Der Gesellschafter

Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Nagold.

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LageS-Nenigkeiten.

Stuttgart, 16. Juli. Gestern wurden in drei hiesigen Wirthschasislokalen,der Deutschen Flotte" in der Eichstraße, der Fischer'schen und Lutz'schen Wirtschaft in der Lhurmstraße 35 verdächtige Individuen männlichen und weiblichen Geschlechts verhaftet. Unter denselben befinden sich mehrere Fälscher von öffentlichen Urkunden, Attesten u. s. w. Auch drei Strolche, welche sich damit beschäftigten, des Abends die Nock- und Hosen­taschen solcher Leute zu leeren, welche auf den Ruhebänken der Anlage und Plante einschliesen, wurden ermittelt.

Auch die bürgerst Eollegien in Stuttgart haben eine telegr. Bcglückwüuschungsadresse an den Fürsten Bismarck abgehen lassen.

Gmünd, 13. Juli. Ein hiesiger Bürger, Vater von 5 Kindern, faßte dieser Tage in Folge eines unbedeutenden As- lasses den Entschluß, seinem Leben ein Ende zu machen. Er nahm 40 Stück Tollkirschen zu sich. Nach kurzer Zeit schon brach bei ihm die Fallsucht ans. Der herbeigerufene Arzt rettete Len Lebensmüden dadurch, daß er ihm drei Flaschen Sodawasser nach einander eingoß und jedesmal wieder auspumpte, bis der Magen vollständig von dem Gist gereinigt war. Der Mann befindet sich aus dem Wege der Besserung.

Pforzheim, 12. Juli. Durch die Flauheit in der Fabri­kation wurde eine größere Anzahl Fabrikarbeiter beschäftigungs­los. Um nun den Unzuträglichkciten eines unbeschästigten Pro­letariats vorzubeugen, wurde denselben auf Wunsch von den städ­tischen Behörden Arbeit mit ziemlich ansehnlichem Verdienste an­gewiesen.

Offenburg, 11. Juli. Auf dem hiesigen Fruchtmarkt wurde das erste neue Korn ca. 100 Ctr. auf den Markt gebracht. Es soll die Qualität eine ausgezeichnete sein und dem sog. Cham­pagner Korn gleichen.

München, 13> Juli. Welche Pläne diePatrioten" noch hatten,, wenn ihr erster Feldzug gegen den Cultusminister v. Lutz geglückt wäre, geht aus einer Correspondenz der A. Abd.-Ztg." hervor. Dieselbe schreibt: Wenn das von der nitramontanen Fraktion gegen den Staatsminister v. Lutz bean­tragte Mißtrauens-Votum von Erfolg gewesen wäre, so würde man ein solches Benehmen auch gegen den Kriegsminister bei der Berathung des Gesetz-Entwurfs über einen Credit für die außer­ordentlichen Bedürfnisse der Armee in Antrag gebracht und das­selbe insbesondere damit motivirt haben, daß mehrere Ausgaben schon gemacht wurden, obwohl dieselben von der Kammer noch nicht genehmigt waren. Der betreffenden Kammer-Sitzung hatten denn auch sämmtliche Staatsminister beigewohnt, um eintretenden Falles sich auch in dieser Angelegenheit der Armee als solidarisch erklären zu können. DerNürnb. Korresp." bemerkt, daß das bayerische Haupt-Münz- und Stempel-Amt die Einführung des Mark-Systems für Bayern zum 1. Januar 1875 für un­möglich erklärt hat, weil bis dahin der nöthige Bedarf an kleinen Theilnngs-Münzen nicht beschafft werden könne.

München, 13. Juli. Während der Kaiser noch in München bei der Tafel weilte, war von Kissingen die tele­graphische Nachricht von dem ruchlosen Attentat auf den Reichskanzler eingetroffen, und zwar durch ein Telegramm des Fürsten Bismarck an den Kaiser, und verbreitete selbstverständ­lich nicht geringen Schrecken.

Kissingen, 15. Juli. Anläßlich des glücklichen Aus­ganges des Attentats auf den Fürsten Bismarck wurde heute Morgen 9 Uhr in der katholischen Pfarrkirche ein Hochamt ab­gehalten. Der General-Adjutant des Königs, General-Lieutenant v. d. Tann, ist gestern hier eingetroffen.

Entsetzliche Kunde, ein Attentat auf den deutschen Reichs­kanzler ! An den Mann, welcher der Stolz Deutschlands und der Neid aller Neider und Feinde Deutschlands ist, schleichen sich die Meuchelmörder heran, sie schleichen sich heran im Heilbade, wo er wie seiner Zeit Graf Eberhard der Greiner die Wunden und Gebrechen heilen will, welche er im gewaltigsten Kampfe für

Inserationsgebübr für die öspatlige Zeile aus gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung L Kreuzer, bei mehrmaliger je 2 Kreuzer.

Deutschland davon getragen. Das Opfer fällt, die Naben steigen! mögen die Fanatiker gedacht haben, aber das Opfer fällt gott­lob l nicht und die Raben werden nicht steigen, wie sie es ver­stehen. Die Meuchelmörder haben schlecht getroffen und ihrer Sache einen noch schlechteren Dienst erzeigt, mag nun religiöser Fanatismuszur größeren Ehre Gottes" oder politischer Fanatis­mus ihre Hände zum Meuchelmorde bewaffnet haben. Der Gott, der nach dem alten tröstlichen Wort keinen guten Deutschen ver­läßt, hat die Mordblitze von der Brust Bismarcks abgeleitet. Und mehr. In dem schauerlichen Aufleuchten dieses Doppelblitzes wird dem ganzen deutschen Volke die ganze gewaltige Persönlich­keit dieses Mannes vor Augen stehen und mit ihr alles, was dieser eine Mann für Deutschlands Einigung, Grüße und Macht gethan hat. Es wird gut sein, wenn mancher Mann daran erinnert wird und wenn wir Alle auch daran denken, was noch Gewaltiges zur Ueberwältigung der bösen Geister und zur Be­festigung des deutschen Reiches zu thun ist, wobei wir die Klar­heit seines umfassenden Blickes, die Kühnheit seines Geistes und seine eben so kräftige wie geschmeidige Hand schwer enlbehren.können. Den Meuchelmördern gegenüber wird das deutsche Volk strenge Heerschau halten und mustern, wer zum Reich hält und zu dem Lichte und wer zum Feinde und zur Finsterniß und zum Ver­brechen, und manchem braven, aber verblendeten Deutschen wer­den die Revoloerblitzc der Mörder die Augen öffnen wie einst die Blitze bei Damaskus und werden ihn aus einem Saulus zum Paulus machen. Das walte Gott und der deutsche Genius!

Kissingen, 15. Juli. Das allgemeine Befinden des Fürsten ist befriedigend. Gestern wurde der in Schweinfurt verhaftete, der Mitschuld an dem Attentat verdächtige Geistliche auf die hiesige Frohnfeste eingebracht.

Als bei dem Attentat gegen Bismarck seine Equipage aus dem Gartenwege in die Hauptstraße einbiegen wollte, bewegte sich, (wie der königlich bayerische Kutscher Schmidt, der Führer des Wagens, mittheilt), ein mit einem Rocke, wie ihn die katho­lischen Geistlichen zu tragen pflegen, bekleideter Mann vor dem Wagen her, so daß der Kutscher gezwungen war, langsam zu fahren und den Mann anzurusen, der sich erst nach mehrmaligem Zurufen bequemte, aus dem Wege zu gehen. (Dieser Umstand gab Anlaß dazu, daß der um 2 Uhr von Kissingen abgehende Zug durchsucht und daß in Schweinfurt der Geistliche Hauthaler verhaftet wurde.

Das Attentat gegen den deutschen Reichskanzler besprechend, sagt die N. A. Z: Sechs Monate hindurch konnte Fürst Bismarck in­mitten eines von der aufgeregtesten Volksleidenschaft begleiteten Krieges in Frankreich weilen, wo jeder Franzose sein Feind war und wo ein Mordanfall nach der Lage der Verhältnisse vielleicht weniger erstaunenswerth gewesen wäre, als das Unter­bleiben eines solchen. Aber unbehelligt konnte der Kanzler aus Frankreich heimkehren, um es hier zu erleben, daß ein Deutscher, ein Preuße, sich bewegen ließ, zum Meuchelmörder an ihm zu werden. Diejenigen, welche die That geplant, für deren Aus­führung der Verbrecher nur das halb willenlose Werkzeug war, werden sich rühmen dürfen, dem deutschen Namen einen Schand­fleck angeheftet zu haben, der selbst vor der gewaltigen Größe unserer neuesten Geschichte nicht verschwindet.

Ueber das Verhör, welches Bismarck bei Kullmann am Nachmittag nach dem Attentat vorgenommen hat, berichtet man demFr. K." des Näheren: Bismarck fragte ihn:Warum wollten Sie mich todtschießen?" Kullmann antwortete:Wegen der Kirchen-Gesetze." Bismarck:Die Kirchen-Gesetze berühren doch Sie nicht; es kann doch Jedermann glauben, was er will. Thaten Sie es nicht aus eigenem Antriebe?" Kullmann:Nein, ich wurde dazu veranlaßt." Bismarck:Von wem?" Kullmann: Das sage ich nicht." Bismarck:Traurig ist es, daß Sie als Landsmann mich todtschießen wollten!" Kullmann:Ich that es eben wegen der Kirchen-Gesetze." Bismarck:Müssen denn unter solchen Verhältnissen die Kirchen-Gesetze nicht noch schärfer gemacht werden?" Kullmann gibt hierauf keine Antwort.

Nach einem Berichte der inKissingen erscheinenden Saale- Zeitung hatte eine Deputation von Kurgästen, bei welcher der von dem Attentäter in die Hand gebissene Hofsänger Lederer

Samstag den 18. Anti.