Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Nagold.

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TageS-Neuigkeiten.

Stuttgart, 4. Mai. (Laudcsproduktenbörse.) Zufolge den Be­richten hat der Getrelvehaudcl an de» auswärtigen Handelsplätze» keine nennenswertbe Aeuderuug erfahren, jonderu sowohl die Llimmung als der Berkehr wäre» durchweg ruhig- Nufere heutige Börse war in Holge der ungünstigen Wilterungsoerbältnisse etwas bewegter, als in den letzten Wochen, da jedoch die Angebote überwiegend, blieben, so hat sich in den Preisen nur wenig veräuderl. Wir uoliren: Waizen, rusj. fl. 8. 5/. dto. bayr. st. 8. ',8.-st. 9. 6 die. amerik- st. 8. 34.-st. 9. llerne», st. 9. 0-18. Roggen, rusj. ft. 6. 2440 Haber st. b. 24- 48. Mehl- Preise per 100 tzilogr. uikl. Sack. Mehl stlro. st. 26.st. 26. 24. Nro. 2: st. L4.-fl.Ll. 24. Nro.3: st. 28. 12-36. Rio. 4: st. 20. 30-48. .

«Stuttgart, 4. Mai. Die Ankunft des Kaisers von Rußland hierselbsr erfolgt Mittwoch. Die Trauung des Herzogs Eugen von Württemberg mit der Großfürstin Vera findet ,Freitag statt. Heule beginnen die Festlichkeiten mit einem Lall auf der Wilhelma. Jnsttzmiiuster v. Mittnachl ist, wie derStaats- Anzeiger meldet, nach Abschluß der Beralhung der Reichsjnstiz- Gesetze im Justiz-Ausschuß des Bnndesraths hieher znrückgekehrt. Der Landtag tritt frühestens am 18. Mai zu einer 4- bis ö- wöchentlichen Sitzung zusammen.

Friedrichshafen, 30. April. Am vergangenen Montag Morgen wurde Bäcker Edel in Ettenkirch todk in feinem Bette gefunden. Vom Schultheiß, dem der plötzliche Tod als ein nicht ganz natürlicher erscheinen mochte, wurde sofort darüber nach Tettnang berichtet, und wirklich stellte er sich durch die Legalin- fpekiion als ein gewulilhäiiger, durch Erdrosselung herbeigejühner heraus. Edel, Vater von 4 Kindern, soll schon seit längerer Zeit in häuslichem Zwist mit seiner Frau und Familie gelebt haben, und wurde deßhalb auch die Frau und der älteste Sohn in Haft genommen.

Cannstatt, 4. Mai. Wie es heißt, haben Verhand­lungen zwischen der Direktion des Viklorialheaters und der Stadlgemeinde Eßlingen s'tattgefunden, welche zu dem vorläufigen Ergebnisse geführt, daß die Cannstaller Oper wöchentlich zwei Vorstellungen im Sladttheater von Eßlingen gibt. Cs handelt sich zunächst um einen Versuch.

Heilbronn, 4. Mai. Die Weinberge sind nach den Angaben der Weingärtner zu 's«, die Obstbänme zur Hälfte er­froren. Klee und Gartengewächse sind theils durch den kalten Wind, theils durch die stille Kälte gänzlich zerstört.

Reutlingen, 4. Mai. Die Hoffnungen auf Obst und auf Wein sind größtentheils bei uns geschwunden, möge eine gute Ernte uns einigermaßen Ersatz bringen.

Aus Freuden st adt wird berichtet : Johannisbeeren, Pflaumen u. s. w. sind erfroren. Die Birn- und Apfelbäume waren noch nicht ganz offen und werden keinen Schaden gelitten haben.

Gottlob, so groß, wie cs in der ersten Bestürzung schien, ist der Schaden nicht, den die Fröste der letzten April- und der ersten Mainächte in Deutschland an den Fruchtbäumen, den Reb­stöcken und Getreidefeldern angerichtet haben. Die deutschen Zeilungen bieten eine ziemlich genaue Ueberschau aus dem mitt­leren und südwestlichen Deutschland, das am meisten bedroht war, und diese Ueberschau zeigt, daß zwar die Blüthrn und die jungen Schößlinge viel gelitten haben, daß sie aber nur zum geringsten Theile vernichtet sind. Wirklich erfroren sind fast nur die Nuß- bäuipe und Aprikosen und hie und da in niederen Lagen die Rebschößlinge. Die Weinberge wurden vielfach durch Anzünden von Feuern und Rauchwolken geschützt. In Elsaß haben nament­lich die jungen Schößlinge der Weinstöcke gelitten. Der Klee ist in vielen Gegenden erfroren. Am größten ist der Wetlcr- schaden in Ungarn.

Vom Main, 2E. April. Eine neue Erfindung der Herren Croisant und Bretonniöre, durch die sozusagen eine neue Art von Farben hergcstcllt wird, macht eben in Frankreich großes Aufsehen. Dieselbe besteht darin, aus den allergewöhniichsten Stoffen, wie Sägspähne. saules Holz, Humus, Moos, Flechten, Ahfällen von Pflanzen und thierischen Stoffen, ja sogar aus Exkrementen die prachtvollsten Farben herzustellen. Das Verfahren sst so einfach und es gehören so wenig Vorrichtungen dazu, daß jeder Färber sie sich selhst machen kann. Dabei sind die Farben von außerordentlicher Haltbarkeit, sie widerstehen selbst

heißem Aetznatron und sind 23mal so billig als die jetzigen. Das neue, selbst in Preußen (!) palenlirie Verfahren erstreckt sich nur ans organische Stoffe, cs gestattet aber, eine fast unend­liche Reihe von Nuancen direct darzustellen. Die neuen Farben sind im Wasser löslich und bedürfen keiner Beize. Anwendbar sind sie auf alle Stoffe und sehr leicht zum Verarbeite». DieSocie'ts Jiidnstr." von Mühlhausen hat sich höchst günstig über die Er­findung, weiche nicht weniger Bedeutung als s. Z. das Anilin zu haben scheint, ausgesprochen. Ein ausführliches Gutachten dieser Gesellschaft wird demnächst erscheinen. Die Erfinder ar­beiten in ihrer Fabrik schon seit einigen Monaten nach dem neuen Verfahren und mit dem günstigsten Erfolg. Ebenso haben die Fabrikanten von Lille, Roubaix. Tourconig, Ctzonlek und Mühl­hansen enttt'mmig die Ueverlegeuheit der neuen Farben über di» bis­herigen anerkannt. Die Einführung dieser Erfindung in Deutsch­land haben die Herren Wirth n. Comp, in Frankfurt a. M. übernommen, von denen auch Muster zu beziehen sind. Nach de» bisherigen Erfahrungen sind die neuen Farben auch gegen das Sonnenlicht sehr haltbar und färben ganz ausgezeichnet. (Arbeitg.)

Hanau, 2. Mai. Ein Goldarbeiter hat sein Kind, noch Säugling, in der Wiege mit einem Beil erschlagen. Dem Trunk ergeben, arbeitslos und arbeitsscheu, während seine Fra» ihn und ihre drei Kinder ernähren mußte, gibt er, wie verlautet, Roth und Verzweiflung als Grund des Mordes an.

Nürnberg, 3. Mai Die Schuhmacher-Gesellen haben aus heute eine Versammlung anberanmt, um den endgül­tigen Beschluß über Lohn-Erhöhung event. Sinke zu fassen. Die Hafner sinken schon seit acht Tagen.

In Nürnberg wmde der sozialdemokratische Verein aufgelöst und vom Magistrat gegen sämmtliche Mitglieder, gegen 800, ein Strafantrag gestellt, zu dessen Durchführung es eines be­deutenden Apparats bedarf. Auch in mehreren umliegenden Orten, besonders in Fürth, sollen bei Sozialdemokraten Haus­suchungen stattgesnnden haben.

Nürnberg, 4. Mai. Das Ministerium ist mit den Schritten des Nürnberger Magistrats gegen Re Sozial­demokraten einverstanden. Aus Erlangen kommt die Nachricht von der Auflösung der dortigen sozialdemokrati­schen Parteimitgliedschaft.

Berlin, 2. Mai. An Seile des verstorbenen preuß. Generals von Jagemann ist der Oberst v. Krenski, Komman­deur der k. preuß. 7. Artilleriebrigade in Münster, als Kom­mandeur der Feld-Artilleriebrigade nach Württemberg kom- mandirt worden. Oberst v. Krenski ist der Schwiegersohn des in Württemberg allbekannten und hochgeschätzten Generals der Inf. v. Prittwitz, des früheren Erbauers der Festung und späteren Gouverneurs von Ulm.

Berlin, 3. Mai. Soeben, 1 Uhr Mittags, erfolgte die Ankunft des Kaisers Alexander von Rußland und der Groß­fürsten Constantin und Alexis nebst derem zahlreichen Gefolge, worunter Graf Adlerberg und Fürst Dolgoruki, auf dem Ost- bahnhofe. Kaiser Wilhelm, sämmtliche königliche Prinzen und der Großhcrzog von Sachsen-Weimar waren auf demselben an­wesend ; ferner der russische Botschafter und die Feldmarschälle Gras Moltke und v. Manteuffel. Die beiden Kaiser umarmten sich. Der Kaiser von Rußland und die Großfürsten fuhren di­rect zur Begrüßung der Kaiserin nach dem königlichen Palais, von wo der Kaiser von Rußland sich nach dem russischen Bot­schaftshotel begibt. Hier sind die Kronprinzessin und die könig­lichen Prinzessinnen zum Empfang anwesend.

Berlin, 4. Mai. Sc. Maj. der Kaiser von Rußland, welcher gestern bereits die Feldmarschälle Graf Wrangel, Graf Moltke und Frhr. v. Manteuffel besucht hatte, machte heute Nach­mittag dem Fürsten Bismarck einen Besuch. Vorher hatte der Fürst einen längeren Besuch des Fürsten Gortschakoff erholten. Heute Vormittag fand vor dem Kaiser und seinen hohen Gästen ein Exerzixen einer kombinirlen Brigade im Feuer statt. Heute Nachmittag ist großes Galadiner, Abends Soiree, wozu 170 Einladungen ergangen sind.