welcher zugleich Leichenschauersdienste thut, Anzeige, daß das .Kind am Kopfe beschädigt sei. Das Gericht schritt ein, allein es war schwer, irgend einen bestimmten Verdacht zu erheben; im Juli aber kamen schwerere Anhallspunkie zu Tage und der Vater des verstorbene» Kindes wurde verhaftet. Er soll sich während der Untersuchungshaft lange ans'ä Leugnen verlegt, endlich aber das Geständnis abgelegt haben, daß ihm das Kind längst schon zu viel gewesen und er mit dem Gedanken umgegangen sei, dasselbe aus der Welt zu schassen. So sei er denn zu einer Zeitwo sonst Niemand um den Weg gewesen, vom Felde herein nach Haus gekommen; als er die Wohnstube betreten, sei das Kind sanft schlummernd in seinem Veilchen gelegen, er habe cs dann heraus- genommen und mehrmals mit dem Kops an die Holzfäule geschlagen, die im Zimmer ist. An den hiebei erlittenen Hirnschalverletzungen starb das arme Geschöpf. Möge den Rabenvater diejenige Strafe ereilen, welche diese roheste aller Thalen verdient. T )
Die Kemvtner Zeitung berichtet unter dem Datum des 25. Oktober: „Vom Grünten. In der Pfarrgemeinde Burgberg spielt sich soeben ein Geschichtlein ab, das wirklich seiner Seltenheit wegen der Veröffentlichung werth ist. Es ist nämlich eine Hochzeit, welche so viel Aussehen macht, und warum? -- Weil der Bräutigam Joseph Pfaudler im 89. Jahre seine dritte Ehe schließt mit seiner vielliebcn 37 Jahre alten Braut Jungsran Katharina Bader. Die ersten zwei Ehen des Herrn Pfaudler blieben kinderlos und der frische jugendliche Bräutigam gibt sich der angenehmen Hoffnung hin, seinen Stamm nicht er löschen und einen kräftigen Stammhalter emporsprossen zu sehen, was dem wohlhabenden Manne sehr zu gönnen wäre. Auch dürfte es selbst in der königl Residenz einiges Aussehen erregen, einen so jung verheiratheten Mann bei der nächsten Fußwaschung zu sehen." *
Würzburg, 28. Okt. Das gestrige Morgenblatt der (alten) Wiener „Presse" enthält den Wortlaut der Anklageschrift gegen Kulimann. Gutem Vernehmen nach ist hier sofort eine Untersuchung gegen einen Kanzlisten eingeleitct.
Gotha, 24. Ociober. An der in viele Zeüungen^und auch in den Gesellschafter übergegangenen Geschichte, daß das Bild des Grasen Arnim aus dem Perthes'schen Grafenkalender für 1875 wieder herausgenommen worden sei, ist kein wahres Wort.
Neuß j. L. Kaum hat die Kunde von der blutigen Ermordung der 72jährigen Frau Anders in Gera uns erschüttert, so vernehmen wir von einem neuen Raubmord, am l8 ds. vollbracht in Triebes bei Hohenleuben an einem 60jährigen Gastwinh. Der Mörder, ein junger Mensch von 22 Jahren, tritt Nachts 11 Uhr noch in die Gaststube, bittet um etwas Essen und Trinken, die Wirthin gehl zu Bett, da ihr es zu spät wird; , der Wirth aber, ein beliebter alter Mann, unterhält sich noch mit seinem Gast und soll im Laden neben der Gaststube noch Cigarren holen. Da trifft ihn der tödtliche Streich aufs Gehirn und außerdem zerschneidet der Mörder den ganzen Hals bis auf die Wirbel. Der Mörder entfernt sich dann mit brennender Cigarre und die nicht ruhen könnende bejahrte Gattin findet Nachts 1 Uhr ihren Mann im Blute.
Berlin, 27. Okt. Fürst Hohenlohe ist aus Varzin zurückgekehrt und vom Kaiser in besonderer Audienz empfangen worden. Er wird, nach der „K. Z." noch einige Zeit hier verweilen, um seine Pflicht als Reichstags-Abgeordneter zu erfüllen; doch kann er natürlich in seiner gegenwärtigen Stellung keine Präsidenten Wahl annehmen. In Paris dürste seine Anwesenheit nicht vor dem Wieder- Zusammentritt der Nationalversammlung erforderlich werden.
Nach einer Meldung der „Post" hätte sich das Befinden des Grasen Arnim plötzlich so verschlimmert, daß die Entlassung desselben aus der Charite möglicherweise noch heute erfolgen wird.
Berlin, 28. Okt. Die Voruntersuchung gegen A rnim wurde gestern geschlossen. Eine Verdunkelung der Wahrheit ist für den Gang der Untersuchung demnach nicht mehr zu besorgen, weßhalb die Haftentlassung erfolgte. Dem Vernehmen nach beabsichtigt Arnim.zur Stärkung seiner Gesundheit nach Nizza zu gehen.
Berlin, 28. Okt. Graf Arnim ist heute Mittag auf ärztliches Ansuchen aus der Haft mit der Beschränkung entlassen, daß er das deutsche Reich nicht verlassen dürse.
Berlin, 28. Okt. Arnim ist gegen 100,000 Thaler Kaution freigelassen. Dies laut gestrigem Stadtgerichts-Beschluß.
Berlin, 27. Okt. Die Erhebungen, welche auf Veranlassung des hiesigen Stadtgerichts in Sachen Arnims das Wiener Landcsgericht vorgenommen hat, sind bisher zu Gunsten des Angeschuldigten ausgefallen, und ein gleiches Resultat steht jetzt zu erwarten, wo Dr. Lauser von der „Presse" ein Exemplar seiner Zeitung mit zur Stelle bringen soll, das „diplomatische Enthüllungen" enthielt. Sehr unangenehm wird man in einer Richtung von den Wiener Erhebungen berührt und weiter berührt werden, denn Arnim bleibt dabei ganz aus dem Spiel, um so mehr aber ist die Rede von allerhand Agenten Bismarcks und von Preß-Piraten, die mit ihren Anerbietungen Oestercich-Ungarn
seil lange unsicher machen. Speziell Dr. Lauser könnte sehr unliebsame Dinge in Erinnerung bringen. Es waren ihm 20,000 Thtr. geboten, wenn er aussagte, von wem die „diplomatischen Enthüllungen" rührten. Die solche Anerbietungen machten, waren nicht Hintermänner des Ex -Botschafters, sondern irgend welche Leute, die wohl wußten, daß der Ncpliltcn-Fonds gut dotirt ist. Das Alles macht einen üblen. Eindruck.
Der „Nat.-Ztg." zufolge kehrt der Reichskanzler völlig ge- kräftigt zu den Geschäften zur.Ick. Die Wunde, welche er bei dem Kissinger Attentat davongelragcn, ist völlig vernarbt, neben der Narbe am rechten Handgelenk ist indessen ein rother Fleck zurückgeblieben, noch immer sällt dem Fürsten das Schreiben schwer, er empfindet dabei einen Druck auf dem Gelenk.
Berlin, 27. Okt. Der „Germania" wird aus zuverlässiger Quelle mitgetheilt, daß die lothringischen Reichstags-Mitglieder schon bei Eröffnung des Reichstags ihre Sitze einzunehmen beabsichtigen.
Berlin, 27. Okt. Der Herzog v. Dccazes hat eine Friedensrede gehalten, welche man immerhin für aufrichtig Hallen kann, um so mehr, als Frankreich noch für eine geraume Zeit auch durch den Zustand seiner Armee auf den Frieden angewiesen ist. Dies soll bei den letzten Manövern wieder sehr bemerkbar gewesen sein, und französische Korrespondenzen in schweizerischen Blättern haben dessen keinen Hehl. Frankreich will auch nicht Versuche, sich Rußland im Orient zu nähern, gemacht haben, was angesichts des Mißerfolgs wohl begreiflich ist.
Berlin, 29. Okt. Der Reichstag wurde präcise 1 Uhr im weißen Saale des königlichen Schlosses durch den Kaiser eröffnet. Etwa 200 Abgeordnete waren anwesend. Der Kaiser, welchem der Kronprinz und die Prinzen Karl und Friedrich Karl folgten, wurde mit einem dreifachen, durch den Präsidenten des Reichstages v. Forckenbeck ausgebrachten Hoch empfangen. Der Reichskanzler Fürst Bismarck überreichte die Thronrede, welche der Kaiser bedeckten Hauptes verlas. Die Thrönrede wurde vielfach mit Bravos, besonders bei dem Passus über Elsaß-Lothringen, der Schluß PassuS mit stürmischem Bravo ausgenommen. Fürst Bismarck erklärte daraus den Reichstag für eröffnet. Der bayerische Bundesraths-Bevollmächtigte schloß mit einem dreifachen enthusiastisch ausgenommenen Hoch auf den Kaiser. In der Diplomatenloge befanden sich der heute eingetroffene französische Botschafter, der amerikanische Gesandte und viele Gesandtschafts- Attaches.
Die auf den 29. d. M- festgesetzte Eröffnung des deutschen Reichstags verhindert den Reichskanzler, bei den in Würzburg für denselben Tag anberaumten Gerichtsverhandlungen in Sachen des Kullmanu'schen Attentats persönlich zu erscheinen. Wie ein Privatbries von dort meldet, wird sich der Vertheidiger des Attentäters, mit der Entschuldigung des Reichskanzlers, am Erscheinen dienstlich verhindert zu sein, nicht zufrieden geben, sondern die Aufschiebung des Termins beantragen. Es ist fraglich, ob das bayerische Gericht eine erneuerte Citation des Fürsten Bismarck für nöthig erachten wird. Da Kullmann des Verbrechens geständig ist, dürfte von der Anwesenheit des eorpu» llelieti Abstand genommen werden.
Prinz Friedrich Wilhelm in Cassel trägt als Ober- secundaner mit Stolz die weiße Mütze seiner Gassen Kameraden und auch die Lehrer sind angewiesen, keinen Unterschied zwischen- ihm und seine» Mitschülern zu machen. Zum Geburtstage seines Vaters des deutschen Kronprinzen hatte sich der Prinz den Götz von Berlichingen bestellt, — kein übler Geschmack, den auch seine Kameraden theilten, wie ihr Beifall bewies.
Posen, 27. Okt. „Ognisko" meldet: Graf Joseph Mielynski auf Jgno wurde wegen der Weigerung, die Kirchenbücher heranszugeben, durch den Bomster Landrath verhaftet und in das Schrodaer Gerichtsgefängniß abgeführt.
„Daily News" erhält aus Rom ein Telegramm, daß der Papst vom deutschen Kaiser eine Antwort auf die Klagen über Verfolgung der Kirche erhalten habe, worin gesagt sei, daß Deutschland sein Möglichstes thue, um im Frieden mit der Kirche zu leben; aber die Pflicht habe, den Staat gegen die heftigen Angriffe und Verschwörungen der katholischen Geistlichkeit zu schützen. (Bestätigung abzuwarten.)
Thiers ist gestern in Nizza eingetrosien und auf dem dortigen Bahnhof von einer nach Tausenden zählenden Menschen- Menge mit den Rufen: „Es lebe Thiers! Es lebe die Republik! Es lebe Frankreich!" begrüßt worden.
Die Fiaker-Milli in Wien hat einen Mann bekommen. »Sogar die leichtsinnigen Wiener schlagen darüber die Hände über den Kopf zusammen; denn die Milli ist eine der bekanntesten und leichtsinnigsten Dirnen. Ihre Trauung fand in der Kirche mit fast fürstlichem Gepränge statt und draußen vor der Kirche und in den Gassen drängte sich ein Publikum, so groß fast und lustiger als beim Einzug der Nordpolfahrer; alles wollte sehen, wie der Fiaker-Milli der Myrtenkranz stand und was für ein Gesicht der Herr Gemahl, ein hoher Kavalier, mache. —
London, 28. Okt. Gestern fand in der Paulskirche eine von mehreren hohen Geistlichen besuchte sympathische Kirchen-Feier