Zehn der seitherigen Neichstagsabgeordneten wurden wieder gewählt, sieben sind neu gewählt, nämlich Bayrhammer, Mayer, Lenz, Ganpp, Schwarz, v. Sarwey, Graf Zeit. Die Anzahl der giltig abgegebenen Stimmen beläuft sich auf 233,350. Für Kandidaten der national-liberalen oder national-konservativen Richtung wurden 140,000 tgenau 139,576)), für solche der kle­rikalen Richtung 50,000 (genau 49,585), für solche der demo­kratischen und sozialdemokratischen Richtung 44,183 Stimmen ab­gegeben.

In Rais lach, Oberamls Calw, ist am Montag eine Scheune mir grossem Futter- und Früchlcvorrath abgebrannt.

David Friedrich Strauß soll, wie Berliner Blätter berichten, ans seinem Lchmerzenslager ein eigenhändiges Schrei­ben der Kronprinzessin Victoria erhalten haben, die sich iheil- nehmend nach dem Befinden des berühmten Gelehrte» erkundigte. Es war dies etwa vor 4 Wochen und Strauß konnte, innig er­freut, den Brief noch crwiedern.

Ehingen, 11. Jan Ein Doppelmord wurde heute Vor- mitlag in den, 1'/, Stunden von hier entfernten Bolkersheim verübt. Der 29jährige ledige Konrad Selg, welcher mit seiner 70 Jahre alten Mutter und einer 27 Jahre alten Schwester ein gemeinschastliches Hauswesen führte, erschlug unmittelbar nachdem er vom Gottesdienst in Kirchbirlingen heimgekehrt war, seine Mutter und Schwester mit der Scheiiaxi. Der Mörder, an wel­chem schon einige Male Geistesstörung wahrgenomme» wurde, ist flüchtig. Den l2. Jan, Gestern Abend wurde der Doppel­in örd er K, Selg in Allmendingen verhaftet. Der Unglückliche wurde 'Rachmittags in ganz nacktem Zustande am Straßengraben sitzend gesehen, und später, als er in diesem Zustande in mehre­ren Häusern Einlaß begehrte, der Obrigkeit übergeben. Heute früh wurde rc Sela durch den Stationskommandanten hieher­gebracht und an das K Oberamtsgericht Biberach sofort eingelie- fert. Religiöser Wahnsinn soll die Ursache sein, welche ihn zu dieser schreckliche» That veranlaßt hat.

Was bei der ReichstagSwahl die einzelnen Parteien des Landes belrifsi, so kann sich eigentlich keine derselben eines durch­schlagende» Sieges rühmen; eine Niederlage hak nur die Volks- partei durch das Unterliegen ihrer Kandidaten Niethammer und Payer zu verzeichnen; jedoch hat sie in Ebingen durch die Wahl des Abgeordneten Schwarz diesen Bezirk der deutschen Partei im Sturme genommen. Dagegen hat letztere allen Grund, mit dem Ausfall der Wahl vollkommen zufrieden zu sein. Abgesehen davon, daß 6 ihrer Mitglieder aufs Nene gewählt wurden, hat sie noch durch die Wahl Mayers in Heilbron», des Kreisgerichts­raths Gaupp in Eilwangen, unter Umständen auch durch Sarivey einen erklecklichen Zuwachs erhalten. Die Centrumspartei hat durch Bayrhammers Sieg über Mohl ein neues Mitglied aus Württemberg erhalten; es sitzen nunmehr 3 Schwaben (Graf Bissingen, Graf Ze,l und Bayrhammer) im Centrum.

Augsburg, 15, Jan, Ein Telegramm derAugsb,- gem, Zta." aus Rom vom gestrige» Tage meldet, daß der Cardi­nal Amonelli in Folge eines heftigen Gichtanfalls lebensgesähr lich erkrankt sei und die Srerbsakramente empfangen habe. Im Vatikan herrsche große Beunruhigung,

Am 10. d, M, waren es vierzig Jahre, daß der bekannte Circusdirektor Ernst Renz zum ersten Male nach Berlin kam, Renz wollte diesen Tag in feierlicher Weise begehen. Er gestal­tete das Fest in eine von ihm der Berliner Presse dargebrachle Ovation um. Diegroße Galavorstellung" des Tages wurde zum Besten der Unlerstütznngskassen des VereinsBerliner Pres­se" gegeben , und nach derselben fanden sich die Vertreter und bedeutendste» Mitarbeiter der Blätter der Residenz auf Einladung des Direktors zu einem Souper im Hotel de Rome vereinigt. Neben derKrenzztg," saß dieSpenersche" und neben dieser die Montagsztg". Diese drei bildeten das Gegenüber derGer­mania", die zu ihrer Linken dieGerichtszeitung" und zu ihrer Rechten denPnblicisten" hatte.

Wie man derKöln. Ztg." aus Berlin schreibt, ist man auch dort von der verhältnismäßig starken Minorität srappirt, welche die Sozialdemokraten durchgesetzl haben, die an meh­reren Orten auch Erfolge davon trugen; soll doch selbst in Ber­lin eine Nachwahl zwischen Schulze-Delitsch, welchem die arbei­tende Klasse so viel zu verdanken hat, und dem Socialisten Ha- fenclever in Aussicht fein. In Altona ist der Arbeiterkandidat mit mehr als 6000 Stimmen gewählt worden, und in der ersten deutschen Handelsstadt, Hamburg, haben sie in zwei Wahlbezirken eine so bedeutende Stimmenzahl gehabt, daß eine Stichwahl nöihig geworden ist. Aehnlich steht es in Elberfeld und an an­deren Orten, Namentlich und das war zu erwarten, trat diese Partei, von ehrgeizigen Führern angespornt, in Aktion im Königreich Sachsen Dieses bedeutende Anwachsen der äußer­sten demokratischen Partei kann dem ruhigen, steten Wachsen der bürgerlichen Freiheit keineswegs förderlich sein. Angesichts solcher Wahlergebnisse werden die besitzenden und die regierenden Klas­sen nicht ohne Besorgnisse in die Zukunft blicken, in welcher die Folgen des allgemeinen Stimmrechts sich mehr und mehr entwi­ckeln werden.

Berlin, 12, Jan, Der K r o n p r i njz geht am 18. Jan nach Petersburg, Er bleibt der bisherigen Vereinbarung nach so lange in Rußland, wie Kaiser Franz Joseph, welcher ebenfalls mit der ganzen russischen Kaiser-Familie nach Moskau gehen und ungefähr acht Tage daselbst bleiben wird; mithin wird er sich etwa vier Wochen in Rußland aufhalten,

Berlin, 14, Jan. Von 383 Reichstagswahlen sind bis jetzt ca. 360 Resultate offiziell bekannt. Davon kommen auf die Rationalliberalen 130, auf Centrum 83, die Fortschrittspartei 35, die deutsche Reichspartei 30. die Konservativen 40, die li­berale ReichSpartei 8, Polen 1>, Sozialdemokraten 6, württem- bergische Volkspartei 1, Dänen 1, Partiknlaristen 2, Engere Wahlen müssen in 36 Wahlbezirken erfolgen. Dabei kommen ili Betracht: 24 'Nationalliberale, 17 Konservative, 11 vom Ceinrum, 8 Fortschritiskandidaten, 2 deutsche Reichspartei, 8 Sozialdemokraten, 1 dänischer, 1 partiknlaristischcr Kandidat.

Berlin, 14. Jan. Der Bundesrath hat ein allgemeines Verbot der österreichischen Ein und Zwei-Guldenstücke und der niederländischen Gnldenstücke beschlossen, sowie demnächst ein Verbot der österreichischen Vicrtel-Guldenstücke für die Annahme in den öffentliche» Kassen zu erlassen. Der österreichische Ver- einsihaler wird vorläufig von keinem Verbote betroffen.

Durch kriegsministerielle Verfügung ist den Truppentheilen nunmehr eine Instruktion über die Behandlung desSonnen­stichs und Hitzscblags" ans Märschen zngegangen. Mit dieser Instruction sollen zunächst nicht nur die Aerzte, sondern, weil es unmöglich erscheint, jedem marschirenden Trnppentheil auf alle Fälle einen Arzt beizugeben, alle Lazareth-Gehilfen und wo mög­lich auch die älteren Unteroffiziere vertraut gemacht werden. Unter Hinweis auf die schon älteren Bestimmungen, wonach bei großer Hitze Hebungen zu unterlassen sind, wird jetzt definitiv festgesetzt, daß, sobald die Hitze eine Höhe von 20" Reaum, erreich», alle größeren Hebungen einzustellen sind, Märsche bei zu erwartender höherer Temperatur sind stets so einznrichten, daß die Leute um 9^ Uhr früh schon im Quartier sind, und ebenso ist dienstlich Sorge zu tragen, daß sie Abends vorher zeitig schläsen gehen. Die Feldflaschen sind vor dem Abmarsch, womöglich mit kaltem Kaffe oder Thee, zu fülle», das Mitsühren vou Spirituose» ist zu verbieten. Endlich sollen die Leute nicht mehr zu geschloffenem Marschiren angehalten, sondern absichtlich in lockeren Gledern mit weitem Riemenzeug und mit geöffnetem Kragen und Rockknöpfen marjchirl, und häufige kurze Rendezvous gemacht werden. Als Vorboten des Herzschlags find starker Schweiß, geschwollene Hände, wechselnde Gesichtsfarbe bald blau, bald roth, schneller Puls- schlag^ starkes Herzklopfen, zitternde Beine, Gefühl zum Umsinken und Schwindel, und trotz des Schweißes kalte Stirn anznsehen.

Pos^n, l4. Jan, Der Erzbischof Ledochowski ist zudem heutigen Termine zur Vernehmung vor dem Untersuchungsrichter des kirchlichen Gerichtshofes nicht erschienen.

Au den Folgen eines Hundebisses ist am 7. d, wie aus Prag geschrieben wird, Herr vr. Herrmann, Professor der Chirurgie, ein allgemein gekannter und geachteter Mann dieser Stadt, gestorben, vr. Hermann streifte vor einigen Wochen eines Avends beim Spaziergange an irgend einem Ecksteine die Asche seiner Cigarre ab. Zur selben Zeit kam ein Neufund­länderhund vorbei und biß den Professor in den Finger. Der Professor ging sofort nach Hause und wusch sich die Wunde mit kaltem Wasser aus. Dennoch brach die Tollwuth beim Pro­fessor aus, und zwar in einem solchen Grade, daß er bereits am Abend eine Leiche war. Es ist dies ein Fall, der wohl allerorts Beachtung verdient und besonders für diejenigen, die lieber ein Dutzend und mehr Menschen einer schlimmen Gefahr aussetzen können, als sich von solch einer Bestie zu trennen.

Das Kriegsgericht zu Paris hat so eben 6 Franctireurs, welche schreckliche Gräuclthaten an gefangenen Deutschen verübt und Mordthaten begangen haben, frei gesprochen.

Paris, 5. Jan. Man erwartet die Liquidation dreier der größten Modewaaren Handlungen, darunter die des Louvre. Diese Häuser waren vor dem Krieg auf dem Fuß eines über­schwänglichen Luxus eingerichtet worden, woran sie zu Grunde gehen müssen. Bemerkenswerth sind die landwirtschaftlichen Core respondenzen, welche das Herab gehen der Fleischpreise konstatiren. Das Fleisch wird weniger theuer, weil nicht der Viehstand vollständig wieder hergestellt wäre und die Fleischerzeu­gung zunähme, sondern weil in der Nothlage der Mafien das Fleisch ein Luxusartikel wird.

Madrid, 14. Jan. General Domingucz ist mit seinem Stabe heute in Cartagena eingerückt. Ein Theil der Belage­rungstruppen ist bereits gegen die Carlisten nach den Provinzen Valencia und Aragonien abmarschirt,

Cartagena, 14, Jan Die Uebergabe der Stadt erfolgte ohne Blutvergießen, Die spanische Flotille nahm den Jnsurgen- tendampfer Darro mit vielen Flüchlingen weg.

Allerlei.

Der Afrika Reisende Manch hat dieser Lage eine Reise um die Welt angelreien.