Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.
QlF 51.
j Erschein! wvcheullich Nmal nud koste! halbjährlich j liier lohne Trügerlohn) 1 60 ^l, in dem Bezirk
j 2 aus;rrhalb des Bezirks 2 40 ^l.
Samstag dm 3. Mai.
Jnsertionsliebühr iiir dir IspaUche Zeile au N'ölniliclier Lchrii! dei eiumiilij;er Einrückung dei mehrninliger jo 0
gc-
187S
öl m t l i ch e s.
Mittivoch den l>. Mai 1879,
Vormittags 9 Ls Uhr,
Schnltehrev-Konferenz in Altmstaig.
Tagesordnung:
1) Orgclspicl und Gesang in der Kirche.
2» Lehrprobe über Fib. II., Nro. 54: „Die vier
Brüder."
3i Aufsatzthema: „Der anschauliche Unterricht."
Um Mittyeilung an die Herren Lehrer wird gebeten.
Altcnsraig, 1. Mai 1879.
K. Konferenz-Direktion.
Mez gcr.
T a g e s - N e u i g k e i t e n.
Tciitschcs Reich.
^ lliagold, 2. Mai. Gestern gelangte die ossieiellc Bcachricht an das ,K. Qberamt hier, daß Se. Ne ajcstät unser K önig heute Samstag Nach- mittag 4 Uhr ans dem hiesigen Bahnhöfe eintreffen wcrde^-- ZD--H-
''"„Köllig kommt!" - So lautete ei» lakonisches Telegramm, das gestern Nachmittag von der Bahnhofiistpektion Calw an die Bahiihosinspektiou Wildbad gelangte. Die letztere Behörde erblickte darin die freudige, allerdings etwas knapp gefaßte Meldung, daß Se. Mas. der König die Stadt Wildbad mit seinem hohen Besuche beehre. Rasch wurden die Behörden der Stadt von der Nachricht verständigt, um die erforderlichen Vorbereitungen für den festlichen Empfang des Fürsten zu treffen. In kürzester Zeit waren denn auch der Bahnhof und die benachbarten Straßen und Gebäude mit grünen Reisern geschmückt und eine Deputation der städtischen Behörde mit dem Stadtvorstand an der Spitze wartete auf dem Bahnhof auf die Ankunft Seiner Majestät. Die Schulkinder waren mit ihren Lehrern erschienen, um den Regenten durch Absingung der Königshymne zu begrüßen. Eine Menge Menschen umdrängte den Bahnhof. Endlich kam der Zug. Die Cravattcn wurden zurecht gerückt, die Bärte gestrichen und die Mienen in möglichst loyale Falten gelegt und aus den jugendlichen Kehlen der versammelten Schüler erscholl's in vielstimmigem Chore: „Heil unsrem König, Heil!" Alles war voll gespannter Erwartung. Bald jedoch löst sich die Spannung, leider aber nicht durch die erwartete Ankunft des geliebten Regenten, sondern in höchst unangenehm prosaischer Weise. Der Führer des ankommcnden Zugs, mit Fragen nach Seiner Majestät bestürmt, schaut nämlich zuerst verdutzt darein, da er nicht begreifen konnte, wie die Wildbader zu jener Nachricht, an der, wie er wußte, kein wahres Wort war, gelangten. Doch allmählich löste sich das Räthsel unter ungeheurer Heiterkeit, die freilich für Manche einen etwas bittcrn Beigeschmack hatte. Der König kam, das war richtig, aber nicht Seine Majestät, sondern der von Cannstatt nach Wildbad versetzte Wagenwär- tcr König, der gestern früh schon seinen neuen Dienst Hütte antreten sollen und dessen Ankunft auf eine telegraphische Anfrage der Bahnhosinspektion Wild- bad nach seinem Verbleib von der K. Bahnhofinspektion Calw in obiger etwas mißverständlicher Form signalisirt worden war. Begreiflicherweise pflanzt sich die Kunde von diesem fatalen Qniprogno durch das Betriebspersonal der in Wildbad verkehrenden Züge rasch weiter und so erklärt es sich, daß die Beamten auf fast allen Bahnhöfen Württembergs heute aus dem Lachen fast nicht herauskommen können. l St. Z.s^-"'
Stuttgarr, 27. April. Das k. Staatsmini- sterimn hat, wie das „D. V." schreibe, in Folge einer Aufforderung des Reichskanzleramts eine Meinungsäußerung über die Statthalterschaft von Eliaß- Lothriugen nach Berlin abgeschickt. Reiereut war dem Vernehmen nach Staatsrath v. Sarwey.
Pforzheim, 28. April. Heute wurde endlich, nachdem eine Auktion bekanntlich zu keinem erwünschten Resultat geführt hatte, das vielbesprochene würr- tembergischc Bahuhoffurrogar zur Erde bestattet: deutlich gesprochen, es wurde mit dessen Abbruch der Anfang gemacht. Die einzelnen Theile sollen in einem Schuppen aufbewahrt und im Eiuzelverkaufe losgc- fchlagen werden. Zur ewigen Erinnerung au das architektonische Wunderwerk wurde dasselbe kürzlich noch photographisch ausgenommen.
Die Nichte der verst. Doktorbäuriu Hobelte st er von Mariabruu» hat das Schwefelbad Gögging bei Neustadt n. d. Donau für ea. 75000 M gekauft und wird es in großartigem Stil Anrichten.
In Gold krön ach hat die interessante Mittheilung, daß Bienenstiche bei rheumatischen Leiden mit Erfolg angeweudet wurden, eine Heilung hcrbci- gesührt. Mau gab einem eben am heftigsten Podagra leidenden Herrn den Rath, sich des Bienenstiches zu bedienen. Der trankhafte Theil «große Fußzehe^ war furchtbar niigcfchwollen und der Patient hatte die heftigsten Schmerzen. Einsender unternahm die Qpc- ratiou und ließ ciugefaugeue Bienen, indem er dieselben an den Flügeln mit 2 Fingern festhielt, ein- stecheu. Nach Versicherung des Patienten war der Schmerz nach den, Stechen um so heftiger, jedoch nach Verlaus kaum einer Viertelstunde jeder schmerz verschwunden, sogar die Geschwulst verging vollständig, und nach 2 Stunden konnte Patient die Stiefel auzieheu und spazieren gehe».
Berlin, 29. April. Der Kronprinz wird in dieser Woche sich nach Kissinngcn zu einem Knr- gebrauchc begeben.
Berlin, 29. April. Durch einen Nachtragsetat werden für die Shdneyer Ausstellung 200000 <K. gefordert. Die Vorlage schlägt Reichshilfe für 300 Aussteller und für solche Gegenstände vor, welche deutsche Kunst und Gewerbe vorzüglich rcpräsentiren.
Wie der „Nat.-Ztg." mitgethcilt wird, beabsichtigt der Reichskanzler Fürst v. BiSmarck nicht bis zum Schluß dcS Reichstages in Berlin zu bleiben, sondern nur der Generaldebatte über den neuen Zolltarif und einigen wichtigeren Debatten, z. B. über den Zoll auf Vieh und Getreide, bciznwohnen, die minder wichtigen Positionen dagegen den dazu berufenen Vertretern zu überlassen, lieber den Svm- meranfenthalt hat der Reichskanzler noch reine Dispositionen getrosten.
Zur Tabaksstcnerfrage. Es werden Verhandlungen zwischen Abgeordneten und der Regierung geführt, unter Ablehnung der Nachsteuer des Tabaks ein Sperrgesetz zu erlassen, wonach der Tabak, welcher vom Tage deS Beginnes der Verhandlungen de? Reichstages eingeführt wird, mit vom Reichstage zu beschließendem höherem Zollsatz nachträglich belegt wird. Die Regierung scheint, nach der „F. Z.", nicht abgeneigt, solchem Vorschläge Gehör zu schenken.
In diplomatischen Kreisen erzählt man sich, und zwar ans guter Quelle, ein merkwürdiges Beispiel, mit welcher Frechheit das Rcvolntivnsko- mite in P eter S b n r g verfährt. 2obald auf Befehl desselben ein Mord ansgeführt war, erhielten die stremden Botschafter eine höfliche Mittheilnng dieses Komites, worin die Ermordung des Betreffenden und
feine angeblichen Verbrechen angeführt waren. Dieser Auszeichnung erfreuten sich übrigens nur die Bor- fchafrer, nicht auch die Gesandten der kleineren Staaten.
Wie man der „A. Ztg." aus Berlin meldet, wurde der Bnndcsrath am Mittwoch zur Beschlußfassung über einen Antrag deS Reichskanzlers wegen Einführung der Tabackspcrre berufen. Bei der Vorlegung des Antrags im Reichstag werde die Reichs- regiernng erklären, daß sie den Gesetzentwurf wegen der Nachsteuer ans Tabak nicht zurückziehe.
Dem deutschen Reiche ist in dem australischen Weltausstellnngsplatze ein bescheidener Raum vergönnt. Nach Londoner Mitthciluugen wäre für England ein fünf, für Frankreich ein ein und einhalb Mal so großer Raum und für das kleine Belgien der gleiche Raum wie für Deutschland in Aussicht genommen. Nun, Bescheidenheit war mindestens stets eine deutsche Tugend, die man auch diesmal erproben wird.
Aufsehen erregte dieser Tage ein in Berlin verhandelter Nihilistenprozeß, welcher damit endete, daß die 3 angcllagten jungen Russen der Propaganda inr den Sozialismus schuldig erklärt und zu 4—tz- monatlichem Gefängnis; verurtheilt wurden.
Ein eigenkhümliches Mittel, sich Arbeit zu verschaffen, hat ein Berliner Glaser ersonnen. Derselbe hat sich während des stürmischen Wetters in der Gegend vor dem Frankfurter Thore, in Boxhagen und Rummclsburg in den Häusern umhergetrieben und mit einem Glaserdiamant in den Hofthüren derartig zerschnitten, daß bei einem nur einigermaßen heftigen Zuschlägen der Thüren, wie es bei dem heftigen Winde gar nicht zu vermeiden war, die Glasscheiben heransfielcn. Eine große Anzahl von Hausbesitzern ist in dieser Weise von dem arbeitslnstigen Glaser geschädigt worden, bis cs einem Gendarmen gelang, ihn bei dem Zerschneiden der Scheiben abzn- sassen und unschädlich zu machen. Seinem Geständnis; nach hat er sich nur Arbeit verschaffen wollen.
In Berlin kann man nicht einmal ungestraft zum Fenster hinanssclM. Ein junger Militärarzt kam heim, legte seine goldene Uhr und Kette auf den Arbeitstisch und sah 5 Minuten zum Fenster hinaus; als er zum Tisch zurückkehrte, war Uhr und Kette verschwunden. Nun fiel ihm ein, das; sich die Gardinen einmal vom Luftzüge bewegt hatten, jedenfalls bei der Qeffnung der Thüre. aber er hatte nicht darauf geachtet.
Oesterreich—Ungarn.
Wien, 30. April. Die „Wiener Abendpost" schreibt: Mit der Wahl des Prinzen Battenberg ist ein weiterer wichtiger Schritt zur Durchführung des Berliner Vertrages geschehen. Diese Wahl wird bei allen Signatarmächten sympathische Aufnahme finden. Die Gerüchte von einer geplanten Personal-Union zwischen Bulgarien und Qstrnmelicn werden durch diese Wahl zum Schweigen gebracht.
Ter Tnchfabrikant Dite in Humpolctz hat Wort gehalten und dem Kaiser von Oesterreich einen vollständigen Iagdanzug in 11 Stunden hcrgestellt. Nachdem die zur Schur bestimmten Schafe von den Aerzten für vollkommen gesund erklärt worden waren, begann Schlag t> Uhr Morgens das Scheercn derselben. Um tz Uhr 8 Minuten war bereits das erforderliche Quantum Wolle den Schafen abgenommcn, diese war um 0 lltzr 11 Minuten gescheuert, um tz Uhr 37 Minuten gefärbt, um 6 Uhr 50 Minuten von der Centrifngal-Maschinc ausgespritzt, um 6 Uhr 54 Minuten vom Reißwols, um 7 Uhr 1 Minute von der Vorrcißmaschine, um 7 Uhr 12 Minuten von der Pelzmaschine, um 7 Uyr 34 Minuten von