Der Gesellschafter.

Amts- und Intelligenz-Blatt für den Oberamts-Bezirk Nagold.

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Dienstag den 8. April.

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Mit einer derartigen Oecupativnsaussicht reich

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Quartal nimmt jedes Postamt und die Postboten ent­gegen-__

Sl m t l i ch e s.

N a g o l d.

A« die Oemeindcpfteger.

Der auf den 1. d. M. verfallene Brandschadens- Beitrag ist binnen 8 Tagen an die Amtspflege hier > abzuliefern.

Den 5. April 1879.

i K. Oberamt. Güntner.

Zur allgemeinen politischen Lage.

v.v.o. Die Entwicklung der Dinge auf der Balkanhalbinsel schlügt mehr und mehr die Richtung ein, auf welche die politische Magnetnadel schon seit längerer Zeit hinwies. Kaum sind die Grenzberich­tigungsverhandlungen zwischen der Türkei und Grie- I chenland abgebrochen, so verlautet auch schon von dem Beginn der im Berliner Vertrag für diesen Fall in Aussicht genommenen Vermittlungsthätigkeit der Mächte. Minister Waddington, dessen Verdienst be­kanntlich die Anregung der griechischen Frage auf dem Congrcs; ist, hat eine neue Grenzlinie ausfindig ge­macht, von der er glaubt, das; beide Thcile sich mit ihr zufrieden geben können: nnd da Fürst Bismarck, der das Geschäft des ehrlichen Maklers bisher so erfolgreich betrieben, auch jetzt Alles ansbictet, um auf Grund des französischen Vorschlags ein Einver­ständnis; unter den Mächten zu erzielen, so darf man ! wohl erwarten, daß es Europa gelingen wird, der Türkei von Griechenland zu schweigen seinen Willen auszunöthigen. Die Hoffnung auf eine schließ- liche Nachgiebigkeit der Pforte ist um so berechtigter, i als das Toequcvillcsche Projekt zur finanziellen Ret- ! tung der Türkei gegenwärtig als gescheitert gilt und eine andere Gruppe von Geldinstituten der Pforte nur ! unter der Bedingung aus ihrer sich von Tag zu Tag steigernden Finanznoth heraushelfen will, wenn die griechische Frage zuvor erledigt wird.

Noch wichtiger für die allgemeine politische Lage sind die Schritte, welche die Mächte in Bezug auf Ostrumelien Vorhaben. Nachdem der Finanzdirector Schmidt in Folge der Bedrohungen, denen er seitens der Bulgaren nusgesetzt war, seine Entlassung erbeten und die internationale Commission erklärt hat, das; sie wegen des aufgeregten Zustandes der Bevölkerung außer Stande sei, dem Art. 19 des Berliner Frie­dens gemäß die Finanzen von Ostrumclien bis zum Inkrafttreten der neuen Organisation zu verwalten, ist mau an entscheidender Stelle zu der Einsicht ge­langt, daß es unmöglich sei, das Land nach Abzug der russischen Truppen den Türken zu überlassen, und hat sich daher über dessen gemeinsame Besetzung im Princip geeinigt, lieber die Erledigung der zahlrei­chen Detailfragen wird augenblicklich noch verhandelt; daß eine Verständigung darüber erfolgen wird, un­terliegt schon jetzt keinem Zweifel mehr. Deutschland und Frankreich haben freilich die Entsendung eigener Truppentheilc aus naheliegenden Gründen abgelehnt. Auch Rußland scheint sich zurückhalten zu wollen, schon um der Türkei jeden Anspruch ans Bethciligung zu nehmn. Somit blieben Oesterreich, Italien und England zur Ausführung des europäischen Mandats übrig, oder, da letzteres Angesichts seiner Kriege in Afghanistan und am Cap wenig Lust haben wird, seine militärischen Kräfte noch mehr zu zersplittern, hauptsächlich Oesterreich und Italien, d. h. diejenigen Mächte, welche neben England als die nächsten Erben der europäischen Türkei angesehen werden.

net sich aber das Schicksal, dem das osmanische Reich entgegcngeht, in hinreichend deutlichen llmrissen. Oesterreich wird, wenn es einmal bis Salonichi vor­gedrungen, so bald nicht wieder zurückgehen. Mit Rußland wird es darüber nicht in die Haare gera- then, weil zu seiner Deckung diejenige Macht hinter ihm steht, welche seit jeher die leitende Seele im Dreikaiserbündniß, heute entschiedener als je die Füh­rung in demselben übernommen hat und in einem ungetrübten Fortbestand des bisherigen Freundschafts­verhältnisses die sicherste Garantie deS Weltfriedens sieht. Italien wird sich im gegebenen Augenblicke gern mit Albanien oder Südtirol absindcn lassen. England wird ohne Zweifel Allem znstimmen, was dazu angethan ist, Rußlands Einfluß in bestimmten Schranken zu halten. Rußland hat sein Entgegen kommen neuerdings dadurch bewiesen, daß es dem Generalgouvernenr von Bulgarien versöhnliche Wei­sungen crtheilt und zugleich Befehl gegeben hat, die Vorbereitungen zu einer Expedition nach Merv, welche dem britischen Löwen Unruhe verursachten, einstweilen zu sistircn.

Nimmt man zu dem Allen schließlich noch hin­zu , daß die freundschaftlichen Beziehungen Deutsch­lands zu Frankreich durch die gemeinsamen Vermitt­lungsbemühungen dieser beiden Mächte in der grie­chischen Frage wie durch ihren gemeinsamen Kampf wider den Ultramontanismus nur befestigt werden können, so hat man wohl Grund genug, den politi­schen Horizont trotz der etwas unvorsichtigen Aeuße- rungen, welche der General Graf Stolberg in Mün­ster in seinem Kaisersgeburtstagstoast that, wenn auch nicht für ganz wolkenlos, so doch für verhält- nißmüßig heiter und Frieden verheißend zu halten.

Tages-Neuigkeiten.

Deutsches Reich.

Aus Gechingen wird berichtet, daß die dor­tigen bürgerlichen Collegien den Beschluß gefaßt ha­ben, für Szegedin, die Nothleidenden an der Weichsel und im Spessart 100 M auf die Gemeindekasse zu übernehmen.

Rottweil, 8. April. Eine seltene Ucberraschung wurde dieser Tage der Hebamme in Winzeln zu Theil. Zu einer Bauersfrau gerufen, erklärte ihr diese, sic habe geboren, auf ein daliegendes Kindlcin hinweisend. Die Hebamme bemerkte sofort daß das Kind mehrere Tage alt sei. Nach verschiedenen Umschweifen gestan­den die Eltern, daß cs allerdings nicht ihr Kind, sondern das einer ledigen Frauensperson, die in Oberndorf unehelich geboren, sei, und daß sic sich entschlossen haben, es als eigenes aufzunehmeu. (Dazu Hütte es aber wohl der Lüge nicht bedurft.»

München, 2. April. Die Thatsache, daß ge­genwärtig der Waffenhandel nach außereuropäischen und überseeischen Ländern (via Metz nnd Brüssel) ziemlich lebhaft im Gange ist, ist wohl auf die Kriege zurückzusühren, welche in diesem Augenblicke von ver­schiedenen halb- oder kaum eivilisirten Völkerschaften geführt werden. Auch die bayerische Kriegs-Verwal­tung hat, wie man demN. K." berichtet, in jüng­ster Zeit mehrere Verkaufs geschiffte in ChassepotS, aptirten anderen Gewehren und 8 em. Geschützen in nicht unerheblichen Betrügen, sowie zu günstigen Preisen abgeschlossen.

Frankfurt a. M., 8. April. Dem Verneh­men nach soll der mit 32,000 -H. Wechselgeldern flüchtig gegangene Reichsbank-Käffsendiencr Albrecht bei Bamberg verhaftet und in seinem Besitz noch 26000 gefunden worden sein. Derselbe hielt sich

in dem Zuge durch häufiges Visitiren des Coupes für entdeckt nnd machte kurz vor Bamberg einen Fluchtversuch. Er sprang aus dem Fenster des Coupes heraus, wobei er den Fuß verletzte.

Berlin, 3. April. Der Reichstag erledigte in seiner heutigen (38.) Sitzung zunächn die Novelle zum Wechsclstcmpelstener-Gesetz. Der Entwurf setzt den Betrag der Stempelabgaben folgendermaßen fest: von einer Summe von 200 -4L und weniger 10 L , von 200400 -4L 20 L, 400 600 '^/L 30 Z,. 600800 -4L 40 L, 8001000 -.16. 50 ,4>, und von jeden ferneren 1000 -,-6 50 ^ mehr, der­gestalt, daß jedes angefangenc Tausend für voll ge­rechnet wird. Die Regierungsvorlage wird nach Ablehnung aller Amendements angenommen. Bei den Berichten der Wahlprüfungskommission wird u. a. die Wahl des Abg. v. Hölder <1. Württ. Wahl­kreis) für gültig erklärt.

Berlin, 3. April. Von den heute im Bun desrath beschlossenen Abänderungen des Zolltarifent­wurfs ist von Wichtigkeit nur eine in den Gesetzent­wurf aufgenvmmene Bestimmung, welche den Bun- desrath ermächtigt, die Einfuhr von Staaten, welche die deutsche Einfuhr übermäßig oder ungünstiger be­lasten, mit den doppelten Zollsätzen zu belegen. Der Einführungstermin für den neuen Tarif wurde offen gelassen: in Aussicht genommen ist der l. Juli. Abgelehnt wurde u. a. der Antrag Württem­bergs auf Einführung eines gleichen Getreidezolls von 60 Pfennigen per Ctr.

Berlin, 5. April. Der Meteorologe Professor Dovc ist gestern Nachmittag gestorben.

Der Berliner Polizeipräsident v. Madai wurde vom Kaiser zum Domherrn in Brandenburg a. H. ernannt. Seine Arbeitslast wird mit der neuen Würde nicht gerade übermäßig vermehrt, wenn wir, schreibt dieF.-Z-", nicht sehr irren, hat der Dom­herr jährlich nur etwa 9000 -4L für sich in Empfang zu nehmen und an einem Gottesdienst und einem Diner im Kapitelsaale zu Brandenburg mitzuwirken.

Bezüglich des Zwecks des Besuchs Windhorsts bei Bismarck schreibt man derAllg. Ztg.":Die Königin Marie von Hannover, die Wittwe des Königs Georg, besitzt kein Privatvermögen. Sie hat nun um die Erlaubnis; nachgesucht, ihren Wohnsitz wieder auf der Marienburg bei Hannover zu nehmen, und zugleich den Wunsch ausgesprochen, daß ihr aus dem Privatvcrmögen des Königs Georg eine Dotation ausgesctzt werde. Das erste Verlangen ist abgeschlagen, die Erfüllung des zweiten aber in Aussicht gestellt worden."

Saarbrücken, 5. April. Das heute in dem Marpinger Prozeß verkündete Urtheil lautet für sämt­liche Beschuldigte freisprechend. Die Erwägungsgründc des Urtheils kennzeichnen oic angeblichen Erscheinungen der Wunderkinder als schändliche Täuschung, an welcher die Eltern der Wunderkinder und andere Beschuldigte theilnahmen, bezw. dieselben unterstützten: der er­forderliche strafrechtliche Dolus sei nicht vorhanden.

OesterreichUngarn.

Wien, 29. Mürz. (Ein Bürger-Millionär.) Der Juwelier Ott, eine sehr bekannte Persönlichkeit, ist gestern im 81. Lebensjahr gestorben. Ott kam vor 70 Jahren als armer Bursche von Fürth nach Wien, lernte hier die Goldschmiedkunst und wurde bald selbstständig. In seinen Bedürfnissen stets be­scheiden brachte er es so weit, daß er sich vor we­nigen Jahren mit einem Vermögen ins Privatleben zurückzog, das aus 3 Millionen geschätzt wird. Die einzige letztwillige Verfügung, welche vorgefunden nwrde, setzt zum Universalerben des riesigen Vermö-