AmtMsLt für den ObernMMezirk Nagold.

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1873.

Tages-Neuigkeiteu.

Stuttgart, 27. Nov. In der zweiten Kammer kam gestern die Vorlage der Regierung über außerordentliche Staatsbauten ein, die aus den französischen Kriegs-Entschädigungs-Geldern bestritten werden sollen. Der Gesammtbetrag ist 5,008,100 sl-, wovon jedoch 1,100,000 fl. für eine neue öffentliche Bibliothek in Stuttgart erst später zur Berwcnoung kom­men und einer künftigen definitiven Verabschiedung Vorbehalten bleiben sollen. Unter den weiteren R908.IO0 fl^ sind 1,030,000 sl. sür dis Er­weiterung der poiitechnischen Schule in Stuttgart, 90,000 fl. zur Aus­führung von Straßenbauten, 690,500 fl. sür ein neues Justizgebäude in Stuttgart und 475,000 fl. sür ein weiteres akademisches Krankenhaus in Tübingen bestimmt, woraus hervorgehen dürste, daß die Regierung an dis schon öster angeregte Verlegung der Universität von Tübingen weg nicht denkt; 350,000 fl. kostet die neue Irren-Anstalt in Schussenried noch weiter; 110,000 sl. erfordern gerichtliche Gefängnisse; 107,000 fl. eine neue katholische Kirche in Tübingen rc. rc- Die Eingaben mehren sich um den Bau einer Verbindungsbahn zwischen dem Fils- und Rems- Thal, von Göppingen nach Gmünd. Bis jetzt durste Württemberg eins solche Bahn nicht bauen laut Staatsvcrtrag mit Bayern über den An­schluß der Remsbahn an die bayerische Bahn bei Nördlingen. 1875 läuft aber dieser Vertrag ab, und dann hat Württemberg wieder freie Hand.

Stuttgart, 26. Nov. Das ullramontaneKatholische Kirchenblatt", das in Ellwangen erscheint, hat sich in seiner neue­sten Nummer gleichfalls über die Reichstags-Wahlen ver­nehmen lassen. Es sagt darüber u. A :Bei den letzten Wahlen sagten unsre Gegner:Im Reichstage wird nicht über religiöse Angelegenheiten verhandelt; da soll nach erlangtem Frieden, nach hergestellter Einheit jetzt für die Freiheit, für die Güter des Frie­dens gearbeitet werden. Jetzt sind uns die Augen aufgegangen. Wir sehen durch die Macht des herrschenden Liberalismus unsere heiligsten Güter, unseren Glauben, unsere religiöse Freiheit be­droht." Ferner:Wir Katholiken haben gegründete Furcht, "daß" die kirchenfeindtiche Gesetzgebung auch im Reich sich entfalten werde. Wenn wir Katholiken also wählen, dann müssen wir jetzt Männer wählen, von denen wir die sichere und untrügliche Bürgschaft ha­ben, daß sie zur Wahrung aller unserer bedrohten religiösen In­teressen, für die wahre Freiheit und unser wahres Wohl entschie­den und furchtlos in die Schranken treten." So geht es fort. Da das Blatt unter dem katholischen Landvolk große Verbreitung hat, wird dieser Wahl-Aufruf nicht ohne Wirkung bleiben. Das Schwierigste ist bei uns überhaupt, Männer zu finden, die bei der Diätenlofigkeit gerne das große Opfer an Geld und Zeit bringen, das dem Reichstags-Abgeordneten auferlegt ist, ohne daß er durch eine entsprechende Geltung des Reichstages sich entschädigt fühlen konnte. Die social-demokratische Partei wird es dennoch wagen; sie wird für Stuttgart einen Candidaten aufstellen.

Aus der Spitzederschen Concursmasse erhalten die Gläubi­ger bis zum Mai k. I. 5 Procent ihrer Forderungen; später sollen dann nochmals 6 Procent vertheilt werden.

Dresden!, 25. Nov. König Albert hat den bekannten kath. Hofpredigern Pott hoff und Genossen bedeuten lassen, daß sie die Redaktion des durch seine antideutsche Haltung be­rüchtigten Kathol. Kirchenblalts niederzulegen haben.

Aufgepaßt!!! Falsche badische 10 - Gulden- Scheine, täuschend ähnlich, durch Phothographie hergestellt, sind im Umlauf. Am besten erkenntlich sind dieselben durch das fe­stere fleischfarbene Papier, auch fehlt das Wasserzeichen.

Der Cenirumspartei im preuß. Abgeordnetenhause ist es nicht gelungen, mit dem ehrwürdigen Gewände, das sie zur Einbringung liberaler Gesetzvorschläge angelegt hatte, auch den darunter verborgenen Fuchsschwanz zu verdeckend Ueber ihren Antrag auf Einführung des allgemeinen Stimmrechts bei den Wahlen zum Abgeordnetenhause wurde Vertagung der Berachung auf 6 Monate beschlossen.

Endlich ist der längst erwartete Bericht der Special-Com­mission zur Untersuchung des Eisenbahnconcessionswesenä im Druck erschienen und in den Händen der Abgeordneten. Er um faßt 193 Quartseiten und behandelt die Darstellung der Entste hung von 26 Eisenbahnunternehmungeu, darunter auch die der Pommer'sche» Ceutralbahn, bei welcher der Geh Rath a D Wageuer als einer der Gründer beteiligt war. D>e graoiren den Thatsache», welche Laster, über diese Gründung zur Sprache brachte, werden in dem Bericht einfach bestätigt. Ans den lhal sächlichen Ermittelungen hebt die Commission die aufgefnnveneu j

Mißstände hervor und bezeichnet die Mittel, von welchen Ab­hülse erwartet werden darf. Schließlich spricht sich dieselbe sür Uebertragung der höchsten Aufsicht über das Eisenbahnwesen auf Reichsorgane aus, und was Preußen betrifft, für die Trennung der Aufsichtsinstanz von der fiscalische» Verwaltung der Bahnen.

Köln, 19. Nov. In dem hiesigen landwirthschaftlichen Casino fanden heute interessante Erörterungen über den Kar- toffel-Anbau statt. Es wurde allgemein constatirt, daß bis jetzt noch kein Radikalmittel zur Verhütung der Kartoffel - Krank­heit entdeckt worden. Ebenso einig war man darüber, daß diese Calamität nur in Europa aufgetreten sei und hauptsächlich die hiesigen Arten befalle. Als Mittel gegen die Krankheir empfahl man eine vorsichtige Auswahl in Betreff der Setz-Kartoffeln, die richtige Wahl eines geeigneten Bodens und dessen gute Be­handlung. Die europäischen Sorten wurden als nicht geeignet zu Setz-Kartoffeln bezeichnet, sondern auswärtige empfohlen, z B. Goodrich",King os the Early", Late Rose" (späte Rosen- Kartoffeln), frühe Rosen - Kartoffeln , frühe Vermont. Bon ver­letzten, sehr kostbaren, Sorte hat der Scheffel Saat-Kartoffeln in Amerika 4000 Dollars gekostet.

Wien, 20. Nov. SIremayr bereitet einen Gesetzentwurf über die Verhältn isse der Altkath oliken vor, wonach diese gleichberechtigt mit den Infallibilisten wären, ihre inneren Angele­genheiten selbständig ordnen und ihre Seelsorger frei wählen könn­ten, welche der Staat als regelmäßige Geistliche anerkennen würde.

Bern, 21. Nov. Der Große Rath von St. Gallen hat mit 84 gegen 52 Stimmen das Gesetz genehmigt, welches Geist- 4ich«-w«tzen-Stör»nA des consessionellen Friedens mit Geldbuße bis 1000 Frs. eventuell Gefängniß, Amtseinstellung nnd Amts­entsetzung bestraft.

Paris, 27. Nov. DasJournal osstciel" veröffentlicht die Liste der neuen Minister, welche mit der heute früh gemeldeten übereinstimmt. Das Cabinet ist also folgendermaßen zusammen­gesetzt: Herzog v. Broglie: Inneres und Vicepräsidentschaft des Conseils; Herzog v. Decazes: AeußereZ; Fourtou: Unterricht; Deffeiligny: Handel; Larcy: Arbeiten; Depeyre: Justiz; Magne: Finanzen; Barrail: Krieg; Dompierre d'Horuoi: Marine. In Fontainebleau hat ein Pistolen - Duell zwischen Prinz Soutza und Prinz Ghika stattgefunden, in welchem Letzterer gelödtetwurde.

Paris, 28 Nov. Dr. Kern hat Herrn v. Broglie eine Note überreicht, durch welche die Schweiz eine eventuelle Revision des zwischen ihr, Frankreich, Italien und Belgien bestehenden Münzvertrags beantragt. Die Schweiz fühlt sich durch die An­nahme der, Goldwährung in Deutschland mit einer Silberüber- schwimmung bedroht, welche ihr erheblichen Schaden zufügen würde.

Trianon, 26. Nov. Procetz Bazaine. Marschall Canroberl sagt aus: im Monat Oktober konnte man das Feld nicht mehr behaupten, aber noch schwere Schläge austheilen, man mußte nicht über Kapitulation, sondern über eine Convention unterhandeln. Wenn sie nicht ehrenvoll war, hätten wir an die Waffen appellirt und wären tapfer unterlegen. Die Generale Lebeouf und Ladmirault sprechen sich in demselben Sinne aus. Rouher sagt, die Kaiserin habe alle möglichen Anstrengungen gemacht, die Rheinarmee zu retten. Bismarck forderte die Kaise­rin auf, eine Blankovollmacht zu unterzeichnen, welche als Grund­lage der Friedenspräliminarien dienen sollte. Die Kaiserin ver­weigerte dies unbedingt, sie wolle keinerlei Gebietsabtretung.

Trianon, 28. Nov. Prozeß Bazaine. General Jar- ras erzählt von seinem Auftrag, über die Kapitulation zu un­terhandeln. Die Deutschen verweigerten alle Zugeständnisse und bewilligten nur ein Destlo mit den Waffen, welches aber Bazaine verweigerte. Bazaine hätte befohlen, alle Fahnen nach dem Ar­senal zur Zerstörung zu schicken, später traf eine deutsche Note ein, die im Falle der Zerstörung der Fahnen den Abbruch des Waffenstillstandes androhie Die Aussage von Jarras bringt eine lebhafte Aufregung hervor. Canrobert sagt:Warum ist Narsch ill Lagune keine große Eingebung (Inspiration) gekom­men 2 Waniai yu er, anstatt sich mit den Details der Konven­tion zu vefffs u, nicht an die Preußen geschrieben:Durch Hun­ger oesie 0, zerw echeii wir unsere Waffen, machet dann was ihr wall;!' A l l e Z a y ö r er, a u s g e n o m m e n B az a in e, weinen.