dazu die Redaktionsbemerkung: Die Bestäligung und das ge­nauere bieibl freilich abzuwarten.

Wie dieD> N." vernehmen, hat der verstorbene Staats­minister v. d. Heydt, der als sehr reicher Mann ' gestorben ist, in seinem Testament bestimmt, daß aus seinem Nachlaß eine Million Thaler zu einer v. d. Heidt-Stiftung verwendet werden soll. Die Stiftung, so heißt es, solle alten würdigen Bürgern, die erwerbsunfähig geworden sind, auskömmliche Unterstützung zuwcnden.

In Dreine» fand dieser Tage eine internationale land- wirthschaftliche Ausstellung statt, für welche der deutsche Kron­prinz das Protektorat übernommen und sie deshalb auch mit seinem Besuche beehrte; auch der König von Sachsen fand sich dabei ein. Bei dem vom Senat gegebenen Banket brachte der König von Sachsen den ersten Toast auf den Kaiser mit folgenden Worten:Heute, wo die Vertreter sämmtlicher deutscher Stämme zu friedlichem Wettkampf auf dem Gebiete der ältesten Kunst, der Landwirthschafj, versammelt sind, geziemt es sich wohl vor Allem, dessen zu gedenken, der uns in Zeiten der Gefahr ein so siegreicher Führer gewesen, des wahren Repräsentanten, des Symbols des geeinigten starken, aber friedlichen Deutschlands. Und so fordere ich Sie auf, meine Herren, auf das Wohl Sr. Mas. des Kaisers Wilhelm zu trinken." Der hierauf folgende Toast des Deutschen Kronprinzen auf den König von Sachsen lautete:Ich fordere Sie, meine Herren, auf, mit mir auf das Wohl Sr. Maj. des Königs von Sachsen zu trinken, des bewährten Führers, des siegreichen Feldherrn im letzten Kriege, der Zierde unter den Fürsten des Deutsche» Reiches, der Stütze des deutschen Vaterlandes; Se. Maj. der König von Sachsen lebe hoch!" Ein weiterer Toast des Kronprinzen auf die Ausstellung und Bremen lautet:Ich trinke auf das Wohl der alten hochansehlichen freien Reichsstadt, in deren gast­lichen Mauern wir weilen. Besondere Freude und Genugthuung gewährt es mir, daß hier an einer der ersten und blühendsten Städten deutschen Handels und Verkehrs der Gedanke, durch eine große internationale Ausstellung den Zwecken des Land­baues zu dienen, zu schöner Ausführung gelangt ist. Ein klares Verständniß der Forderungen unserer Zeit führt schnell dahin, scheinbare Gegensätze als solche zu erkennen und auch auf dem Gebiete der Gewerbe allein in der lebendigen Wechselwirkung einen gesunden und fördernden Einfluß zu erblicken. Die Ge­meinsamkeit der gewerblichen Interessen zu betonen, das ist die Aufgabe Aller, denen der Wohlstand und die Gesittung der Völker am Herzen liegt. Wer möchte leugnen, daß vor Allem die Landwirthschaft es ist, deren Gedeihen jedem Stande gleich ersprießlich, von deren Blüte das Fortschreiten der Kultur unzer­trennlich ist, die selbst in den Zeiten der Unruhen und Kriege oft die einzige Hoffnung auf eine bessere Zukunft bietet. Im Namen der deutschen Landwirihe, zu denen mich rechnen zu dürfen mir zu wahrem Stolze gereicht, danke ich den Leitern der Aus­stellung und Allen, die zum Gelingen des Unternehmens bei­getragen haben. Ich danke den Ausstellern aus fremden Landen, bitte sie, in ihre Heimath die Ueberzeugung mitzunehmen, daß nirgends lebhafter und aufrichtiger der Wunsch gehegt wird, die Arbeit menschlicher Cultur in ungestörtem Frieden sortzuführen, als innerhalb der Gauen des neuerstandenen Deutschen Reiches. Als Protektor der Ausstellung danke ich endlich aus voller Seele dieser freien Stadt, welche ihr warmes Interesse für die Land­wirthschaft glänzend bethätigt,, von ihrem altbewährten Rufe edler Gastlichkeit aufs neue schönes Zeugniß abgelegt hat. Die freie deutsche Reichsstadt Bremen, ihr Senat, ihre Bürgerschaft leben hoch!"

Oesterreich erlebte vorige Woche eine große Ueberraschnng. Ganz unverhofft erschien am Dienstag in der amtlichen Wiener Zeitung ein Handschreiben des Kaisers an den Kriegsminister Freiherrn von Kuhn, worin dieser unter der schmeichelhaftesten Anerkennung seiner Verdienste seines Postens enthoben wurde und gleich darunter ein zweites Schreiben des Kaisers, in welchem dieser den Statthalter von Böhmen, Freiherrn v. Koller, zum Nachfolger Kuhns designirte. Ueber die Gründe dieser unerwarteten Veränderungen circulircn vielerlei Versionen. Eines scheint sicher, daß Kuhn durch eine Hofintrigue gestürzt wurde. Er war ein gerader Soldat, der von der Picke auf gedient und wenig Federlesens machte. Wer die Verhältnisse am österreichischen Hofe und in der Armee kennt, wird wissen, daß eine solche Natur unmöglich auf die Dauer der Zeit eine porsone gratn bleiben konnte und da Kuhn mit rücksichtsloser Energie die von ihm aufgebrachte neue Heeres-Organisation durchführen wollte und dabei gar mancher hochgestellten Persönlichkeit unsanft vor den Kopf stieß, so ist es schließlich zu verwundern, daß seine Entlassung, auf die von so vielen Seiten im Stillen schon lange hingearbeilet wurde, erst jetzt erfolgte. Es ist horent, wie schnell in Oesterreich die Minister sich abnutzen, in keinem Staate der Welt findet man so viele penfionirte Würdenträger, als in jenem Reiche.

Eine gräßliche Anklage wurde am 12. und 13.. Juni im Wiener Kriminalgericht verhandelt. Auf der Anklagebank saß Franziska Duffek, aus Horitz in Bohnen gebürtig, ledig,

Mutter eines Kindes, zuletzt im Konkubinate mit einem Tischler gesellen lebend, wegen Verbrechens des Mords, vollbracht durch Mißhandlung des leiblichen Kindes. Der Präsident konstatirt, daß die Angeklagte als liederliche, arbeitsscheue Dirne oft abge- straft, im Korrektionshause Mordversuche unternahm, daß sie ein ungemein heftiges, zorniges und störrisches Temperament besitze. Ihr an Bosheit grenzender Eigensinn konnte trotz Anwendung der schwersten gesetzlichen Strafen nicht gebändigt werden. Die Duffek hatte für ihren dreijährigen hübschen und aufgeweckten Knaben kein Gemüth, keine Liebe; sie strafte ihn für jede Kleinig­keit in barbarischer Weise durch Schläge und Stöße mit der Faust. Wenn der Knabe ein natürliches Bedürfniß zu erfüllen verlangte, fuhr sie ihn hart an, und wenn das erschreckliche Kind sich in Folge dessen sein Begehren nicht zu äußern getraute und sich verunreinigte , strafte sie es fürchterlich. Sie ergriff es bei den Füßen, warf es zur Erde, trat ihm auf den Bauch, und wenn das Kind nun schrie, knebelte sie dasselbe. Solche Miß­handlungen kamen täglich vor. Zeugen sagen aus, daß sie das Kind in so entsetzlicher Weise maltraitirte, daß sich ihnen die Ueber­zeugung aufdrängte, sie beabsichtige, das Kind durch diese Miß­handlungen zu tödten, um cs los zu werden. Wiederholt wurde gesehen, wie sie den Knaben ohne jede Veranlassung mit einem Stocke, einem Scheit Holz oder was ihr gerade in die Hand gerielh, prügelte, bis er ohnmächtig liegen blieb. Im Monate Januar, in der strengsten Kälte, fand eine Zeugin, Anna Kotz­mann, den Knaben ganz und gar nackt in dem Aborte stehend; er war ganz blau und zitterte vor Kälte. Endlich nach so vielem Leiden starb der kleine Wenzel Duffek am 12. März. Es kann darüber kein Zweifel obwalten, daß Franziska Duffek den Tod ihres Kindes verschuldete. Zieht man in Betracht, daß die Miß­handlungen einen geradezu systematischen Charakter hatten, indem sich aus den Zeugenaussagen ergibt, daß sie anfänglich Schläge und Stöße anwendete, später aber den Knaben ganz und halb nackt der Kälte aussetzte, an die Wand, an den Boden schleuderte, daß sie ihn mit Füßen trat, daß es endlich ein zartes dreijähriges Kind war, das in solcher Weise gequält wurde, so muß man daraus den Schluß ziehen, die Angeklagte habe wohl gewußt, ihre Handlungsweise müsse den Tod des Kindes herbeiführen. Daher erhebt die k. k. Staatsanwaltschaft wider Franziska Duffek die Anklage wegen Verbrechens des Mordes. Nach einer Ver­handlung, wobei die Roheit der Angeklagten sehr zu Tage trat dieselbe rief u. a. einer Zeugin, die gegen sie aussagte, zu: Sie werden mich Wiedersehen; wenn ich wieder einmal heraus­komme, so denken Sie an mich" wurde die Duffek von der Anklage wegen Mords freigesprochen; hingegen erkannte die Jury, daß sie sich des Verbrechens des Todschlages schuldig gemacht habe. Der Gerichtshof verurtheilte die Duffek zu fünzehn Jahren schweren Kerkers.

Bern, 20. Juni. Der Eilzug, welcher um 2 Uhr von Zürich in Bern anlangeu sollte, verunglückte heute bei Wettingen, wo die Bahn eine große Kurve macht. Daselbst waren neue Schienen gelegt worden, welche nicht genug befestigt waren. Die Schienen seien aufgehaspelt, die Lokomotive überstürzte und liege mit den Rädern nach oben. Der Lokomotivführer und der Heizer, von Brandwunden arg beschädigt, sollen bereis todt sein. Eine Dame habe den Arm gebrochen.

Brüssel, 20. Juni. Nord veröffentlicht den Wortlaut des Entwurfs für die Berathung der hiesigen internationalen Kommission über Kriegs- und Völkerrecht. Der Entwurf ist in Kapitel eingetheilt und umfaßt folgende Gegenstände: Militär- autorität in Feindesland, Unterschied zwischen Soldaten und Nicht­kombattanten, erlaubte und unerlaubte Mittel der Krieg­führung, Belagerung, Bombardement, Spionwesen, Kriegsge­fangene, Verwundete, Gewalt der Militärpersonen gegenüber Zivilpersonen, Requisitionen, Kontributionen, Parlamentärwesen, Kapitulationen, Waffenstillstand und Repressalien. (Nach engl. Blättern ist das Zusammentreten des Kongresses sehr zweifel­haft geworden.)

Rom, 12. Juni. Gestern Abend fand zu Ehren des Jahrestages der Thronbesteigung des Papstes ein Tedeum in der Peterskirche statt. Der Papst erschien darauf an einem Fenster des Vatikans. Die ehemaligen päpstlichen Gendarmen riefender Papst-König lebe", die Volksmenge erwiderte den Zuruf mit Pfeifen. Zur Aufrechterhaltung der Ordnung erschien ein Detachement Bersaglieris, welches die Gendarmen verhaftete. Die Volksmenge ging dann ruhig auseinander.

Konstantinopel, 20. Juni. Das türkische SchiffKars" ist auf der Reise nach Salonich gestern Abends im Marmora- Meer durch das von Alexandrien kommende ägyptische Schiff Behera" zum Sinken gebracht worden. Von den 350 Reisenden und der Bemannung desKars" wurden 30 Personen durch das ägyptische Schiff gerettet, welches selbst starke Havarien er­litten hatte.

Geldausleiher nennt man Gläubiger, und nicht ohne Grund, weil ihnen auf das Weiderbekommen ein sehr starker Glaube von Nöthen ist.