Amtsblatt für den Oberamtsbezirk Nagold.
Erscheint wöchentlich 3mat und kostet Einrückungsgebühr für die kleine
Nr. 22. halbjährlich hier 54 kr., irn Bezirk ! SüMStttg döN 21. Ieöl'Utlr. Zeile auS gewöhnlicher Schrift 18?^. mit Postansschlag 1 st. 8 kr. - - je 2 Kreuzer.
T a g e s - N e u i g k e i t e u.
Stuttgart, 18. Februar. Wir hören, daß die Feierlichkeiten der Vermählung Ihrer Kaiserlichen Hoheit, der Frau Groszsürstin V c r a mit Sr. König!. Hoheit-dem HerzogEugeu von Württemberg, in der ersten Hätsle des Monats Mai stau- siudrn soll. AlS künftige Wohnung des hohen Paares wird der sog. Eabinetsban genannt, der Anbau an das K. Residenzschtoß.
Stuttgart. In Betreff des bei Mindctsbach, O.A. Schorndorf, in der Nacht vom 4. auf den 5. d. M. verübten Raubmords hat Herr Polizei-Inspektor Kcrn hier durch den am Ort der Thal von den Mördern zurückgelassenen Stock letztere ermittelt und die betreffenden Individuen dem k. Oderamtsgerichte Schorndorf übergeben. Gestern Adens erfolgte die Verhaftung der beiden Verdächtigen Goillieb Da fern er, lediger Schuhmacher aus Manolzweiler, Gemeinde Winterbach, und August Katzenmaier, Taglöhner aus Wiiuerbach, O.A. Schorndorf.
Stuttgart, 18. Februar 1874. (Lanbesprvbuktendorjc.) Die heutige Börse Gerliei wiederholt i» ruhiger Haltung, indem Muser immer noch zurückhalleu und die Umsätze waren deshalb m allen Cercalten ziemlich unbedeutend. Wir Notiren: Waizen,, galizischer fl. v. tz-12. dto. ruff. st. ö. 3 — 12., dto. amcrikan. fl.9. 3—12. Kernen ft. 8. 30-38. Dinkel i!. 8. 42. Roggen, russisch, fl. 6. 48.—fl. 7. Gellte, bayer. ft. 7 51., dto. württ. sl. 7. 38. Mehlpreise pr. 100 jUlogr. intl. Sack. Mehr Nro. 1: fl. 2ü. 38.-fl. 27 Nro. 2: fl. 24. 48.—fl. 25. 12. Nro. 3: fl. 23. 30.-st. 24. Nro. 4: fl. 20- 30.—sl. 21.
RolIe» burg, 18. F-ebr. Der vor einiger Zeit aus dem hics. Landesgefängnisse entwichene G r i l t o ist m der'Nacht vom 8.-9. Februar in Schinzach, Kalnons Ärgau m der Schweiz, verhaftet worden und heute Nachmittckg mir dem ',-4 Uhr-Zuge hier angetommen. Gefesselt und unter Begleitung zweier Landjäger wurde er durch -die Stadt zum-Gefängnisse uausportirl. Eine große Anzahl Neugieriger befand sich aus dem Bahnhöfe und in den zum Gefängnisse führenden Straßen.
Crailsheim, 16. Febr. Vorgestern Abend schlug ein aus der Gegend von Nürtingen, oder aus dieser Stadl selbst gebürtiger Eiseubahnarbeilcr einen feiner Mitarbeiter mir einem Bremsprügel so wuchtig auf den Kopf, daß-der Schädel zersprang und der Verletzte gestern früh gestorben ist. Das Gericht ist sofort cingeschrillen.
Berlin, 16. F-ebr. Im Reichstag sitzen 190 Mitglieder des irnhcren Reichstages; 207 find neu cingetreren, darunter 15 Elsäßcr. Es hat sich, ketzere abgererchneti gerade dis Hälfte erneuert. Zu dem ehemaligen Parlamenlsmitgliede Graf v. Slvll- berg Wernigerode sind jetzt noch zwei Grafen in Stolberg-Siol- berg gekommen ; v. Pnttkammer hat man jetzt vier; Schmiedt oder Schmid nennen sich jetzt nicht weniger als sechs Parla- mcntsherren.
B e r lin, 46. Febr. Der Eintritt der Elsaß-Lothringer in den Reichstag bildete den Gegenstand allsciliger Aufmerksamkeit. Die Herren traten zusammen in das Haus Und blieben im Foyer bei einander, von hier hielten sie paarweise, die beiden Bischöfe von Straßburg und Metz voran, ihren Einzug in den Saal; sie 'haben Plätze rechts vom Präsidenten, hinterdenen der Allkonservati- ven belegt. Die beiden Bischöfe in den geistlichen Trachten mit allen Zeichen ihrer geistlichen Würde, Kelich Kreuz und Ring (ketzlern trugen sic über den violel - seidenen Handschuhen, welche sie nicht ablegten) waren eine in diesem Saale immerhin seltene Erscheinung. Bischof Freiherr v. Kc-tteler,. welcher dem Reichstag früher angehörtc, erschien nicht ist diesem sogenannten Hausornat, Einzelne Milglicdör des Centrums, August Neichcnsperger' ul ai begrüßten die neuen Collegcn. Moufang küßle den Bischöfen die Hand. Fast alle elsäß, lothringer Abgeordneten, auch die Geist-, lichen trügen das Band der Ehrenlegion. Sic schienen gn den Verhandlungen lebhcifken Anlheit zu nehmen.
^ Berti n, 18. Febr. Der Reichstag hat in seiner heutigen Sitzung den Antrag Tcnsch und Genossen betreffs der Befragung der elsaß-lothringischen Pevölkerung abgclehnl. Für den Antrag stimmten nur die Polen, die Social-Deinokraien, Kryger (Däne), Sonncmann und Ewald,(Parlikulanst), Bischof Räß sprach 'Namens der elfäßer.Katholiken ausdrücklich die Anerkennung des Frank- fnrier ,Friedensverlrages ans,' was mit lebhaflem Beifall ausgenommen wut-dc; / Der elsaß-iothringische Abgeordnete Pongne^ pro'le'sKl^d-SdxK'Mderift Tages gegc-n dies« Erklärämg.
Der demnach stige englische Kabinetswechsct (so schreibt man der West-Z aus Berlin) wird nach der Nnsch annng der hiesigen leilenden Kreise in den Beziehungen Cnglanrs zu Deutschland keine Aendernng hcrvorrnstn. Man hebt sehr richlig hervor, daß überhaupt die englischen Kabinctswechset in den letzlen 10 Jahren keine wesentliche Modifikaliönen der englischen auswärtigen Politik mit sich gebracht hgbe». Was aber speziell die Toiyregierungcn anlangt, so verrielhen dieselben bekanntlich früher allerdings eine starke Hinneigung zu Oestrnch und Frankreich. Es ist indes) hierbei zu beachten, daß diese Sympathien wesentlich ans dem Bedürsniß Englands bcrnhlen, auf dem Kommen! ein? stcuke Militärmacht als Alliirtcn zu besitzen, und daß hei der Beschaffenheit der europäischen Macht- verhältnisse vor 1866 ein solcher nach englischer Anschauung nur in Oeslreich oder Frankreich zu finden war. Die seidem total veränderten Machtverhältnisse werden nunmehr der deutschen Regierung auch die Sympathie einer Toryregierung sichern. Außerdem ist auch bei dem intimen Verhältnis) der deutschen Re- ziernng zur östreichischen eine eventuelle Hinneigung Englands in Oestreich - ohne jede Gefahr für Deutschland. Endlich aber isi die traditionelle gegensätzliche Haltung, die die Tories gegenüber der römischen Kurie einnehmen, augenblicklich der deutschen Regierung eine sehr willkommene Reminiscenz, zumal da die neuesten Kundgebungen des englischen Volkes ans kirchlichem Gebiete die neue Regierung sehr eindringlich an die Wiederbelebung dieser Traditionen erinnert haben.
Das französische Spektakelstück, welches am 18. über die Bühne des deutschen Reichstags gehen sollte, hat einen ziemlich kläglichen Verlauf genommen. Erst war der frühere großartige Titel „Feierlicher Protest vor Europa" abgeändert worden, in den bescheideneren: „Antrag auf Volksabstimmung über die Einverleibung Elsaß-Lothringens", und der Schlußeffekl, der Wiederaustritt aus dem Rnchwg war im Voraus gestrichen. Die Aufführung selbst war eingeklemmt zwischen das Kriegsleistungsund das Zmpfgcsetz s einige Hauptpersonen versagten ihre Mitwirkung: der gcsammie Reichstag, ausgenommen die Elsaß-Lothringer selbst, hüllte , sich in Schweigen, noch weniger fühlte der Reichskanzler Veranlassung, sich in die rednerische Aktion zu mischen. Bei der Abstimmung endlich wurden die Elsaß Lothringer von ihren besten Freunden, der Zentrumspartei, im Stich gelassen; sie mußten sich mit einer Anzahl Polen, einem Häufllein Sozial- Demokraten, einem Dänen, einem Welfen und einem Frankfurter
— welcher letztere sich durch seine Abstimmung für die nächste Wahl in seiner.Vaterstadt voraussichtlich unmöglich gemacht hat
— begnügen. In der Debatte — wenn man die Szene so nennen soll — setzte es für einen clsäßischen Redner, vielmehr für den Vorleser eines aus dem Französischen rückübersetzten Aktenstücks, einen O.rdnungsruf für einen anderen, was noch bedenklicher, einen Beifallssturm. Das Ganze macht den Eindruck: Durchgefallen, in optima korwa.
Forst i. d. L,, 10. Februar. In Folge des Genusses von dem Fleisch eines vom Hotelbesitzer Donath geschlachteten Schweineß sind hier, 22 Personen-an der Trichinose schwer erkrankt. Das ganze ^Hotelpersonal liegt darnieder. Die Köchin ist vor einigen TaKn gestorben sind ftzirt worden. Dieselbe war vollständig von lebendigen Trichinen dnrchwühlt, Gastrvirth Donath selbst ist Heist gestorben und bei mehreren anderen Personen ist der Tod in Aussicht.. -Täglich kommen .noch neue ,Er-? kranknitgen vor. . 1 - u ' , . " - , ' ' ; l
— , Die Nrbeiterkreise der Hauptstadt Wien haben sich mit einem vom tz. Febr.. datirten Memorandum an den Reichsralh gewendet Im Eingang des Schriftstücks wird ebenfalls auf die soziale Noihlage hingcwiesen. Es heißt- da: „Wir leben in einer Zeit, wo Tausende von Arbeitern jedes Berufes, Handwerker, Beamte und Ackerbauer unverschuldet unter den Folgen der ökonomischen Krise leiden. Ueberall im Reiche, insbesondere aber in den industriellen Bezirken von Böhmen, Mähren und Schlesien, wo der Lvhn des Arbeiters selbst nach den offiziellen Ausweisen der Handelskammern niemals die Möglichkeit des Sparens für Nothfälle zuließ, nimmt die Sterblichkeit der Arbeiter in erschreckendem Maße zu. Der Hnngerlyphus fordert