UMWaLL für de« OberamtsbeM Nagold.
Erscheint wöchentlich 3mal und kostet
Ne» 48. halbjährlich hier 54 kr., im Bezirk
'mit Postaufschlag l fl. 8 kr.
Amtliches.
Samstag den 25.
^n,eratw»sgevubr für die chpaltige Zeile aus gewöhnlicher Schrift bei einmaliger Einrückung 8 ticeiner l bei mehrmaliger je 2 Kreuzer.
N a g o l d.
Oberamtsgeometerfielle.
Laut Erlasses des K. Sieuer-Collegiums vom 21. d. M. haben sich die Bewerber um die erledigte Oderamlsgcomelerstelle in Nagold innerhalb 14 Tagen, also spätestens bis zum 0. Mai d. I., bei dem K. Steuerkollegium zu melden, worauf die Geometer des Bezirks aufmerksam gemacht werden.
Den 23. April 1874.
K. Oberamt.
Husuadel, Auumann, g. Slv.
TageS - Neuigkeiten.
Gestorben den 2 t. April: Gerichtsnotar Kümmerten in Münsingen, früher Amtsnotar in Altenstaig.
Stuttgart, 23 April. Unglücks fall. Gestern Nachmittag 1^,4 Uhr, kur; vor dem Abgang des Rcmsbahnzuges, ereignete sich an der linksseitigen Einsteighalle des Bahnhofs (Caustatter Seite) der bcklagenswerthe Unglücksfall, daß der Kouduklenr Kaltenbach, der noch über das Schienengeleise gehen wollte, von einer sich eben in Bewegung setzenden Maschine, die er nicht bemerkt hatte, ersaßt und zu Boden gerissen wurde. Beide Beine wurden ihm abgefahren und er auch sonst noch arg verstümmelt, so daß er in hoffnungslosem Zustand in das Katharinenhospital gebracht werden mußlc. Der Verunglückte ist ein schon 6 Jahre im Dienst gewesener verheiratheter Angestellter und früherer Feldwebel.
Ueber die Verhaftung eines Jndustrieritters meldet die „L. Z.": In Stuttgart wurde gestern ein feiner Jndustrierittcr laus Ungarn) entdeckt. Derselbe, auf's Nobelste gekleidet, mit schwerer goldener Kette und Pretension, einen dunklen Sommerüberzieher unter dem Arm, trieb sich auf dem Pserdemarkl und in der Gemüsehalle, wo die Wagen-Ausstellung ist, herum und wußte sich auf die rasstnirleste Weise den Leuten zu nähern, und sich deren Brieftaschen, Portemonnaies rc. anzueignen. So näherte er sich unter Anderen in der Gemüsehalle einem Ludwigsburger Bürger und zog demselben rasch ein Cigarren-Etui aus der Brusttasche, ohne Zweifel in der Meinung, das Portemonnaie desselben erwischt zu haben. Derselbe stellte ihn sofort zur Rede und bezüchlete ihn des Diebstahls. Der Dieb ließ gleich das Etui fallen und suchte das Weite, wurde jedoch auf den Ruf „Haltet den Dieb" unter der Masse Leute von mehreren gepackt und von einem gerade anwesenden Polizeidiener festgenommen und auf das Polizeiamt abgeführt. So viel bis jetzt ermittelt werden konnte, wurden etwa 10—12 Personen auf ähnliche Weise bestohlen, und wurde bei demselben an Gold, Papier- und Silbergeld die enorme Summe von gegen 3000 Gulden vorgefunden. Einem Kaufmann aus Ulm z. B. wurden allein 800 fl. Papiergeld entwendet.
Friedrichshafen, 21. April. Die Freude unserer Nachbarn in der Schweiz über das günstige Resultat der Abstimmung für Annahme der revidirten Bundesverfassung muß eine ungeheure sein. Von früh 5 Uhr an bis Nachts 11 Uhr waren hier fortwährend Böllerschüsse zu hören, und konnte man bei Anbruch der Nacht entlang des Schweizerufers, soweit dieses von uns aus sichtbar ist, 42 große Freudenseuer zählen.
Berlin, 21 April. Reichstag. Erste Lesung des Gesetzentwurfs, betr. die Verhinderung der unbefugten Ausübung von Kirchenämtern. Bundeskommissär Förster (Direktor im Kultusministerium) motivirt die Vorlage, indem er betont, daß die Reichsregierung keinen Kampf mit der kath. Kirche, sondern nur mit jener Richtung derselben führe, welche nach der Unterwerfung unter das Unfehlbarkeitsdogma eine politische und staatsgefährliche Agitation betrieben habe. Gegen jene seien die preuß. Kirchengesetze gerichtet gewesen, deren Anwendung Lücken dargelegt hätten, zu deren Ausfüllung der Entwurf dienen solle. Letzterer entspreche nur einem vorhandenen Bedürfnisse, er erbitte allerdings eine schneidige Waffe, doch könne der Kampf mit stumpfen Waffen nicht geführt werden. Justizminister Leon- Hardt gibt Reichensperger gegenüber zu, daß die Vorlage ein Ausnahmegesetz sei, dasselbe paffe aber für den bestehenden
Ausnahmezustand. Die Regierung wäre gern der Verpflichtung überhoben, derartige Gesetze vorznlegcn, werde aber erforderlichenfalls dergleichen weiler einbringen. Im ,erneu Verlause der Debatte sprechen Schulte, Sanken und Graf Frauke nd erg für, Buß und Bayrhammer gegen die Vorlage. Hierauf wird die erste Lesung geschlossen und die Vorlage zur zweite» Lesung im Plenum gestellt. Dagegen stimmten das Zentrum und die Sozialdemokraten. Morgen kommt eine Interpellation von Schulze-Delitzsch über die Hülfs- und Unterstützungskassen der Arbeiter zur Verhandlung.
Berlin, 23. April. Ueber Len Neichstagsschluß verlautet aus Reichstagskreisen, der Kaiser wünsche den Reichstag in Person zu schließen. Sollte sich dieser Wunsch realisiren lassen, so würde der Schluß am Sonntag im weißen Saale des Schlosses, andernfalls durch Siaarsminister Delbrück am Sonnabend im ReichStagssaale erfolgen. (Wagn. Bür.)
(Mißgeburt). Der Berliner „Lörs.-Cour." meldet: In der Rosenthalerstraße erblickte dieser Tage ein normales Mädchen mit dem „Kopfe einer Katze" das Licht der Welt. Der Kopf saß fast ohne jeden Hals an dem Körper, die Ohren hingen lang wie Lappen herunter. Das Kind lebte nur 5 Minuten nach der Geburt. Der Körper ist der Klinik des Herrn Professor vr. Marlin übergeben worden.
Der Bols chafter in Paris, Graf Arni m, ist, wie das „Deutsche Wochenbl." hört, schon im Besitz seiner Abbc- rufungsschreiben, doch ist der Termin der Ueberrcichung derselben unbestimmt, thcils wegen der Krankheit in der Familie des Botschafters, lheils weil das Eintreffen seines Nachfolgers von der Dauer der Neichstagssesston abhäugl.
Straß bürg, 18. April. In seiner Samstagssitzung hat sich das Gericht in Zabern mit der Angelegenheit des Bisch o f s von N a n cy befaßt. Letzterer ist nicht erschienen. Ter Staatsanwalt trug auf 3 Monate Festungshaft an und führte aus, das Gericht sei kompetent, weil das Vergehen in Elsaß- Lolhr. begangen wurde, und zwar in dem Gebiet, welches zum Amtsbezirk des Gerichts gehörte. Der Gerichtshof verschob die Urtheilssprechung auf eine spätere Sitzung.
Paris, 23. April. Die größte Sensation in der hiesigen Presse erregt eine Rede des Deputaten des Seealpen-Departe- ments Piccon, welche bei dem Banket der Aktionäre der Nizza- Cuneo-Eisenbahngesellschaft gehalten wurde. Piccon stellte in enthusiastischer Weise den Augenblick als nahe bevorstehend dar, in welchem 'Nizza, die Italiens Unabhängigkeit geopferte Iphigenie, zu seinem wahren Vaterlande zurückkehren werde. — Graf Chamdord hat darauf verzichtet, im nächsten Monat nach Frankreich zu kommen.
Die France gibt folgende traurige Statistik: Ans einer Vergleichungstabelle der Geburt und Sterbjefälle von 7 größeren Städten des Landes geht hervor, daß während des Monats März die Todesfälle die Geburten um ein Drittel übersteigen. Welch fürchterliche Proportion muß dies in Bezug auf das ganze Land sein, ruft der vr. Garnier aus. Wenn man bedenkt, daß man in Berlin im Jahre 1873 36,281 Geburten gegen 28,078 Sterbefälle konstatirt hat, so kann man sich eines liefen Nachdenkens über unsere sittlichen Verhältnisse nicht entschlagen.
Madrid, 21. April. Die Carlisten verlassen Santurce und Portugalete, welch letzteres durch die Regierungsflotte beschlossen wird. Dieselben haben ihre Verwundeten nach Amurrio geschafft. In Bilbao herrscht großer Mangel an Lebensmitteln, so daß man sich daselbst genöthigt sieht, die Pferde zu schlachten.
Rom, 18. April. Gestern ist hier der Feldmarschall Graf Roon wieder angckommen, der bekanntlich aus Gesundheitsrücksichten längere Zeit in Neapel und Palermo verweilte. Roon wurde heule früh im Quirinal empfangen, und der König unterhielt sich mit ihm aufs Freundlichste. Man glaubt, der Feldmarschall werde noch einige Tage sich hier aufhalten.
Rom. Die Amtsentsetzung des Erzbischofs Ledochowskyhat hier einen sehr günstigen Eindruck gemacht. Ein hiesiges Blatt würdigt die Tragweite dieses Ereignisses in einem längeren Artikel und schließt mit den Worten: Orsü! Imiüamo I» 6ermsnia! Auf, ahmen wir Deutschland nach!