Amtsblatt sär den Oberamtsvezirk Nagold.
Nr. 141.
Erscheint wöchentlich 3mai und kostet ^ Einrückungsgebüdr sür die kleine
halbjährlich hier 54 kr., im Bezirk AoNNtlSlllg ötN 4. Zeile aus gewöhnlicher Schriit 1873.
mit Postausschlag l st. 8 kr. ! je 2 Kreuzer.
Amtliches.
Nagold Oberamts-Wnndarzt betreffend.
Der praktische Arzt, Wundarzt und Geburtshelfer I)r. Ebner, Stadt-Arzt in Hailerbach, ist als Oberamts-Wundarzt vorerst in provisorischer Weise ausgestellt worden und wird sich bis zu seinem Umzug hiehcr jeden Montag, Mittwoch und Freitag von Nachmittags bis Abends in der Bierbrauerei von Sanlter hier zur Verfügung stellen, was hiemit zur öffentlichen Kcnnt- uiß gebracht wird.
Den 1. Dezember 1873.
K. Oberamt.
G ü n t n e r.
/ Tages-Neuigkeiten.
/ * Nagold, 3. Dez. Der Wahlkampf zu Ergänzung des
/Gemeinderaths-Collegiums, der nach den ausgetretenen Plänklern /im Gesellschafter ziemlich heftig zu werden schien, hat sich fast - geräuschlos in dem eintägigen Wahltermiu abgeimckelt, wobei Herr Leonhardt Kapp, Tuchmacher, Verwaltungsaktuar Wurst, Müller Rapp und alt Hirschwirth Klein als Sieger hervorgingen. — Der 2t Dezember ist auch hier durch den Militär- und Veteranen-Verein mit patriotischen Reden und Gesang in heiterer, gemächlicher Weise gefeiert worden, was wir um so mehr anerkennend erwähnen zu müssen glauben, als cs bei vielen auch ein Reservatrecht zu sein scheint, die für die württembergischen Truppen so ruhmreichen Tage in dem Gewühle des Alltaglebens so bald als möglich der Vergessenheit anheim zu geben.
„Bei dem in Nr. 129 ber i ch t etEi LLitMabb-iW-Gt ^»«x -- ist zu berichtigen, daß die Kommode nicht offen, sondern gut verschlossen war. Die Standuhr wurde bald wieder vorgefunden, der Dieb ist aber bis jetzt unentdeckt geblieben.
LandeSprodukten-Börse Stuttgart vom 1. Dezember. Die Situation des Getreidehandels hat sich an den meisten auswärtigen Handelsplätzen im großen Ganzen nur wenig verändert, daher war die Stimmung bei überwiegendem Ausgcbot an heutiger Börse ziemlich ruhig, dennoch aber fanden, wie gewöhnlich, in Waizen nnd Gerste nicht unbedeutende Umsätze statt. Im Hopfengeschäst blieb es die ganze Woche still und es wurde an hiesigem Markte blos eine Parthie prima Hopfen an einen Brauer von Paris zu dem Preise von 100 fl. per Ctr: verkaufte In der Halle befinden sich ca. ISO Ballen und da die Saison für diesen Artikel ihrem Ende zugeht, so wird von jetzt ab der Hopsenmarkt nur noch am Montag abgehalten. Wir notiren: Waizen, russ.,
S sl. 9 bis 21 kr., bair-, 9 sl. 3 kr. bis 40 kr., amerik., 9 sl. 13 bis 30 kr. Kernen 9 sl. 48 bis 51 kr. Dinkel 6 fl. 48 kr. Roggen, sranz-,
7 sl. Gerste, württemb., 7 fl. 21 kr. franz., 7 sl- 42 bis 48 kr., bair.,
7 sl. 36 kr. Hafer 5 sl. 18 kr. Hopsen 50 bis 70 sl. Mehlpreise per 100 KIg. incl. Sack. Mehl Nr. 1: 28 fl-12 bis 30 kr. Nr. 2: 26 fl. 12 dis 30 kr. Nr. 3: 24 sl. 30 kr. bis 25 sl. Nr. 4: 20 fl. 12 dis 48 kr.
München, 30. Nov. Von gestern bis heute Abend sind an Cholera 36 Erkrankungen und 13 Todesfälle vorgekommen.
In dem freundlichen Städtchen Waltershausen (Thüringen) hat eine Feuersbrunst am 27. Nov. 36 Wohnhäuser ohne die Neben- und Hintergebäude in Asche gelegt, obwohl 68 Spritzen zur Hilfeleistung herbeigeeilt waren.
Berlin, 29. Nov. In der national-liberalen Partei, welche bereits an 170 Mitglieder zählt, und die zu ihren Parteiversammlungen das größte Zimmer des Reichstagsgebäudes benützen muß, ist die leitende Seele, nach v. Bennigsens Austritt, vr. Lasker, dessen hinreißende Beredtsamkeit die Neu- eingetretenen wahrhaft begeistert; leider scheint seine Gesundheit nicht so fest, daß er sich nicht zu schonen gezwungen sehen müßte.
Berlin, 1. Dez. Der „Reichsanzeiger" publilirt eine kaiserliche Verordnung vom 29. Nov., durch welche die Auflösung des Rei chstag es ausgesprochen und die Vornahme von Neuwahlen auf den 10. Januar 1874 anöeraumt wird.
Frankfurt, 1. Dezember. Die kirchlichen Zustände in Posen sind zu einer Schärfe gediehen — leider zum Theil durch eigene Schuld, bezw. Schwäche und Nachgiebigkeit der Regierung —, daß man in leitenden Kreisen mit einiger Besorg- niß vor ernstlichen Friedens-Störungen der weiteren Entwicklung der Dinge entgegenzuseheu scheint. Die Bureaukratie und das Juukerthum, welche die heraufbeschworenen Geister nicht mehr los werden können, denken, wie Alle, die keine Hexenmeister sind,
bereits an die drastischen Mittel aus der Hinkeldey-Manteuffcl'- schen Staats-Apotheke, an so etwas wie Belagerungs-Zustand mit den drum und dran hängeitden Segnungen. Das „Preuß. Volksbi.", ein Blatt, das sich gewisser Connexionen in maßgebenden Kreisen erfreut, fängt an, die Lage im Posen'schcn gehörig schwarz zu malen und dadurch den Boden für höhere Slieber'sche Thätigkeit empfänglich zu machen. „Aus verschiedenen Gegenden Poscns und Westpreußens — schreibt das Blatt — gehen uns von glaubwürdiger Seite, namentlich vom flachen Lande und aus den kleinen Städten, Berichte zu, die in der Erinnerung an die schrecklichen Aufstände, welche der Fanatismus des Klerus schon mehrmals über diese Distrikte gebracht hat, mit den trübsten Besorgnissen in die Zukunst blicken. Nirgends hat die ultramontane Propaganda theils durch den einheimischen Klerus und eine Unzahl Flugschriften, die in die Massen geworfen werden, theils durch eine Menge auswärtiger Agenten, die unter allen möglichen Verkleidungen das Land durchziehen, mit solchem Erfolge gewühlt, wie in den oben angedeuteten Distrikten. Unsere Gewährsmänner heben namentlich hervor, daß die Erregtheit und Wildheit der Weiber wieder einen fabelhaften Grad erreicht hat — bekanntlich in den polnischen Landestheilen das bedenklichste Symptom, welches einer Eruption gewöhnlich unmittelbar vorherzugehen pflegte. Immer allgemeiner wird die Ueberzeugung, daß die Situation um so gefährlicher wird, je mehr das Verfahren gegen den Erzbischof sich in die Länge zieht. Die loyal gesinnte Bevölkerung vertraut der Wachsamkeit der Behörden: ob es aber wohl binnen Kurzem möglich sein wird, Ruhe und Ordnuna obne crceptio ne lle Maßregeln a ufrecht ru ^ekhÄkest zweifeltfft^8ezeiflsness*^Unlnogsich
ist eS gerade nicht, daß es zu solchen Auftritten kommt, wenn die Dinge noch lange in der Schwebe bleiben. (F. I.)
Der Guß der Kaiserglocke ist, wie man aus Frankenthal hört, gelungen. Ein Schiffer soll dem Meister Hamm angeboten haben, sie nicht nur nach Köln transportiren, sondern ihm auch noch 3000 fl. zahlen zu wollen, wenn er ihm die Erlaubniß gebe, sie unterwegs gegen Geld dem Publikum zur Schau stellen zu dürfen.
Trier, 2. Dec. Das Zuchtpolizei-Gericht hat den hiesigen Bischof wegen gesetzwidriger Ernennung von 18 Geistlichen zu 3600 Thlrn. Strafe verurtheilt.
Posen, 2. Dec. Das hiesige Kreisgericht hat den Erzbischof Ledochowski wegen ungesetzlicher Anstellung von Geistlichen und in Berücksichtigung der beharrlichen Renitenz zu 7000 Thlr. Strafe eventuell fünfjährigem Gefängniß verurtheilt.
Posen. 26. Nov. Heute wurden die am 22. dem Erzbischof gepfändeten Möbel öffentlich versteigert. Die kauflustigen Söhne Israels erscheinen auch dießmal wiederum in winziger Zahl; diesem Mangel an Konkurrenz ist auch wohl zuzuschreiben, daß alle Gegenstände zu bisher unerhörten Spottpreisen verkauft worden sind, so z. B. hat man für einen schönen großen Palisandertisch nur 13 Thlr. gegeben und für vier mit gelben oder grüne» schweren Stoffen überzogene Fauteuls hat ein Jude nur 12 Thaler bezahlt. Die Summe der zu zahlenden Strafen beläuft sich bis jetzt auf 10,200 Thlr. event. 4 Jahre Gefängniß.
Paderborn, 28. Nov. Unser frommer Hirte, Bischof Martin, ist doch schlauer, als man hätte voraussetzen sollen. Um sich vor den drohenden Geldstrafen zu schützen, hat derselbe schon vor längerer Zeit, wie sich jetzt herausstellt, sein ganzes Besitzthum durch Vertrag zum Eigenthum eines „Verwandten" gemacht. Der pfiffige Krummstäbler läßt nun, wo das Gericht ihm eine Kutsche gepfändet hat, durch die ultramontanen Flugblätter ein großes Zeter-Geschrei über diese Rechts-Verletzung anstunmen und hat sogar den Math, den Be Hörden für die Wegnahme dieser Kutsche mit einer Retourkutsche , nämlich mit einer Interventions-Klage ,zu drohen. Wer der liebenswürdige Verwandte ist, und ob er männlichen oder weiblichen Geschlechts, darüber verlautet bis jetzt noch nichts. Genug, er ist da. In juristischen Kreise» läßt man sich jedoch über die Drohung Mar- tin's keine grauen HGre wachsen nnd sieht dem Auftreten des „Verwandten" sogar mit einem'gewissen Humor entgegen. Bis