Amtsblatt für den Oberauttsbezirk Nagold.
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/Tages-Neuigkeiterr.
Stuttgart. 7. Dez. In der gestrigen Sitzung der Kammer der Abgeordneten war die Frage der Besoldungs-Erhöhung auf der Tages - Ordnung. Die Regierung batte eine Vorlage eingebracht, womit für jedes der beiden Etats-Jahre 1873/75 zum Behuf der GehailS- Erhöbung der Civil - Staatsdiener 1,240,513 fl. 46 kr. verlangt wurden. Die Aufbesserung ist für 10.9t6 Diener in Rechnung genommen und es würde unter Beibehaltung des bestehenden Besoldungs-Systems eine procentuale Ausbesserung der Geld-Besoldungen stattfinden, welche ohne Rücksicht darauf, ob mit einer Stelle neben der BesoldungJWohnungs- Genuß verbunden ist oder nicht, gleichmäßig auf alle Civil-Slaatsdiener sich zu erstrecken hätte und auf 16-/. pCt. festzusetzen wäre, wonach also für je einen Gulden der bisherigen Geld-Besoldungen Ist. 10 kr. oder 2 Mark gewährt würden. Nur die Besoldungen der Minister, sowie die Entschädigungs-Gehalte der Präsidenten der beiden Kammern und der Mitglieder des engeren ständischen Ausschusses bleiben von der Ausbesserung ausgeschlossen. Noch bevor der Commisstons-Bericht erschien, waren Gerüchte verbreitet, die darauf Hinausliesen, die Commission habe gegen eine derartige gleichmäßige Besoldungs-Erhöhung Bedenken erhoben, und die Regierung habe daher die Vorlage zurückgezogen, um sic in der von der Commission angeoeuteten Richtung umzuarbelten, wonach die niederen Besoldeten mit höheren Procent - Sägen als die höheren aufgebefscrt werden sollen. Es scheint indeß dieses Gerücht entweder der Begründung entbehrt zu habon oder eine Verständigung vahin erfolgt zu sein, daß durch eine besondere Forderung den nieder Besoldeten dis zu llOO ss. Gehalt eine einmalige nur sür bas Jahr 1673/74 bemessene Tbcurungs-Zulage neben der obigen procentuaien und bleibenden Ausbesserung gewährt werde. Hierfür wurden 225,000 sl. verlangt, um an 6353 Slaatsdiener in Portionen von 25 — 50 sl. je nach den Verhältnissen der Cinzslncn fob verheirathet oder ledig; ob Wohnungsgenuß oder nicht), nach dem Ermessen der Regierung vertheilt zu werden. Dies scheint die Commission jedenfalls befriedigt zu haben, denn ste stellte einstimmig den Antrag, dem Regierungs-Vorschlag aus eine procentuale Aufbesserung von 16-/» pCt. zuzustimmen. Bei der gestrigen Verhandlung zeigten sich nun zwei verschiedene Ansichten. Außer dem Abg. Sturz (Tuttlingen), der gar nichts gewähren wollte, war Alles darüber einverstanden, daß eine Erhöhung zu gewähren sei. Nur stimmten die Einen dem Negierungs-Modus zu, die Anderen, für welche Oesterlen hauptsächlich das Wort führte, wollten die 16-/, pCt. nur bis zu dem Betrage von 1800 sl. gewähren und bei den höher Besoldeten die Zulage nur dis zu demjenigen Theile ihres Einkommens berechnen, der bis 1800 sl. geht, das Weitere aber außer Berechnung lasten. Auch hielten diese den Zeitpunkt nicht sür richtig gewählt, eine definitive Neu - Regulirung der Besoldungen vorzunehmen, sondern wollten bis zur Einführung des Mark- Systems warten, und daher die Aufbesserung nur in provisorischer Eigenschaft sür die beiden Etats-Jahre 1873/75 verwilligen. Auch sollte über die Verwaltungs-Organisation und die Verminderung der Beamten, wie sie meinten, erst mehr bekannt sein, um bei der definitiven Regulirung mit in Rechnung genommen zu werden. An diese schloß sich eine Gruppe von drei (Hopf, Retter und Vollmer) an, welche zu Oesterlen's Antrag den Zusatz-Antrag machten, bei Gehalten dis zu 600 fl. 25 pCt., bei solchen von über 600 bis zu 1000 fl. 20 pCt. Zuschlag zu gewähren. Der Commissions-Antrag wurde mir 65 gegen 17 Stimmen angenommen, somit für alle gleichmäßig 16-/, gewährt. Oesterlen's Antrag aus nur provisorische Verwilligung auf 2 Jahre wurde mit 59 gegen 23 Stimmen abgelehnt.
Stuttgart, 12. Dez. In der heutigen Sitzung der zweiten Kammer brachte der Abg. Pfeiffer folgende Interpellation ein: „Nachdem nunmehr dem preußischen Abgeordnetenhause ein Gesetzentwurf zur Einführung der obligatorischen Civil-Ehe übergeben wurde, ist dieser Gegenstand vom Gebiet der Reichs-Gesetzgebung auf das der Einzel- Gesetzgebung verwiesen. Der Unterzeichnete erlaubt sich daher die Anfrage an die königliche Regierung, ob wir in Bälde nun auch die Einbringung eines Gesetz-Entwurfs zur Einführung der obligatorischen Civil- Ehe für Württemberg erwarten dürfen?" Hierauf geht es an die Beratung des Berichts der verstärkten staatsrechtliche» Commiision über die beantragten Aenderungen des IX. Capitels der Versaffungs-Urlunve. Art. 1 hebt die Verpflichtung für zu Abgeordneten gewählte Beamte aus, Urlaub nachzusuchnn, und bestimmt, daß solche Gewählte, die ein Reichs- oder Staats-Amt annehmen oder in höheren Rang und Gehall eintreten, Sitz und stimme in der Kammer verlieren, wenn sie nicht aufs Neue gewählt werden. Art. 3 gibt der Kammer die eigene Wahl ihres Präsidenten und Vice-Präsidenten frei, während sie bisher nur das Wablvorschlags-Recht sür drei Candidaten hatte, aus denen oer König einen ernannte. Ein Zusatz-Artikel überläßt der Kammer innerhalb der Schranken der Verfassung die Regelung ihrer GeschäftS-Orduung. Art. 4 spricht die Oeffentlichkeit der Sitzungen beider Kammern aus unv hebt jede Verantwortlichkeit sür wahrheitsgetreue Berichte über Verhandlungen in öffentlichen Sitzungen auf. Der Z. 168 der Verfassung, der über die geheimen Sitzungen handelt und bestimmt, daß solche geheim werden, wenn die Minister und königlichen Commissarien es verlangen, um Vorträge im Namen des Königs zu mache», oder wenn mindestens drei Mitglieder der Kammer es verlangen, wird in letzterer Beziehung dahin abgeändcrt, daß zu einem Beschluß über Räumung der Gallonen der Antrag von mindestens zehn Mitgliedern in der zweiten und von mindestens drei in der erste» Kammer ersorderlich ist. (Frkf. I.)
Die Schreinermesse war gestern stark befahren und zwar mit sehr solid gearbeiteten. Möbeln; die Preise waren den Er
wartungen der Schreinermeister nicht entsprechend, doch wurde fast der ganze Vorrath verkauft, weil die hiesigen Möbclhaud- langen starke Ankäufe machten.
Stuttgart, 15. Dez. Gestern beschäftigte sich die K a m in er der Abgeordneten die ganze Sitzung hindurch mit dem Art. 5 des Verfassungs-Gesetzes, der so lautet: „Die Minister und die von ihnen bei- gezogenen Staatsbeamten, sowie die k. Commissäre können den ständischen Commissionen mit berathender Stimme beiwohnen. Von dem Zusammentritt der Commissionen, wie von dem Gegenstand der Verhandlungen sind die Minister rechtzeitig in Kenntniß zu setzen." Die Commission beantragte mit 9 gegen 4 Stimmen Streichung des Artikels, worüber längere Debatte, in weicher mehrere Vermittiungs - Anträge gestellt wurden, und der Minister des Innern über Mangel an conciiiatorischer Gesinnung, der die Verfassungs-Revision sehr schwierig mache, k-agte. Dennoch wurde der Artikel mit 50 gegen 33 Stimmen gestrichen.
In den letzten Tagen deS November stellte sich ein Amerikaner Or. Williams, welcher sich für einen Reisegenofsen des berühmten Forschers Liviilgstone ausgab und eine Vorlesung über seine Erlebnisse mit demselben öffentlich ankündigle, bei den ersten Familien Stuttgarts vor und wußte durch schwarzen Frack, weiße Glacehandschuhe und feines Auftreten so für sich einzu- nehmen, daß ihm der Verkauf von 900 Billeten L 1 Thaler gelang. Als man sich Abends zu der Vorlesung vor den Flügel- thüren des Königsbausaales einfand, hatte der Herr Doctor mit Hinterlassung seiner unbezahlten Holelrechnung schon wieder eine neue Forschungsreise angelrelen und soll noch vorher die räthsel- hafle Aeußernng gelhan haben, „man möge seiner hier harren, bis der Hahn krähe."
In Weil im Schönbuch kam am 9. Dezember ein entsetzlicher Doppelselbstmord vor. Am Ende des Ortes wohnte ein kinderloses Ehepaar, das neuerdings in den Verdacht eines Geld- diebstahls kam, den es an seinem Hausbesitzer verübt haben sollte. Es sollte in dem Hause eine Durchsuchung vorgenommen werden. Thüren und Läden waren geschlossen. Als durch den Schlosser geöffnet wurde, lagen beide Eheleute in ihrem Bette im Blute, die Frau mit durchschnittenem Halse, der Mann mit durchschnittenen Pulsader», das Rasiermesser fand man auf dem Boden im Blute liegend.
Dresden, 15. Dez. Die Königin Wittwe Elisabeth vonPreußen ist vergangene Nacht um 12 Uhr verschieden. Der Kronprinz des Deutschen Reiches und von Preußen traf hier gestern Rächt ein. Die Verewigte, geb. am 13. November 1801, war des s- Königs Maximilian 1. Joseph von Bayern Tochter, vermählt am 16. November 1823 mit -j- König (damals Kronprinz) Friedrich Wilhelm IV. von Preußen. Die Zwillingsschwester der Verewigten ist die Königin Wittwe Amalie von Sachsen; andere jüngere Schwestern sind die Königin Wittwe Marie von Sachsen, und die Herzogin Ludivica in Bayern, Mutter der Kaiserin von Oesterreich.
Oberschüpf, 8. Dezbr. Beim jüngsten Brand in Oberlauda wollte auch unsere Feuerspritze Hilfe bringen, kam aber, weil das Feuer schon bewältigt war, nicht auf die Brandstätte. Ais man am andern Tag die Spritze prsbirt, ließ sich das Pump - werk weder vor- noch rückwärts bewegen und fand man bei näherer Untersuchung, daß zwei Hühnernester in der Spritze angelegt worden waren, worin sich 15 Eier befanden.
Pfarrer vr Krumm in Groß-Winterheim in Hessen-Darm- stadt hat den bekannten Domkapitular 0r. Mousang in Mainz zu einer öffentlichen D isputati o n über folgende Sätze aufgefordert. 1) Oie Jesuiten-Moral widerstreitet allen wirklich gesunden sittlichen Grundsätzen. 2) Die Jesuitenmoral widerstreitet diametral dcr Lehre Jesu Christi. 3) Die Jesuitenmoral widerstreite! diametral dem auf die Gleichberechtigung und das Rechisdewnßnein seiner Bürger gegründeten Staate. Zu einer öffentlichen O> -palation (wie in der Zeit der Reformation) ladet der evangelisch' Pastor ein, damii das Volk volle Einsicht gewinne. Die I s nun »v> al, wie sie in dem Mainzer Seminar nach dem berüÄii iea L ) »che des Jesuiten Gury gelehrt wird, nennt er eine Zvitzba.-l Moral.
In P ->z» soll eines Tbeils der Katholiken beabsichtigt sein, wen niö -0 n, >ä naitliche preußische Bischöfe zu Reichstags- av.zeo> dne'e' n >va>tt n, einmal, inn durch diese Wahl eine entschied» O .no - i »io» gegen die Regierung zu machen, zum