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am Kittel gezupft, abseits genommen, Angeschlagen, ein Schöpplein getrunken, klapps! der sitzt in der Falle. Das Bäuerlein, noch oster aber der flotte Bauer, bekommt sein Geld mit 2030 Proc. Ra­batt und 6 Proc. Zins. Das ist aber erst der An­fang. Es wird wieder geborgt, Wechsel folgt aus Wechsel mit wachsender Summe; der Schultheiß wird womöglich auch ins Garn gelockt, Bürgen werden angenommen, damit nichts ins Pfandbuch kommt und nichts verkauft werden muß. Sv greift der Krebs um sich und ruiuirt ganze Gemeinden. Jedermann- hier und in der Umgegend kennt die Blutsauger, die nebenbei bemerkt,verschiedenen" Confessiouen ange­hören. DerHofmetzgerei" alten Stils hat man durchs Gesetz gesteuert, aber diesem Wucher, wie er jetzt in der gemeinschädlichsteu Weise den Wohlstand ganzer Gegenden untergräbt, dürfte man wohl auch ernstlich zu Leibe gehen.

Heilbronn, 15. Mai. Nunmehr ist mildere Witterung eingetreten, die Vegetation ist zwar noch zurück, hat dafür aber auch bis jetzt keinen Schaden genommen. Tie Obslbäume flehen in herrlichster Milche und versprechen schöneil Ertrag. Die Reben sind nicht nur an Georgiiblutt und blind" gewesen, sondern sind es heute noch, zeigen aber sehr reich­liche Fruchtansätze, wie denn überhaupt das Holz derselben seit Jahren nicht so vollkommen war, wie in diesem Jahre. Möge die allseitige Hoffnung auf ein günstiges Frucht- und Weinjahr doch gewiß in Erfüllung gehen. hAehnliches wird auch aus der Mergentheimer Gegend berichtet.)

Pforzheim, 14. Mai. Gestern Nachmittag befand sich im Gasthaus zur Krone zu Grötzingeu ein Aufseher der Bahn, der eine Dyuamitpatrvne bei sich hatte und mir derselben spielte. Plötzlich entlud sich unter fürchterlichem Knall dieselbe und riß dem Aufseher die Hand ab und brachte ihm noch verschiedene Verwundungen am Körper bei. Der übrige Schaden, den die Explosion anrichtetc, erstreckte sich aus die Fenster, die vollständig demvlirt wurden. Ter Verunglückte ist gebürtig aus Haubersbronn in Württemberg lind ist sein Name Gottfried Rapp.

Wolsach, 14. Mai. Der Postillon Schnel­ler von Freudenstadt, welcher am Kaiserfest aus hie­sigem Marktplatz einen Knaben überfuhr und dadurch dessen Tod verursachte, wurde gestern von der Straf­kammer des Großh. Kreis- und Hvsgerichts Osfen- burg wegen fahrlässiger Tödtuug zu einer Gefängniß- strafe von 6 Monaten vcrurtheilt.

In Regensburg und weiterer Umgegend hat nächtlicher Frost die ganzen Vaumblüthcu und sogar die junge Saat getödtet: alles ist schwarz.

Darmstadt, 14. Mai. Auch die Ehefrau des Barbiers, der sein Ojähriges Kind aus so scheußliche Weise getödtet, ist gefänglich eingezogen worden, da sic dem Kind einen schweren, an der Leiche deutlich wahrnhemendcn Tritt aus den Leib versetzte.

Frankfurt, 16. Mai. Gegen die Erträgnisse der nächsten ungarischen Getreide-Ernte brauchen wir allen Berichten nach unsere Ernte durch Korn- Zölle nicht zu schützen. Aus alle» Theilen Ungarns lauten die Nachrichten betrübend. Unübersehbare Strecken fruchtbaren Landes stehen unter Wasser, zahlreiche Ortschaften sind überschwemmt, der Anbau ist vcknichtct, Handel und Verkehr stocken und die Witterung ist noch immer so abnorm, daß man an einer Wendung zum Bessern schier verzweifeln muß. Die Frühjahrs- und Herbstsaaten dürften der Wiener D. Ztg." zufolge total vernichtet sein.

Berlin, 15. Mai. Im Interesse rascher und ununterbrochener Erledigung der Geschäfte wird der Bundesrath zu Pfingsten keine Ferien machen.

Berlin, 15. Mai. Die Obduktion der Leiche der Anna Friedrich hat gestern Nachmittag stattgesunden: der muthmaßliche Mörder Kuhnke ist zu derselben in das Obduktionshaus transportirt und nach Beendigung der gerichtlichen Sektion wieder nach der Stadtvogtei in Jzolirhaft gebracht worden. Durch die Obduktion wurde eine ganz entsetzliche Ver­letzung des armen Kindes sestgestellt. Bei der Sek­tion war der Chef der Kriminalpolizei, Graf Pückler, und der in der Affaire speziell thätigc Kriminal- Kommissar Weicn anwesend, welche angesichts der Leiche dem Kuhnke ins Gewissen redeten, ohne von ihm jedoch ein Geständnis; zu erreichen; denn der Mann blieb ruhig und gefaßt und beisteuerte auch hier seine Unschuld. Die Mutter des gemordete;; Kindes war ebenfalls im Obduktionshause erschienen: war tief gebeugt und brach in heftiges Weinen aus,

als sie die Leiche als die ihres Lieblings rekognosziren sollte.

Berlin, 16. Mai. Die Tarif-Commission hat beschlossen, sich in 5 Gruppen zu zerlegen. Die erste für Metall hat zu Referenten: Bamberger u. Fran­kenberg ; die zweite für Kautschuck, Leder, Wachstuch: Oechelhänser und Kardvrff; für die dritte, die Tcx- tilbranche, werden die Referenten morgen gewühlt werden: die vierte, die Chemikalien, Glas, Papier hat Hammacher und Karsten: für die fünfte, für Materialwaren, werden die Referenten ebenfalls mor­gen gewählt werden.

Berlin, 16. Mai. Bis gestern Vormittag hatten 50 deutsche Städte die Einladung des hiesi­gen Magistrats zum Städtetag angenommen, wäh­rend im Ganzen 7 Städte «Augsburg, München, Karlsruhe, Leipzig, Gotha, Halle, Straßfurt) die Theilnahme abgelehnt haben. Der hiesige Magistrat erwartet, daß, wenn auch die Resultate des Städte­tags gegen die Korn- und Viehzölle die Verwirkli­chung der darauf bezüglichen Regierungs - Vorlage nicht verhindern werden, so werde doch immerhin die Nichterfüllung einer noch weiter gehenden Forderung der Conservativen auf Erhöhung der in der Bundes- rathsvorlagc vorgeschlagcnen mäßigen Getreide- und Vichzölle bewirkt werden.

Berlin, 16. Mai. Der Reichstag beschloß heute mit 218 gegen 88 Stimmen, auf 100 Kilogramm Roheisen einen Zoll von 1 ,/L zn legen. <W. L.-Z.)

Berlin, 16. Mai. Die rraurige Erfahrung, daß grauenhafte Verbrechen nie vereinzelt auftrcten, hat sich abermals bewahrheitet. Gestern ist der Milchhändlcr Schwarz aus Hermsdorf, ein vierzig­jähriger Mann, wegen eines vollzogenen scheußlichen Attentats aus ein neunjähriges Mädchen verhaftet worden. Im Osten der Stadt wurde ein ehema­liger Beamter wegen eines gleichen scheußlichen Ver­brechens verhaftet.

Berlin, 16. Mai. Fürst Bismarck kouferirte heute im Reichstag mit den Abgeordneten Windthorst- Meppen und v. Bennigsen. Man vermuthet, der Reichskanzler werde bei dem Tarifgesetz nur noch bezüglich der Kornzölle in die Debatte eingreifen. Das Sperrgesetz wurde heute dein Reichstag vor- gclegt, und wahrscheinlich wird am Montag die erste Lesung desselben stattsiuden.

Berlin, 17. Mai. Die am 14. ds. stattgc habte erste prinzipielle Abstimmung beim Zolltarif ergab eine Majorität von 40 - 50 Stimmen für die Schutzzöllner. Damit wäre das Schicksal des Entwurfs in den Grundprinzipien entschieden.

Berlin, 17. Mai. Heute Vormittag gegen 11 Ls Uhr wurde im Festsaale des Rachhauses der deutsche Städtetag eröffnet. Die Präsenzliste wies 117 Delegirte ans, welche 72 Städte in allen Theilen Deutschlands vertreten.

Der K aiser nimmt au den militärischen Hebungen der Berliner Truppen täglich Theil und cs wird allgemein die Frische des Monarchen bewundert. Am 15. herrschte nach demSt.-A." in der Belle- Alliancestraße große Aufregung. Kurz nachdem der Monarch aus seiner Fahrt nach dem Eempelhofcr Feld, wo die Exereilien stattfinden, vorüber gekommen war, wurde ein Individuum, das äußerlich sehr rcduzirt war, inmitten der Volksmenge mit einer Flinte in der Hand betroffen. Der junge Mensch, er dürfte 20 Jahre alt sein, wurde unter Zulauf einer mächtigen Menschenmasse zur Polizeiwache be­fördert.

Eine wahrhaftgesegnete Mahlzeit" hat dieser Tage der ehemalige vstpreußische Grenadier Schwesig in Berlin gehalten. Bei Tisch kam ihm nämlich plötzlich eine Kugel in den Mund und er wußte sogleich, woher sie war. Vor Metz hatte er am 14. August 1870 einen Schuß in den linken Ba­cken erhalten und die Chassepotkugel blieb ihm trotz aller Operationen der Aerzte in dem Backenknochen sitzen. Er lag zwei Jahre in den Lazarethen und hatte immer große Schmerzen: jetzt war er sie los und wird gesund werden. Man hat die Kugel dem Kaiser gebracht.

Die Nachricht, daß Prof. Reuleaux iu seiner Eigenschaft als Kommissär für die australischen Welt­ausstellungen ein englisches Schiff gemiethet hat, um die deutschen Güter nach Sydney zu befördern, ist mit Befremden ausgenommen worden. DieN. Frkf. Pr." sagt, daß Prof. Reuleaux zu diesem Ent­schlüsse gegen seinen Willen durch die Schwerfälligkeit

und das uncoulante Verhalten der deutschen Rheder genöthigt worden sei. Vergeblich versuchte er mit Hamburger und Bremer Schiffseigenthümern abzu­schließen; dieselben stellten enorm hohe Forderungen und waren nicht einmal im Stande, rechtzeitige Ankunft zw aarantircn.^ Die vom Reichstage für sümmtliche Unkosten der Sydney-Ausstellung bewilligte Summe würde kaum zur Deckung des Transportes auSgereicht haben, und da der englische Rheder nur etwa die Hälfte der deutschen Forderung verlangte, verzichtete Reuleaux auf den Abschluß mit Hamburg oder Bremen und schloß mit London ab.

Ein reicher Bürgermeister. Eines Bür­germeisters mit ähnlichen Reichthümern wie der, des­sen Hamburg sich erfreut hat, dürfte sich wohl kaum eine andere Stadt rühmen können. Wie man uns aus der freien Stadt an der Elbe schreibt, hat der kürzlich verstorbene Bürgermeister a. D. Kellinghusen ein Vermögen von nicht weniger als 14 Mill. Mark hinterlassen. Abgesehen von den Revenuen seines Vermögens bezog derselbe bis an sein Lebensende eine Pension von 23,000 -4L, da er nach einer Dienst­zeit von 42 Jahren mit vollem Gehalt pensionirt worden war.

OesterreichUngarn.

I» dcr Brigittenau in Wien wohnt ein Lokomotivfüh­rer Baildon, dcr seinen 7jährigcn Sohn Robert unmenschlich mißhandelte. Am 3. Mai kamen Nachbarslente zur Polizei und baten, den armen Jungen, dcr von seinem Vater nach schrecklichen Mißhandlungen im Weller eingesperrt worden sei, zn befreien. Ein Polizcibeamter stellte sich ein, ließ den Keller durch Schlosser öffnen und berichtet darüber: Ich fand den Knaben in unmenschlicher Weise gefesselt und mit dem Gesichte gegen den feuchten Boden gekehrt liegen. Das Kind konnte keinen Laut von sich geben; denn in dem Mund trug es einen starken Knebel, die Hände waren ans den Rücken mit einer starken Rebschnnr gebunden, die Füße ebenfalls gefesselt; eine dicke Rebschnnr war dem Kinde unter den Hals gelegt und führte von da zur Fessel, welche die Füße zusammen schnürte, so daß das Kind in gebückter Stellung verharren mußte und jeder Bewegung beraubt war. Die Schnürung war so fest, daß die Schnur an Händen und Füßen lief eingeschnitten hatte, und als der Knebel entfernt wurde, quoll das Blut ans dem Munde. Der Rücken des Jungen war voll Blutstriemen, lim l Uhr Mittags war der Junge eiugesperrt worden, um 8 Uhr Abends kam der Vater nach Hans. Der furchtbar rohe Vater erklärte vor Gericht: cS ist ein unnützer Junge: was soll ich mit ihm aniangen? Ich bin früher auch in den Bock gespannt worden und cs hat mir nichts geschadet; es ist besser, er wird hin" als ein Spitzbube. Der Unmensch wurde zn 10 Wochen Gefängnis; vcrurtheilt und der väterlichen Gewalt verlustig erklärt.

Italien.

Rom, 15. Mai. In dem heutigen feierlichen Consistvrium fand die Ueberreichmig des Hutes und Ringes sowie die Ceremonie der Mund-Schließung und Oefsnuug bei den neuernannken Kardinälen Pecci, Hergenröthcr, Newman und Zigliari statt. Der Papst ernannte sodann 19 Bischöfe, darunter Pavel für Großwardein, Dunajewski für Krakau, Frind für Leitmeritz uud Szabo für Szamosujvar. Her- geuröther erhielt den Kardinalstitcl von der Diakonie St. Nikolaus in earoers.

Schweiz.

Nationalrath Dr. Stämpfli in Bern ist am 15. Mai nach einer längeren Krankheit gestorben. Mit Stämpfli ist eine Persönlichkeit vom Schauplatz abgetreten, welche in; politischen Leben des Kantons Bern und der Eidgenossenschaft während der letzten vier Jahrzehnte eine bedeutende Stellung eingenom­men hat.

Frankreich.

Paris, 15. Mai. Der Erzbischof von Lyon, Cardinal Cave rot, hat in seiner Diöcese öffentliche Gebete wegen des dem Laudbau so nachtheiligen kal­ten Wetters ungeordnet.

Spanien.

Nachrichten aus Madrid bestätigen die Mel­dungen über eine Heirath des Königs Alphons mit dcr Erzherzogin Christine.

In Spanien ist es in verschiedenen Städten des Landes wegen des Aufschlagens der Brodpreise zu Volksaufläufen gekommen. So zn Granada, Ali­cante und beinahe auch in Madrid.

England.

London, 13. Mai. Der Streik der Londo­ner Maschinenarbeiter währt jetzt gerade ein Viertel­jahr. Ansgegeben sind nicht weniger als 10,000 Psd. Sterl. Am Samstag ward Unterstützung gegeben an 420 Vereinsmitglieder mit 610 Kindern, ferner an 310 Nichtvereinsmitglieder mit 570 Kindern. Eine Gesellschaft hat sich gebildet zur Legung eines neuen Telegraphen-Kabels durch den atlantischen Ocean. Anregung dazu soll die Eifersucht der