den Zolltarif und das Steuersystem ans. Er sieht in den vielen Versprechungen Bismarcks sogar etwas Sozialistisches, weil sie schwerlich in Erfüllung gehen würden und könnten. Bismarck sage: wir müssen den armen Mann reicher machen, aber er wolle ihm nicht weniger abnehmen, sondern nur so. das; er es weniger spürt sindirekts: so vielen Schichten des Volkes sollen Bortheile zngeweiidet werden, das; man sich fragen muß: wer bleibt denn übrig, um das alles zu bezahlen? etwa nur die, die über 6000 <,/L sum dirtes Einkommen haben? Bon der Industrie behauptet er, sie sei immer mit dem Jahrhundert marschirt und erstarkt, die Cultur von Grund und Boden dagegenchintcr dem Jahrhundert zurückgeblieben und schwächer geworden: die Arbeit der Tarif-Com­mission sei ohne einen Schatten von genügender Vorbereitung und Kenntnis; der Berhältnisse, eS werde eine gewaltige Reform, die alle Gebiete aufs Tiefste durchdringe, überstürzt. :Große Aufregung, Zustim­mung und Zischen; lange Unruhen Finanzminisier Hobrecht wem die Angriffe Bambergers zurück, ohne allen Berechnungen und Versprechungen Bismarcks zustimmen zu wollen.

In der Schlesischen Zeitung erschien neulich ein Artikel aus militärischer Feder über das Anwach­sen der französischen Heereskrast und ihr Verhältnis; zu der deutschen. Tas Ergebnis;, zu welchem der Verfasser kommt, ist ein für Deutschland ungünstiges. Frankreich", sagte er, ..rechnet nir den Kriegsfall mit Ziffern, deren Höhe jede Vorstellung übersteigt. Sobald die neue Heeres - Organisation vollständig durchgesichrt lein wird, wozu freilich noch eine Reihe von Jahren erforderlich sein dürste, soll das fran­zösische Aufgebot insgesamt mehr als dreieinhalb Millionen Streiter umfassen. Das schließt jede Kon­kurrenz aus: dm Gedanke, Frankreich numerisch zu überbieteu. muß ansgcgeben werden." Dies kte- bergewicht, führt der Artikel ans, sei nicht schrecklich für Deutschland, so lange letzteres in der Defensive bleibe: in der reinen Defensive lasse sich aber kein Krieg zum siegreichen Anstrage bringen, und sobald Deutschland zur Offensive überginge, würde die fran­zösische llebermacht zur vollsten Geltung tommen. In Frankreich mache sich bereits das Bewußtsein geltend, daß inan nichts zu fürchten habe, wenn man an das Schwer, appeilire. Darin liege eine Gefahr. der Deutschland begegnen mime - aber wie? Eine Ver­stärkung der deutschen Armee sei unmöglich, es gebe also nur ein sicheres Mittel: die Begründung und Befestigung neuer inniger Freundschastsbeziehungen zu Oestreich. Deutschland und Oestreich tollte» ei­nen Bund von ausgesprochen völkerrechtlichem Eha- raktcr schließen, der im Interesse beider Reiche liege. Beide vereint, würden stark genug sein, den Frieden zu gebiete.: und Niemanden zu fürchten." Die N. Fr. Pr." sagt hiezu:Ein Bündnis; Deutsch­lands mit Oeftreich dünkt auch uns die beste Ge­währ für die friedliche Entwicklung Europas und darum ein Ziel, warm zu wüuscheu für jeden Pa­trioten in beiden Staaten, eifrig zu erstreben von allen Politikern. Ter Gedanke des Artikels in der Schlesischen Zeitung har also unseren vollen Beifall. Aber die Begründung behagt uns nicht. Warum bildet man sich in Deutschland ein, es müsse zu ei­nem treuen Kriege mit Frankreich kommen? Es ist unwaprscheinlich, daß Frankreich einen Angriffskrieg gegen Deutschland beginnen sollte. Der ganze Ar­tikel der Schlesischen Zeitung aber geht von der Voraussetzung aus, Frankreich werde eines Tages über Deutschland herfalken und Elsaß-Lothringen ziirüctzuerobcrn suchen. Man wird sich das in Pa­ris Wohl überlegen. Die Freundschaft zwischen Oest­reich und Deutschland soll keine nach Westen gerich­tete Spitze haben, vielmehr, meint dieN. Fr. Pr." indem sie mit ihrem cwtsiuin cwnseo schließt soll die Voraussetzung eines solchen Bündnisses die sein, das; Deutschland sich von Rußland losmachc.

Eine aufregende Scene lockte vor einigen Tagen in der Neustädten Fnhlentwietc zu Hamburg ein jo zahlreiches Publikum an, daß die Straße durch Schutzmänner abgesperrt werden mußte. Es hatte nämlich eine Dame einen Laden daselbst verlassen und anS Versehen ihren Hund, einen mittelgroßen schwarzen Pudel, mitzunehmen vergessen. Als das Thier durch die Spiegelscheibe des Ladens seine Her­rin sortgehen sah, sprang es, che man es noch daran verhindern konnte, durch die ziemlich dicke Scheibe hindurch, und ohne einen Laut von sich zu geben, stürzte cs, da ihm Hals und Brust vollständig durch­

schnitten, so wie der Leib ausgcschlitzt war, zu Boden und starb bald daraus. Das an dem Fenster und an der Mauer hcrabfließende Blut veranlaßtc mehrere Leute zu dem Glauben, es sei dort ein Mord verübt. Italien.

Rvm, ö. Mai. Ein Schreiben Garibaldis fordert die demokratische Liga an;, vereint mit der Presse sofort Meetings und Legalagitativnen für das allgemeine Stimmrecht zu veranstalten.

In diesem Jahre sind 1800 Jahre verslvsse», daß die Städte Pompeji und Hcrkulannm durch den furchtbaren Ausbruch des Bc>nvs unter der vul­kanischen Asche begraben wurden. Tie Direktoren der kgl. italienischen Ausgrabungen beabsichtigen ans diesem Anlaß, in dem ans seinem Grabe wieder er­stehenden Pompchi eine wissenschaftliche Feier zu ver­anstalten, zu welcher die hervorragenden 'Archäologen Italiens bereits Einladungen erhalten haben. Auch aus berühmte auswärtige Alterthnmsforscher sollen diese Einladungen ausgedehnt werden.

Schweiz.

Bern, 5. Mai. Der Streit zwischen Favre und der Gotthard-Gesellschaft ist geschlichtet. Die Arbeiten im Tunnel sind ihrem ganzen tunsange nach wieder ausgenommen.

Freivurg, 80. April. In derkatholischen Buchdruckerei" in Freibnrg werden seit einiger Zeit auch Letzerinnen verwendet. Binnen wenigen Mo­naten sind nnn vier junge Mädchen gestorben und mit Recht bezeichnet dasI. de Frist." es als eine Barvarei, dag weibliche Personen in den gesundheits­schädlichen Setzerkokalcn verwendet werden. DaS Ein- athmen der mit Bleistanst geschwängerten Lust wirkt aus Mädchen von zarter Konstitution nach kurzer Zeit tödtlich.

Rußland.

Petersburg, 4. Mai, Ossicielle Meldung aus Orenburg vom 3. Mai: Der Brand ist gelöscht, ausgenommen wenige Stellen, wo das Holz unter Schutt noch glimmt. Zum vollständigen Löschen sind energische Maßregeln getroffen. Die meisten Obdach­losen sind bereits untergebracht : Brod wird unent geltlich vertheilt. Das llnterstützungskomite ttzeille die Stadt in ."> Bezirke ein, um sie Einziehung zu­verlässiger Informationen über Nottzleidenöe zu er- teichrern. Tie Rentei, sowie einige Banken eröffne reu ihre THörigkeit wieder. Beim Oefsnen eines feuersicheren Schrankes in der Äbtheiiniig der Reichs­bank ergab sich, das; darin gegen 800,000 Cre- dit-Rnbcln verglimmt, dagegen Silber, Gold und Werthpapiere unbeschädigt geöiieben waren,

Bulgarin!.

lieber die Wahl des Bulgarcnfürsten er sätzrl dieAgenee Havas" vom 20. April, Abends, aus Tirnova, daß der Wahlact cine große Menge von Bulgaren dort versammelt hatte, welche das Ergebnis; mit unbeschreiblichem Enthusiasmus begrüß­ten. Als Fürst Dvndnkvff zuvor den Sitzungssaal verließ, wurde» ihm die Pferde ans dem Wagen ausgespannt und er im Triumph durch die Straßen der Stadt gezogen. Das Ergebnis; der in der ge­heimen Sitzung vollzogenen Wahl wurde ihm von der Kammer in omniora übcrbracht. Ter Erzbischof von Tirnova, eines der geachtetitcn Mitglieder der Versammlung, hielt vor Beginn des Wahlacts eine Ansprache, in welcher er die drei Candidatnren des Prinzen Alexander, deS Prinzen Rens; und des Prin­zen Waldemar von Dänemark beleuchtete. Prinz Alexander habe für die Befreiung Bulgariens ge­jochten und werde bei seinem noch jugendlichen Le­bensalter sich leichter und enger mit dem bulgarischen Volke identifieiren können. Die Versammlung unter­brach die Rede des Erzbischofs, indem sic durch ein­stimmige Acclamation den Prinzen Alexander zum Fürsten ausrief.

In Philippvpel dcmvnstrirtc am Donnerstag eine Volksmasse, die nach Tausenden zählte, vor dem Gouvernenrhaus unter dem Ruf :Wir wollen keinen türkischen Gouverneur, keine Türken mehr ans bulgarischem Boden, die Russen sollen hier bleiben!" Der russische General Stvlhpin versuchte vergebens die Beruhigung der aufgeregten Massen, versichernd, der Ezar werde Alles zum Heil der Nation lenken; erst dem Exarchen Joses gelang es, die Massen zu beruhigen, nachdem er ihnen ein Telegramm des Czarcn vorgelescn, worin der Czar sagt,er werde nicht aufhören, für das Bnlgarenvolt zu sorgen", und nachdem der Exarch gebeten, sich die Liebe des Czar-Befreiers nicht zu verscherzen.

Türkei.

Konstantinopel, 5. Mai. Der gestern ein- getrosfcne russische General Ob rutsch eff soll heute dem Sultan ein kaiserliches Schreiben überreichen, laut welchem Obrntscheff beantragt ist, in Ostrumelien eine Proklamation des Kaisers von Rußland zu verbreiten, worin die Bevölkerung anfgefordert wird, sich dem Berliner Vertrage zu fügen und die ihr verliehene» freisinnigen Institutionen anznnehmen. Das Schreiben spricht ferner des Kaisers Hofsnnng ans, daß der Sultan in gleicher Weise Vorgehen werde. Obrntscheff wird in Begleitung des Obersten Sch cp el off sich nach Rumelien begeben.

Amerika.

Bon einem Meteorstein erschlagen. Ein Ereignis;, dessen Gleichen bisher noch nicht in den Annalen der Weltgeschichte erwähnt worden isst, hat sich jüngst, wie dieViktoria Weekly Standard" meldet, aus einer Farm zu Covington zngetragen. Der Besitzer Mr. Grover ist von einem Meteorstein erschlagen worden. Seine Tochter und deren Mann, mit denen er gemeinschaftlich die Farm bewirthschaftetc, fanden ihn, als sie von einem Besuch in der Nach­barschaft zurückkehrten, als Leiche ans seinem zer­trümmerten Bette: in der Decke des Zimmers, gerade über der Brust des Erschlagenen, zeigte sich ein Loch, wie von einer Kanonenkugel herrührend, daS mit einem Loch im Fußboden törrespondirte, bei weiterer Nachforschung wurde in dem Keller ein 20 Pfund schwerer Meteorstein ausgegrabcn, der vier Fuß tief in den Boden eingedrnngen war. »Klingt sehr ame­rikanische

Kandel L Verkehr.

Stuttgart, 5. Mol. cLandesprvdukte nbiirse.) Ans unsere Börse übten dic auswärtigen festeren Berichte noch keinen wesentlichen Ginslnst ans nnd die Umsäke haben nach heute den laufenden Bedarf nicht überschritten. Wir notiren per 100 Xtilogr.: Weizen, bayer. 20. 70. A? 21. 7»., Ungar. A7. 20 . 75. A7. 21. 75., rnsj. .V. 2!. 25. KernenE 2l. 50.

bis 75. Dinkel A7, 13. Haber 14. 40.60. Mohlprcise per io» Kilogr.. Mehl Ar. 1: .V. 02. 50.84. Ar. 2: Ar 29. ÜO.-T« 80. 50. Ar. 8: .//. 25.-26. Nr. 4: Ar 22 bis Ak. 28.

Mittlere Frachtpreise per Ceutiicr

) L

29. April. Roggen.

Gorst-.

Haller.

NaqMb . . .

n :i2.

7. 99.

6. 72.

Winnenden . .

. . !>. 2l.

ö. 19.

Bovfingen . /

. . tN. 8 t.

8. 45.

7.

8. 40.

Geislingen . .

. . !0. 48.

Hall ....

. . 7. 79.

. - .

Heidenhcim . .

. . 10. 59.

8. 50.

7. 58.

6. 65.

Kirchhenn . .

. . 10. 87.

7. 65.

6. 95.

Lenikirch . . .

. . 10. 47.

6. 57.

Rüblingen . .

. . 9. 54.

6. 84.

7. 32.

6. 25.

Tuttlingen . . Waldsce . . .

. . 9. 70.

8. 32.

6. 92.

. . 9. 96.

7. 80.

i. 68.

sSt.-A.)

Ata nn he im. 4. Mai. »Wochenbericht.' Dic Stimmung im Getrcidehandct war während abgelanfeuer Woche fest nnd notiren wir: Weizen je nach Qualität 10.5022.50, Roggen 12.7514.5015.5016.50, Gerste 15,-16.75, Hafer 13.75- 14.50, Kohlreps 28.5029 per 100 Kilo. Im Klee­samen-Handel wurden noch einige Umsätze in Lucerne zu Ar 96 bis l04 per 100 Kilo brutto gemacht.

Aus dem Obernmt Horb, 4. Mai. Dic alljährlich um diese Zeit stattsindende 14 Tage dauernde Holzversteigernng des fürstlichen Rentamts Hechingen, von welchem der meiste Hvlzbedarf hiesiger Umgegend bezogen wird, hat dieser Tage wieder begonnen und ist der Zndrang zu derselben so stark, das; sich die Holzprcise bedeutend steigerten. Durchschnittlich wird der Raummeter Scheiterholz mit 7 -8 Ar, Prügelholz mit 5- 6 Ar, I» Buchenholz mit 12 Ar, I» Wellen mit 16 tanncne Wellen mit 7 Ar bezahlt.

Friedlos.

Novelle von Adolf Berg.

Dem VerfasserVäter nnd Kinder."

(Fortsetzung.)

Er erhob sich aus seiner knieenden Stellung und ging näher an die Schlucht heran, während das Brausen und Toben der Wasser ans der Tiefe an sein Ohr schlug. Eine Zeitlang blickte er stumm in den Schlund hinab nnd eine tiefe Blässe bedeckte sein Antlitz, als sein Blick ans einen weit vorspringenden Stein fiel, von dem ein abgerissenes Stück Tuch flatterte, woran sein scharfes Auge dunkle Blutspuren bemerkte. Ein Windstoß fuhr darüber hin und riß es fort, daß es in den Bach hineinflog, der es reißend schnell mit sich entführte, bis es den Augen des Nachschauenden ent­schwand.

Schon wandte er sich ab, denn leichte Tritte ließen sich im Laube vernehmen, es knisterte das Ge­büsch nnd kaum hatte der Förster sich hinter den Bäu­men verborgen, als an der entgegenliegenden Seite aus dem schützenden Dunkel die Fremde trat, welche den barfüßigen Knaben an der Hand führte. Tiefe