Amtsblatt für de» Obcramtsbczirk Nagsld.

Nr. 13.

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die Redaktion des Gesellschafters.

T a g e s - N e » i g k e i t e n.

Stuttgart, 27. Jan. Der Landtag wird nun definitiv am 31. Januar auf unbestimmte Zeit vertagt, um seine Geschäfte erst nach dem Schluß Ver um 5. Februar beginnenden Reichs­tags-Session, voraussichtlich also im April gleich nach Ostern, wieder aufzunehmen. Die Regierung wollte jede Kollision unseres Landtags mit dem Reichtstag vermeiden. Selbst die noch übrigen NachfocLerungeu, worüber noch keine Comimssions-Berichle er­schienen sind, wurden ans ein Nachtrags-Gesetz zum Finanzgesetz ausgesctzt, und der Haupt-Fiuanzetat für 1873/75 nebst Finanz­gesetz jezt zum Abschluß' gebracht, wodurch ein neues Steuer- Provisorium umgangen wird. Der Staatsbedarf wurde nach den bisherigen Beschlüssen festgesetzt: für 1873/74 auf 24,426,8l4 fl 42 kr., für 1874/75 auf 24,618,786 fl. 37 kr, ab: Ertrag des Staats-Kammergnts für 1873/74 10,602,875 fl., für 1874/75 10,851,825 fl., bleibe» also noch zu decken für 1873-74 13,859,939 fl. 42 kr., für 1874,75 13,766,961 fl. 37 kr. An -steuern wurden vcrwilligt: Direkte Steuern: 1) aus Grund- Eigenthum und Gespanne, Gebäuden und Gewerben für jedes der beiden Jahre 3,900,000 ft. (verlangt waren ursprünglich 4,450,000 ft. per Jahr, diese Erhöhung um 550,000 fl. schon vom Finanzminister selbst im Laufe der Etats-Verhandlungen fallen gelassen, weil sich mittlerweile die Mittel der Rest-Ver­waltung und die Einnahme-Ueberschüsse so gesteigert haben, daß man -es nicht bedurfte, was allerdings bei Vorlegung des Etats, im April 1873, noch nicht mit Sicherheit vorauSzusehen war); 2) aus Apanagen-, Capital- und Renten-, Dienst- und Berufs- Einkommen für 1873,74 1,686,400 fl. und für 1874,75 1,782,000 fl. An indirecten Steuern: 1) Accise per Jahr 1,002,000 fl., 2) Hunde-Auflage jährlich 85,700 fl., 3) Wlrth- schasls-Abgaben per Jahr 3,863,000 fl., 4) Sporteln 655,200 fl. Die directen und indirecten Steuern betragen also über 11,000,000 fl. per Jahr, und es bleiben für beide Jahre zusammen noch un­bedeckt 5,146,501 fl. 19 kr., welche durch einen Zuschuß aus den Mitteln der Restverwaltung gedeckt werden.

Stuttgart, 28. Jan. Abgeordnetenhaus. Auf die In­terpellation Pfeiffers, betreffend die Einführung der obligatori­schen Civilehe in Württemberg, antwortet der Kultusminister v. Gehler: Die Stellung der würltembergischen Regierung hänge von dem Ergebniß der preußischen Gesetzgebung und von der künftigen Stellung der Reichsorgane zur Angelegenheit ab. Uebrigens lägen die Verhältnisse in Württemberg anders als für Preußen, indem in Württemberg die Einführung der Civil- che mit der Neu-Regelung deS gesammten materiellen Eherechts und der Ueberweisung aller Ehesachen an die Cioilgerichte ver­bunden sein müßte. Diese Regelung würde in die Reichscivil- prozeßordnung und die deutsche Gerichtsorganisation eingreifen, dcßhalb erscheine es nicht angemessen, mit solcher durchgreifenden Aendcrung im Wege der Landesgesetzgebung jetzt noch vorzugehen, zumal ein dringendes praktisches Bedürfniß nicht bestehe. Vom Justizminister v. Mittnacht wurde ein Staatsvertrag mit Baden, betreffend die Eisenbahnanschlüsse an badisches Gebiet auf den Strecken Heilbronn Ncckarelz, Heilbronn-Eppingen und Freuden- stadt-Schiltach, vorgelelgt.

Stuttgart, 28. Jan. Gestern hat hier die Verlobung des Herzogs Eugen von Württemberg, Sohnes des Herzogs Eugen zu Karlsruhe in Schlesien, mit der am hiesigen Hofe lebenden Großfürstin Vera, Tochter des Großfürsten Konstantin, stattgefunden.

Einem Privatbricfe aus dem Staate New-Iork in Nordamerika entnehmen wir die Thalsache, daß dort das Rind­fleisch zu 3 bis 4 Cents verkauft wird, also zu 15 bis 20 Pfennige, dem entsprechend auch die übrigen Lebensmittel. Die Arbeitslöhne sind um die Hälfte der Höhe gesunken in den meisten

Branchen, daher die häufige Noch der Arbeiter und Rückwan­derung »ach Europa. Wir wünschen nun zwar unserem Vater­lande gute Arbeitslöhne, aber eine Verminderung der Fleischpreise wäre für manche Stände eine wahre Wohlthat.

In Bayern beabsichtigt man, auf den Eisenbahnen eine vierte Wagenclasse der Arbeiter wegen einzusühreu.

Mainz, 20 Jan. Gestern stand vor dem Schwurgerichte Franz Haber, 21 Jahre alt, Spengler, aus Ober-Ingelheim. Derselbe hatte am 1. und 3. September v. I. einmal mittelst eines Hufeisens und dann durch eine eiserne Klammer, welche er auf die Schienen befestigt, die Enigleisnng des Zuges her- beizusühren gesucht, auf welchem sein Vater sich befand, den er dadurch zu tödten beabsichtigt. Das Motiv der That ist der Umstand, daß der Vater des Haber in eine eheliche Verbindung nicht einwilligte, in die dieser einzutreten beabsichtigte. Haber ist angeklagt des Mordversuchs und der Gefährdung des Eisen­bahnbetriebs. Der Verteidiger beantragte, an die Geschworenen die Frage der Zurechnungsfähigkeit seines Klienten zu stellen. Die Geschworenen verneinten diese Frage und erklärten den Angeklagten des ihm zur Last gelegten Verbrechens für schuldig, worauf der Gerichtshof über denselben eine Zuchthausstrafe von 12 Jahren, 5jährigen Verlust der bürgerlichen Ehrenrechte und Stellung unter Polizeiaufsicht verhängte.

Das Reichsgesetz, welches den Impfzwang in ganz Deutschland einführt , soll nach Absicht der Reichsregierung am 1. Jan. 1875 in Kraft treten.

Eine der wichtigsten Bestimmungen des am 24. Januar Unterzeichneten deutsch schweizerischen Auslieferungs-Vertrages ist diejenige, nach welcher politische Vergehen oder Verbrechen aus­geschlossen sind.

Wetterkundige Leute in Berlin wollen wissen, daß die An­griffe der Römlinge Mallinckrodt und Schorlemer gegen Bismarck nur ein Wetterleuchten gewesen seien und daß das volle Gewitter sich erst im Reichstage entladen werde. Die Reichsregierung sei darauf gefaßt, den Herren gehörig heimzuleuchten und aller Welt ein Licht über das geheime Hetzen und Wühlen der jesuiti­schen Reichsfeinde, namentl. auch im Elsaß aufzustecken, sie habe viele Pfeile im Köcher und Fackeln übergenug. Ueberhaupt ver­spricht die Reichstagssitzung in jeder Beziehung interessant und lebendig zu werden, sie wird zwar nur zwei Monate dauern, aber reichen Stoff für große parlamentarische Kämpfe bringen. Die Hauptvorlagen bilden das Militärgesetz, das Preßgesetz, die strafrechtliche Verfolgung des Eontraktbruchcs und ein Gesetz über die Juternirung der ungehorsamen Bischöfe.

Im Berner Jura sieht es nicht gut aus. In Vendlincourt zündctcteu die Klerikalen einem Liberalen das Haus an. Auf den ersten Feuerlärm zog eine Sektion der in Bonfol liegenden Mannschaft der Brandstätte zu. Es war Zeit, daß sie anlangte, nicht nur um noch Rettbares aus dem Haus zu holen, iondern auch, um schon Gerettetes, besonders den Wein, zu beschützen. Alle Anerkennung/ sagt der Berichterstatter des Bund, der Kaltblütigkeit des Herrn Maire und der Löschmannschaft die­selben sahen, die Pfeife im Mund und die Hände in den Taschen, der Verheerung der Flammen zu ohne im geringsten einer Pflicht nachzukommen, die man sonst auch an Feinden übt. In Saulcy wurde ein Uhrmacher, weil er für das neue Kirchen­gesetz gestimmt, von einem Fanatiker mit einem Messer gestochen.

London, 27. Jan. DaS Protestantenmeeting in der Jameshall fand unter sehr zahlreicher Betheiligung unter dem Vorsitz John Murray's statt. Die Versammlung nahm einstimmig die programmäßiqeu Resolutionen an. Die Redner bezezchneten es als Pflicht, Deutschlands Kampf gegen Roms Vergewal/gung fortzusetzen Die Namen des Kaisers und des Fürsten Bismarck wurden jedesmal enthusiastisch begrüßt. Es wurden viele Zu­stimmungstelegramme deutscher Städte verlesen. Unter "den Rednern des Meetings in der Jameshall sind bemerkenswert h: Sir Robert Peel, Sir Thomas Chambers und Newdega e. Alle sprachen gegen den Ultramoutanismus, welcher sich all er materiellen und moralischen Rechte der Gesellschaft bemächtigen wolle, und England mit denselben Gefahren bedrohe, wie Deutsch­land. Die angenommenen Resolutionen sollen dem Kaiser Wil-