Amtsblatt für deu Oberamtsbezirk Nagold

Erscheint wöchentlich 3mal und kostet

Nr 145. batbjäkrlick dier 54 kr., im Bezirk SaMStüg döN 13. Dezember.

'mit Psstausschlag 1 sl. 8 kr.

Amtliches.

K. Oberamtsgericht Nagold.

Die auf das Handels-Register sich beziehenden Veröffent­lichungen erfolgen im Jahre 1874 mittelst'Einrückung im Cent- ralblatt, Schwäbischen Merkur und Gesellschafter, Amtsblatt für den Bezirk Nagold.

Den 10. Dezember 1873.

Oberamtsrichter Kißling.

Nagold. Än die Ortsvorsteher.

Auf Wunsch der französischen Regierung ans Anlaß der in Frankreich stattfindenden Volkszählung ist eine möglichst genaue Aufzählung der in Württemberg befindlichen französischen Staats- Angehörigen vorzunehmen. Die Ortsvorsteher werden nun unter Hinweisung auf den Erlaß k. Ministeriums des Innern vom 2. d. M. (Minist.-Amtsblatt Nr. 36) angewiesen, die Zahl der im Orte sich aufhaltenden französischen Staats-Angehörigen bis 18. Dezember d. I. hieher anzuzeigen.

Für die Aufnahme ist als Zählungstermin der 15. Dezember d. I. cinzuhalien und hiebei Erwachsene über 15 Jahre und Kinder unter 15 Jahren, sowie bei jeder dieser Haupt- Rubriken männlich und weiblich und bei den Erwachsenen außer» dem je bei den Männern und bei den Frauen die Zahl der Le­digen, Verheiratheten und Verwittweten besonders aufzuführen.

Den 11. Dezember 1873.

K. Oberamt. Güntner.

Nagold.

Eine Schullehrer-Conferenz im diesseitigen Bezirke wird hier

am Mittwoch den 17. Dezember, Vormittags 10 Uhr, gehalten. Sämmtliche Volksschullehrer haben mit ihrem Hand­exemplar des Lesebuchs und zum Schreiben gerüstet dabei zu er­scheinen.

Den 12. Dezember 1873.

K. Dekanatamt. Freihofer.

Tages-Neirigkeiten.

Stuttgart, 9. Nov. In der zweiten Kammer wurden heute die von der Regierung verlangten 225,000 sl. als Theurungszulage für 6359 Nieder-Bebienstete, die nicht über 1100 fl. Gehalt haben, in der Weise verwilligt, daß solche einen einmaligen Betrag von 20 bis 50 fl. (außer den verwilligten 18»/, pCt. bleibende Besoldungs-Erhöhung) er­halten. Am Schlüsse kam eine Note des Gesammt-Ministeriums ein in Betreff der vom Könige verlangten Rückgabe des Hostheaters an den Staat (es war nämlich bis 1819 Nationaltheater und wurde vom König Wilhelm gegen eine jährliche Aversionalsumme von 50,000 fl. auf die Civilliste als Hoftheater übernommen), da dasselbe jetzt ein Defizit bis zu 200,000 sl. ausweise, das die Hof-Domänenkammer nicht ferner tra­gen will. Es wird beschlossen, eine Commission von 11 Mitgliedern niederzusetzen, welche darüber mit Delegirten der Hof-Domänenkammer und den Ministern zu verhandeln hat.

Im X. Wahlkreis (Göppingen Gmünd, Schorndorf, Welz­heim) hat Hölder die Wiederwahl in den Reichstag definitiv ab- gelehnt. Staatsrath v. Sarwey ist im Vorschlag und wird sie­gen, da er sowohl die deutsche Parthei als die Regierungsparthei für sich hat. Die Ullrainontanen haben den Erbgrafen von Rech­berg im Vorschlag.

Die hier eingegangenen Nachrichten aus der Gefangenen­anstalt Lausen, in welcher sich gegenwärtig 400 männliche Sträf­linge befinden, melden, daß dort die Cholera-Epidemie sehr an Ausdehnung gewonnen hat. (Neckarztg.)

Berlin, 9. Dez. (Abgeordnetenhaus.) Der Vicepräsident des Staatsministeriums Camphausen verliest eine königl. Kabi- netsordre vom 8. d. M., wonach Graf Königsmark von der Leitung des lanowirthschaftlichen Ministeriums entbunden und der Handelsminister mit der einstweiligen Führung desselben be­auflagt wird. ^

Die preuß. Regierung kündigt an, daß sie die Formel für den Eid der Bischöfe ändern werde. Sie sagt: Seit der Ver­kündigung der Unfehlbarkeit hat die kathol. Geistlichkeit eine ver­änderte Stellung zum Staat angenommen und in Bezug auf die dem Staate gelobte Treue haben sich Deutungen Bahn gebrochen, welche den geleisteten Eid moralisch vernichten.

Einrückungsgebühr für die kleine Zeile aus gewöhnlicher Schrift je 2 Kreuzer.

Berlin, 10. Dez. Abgeordnetenhaus. Bei der Bera- thung der vom Abg. Reichensp erger beantragten'Resolution, welche eine Rückkehr zu den früheren Negicrungsmaximen ge­genüber der katholischen Kirche verlangt, replizier der Kul­tusminister Falk auf eine lange Rede Reichcnsperger: Die ge­genwärtige Politik der Regierung sei durch die Thatsache hervor- gerufen, daß preußische katholische Bischöfe sich dazu verbanden, nicht den Landesgesetzen, sondern den Winken eines Ma-ines außerhalb Deutschlands zu gehorchen. Die Fuldaer Bischoiskon- ferenz habe sogar die Frage ventilirt, ob ein Katholik noch die preußische Verfassung beschwören könne. Der Minister hebt her­vor, daß er de» Bischöfen wohlwollend entgegengekommen sei, die Bischöfe aber hätten der Staatsregierung passiven und akti­ven Widerstand entgegengesetzt, ihnen folge der Klerus, dem Kle­rus ein großer Theil der katholischen Bevölkerung. Der Mini­ster erinnert sodann an den von Geistlichen bei den Wahlen, sowie auch durch Hereinziehung des Beichtstuhles ausgeübten Ge­wissenszwang, und weist den Vorwurf der Kirchenverfolgung als bewußte oder Unbewußte Unwahrheit zurück: Friede war nur so lange, als sich die Regierung der Kirche unter­warf," (Lebhafte Zustimmung.) Nachdem der Minister noch die Aufhebung der katholischen Abtheilung des Kultusministeriums gerechtfertigt hat, schließt derselbe:Unter den jetzigen Umständen Frieden schließen, heiße Frieden schließen um den Preis der Staatssou veränetät. Die Regierung wird auf den jetzt verfolgten Prinzipien stehen bleiben, rechnet dabei auf die Unter- stüzung des Landtages und bittet um Ablehnung der Anträge. (Lebhafter Beifall.) Der Kultusminister bringt sodann einen Gesetzentwurf auf Einführung der obligatorischen Civil ehe, wozu die Regierung, wie der Minister erklärt, durch ernste Er­fahrungen veranlaßt worden sei, ein.

(Prozeß Bazaine.s In der Sitzung vom 7. Dez. um 12'/, Uhr begann Lachaud sein Plaidoper vor einer unge­heuren Menschenmenge. Ueber 12,000 Personen belagerten den Sitzungssaal, der kaum 1000 Menschen fassen kann. Der ge­wandte Advokat fieng seine Rede mit einem jener pompösen Ein­gänge an, deren Geheimniß er allein besitzt. Er ging hierauf auf die Vergangenheit seines Klienten über und zeigte denselben in Italien, Afrika, der Krimm und Mexiko. Der Grund des Prozesses, sagte Lachaud, sei hauptsächlich in gewissen Hezereien zu suchen. Der Krieg sei angefangen worden, weil die Oppo­sition und der Theil des Volkes, der mit ihr ginge, denselben gewollt und den Kaiser dazu getrieben haben. Das Ober-Kom­mando sei Bazaine aufgenöthigt worden. Der Vertheidiger gieng alsdann zu den militärischen Ereignissen über und gelangte bis zur Schlacht von St. Privat. In der Sitzung am Montag den 8. Dez. überstieg der Zudrang vollends alle Begriffe. Im Saale war es zum Ersticken und es war unmöglich, sich zu regen. Die Stimme Lachaud's, der sein Plaidoyer fortgesetzt, hatte nicht mehr den Prophetenklang von gestern, sie war dumpf geworden. Der Vertheidiger begann die Depesche von Leval zu besprechen, die am^20. von'Chalons abgegangen und am 23. Aug. in Metz angekommen sein soll, was materiell unmöglich sei. Lewal irre sich, da die Lage zwischen dem 26. und 29. mit der zwischen dem 23. und 26. so zu sagen identisch gewesen sei. Oberst Lewal habe sich ganz offenbar geirrt. Einer der wichtigsten Punkte des Prozesses wird vom Vertheidiger besonders hervorgehoben, näm­lich der Umstand, daß Bazaine an Mac Mahon eine Depesche gesandt hat, die, wenn sie angekommen wäre, Letzteren bestimmt haben würde, seinen Marsch nicht weiter sortzusetzen. "Es ist dies die Depesche d'Abzac, Stoffel u. s. w., die Mac Mahon nicht erhallen haben will. Lachaud hat dabei auf einenAnderen" hingewiesen, und hat der ganze Saal verstanden, wer unter dem Anderen zu verstehen sei. Die Bewegung, die sich hier des ganzen Publikums bemächtigte, ist unmöglich zu beschreiben. Die Ver- theidigung besprach alsdann den Kriegsralh vom 26. Aug., der im Schlosse zu Grimont gehalten wurde. Bazaine habe vollkommmsn Recht gehabt, sich über die allgemeine Lage der Dinge aufklären zu wollen: wenn er anders gehandelt hätte, so hätte ihn ganz Eu­ropa für einen Wahnsinnigen gehalten. Was den Vorwurf der Ünthätigkeit betreffe, so sei festgestelll, daß der Marschall 47