von Darmstadt den Sprecher mochte, ihren Glückwunsch ausgesprochen. In seiner Erwiderung sagte Fürst Bismarck: „Meine Herren, ich danke Ihnen für die Glückwünsche, die Sie mir so passend gerade durch Herrn Lederer zum Ausdruck bringen, der dabei leider noch schlechter weggckommeu, als ich selbst. Denn nach mir hat er wenigstens wie ein Manu geschossen, Herrn Lederer aber hat er wie ein Thier gebissen. Doch solche Zufälle gehören nun einmal zum Geschäfte eines Ministerpräsidenten. Leider ist der Attentäter ein spezieller Landsmann von mir, ans der Gegend von Magdeburg, dem katholischen GeseUenverein augehörend, erklärte er mir, als ich ihn im Gesäugniß sprach, daß er mich persönlich bisher gar nicht gekannt habe, nur der Kirchengesetze wegen habe er mich tödten wollen; ich hoffe aber, daß meine leichte Verletzung in wenigen Tagen beseitigt sein wird." Darauf stellte Herr Lederer die Herren des Komiles einzeln vor, und Fürst Bismarck drückte jedem einzeln die Hand, indem er speciell »och Herrn Bellachini, dem bekannten Professor der Magie, bemerkte: „Hätten Sie denn, da Sie in der Nähe standen, die Kugel nicht auffangen können?" Ueberhaupt hat der Humor den Fürsten den ganzen Tag über nicht verlassen. Bei Tisch äußerte er jovial: Die Sache ist zwar nicht kurgemäß, aber das Geschäft bringt es eben mit sich.
Ein telegraphischer Bericht der Wiener Neuen Fr. Pr. lautet: Kissingeu den 13. Juli. Als Bismarck heute um 1 Uhr seinen Blagen besteigen wollte, um ins Badehaus nach der Saline zu fahren, drängte sich ein zerissen aussehendes Individuum an ihn heran und machte Miene, ihn zu grüßen. Bismarck griff an feinen Hut, und in demselben Augenblicke schoß das Individuum auf ihn. Der Reichskanzler wurde dadurch, daß er die Hand eben an den Kopf hielt, um den Gruß zu erwidern, gerettet, und ganz leicht an der rechten Hand gestreift. Er kehrte sofort in feine Wohnung zurück, während der Attentäter, der die Flucht ergriffen hatte, unter heftiger Gegenwehr festgenommen und von der Menge mißhandelt wurde. Die Schußwaffe, eine Pistole, halte er weggworsen. — Der Thäter ist bei Magdeburg zu Hause und laut den bei ihm gefundenen Papieren Mitglied eines katholischen Gesellenbundes, er gibt an, er habe auf Befehl gehandelt. Ihn hinzurichten, helfe Nichts, denn hinter ihm stün d e n u o ch M ehr e r e, sagte der Mensch mit unerschütterlicher Ruhe. Telegraph und alle Behörden sind in Bewegung mit Recherchen nach Komplicen. — Die Verwundung des Fürsten Bismarck wird in allen Berichten als eine ganz leichte geschildert. Sie soll in einer Streifung am Daumcnballen der rechten Hand, da wo er mit der Hanowur^e zusammentrifft, bestehen. — Der Thäter, Eduard KuUmaun aus "Neustadt bei Magdeburg, wird als Lljänig, in einigen Berichten als 19jähriger bezeichnet.
Der Köln. Z. wird ans Kissiugen d. 15. telegraphirt: Durch weitere «Erhebungen ist festgestelll, daß Kullumun gegen Pfingsten 14 Tage in Berlin verweilte, um seinen Mordanzcytag gegen den Fürsten Bismarck auszusühren.
Der „Reichs an zei ger" nennt den Priester Hanthaler in Tyrol als den intellektuellen Urheber des Attentats. Die „Norddeutsche Allgemeine Zeitung" schließt einen Leitartikel mit dem Gedanken, daß der Tag von Kissingeu für Deutschland einen neuen Ausgangspunkt der Freiheit und geistigen Groß- Dem Reichkanzler gehen allseitig Glückwunsch-Telegramme der Souveräne zu.
Berlin, 16. Juli. Die „Nordd. Allg. Ztg." meldet: Die 'vorgestrige Sitzung des Staatsministeriums beschäftigte sich auch mit durch das Attentat gegen den Fürsten Bismarck angeregten Fragen. Auch gestern fand eine Ministersitzung statt.
In Eisenach sind am 9. Juli 10 Häuser abgebrannt.
In Erlangen ist der Student Laug aus Landau in einem PistoleudueÜ erschossen worden.
Paderborn, 13. Juli. Der Bischof Martin ist wegen Nicht-Besetzung von sechs Pfarreien im Kreise Brilon neuerdings zu 18,000 Thl. Geldstrafe Und außerdem noch zu einigen kleineren Strafen verurtheilt worden, Ob sein frommer Verehrer auch diese Summe für ihn bezahlen wird?
Die Instruktionen für den deutschen Vertreter auf dem internationalen Kongreß zu Brüssel sind nunmehr festgestellt worden. Zum deutschen Bevollmächtigten ist Generalmajor v. Voigt - Rhetz ernannt. Die deutsche Regierung entsendet nur diesen einen Bevollmächtigten nach Brüssel.
Usingen, im Juli. Am 30. Juni wurde ein seit dem Tage zuvor vermißtes Mädchen von 9 Jahren aus Pfaffenwiesbach todt im Walde gefunden. Das Mädchen war an Hände» und Füßen gebunden und nach gewaltsamer Mißhandlung erdrosselt worden. Alsbald fiel der Verdacht auf einen noch nicht ganz 17jährigen Burschen aus Psaffenwiesbach, den Sohn ehrbarer Eltern, der aber selbst ein rohes Subject und schon einmal im Verdacht eines ähnlichen Verbrechens war. Der Verdächtige wurde cingezogen und soll bereits die That eingeslandeu haben.
Nach Berichten aus Hietzing, soll sich das Befinden des vormaligen Königs von Hannover, welches zunächst nach
einer Opperation von Unterleibs-Drüsen ein entsprechendes war, neuerdings verschlechtert haben.
Linz, 14. Juli. Gegen Bischof Rudigier wurde wegen aufreizender Predigt in Kremsmünster eine Untersuchung eingeleitel und Zeugen vernommen.
Ischl, 14 Juli. Die Kaiser Wilhelm und Franz Joseph trafen 'Nachmittags 2^/4 Uhr hier ein. Kronprinz Rudolf in preußischer Uniform, die Oberhofmeister Fürst Hohenlohe und Nopcsa sammt Gefolge erwarteten die Majestäten im Hotel „Elisabeth," welches mit Blumen nud Fahnen geschmückt war. Kaiser Wilhelm wurde vom Kaiser von Oesterreich, dem Kronprinzen Rudolf und dem Gefolge in seine Appartements geleitet. Eine ungemein große Volksmenge harrte der Ankunft der Monarchen seit Stunden in der Umgebung des Hotels und den angrenzenden Straßen.
Ischl, 15. Juli. Nach dem gestrigen Diner gab die Kaiserin Elisabeth dem deutschen Kaiser das Versprechen, auf der Rückreise von der Insel Wight die deutsche Kaiserin in Baden- Baden oder Koblenz zu besuchen, was von dem deutschen Kaiser sofort telegraphisch der Kaiserin Auzusta bekannt gegeben wurde.
Bern, 15 Juli. Der Bundesrath genehmigte, daß die 58. deutsche Infanterie-Brigade auf ihrer Rückkehr von den diesjährigen Herbst Hebungen am Schwarzwald durch SchweizerGe- biel marschiren darf.
Im ehemaligen Babylon ist die Pest ausgebrochen und wüthel furchtbar, auch in der Berberei und in der Nähe von Tribolis.
Ein junger Oeconom in Onsiugen bei Solothurn schlachtete mehrere an dem Milzbrand erkrankte Ochsen uud verkaufte das Fleisch und aß selbst mit seiner Familie davon, weil er behauptete, es sei nicht schädlich. Bald aber erkrankte er zum Tode und starb nach furchtbaren Qualen an Vergiftung. Sein Leichnam wurde sofort dunkelbraun, Schaum stand im Mund, das Gehirn zeigte sich voll schwarzen Blutes und das Herz war blutleer geworden.
Versailles, 14. Juli. Die Nationalversammlung verwarf heute in geheimer Abstimmung die Erhöhung der Salzsteuer mit 362 gegen 256 Stimmen. Es ist noch unbekannt, ob der Fll.anzminister seine Demission geben wird.
Paris, 16. Juli. Die „Amtsztg." meldet: Nach der gestrigen Sitzung der Nationalversammlung hat der Finanzminister Mague seine Entlassung gegeben; er wird indeß auf den Wunsch des Marschall-Prüsidenten die lausenden Geschäfte bis zu feiner Ersetzung forlführen.
Rom, 14. Juli. Der Ministerpräsident sandte heute Namens der Regierung etn Telegramm an den Fürsten Bismarck, in welchem er das Attentat beklagt und den Fürsten Bismarck zu seiner Rettung beglückwünscht.
Madrid, ^16. Juli. ^ Die Carlisten wurden bei einem
Unter den Truppen des Don Alphons ist eine Meuterei ausgebrochen. Die Banden-Chefs haben sich untereinander entzweit.
Während die Operationen auf dem Kriegsschauplatz fast ruhen, sind sowohl die Karlisten als die Re pub likaner damit beschäftigt, die Gegenpartei der blutigsten Grausamkeiten zu beschuldigen und sich selber in ein nortbeilhaftes Licht zu rücken. Auf welcher Seite die Wahrheit ist, bleibt schwer zu entscheiden. Nur so viel ist gewiß, daß die alte Erfahrung, daß Bürgerkriege die wildesten Leidenschaften entfesseln, sich auch in diesem Falle wieder bewährt.
„Times" und „Globe" sprechen sich sehr entrüstet über die Hinrichtung des Kapitäns Schmidt durch die Carlisten aus. Das erstere Blatt sagt: „lieber diese barbarische Schlächterei herrscht mit Recht große Entrüstung, und man erwartet, wenn das Gerücht wahr ist,-daß Deutschland interveniren wird, da dies der zweite Deutsche ist, der binnen 14 Tagen hingerichtet wurde. Kapitän Schmidt war ein gehörig akkredirter Korrespondent und hatte keinen Theil am Kriege genommen, wie dies Mitkorrespondenten und spanische Offiziere, darunter Concha's Stab, verbürgen können. Er führte Empfehlungsbriefe von seinem Gesandten in Madrid bei sich. Man sagt, daß die Carlisteu versuchen, auswärtige Korrespondenten vom Felde zu vertreiben, indem sie alle, die sie gefangen nehmen, unter dem Namen Spionen erschießen." — Der „Globe" spricht die Erwartung aus, daß die deutsche Regierung in einer hinreichend kräftigen Weise interveniren werde.
Newyork, 15. Juli. In Chicago brach gestern Nachmittag 5 Uhr eine große Feuersbrunst aus, welche sich bisher über vier Sraßenvicrtel ausgedehnt hat. Zerstört sind u. A. die Kirche der Baptisten-Gemeinde, das Post-Amt und vier Hotels. Viele Häuser wurden ohne Erfolg gesprengt. Um 10 Uhr Abends griff das Feuer unwiderstehlich um. Man befürchtet, daß es sich bis zum Flusse und dem See-Ufer verbreiten wird.
Chicago, 15. Juli, Nachmittags. Die Feuersbrunst wurde um Mitternacht bei der Straße Vanburen bewältigt. Ueber 20 Häuserviertel sind zerstört, 4 Feuerwehrleute umgekommen.