Nr. 34.

Erscheint wöchentlich 3mal und kostet halbjährlich hier 54 kr., im Bezirk mit Postaufschlag l fl. 8 kr.

Einrückungsgebühr für die kleine

Samstag den 21. März. Zeile aus gewöhnlicher Schrift

je 2 Kreuzer.

Amtliches.

Bekanntmachung des Königlichen Oberrrkrutirungsrathes, bete, das Militär-Ersatz-Geschäft.

Du häufig Gesuche um Einstellung von Rekruten bei andern Truppemheilen, als zu welchen sie durch die Departements-Ersatz- Kommissionen bestimmt worden sind, hier eingereichl werden, so sieht sich der Okerrekrutirnugsralh veranlaßt, Folgendes bekannt zu machen:

1) Die Entscheidung der Departements-Ersatz-Ko,»Mission über Einstellung eines Rekruten bei einem Truppentheil ist end- giltig und kann kein Gesuch um deren Abänderung berück­sichtigt werden.

2) Wep in seinem ersten Konkurrenz-Jahre beim Kreis-Ersatz- Geschäft vor Beginn der Loosung die Erklärung abgibt, daß er ohne Rücksicht auf das Loos freiwillig mit der ge­setzlich abzuleistenden Dienstpflicht zum Militärdienst ein- treten will, ist berechtigt, sich die Waffengattung, voraus­gesetzt, daß er sich dafür eignet und den Truppentheil, bei welchem er eingestellt zu werden wünscht, zu wählen, sofern sich der letztere ans dem betreffenden Ersatzbezirk rekrutirt

3) Wer freiwillig zum Militärdienst eintreteu will, ohne zu dieser Zeit gestellungspflichtig zu sein, hat dazu die Ein­willigung seines Vaters, eventuell seines Vormundes, so­wie den Nachweis, daß er durch keinerlei Civilverhältnisse gebundeu ist, endlich ein Zeugniß seiner Orls- und Poli­zeibehörde über nntadclhaste Führung und Moralität bei zubringen und mit diesen Papieren versehen sich bei dem Civil-Vorsitzenden der Kreis Eisatz-Kommission des Aus- hebnngsbezirks, in welchem er gestellungspflichtig ist, zu melde». Mit einer hierauf von diesen! ausgestellten Be­scheinigung kann er sich bei dem Truppentheil melden, bei welchem er eintreteu will, gleichviel, aus welchem Bezirk dieser rekrutirt.

4) Wer sich in entsprechender Weise.wie 2) oder 3) zu freiwilliger vierjähriger aktiver Dienstzeit bei der Kavallerie meldet, kann sich das Regiment wählen, bei welchem er eingestellt zu werden wünscht und hat die wei­teren Vortheile, daß er

s) bloß 3 Jahre in der Kriegsreserve zu verbleiben hat, anstatt 4 Jahre,

b) zu keiner Reserveübung eingezogen wird,

c) bloß 3 Jahre in der Landwehr pflichtig ist, anstatt wie andere 5 Jahre, daß also seine Gesammtdienstzeit nur 10 Jahre gegen die gesetzlichen 12 Jahre beträgt.

Stuttgart, den 11. März 1874.

Graf Schaler, Generallieutenant.

Tages-Neirigkeilen.

Eine der erledigten Hauptlehrersteilen an der vierten Classe der mittleren Adtheilung des Realgymnasiums in Stuttgart wurde dem Prä- ceptor Herzog mit dem Titel eines Professors auf der achten Rangstufe, und eine solche an der ersten Classe der untern Abtbeiiung dem Amts- Verweser Lindmaier (von Nagold) an der ersten Classe übertragen.

Am 18. März Abends brannte in Oberschwandori ein Bauern­haus vollständig ab, wobei die herbeigeeilken LiLch uaunschasten der Nachbarorte Mühe hatten, das Weitergreisen des Feinrs zu verhüten.

Stuttgart, 19. März Gestern ist es der Tvätmkeit und dem Scharfsinne des städtischen Polizei-Inspektors Kern gelungen, in der Person des 36 Jahre alten Klaviermachers Karl Obermann aus dem Regierungsbezirk Ahlseld in Hannover den Dieb zu entdecken, welcher vorige Woche in der Nacht vom 13. auf 14. März die Grab-Kapelle auf dem Rothenberg auf unerhört freche Wette beraubt bat. Em kleines, unscheinbares Messer, welches der Dieb acht Tage vorder bei einem miß­lungenen Versuche, die Kapelle zu erbrechen, an riet und Stelle zurück­gelaffen hat, war der einzige Anhaltspunkt, welcher nach eifrigen Nach­forschungen zur Entdeckung führte. Obermann hat das Geständniß ab­gelegt, daß er schon vor 14 Tagen versucht habe, mittelst des auf dem Rothenberg aufgefundenen Seiles die Kuppel der Kapelle zu ersteigen, um sich von dort in das Innere durch eine der Oeffnungen der Kuppel berunterzulassen; nachdem ihm dieses nicht gelungen, habe er sich ent­schlossen, das Schloß mittelst in dasselbe eingeschüttete» Schießpulvers zu zerstören und diesen Entschluß auf bekannte Weise in der Nacht vom letzten Freitag aus Samstag ausgesübrt. Ein Tdeil der gestodlenen Gegenstände, leider theilweise eingeschmolzen und vom Dieb zerbrochen, wurde in der Wohnung des Obermann, ein anderer Tveil, darunter dre Fassung des Evangelienbuches, im Wald zwischen Stuttgart und Rohracker vergraben aufgefunden. Daß dieselben so ziemlich vollständig

wieder beigebracht wurden, macht cs wahrscheinlich, daß Obermann wie er versichert, den Diebstahl allein geplant und ausgesübrt hat. - Derselbe wurde gestern Abend noch an das llntersucbungsgericht in Cann­statt avgeliefert. Obermann soll sich schon seit 6 bis 7 Jahren hier ausgehalten und in verschiedenen Pianofvrtefabriken gearbeitet haben.

Nach cingegangener zuverlässiger Mittheilung ist in I a s s y die Trichinosis ausgetreten. In Folge dessen hat der Con- sum von Schweinefleisch dort plötzlich in so hohem Grade abge- nominen, daß bedeutende Transporte von Schweinen nach Oest- reich und Deutschland abgegangen sein sollen und iv ohl noch ab­gehen werden. Indem man dieß zur allgemeinen Kennlniß bringt, werden Metzger und sonstige Fleischverkäufer verwarnt, Fleisch von Schweinen, welches -ans Rumänien eingeführt wurde, anders als auf Grund vorgcgangener sorgfältiger mikroskopischer Untersuchung und hienach erlangter Ueberzenzung seiner Rein­heit von Trichinen zum Genüsse zu verkaufen.

Eon stanz, 17. März. Es wird wohl zu de» Seltenhei­ten gehören, daß ein Angeklagter entgegen seinem eigenen Ge­ständnis; von den Geschworenennichtschuldig" gesprochen wird. Bei dem Pfarrer Bold von Worndorf, der eines Verbrechens gegen die Sittlichkeit überführt und geständig war, dessen Ver- lheidigcr selbst nur auf mildernde Umstände plaidirte, trat dieser merkwürdige Fall ein. Der Angeklagte war über den Wahr­spruch so erstaunt, daß er in die Worte ausbrach:Ich danke Ihnen meine Herren, das ist aber wirklich zu nobel !" Die freie Stimme, das ultramoutane Lokalblatt am Sec, begleitet diese Freisprechung mit einemGott sei Dank".

Leipzig, 16 März. Gestern verschied hier die Wittwe Robert Bium's, Enqsnie, geb. Günthner. Sie war geh. am 13. Febr. I8l0 zu Psnig in Sachse», heiralhete 1640 den damaligen Theater» Kassirer Robert Blum in Leipzig und ging, »ach dem gewalttamen Tode desselben, mit ihren Kindern nach Bern, kehrte 1865 nach Leipzig zurück und lebte hier, mit Ausnahme eines einjährigen Anfenihatts in Nord­amerika, bis zu ihrem durch ein Lungenteiden und zunehmende Atter- schwäche herbeigesüdrten Tod.

Bei der Abstimmung am 14. März über das Amendement Löwe 's : Die in den einzelnen Bundesstaaten bestehenden Bestimmungen über Zwangsimpfungen bei Ausbruch einer Pockenepidemie werden durch dieses Gesetz nicht berührt". wurden 160 Stimmen für, 122 Stimmen dagegen abgegeben. Die württembergischen Abgeordneten stimmten wie folgt, dafür: Müller, Frhr. v. Varnbüter, Mayer, Elben, v. Frisch, v. L-arwey, Fürst v. Hohenlohe-Langenbnrg, Römer, Schmid; dagegen: Lenz, vchwarz, Bayrhammer, Dr. Gras v. Bissingen-Nippenburg, Graf v. Watdburg-Zeil-Trauchburg. Es fehlten obne Entschuldigung: Gaupp, Chevalier. Mit Entschuldigung fehlte: v. Weber.

Wie in der Diskussion über das Jmpsgesetz im Reichstag richtig bemerkt wurde, kann man die Agitation gegen die Impfung überhaupt und das geschlossene Verhalten des Zentrums dem Gesetz gegenüber nur verstehen, wenn man sich die Aussprüche verschiedener Päpste über die Frage ins Gedächtniß zurückruft. Leo XII. legte (nach Ilr. tkeol. Hansjakob, katholischer Pfarrer in Waldshut, einer der Führer der dorti­gen Ultramontanen, Büchlein über das Impfen, Freiburg 1868> - als ihm die Jmpfsache zur Entscheidung vorgelegt wurde, seine Hand auf das Buch des heiligen Augustinus vomStaats Gottes" und sprach die schönen Worte:Ich kann das Jmpken weder erlauben noch ver­bieten: Ich für meine Person halte es sür unnütz und für einen Ein­griff in die Majestälsrechle Gottes." Ebenso erklärt sich Gregor XVI. gegen die Impfung und in unseren Tagen auch Pius IX., der mit den Worten:Gott ist der alleinige Herr über Leben und Tod, Gott läßt seiner nicht spotten", die Asrzte abwies, welche das Impfen gesetzlich eingeführt haben wollten, und außerdem besaht,die Diener der Kirche sollten zur Beiörverung der Kuhpockenimpfung nicht angehalten werden", lieber diese Worte des Papstes erfreut, wirb im obenerwähntenJmpf- büchlein" des geistlichen Herrn dazu aus I. Könige 13, 22 zitirt:Da sprach Elias zum Volke: ich bin allein übrig geblieben, ein Prophet des Herrn, aber der Propheten Baals sind noch 4'-0 Mann". Bedarfs noch mehr, um die dem Gesetze feindselige geschloffene Haltung des Zentrums zu verstehen?

Der St raß b urger Bi sch of, den ein sehr großer Theil der Presse hat gefährlich erkrankt sein lassen, erfreut sich einer recht anerkennenswsrthen Gesundheit. Auch die Herren G» erber und Win lerer sind nicht in ihre alemannischen Berge zurückgekebrt, sondern sitzen fleißig in dem Rathe der Volks-Bertreter. Es steht uns sogar demnächst das Vergnügen bevor, den Einen ober Andern der Herren wieder aus der Rednerbühne zu erblicken. Eine ganze Anzahl von elsässi- schen Schullehrern hat an den Reichstag eine Petition um Ausbesserung ihrer sehr drückenden Lage gerichtet. Es ist ein recht erfreuliches Zeichen, baß diese gewiß dochunversöhnlichen" Herren sich bereits zum Petitioniren entschlossen haben. So gewöhnen sie sich allgemach, immer mehr und mit immer größerem Interesse nqH der Reichs-Regierung und der Reichs- Vertretung hinzubticken.

Metz, 15. März. Die Verhandlungen gegen dis 19 Geistlichen des bis jetzt noch zur Diözese Nancy gehörigen Kreises Chateau-Satins, welche den bekannten Hirtenbries des Bischoss von Nancy verlesen hatten,