Allen daran Schuld, dast so vielen Leuten die Gegenwart nicht gestillt und dast sie mit noch mein Sorge in die Zukunft blicken ? Jst's ein Bvrnrtheil. dast daS Heranwachsende Geschlecht ganz andere Anschauungen hat nvd andere Ziele verfolgt als das ältere Geschlecht? und dast diese Anschauungen und Bestre­bungen für den Bestand des Staates und der Gesellschaft ge­fährlich sind? Diese Fragen haben auch die 13. deutsche Lehrer­versammlung in Braunschweig beschäftigt. Da man de» Schulen immer mehr den Hanpttheil der Erziehung der Jugend zumeist, so fragt es sich nur: wie kann die Schule zur .Hebung der Sittlichkeit und der sozialen Wohlfahrt beitragen ? Die Beant­wortung dieser Frage hatte sich der Seminardirektor De. Ered- ner ans Bremen zur Ausgabe gestellt. Die Schule, sagt er, hat sich sehr vervollkommnet, änsterlich und innerlich, ein Dvrf- schüler besitzt heutzutage mitunter mehr Kenntnisse als vor 2V Jahren ein Schüler der vornehmsten Großstadt, aber zngenom- nien hat auch der Mangel an Pietät und Gehorsam, gewachsen sind Rohheit, Sitlenlvsigkcit und Genustsncht, tief gesunken ist das Strebe» nach idealen (geistlich-sittliche»: Gütern und an seine Stelle getreten die Jagd nach materiellen Gütern. Wo­hin derartige Zustände führen, liegt leider nur allzuklar vor aller Angen. Die Massengegenstitze treten immer schärfer zu Tage und der wirthchaftliche Niedergang erhalte eine immer gröstcrc Erweiterung. Man sehe also, dast es mit de» Fort­schritte» des Wissens nicht allein getha» sei. Diejenigen Leute, deren Namen man mit Entsetzen nenne, seien weder unwissend noch unklug gewesen. Es sei dies der beste Beweis, dast die Schule in erst« Beziehung eine sittliche und erziehliche Aufgabe habe, und dqst die Religion einen Ho.nptlehrgcgenstnnd in der Schule bilden müssen. Wenn die Lehrer die ihnen anver- trauten Kinder mit Sachkenntnis! erziehen, wenn sie es als ihre Hauptaufgabe betrachten, daS religiöse Gefühl in dem kindlichen Gemüthe zu wecken und zu pflegen, wen» sie die Kinder ferner aus ideale Männer verweisen, wenn die Lehrer endlich selbst bestrebt seien, den Kindern als ideales Vorbild zu dienen, dann dürfte die Schule einen wesentlichen Theil zur Hebung der Sittlichkeit und sozialen Wohlfahrt beitragen. Aller­dings sc! es erforderlich, dast die Familie die Schule in diesem ihrem Streben unterstütze Solle das deutsche Bolk wieder zu gesünderen Verhältnissen gelangen, dann müsse Arbeitsamkeit, Einfachheit und Massigkeit au Stelle des Luxus, des Hochmuths und der Arbeitsscheu treten und wahre Hcrzensreligion der oberste Grundsatz der Schule und Familie sein. (Lebhafter Beisall., Die anderen Redner der Versammlung stellten ähn­liche Forderungen a» die Erziehung der Jugend durch die Schule und mehrere hoben die Bedeutung der Seminare als der BildnngS- und Erziehungsanstalten für die Bvlksschullehrer hervor: denn die Aufgabe einer guten Volksschule könne nur von guten Lehrern gelöst werden.

Aus dem Rheinstau, 8. Juni. Am Vor­abend der goldenen Hochzeit werden alle hervorra­stenden Berghöhen, Ruinen w. am Rheine, auf dem linken Rheinurer von Bingerbrück bis Rolandseck, auf dem rechten von Eltville bis zum Siebeugebirge durch Freudenfeuer beleuchtet.

lieber ein schauerliches Familiendrama wird ans Königsberg berichtet:Der Loömaun BandS- leben war aui dem letzten Jahrmärkte in Lyk und verkaufte seine Kuh. Unter dem Gclde erhielt er auch einenEinhundertmarkscheiu". Zu Hause durch­suchte sein 6jühriger Sohn die Taschen des Vaters und fand diesen Schein. Das Kind fing an, mit demselben zu spielen und zerriß ihn schließlich. Als der Vater dies bemerkte, ward er derartig wischend, daß er das Kind ergriff, es an den Hauklotz schleppte, und ihm mit einer Axt den Kopf abhieb. Nach der Thar erwachte sein Gewissen. Er ging und erzählte seine unmenschliche That seiner Frau, die gerade ein Kind badete. Diese fiel vor Schrecken in Ohnmacht, und in der Zeit ertrank nun auch das zweite Kind in der Wanne. Der Mörder ist verhaftet worden, iKlingt uns fast zu tragisch.)

Berlin, 8. Juni. Graf Harry Arnim scheint

auf seine Begnadigung bei der Kaiseramnestie fest zu vertrauen, da er sich bei Hamburg dieser Tage eine reizende Villa erworben hat.

Berlin, 9. Juni. Bei der übermorgigen Cour führt Fürst BiSmarck die Staatsminister, dann den Bundesrath zum Throne. Den Berliner Magistrat führt der Bürgermeister Duucker.

DieGrenzboten" bringen einen Artikel über Uebervölkernng, worin der Nachweis zu führen ge­sucht wird, daß die Uebervölkernng, d. ff. derjenige Zustand, in welchem die Bewohner des Landes in demselben weder hinreichende Beschäftigung noch ge­nügende Ernährung finden, das Reich fetzt bereits bedrohe. Der Artikel schließt, mit dem Satze :Frei­lich eine eigenthümliche Ironie des Schicksals, daß gerade in den Feiten, wo die größten Anstrengungen zur Herbeiführung einer gesunden Lebensweise und Verlängerung der Lebensdauer gemacht werden, man zu dem betrübenden Schlüsse kvnunen muß, daß es eigentlich zu viel Menschen gibt."

Die Reise des Kaisers Franz Joseph nach Berlin so wird demBerl. Tagbl." angeblich von inspirirter Seite gemeldet - war im Prinzip beschlossen und schon avisirt gewesen, als in Wien ein Schreiben des Czars eintraf, welches die Hoff­nung aussprach, die Berliner Festtage würden Ge­legenheit bieten, die durch neuere Ereignisse etwas gelockerten ansrrorussischeu Beziehungen wieder fester zu knüpfen. Kaiser Franz Josef antwortete zwar höflich, indem er versicherte, welchen tzohen Werth er auf russische Freundschaft lege, - aber die Berliner Reise wurde doch unter einem passen Vorwand als­bald aufgc geben.

Gleiwitz. DerObeischl. Wandrer" schreibt: Es dürfte unseren Lesern bekannt sein, daß hierorts auf der Ratiborerstraße seit vielen Jahren eine hoch­betagte Frau, die Wittwe Singer, wohnt. Die Frau, vor längerer Zeit erblindet, erfreut sich einer seltenen geistigen Frische und Regsamkeit, die Jedermann, der die alte Frau in den letzten Jahren zu sprechen Ge legenheit hatte, in Staunen versetzt. Ihr Gedächt­nis; reicht bis zu ihrer Kindheit zurück und sie weiß sich an jede Person zu erinnern, von der sie jemals gehört oder mit der sie in Berührung gekommen ist. Wie uns mitgetheilt wird, feiert die Wittwe am 11. Juni, am Tage des gvldeueu Ehejubiläums unseres Kaiserpaares, ihren Geburtstag, und zwar erreicht sie an dem gedachten Tage ein Alter von 111 Jah­ren. Frau Singer beabsichtigt, dem Kaiserpaar nach Berlin zum Jubiläum ihre Glückwünsche übersenden zu lassen.

OesterreichUngarn.

Wien, 7. Juni. Bei Jpek fand ein Kampf zwischen österreich-freundlichen und österreich-feindlichen Arnauten statt, wobei es 80 Tvdte gab.

Wien, 7. Juni. Der Diebstahl, welcher am 16. Mai d. I. an einem Postwagen auf dem Wege zur Südbahn vollführt wurde, erregte seinerzeit nicht allein wegen der Höhe der gestohlenen Summe, son­dern auch der räthselhaften Umstünde halber, unter welchen er vollbracht sein mußte, größeres Aufsehen. Der Verdacht gegen den Kondukteur und Kutscher, welche den Wagen führten, mußte der erprobten langjährigen Treue dieser Bediensteten und bei jeg­lichem Mangel an Indizien bald fallen gelassen wer­den. Jetzt hat der Zufall, und zwar ein ganz ge­ringfügiger Umstand, zur Entdeckung des Diebes geführt. Der Postillon Johann Krizan -- nicht jener, welcher den betreffenden Wagen führte - lies; in letzter Zeit seinen Wirthsleuten gegenüber mehr Geld sehen, als er nach deren Meinung rechtlicher Weise besitzen konnte. Auf geschehene Anzeige wurde sofort der Verdächtige verhaftet und in seiner Woh­nung eine Hausdurchsuchung vorgenommcn, die von vollem Erfolge begleitet war, indem fast 18 000 fl. nusgefunden wurden. Im ganzen Hause fand mau in allen nur denkbaren Verstecken österreichisches und deutsches Papiergeld, Dukaten, Napvleonsd'or, Ru­bel u. dgl. Es stellte sich nun heraus, daß Krizan sich den Schlüssel zum Postwagen zu verschaffen ge­wußt und den Diebstahl während der Fahrt aus­geübt hatte; seine Vertrautheit mit der Manipulation und das dunkle stürmische Wetter hatten ihm die für jeden Ungeweihten höchst schwer auszuführeude That erleichtert. Mit Krizan wurde seine Geliebte, welche der Hehlerei schuldig ist, verhaftet.

Italien.

Rom, 9. Juni. Der Papst ernannte Kardi­nal Hcrgcnröther zum Archivar des heiligen

Stuhles. Die Ausbrüche des Aetna sind als beendet zu betrachten, man sieht nur noch Rauch.

Schweiz.

Schwyz. Am 17. Mai wurde beim Civil- staudesbcamteu in Muotathal die Ehe zweier Leute geschlossen, wovon der Bräutigam ein 77jähriger wohlhabender Jüngjing, die Braut dagegen kaum'20 Jahre alt war. Behufs kirchlicher Einsegnung wall- fahrteteu die Zwei, wie dies früher häufig vvrkam, nach Einsiedeln. Schon auf dem Wege dorthin er­krankte der Bräutigam und sein Zustand verschlim­merte sich derart, daß er, nach geschehener kirchlicher Einsegnung, auf dem Heimwege nvthgezwungen im Ärankenhause Schwyz untcrgebracht werden 'mußte, wo er am 27. starb.

Fraukreich.

Paris, 7. Juni. In radikalen Kreisen ver­lautet mit großer Bestimmtheit, daß gleichzeitig mit Blangni auch Henri Rochefort und'einige andere Pnblicistcu der Commune, die sich, wenn auch noch so schwer, doch nur mit der Feder vergangen haben, begnadigt werden sollen.

England.

London, 8. Juni. Der Mariueminister Smith hielt vorgestern bei dem Banket der konser­vativen Partei in St. Edmunds Renec eine Rede, worin er zunächst mittheiltc, daß nach Beendigung des Zulukricges die Kolonien Südafrikas so konstituirt werden würden, um künftighin sich selber gegen Bar­barenstämme vertheidigen zu können. Auf die orien­talische Frage übergehend, bestritt der Minister die Behauptung, daß England nur ungern Ostrumelieu die Autonomie zugcstauden habe. Die britische Re­gierung bestand lediglich auf Aufrechterhaltung des Rechtes des Sultans zur Besetzung des Balkans, weil die Balkangrenzc nvthwendig für die Existenz der Türkei, letztere aber im Interesse Europa s sei. Die Behauptung von Differenzen zwischen England und Frankreich, betr. Egypten, ist falsch: beide Mächte seien momentan in völligem Einvernehmen. Der Khedive schadet sich durch sein Verhalten unend­lich. Die größte Vorsicht und Klugheit seien erfor­derlich. England und Frankreich seien entschlossen, bei Lösung des Problems nicht übereilt vvrzugehen. Die brittische Regierung beanstande nicht die Aspira­tionen Griechenlands, wünsche aber nicht, daß letzteres unvorbereitet in einen Krieg verwickelt werde. Die Regierung begünstige die Ausdehnung des griechischen Gebietes und werde im Verein mit den Großmächten Alles thun, Griechenland zu geben, was in dessen und Europas Interesse vortheilhaft sei. Der Fürst von Bulgarien konferirte am Donnerstag mit Salisbury. Rußland.

Ter Gouverneur General Gurko in Peters­burg bekam von den Nihilisten einen Drohbrief nach dem andern. In dem letzten stand, er werde in seinem eigenen Hause vergiftet werden. Da rief er seinen Koch, zeigte ihm den Brief und sagte: Alles, was ich esse und trinke, geht durch deine Hand: also höre aufmerksam zu : sobald ich das geringste Leib- weh verspüre, in derselben stunde bummelst du am Galgen! - Der Koch sah seinem Herrn in die Au­gen und wußte genug.

Handel K Verkehr.

Stuttgart, 8. Juni. sLandcSproduktenb örse.j An heutiger Börse waren die Umsätze nicht belangreich, da bei den neuen günstigeren Erntcaussichten nicht über den laufenden Bedarf gekauft wird: nur Haber ist sehr gesucht. Wir notiren Pr. 100 Kilogr.: Waizcu, baicr.-21 4L t>o 4 bis 22 4L 50 4, Ungar. 21 4L 50 4 bis 22 4L 50 4, russ. 22 50 4, Ker­

nen 22 4L 40 4 bis 23 4L 50 4, Dinkel 11 -15/L, Roggen 18 ., Haber, württ. 16 bis 18 4L 40 4, russischer 15 4L 80 4. Mehlpreise pro 100 Kilogr. incl. Sack: Nr. 1 33 4L 50 4 bis 35 4L Nr. 2 30 4L 50 4 bis 31 4L 50 4 Nr. S 28-27 4L Nr. 4. 23-24 4L

Mannheim, 8. Juni. Die Stimmung im Getreide­handel war während abgelauscner Woche fest und notiren wir: Weizen je nach Qualität 4L. 21.50 -24, Roggen 1415.5016 bis 17.50, Gerste 1718, Hafer 14.50-15, Kohlreps 2028.50.

Strastburg, 8. Juni. Bon dem beliebten M ü n ste r- käse werden in dem 18 000 Einwohner zählenden Münsterthal jährlich 7000 Eentner fabrizirt. Der Centn« dieses Käses kostet durchschnittlich 50 ^<L, so das; also im Münstcrthal jähr­lich für ungefähr 350 000 4L. Käse gemacht wird. Rur ein geringer Theil dieses Käses geht nach Frankreich und Deutsch­land, der größte Theil wird in Elsaß-Lothringen selbst verzehrt.

Augsburg, 10. Juni. (Woltmarkt.) Gestern Mittag Einiges zu vorjährigen Preisen gehandelt. Heute mit Abschlag von 510 ^ Hälfte verkauft. Größere Industriellen fort­während zurückhaltend. (R.-Ztg.)

Liegnitz, 5. Juni. (Wollmarkt.) Ungefähren waren 5000 Ctr. Wolle, davon crständig 1600 Ctr. Die Preiserhöhung beturg 24 -36 4L, Dominialwollen 180- 220 4L, Rustikal- wollen 165180 4L. Die Wäsche ist durchschnittlich vorzüglich.