General Dcsvaux konstatirt, daß die Garde ihre Fahnen zer­stört hat. Lapasset und Laveancoupet ließen ebenfalls ihre Fahnen verbrennen.

Der Bischof vonManci hat einen Hirtenbrief erlassen, der am 3. August auch von den Kanzeln der zu Deutschland ge- hörigen Kirchen der Diöcesen Nanci und Toul verkündigt wurde, worin zu Gebeten für die Wiedervereinigung von Metz und Straßbnrg mit Frankreich aufgesvrdert wird. Wie dieNordd. Allg. Ztg. berichict, sind die kaiserlichen Gerichte gegen diejenigen Geistlichen in deutschen Bezirken, welche den Hirtenbrief verlese» baben, eiugeschritten und die kaiserliche Ne­gierung hat bei der französischen bezüglich des Bischofs selbst An- träge gestellt. Man ist gespannt, ob die französische Regierung den Bischof von Nanci gebührend zurechtwcisen oder die Gelegen­heit vorübergehen lassen wird, offen darzuthun, daß sie solche Aufwiegelungen und Bedrohungen des guten Einvernehmens mit anderen Staaten für unerlaubt halte und mißbillige.

London, II. Noo. In einer Capelle zu Preston wurde dieser Tage eine außerordentliche Scene aufgcführt. Ein Manu, der die Erlaubuiß zum Predigen erlangt und Arbeiter zum An­hören seiner Predigt anfgefordert hatte, wurde, als er eben seine Predigt vollendet hatte und auch den Gottesdienst beendigen wollte, von einer etwa 40 Jahre alten Frau, einem jungen Frauenzim­mer und einem jungen Manne aus die schrecklichste Weise durch­geprügelt und au den Haaren aus dem Gvtteshause herausgezerrt. Die drei Strafrichter waren seine Gattin, die er verlassen, das Mädchen, dem er den Hof gemacht, das aber zufällig erfahren, daß er verheirathet sei, und der Geliebte des jungen Mädchens.

Die Amerikaner sind mit der bisherigen Schnelligkeit der Eiseubahnzügc nicht mehr zufrieden und hoffen dieselbe, ohne Ge­fahr für die Sicherheit, durch das Nebeneinanderlegcn mehrerer Geleise bedeutend zu steigern, weil dann die durchlaufenden Züge von de» Lokal- und Zwischenzügen völlig getrennt gehalten wer­den können. So baut jetzt die Philadelphia-Eisenbuhngesellschaft 4 Geleise breit, mit dazu eingerichteten Brücken, Tunnels und Ausweichstellen. Außerdem Ist von einer Locomotive mit Treib- rädern von 12 Fuß Durchmesser die Rede. Mit solchen Hilfs­mitteln glaubt mau 100 engl. Meile» in der Stunde zurückzu­legen, in Philadelphia frühstücken und in Chicago zu Abend essen, so wie Newyork von Philadelphia aus in einer Stunde erreichen zu können.

Washington, 26. Nov. Der Staatssekretär Fish halte gestern eine längere Besprechung mit dem spanischen Gesandten. Beide empfiengen beruhigende Depeschen aus Madrid, welche eine friedliche Lösung hoffen lassen. Präsident Grant will vor Ab­fassung der Botschaft eine definitive Antwort der spanischen Re­gierung abwarten.

Allerlei.

Eine Heirathsgeschichte. DieR. Fr. Ztg." erzählt folgendes Geschichlchen, für dessen Wahrheit sie selbst ein- stehen mag: Die dreißigjährige, aber noch auffallend hübsche Wittwe eines Berliner Kaufmanns hatte, nm nicht ganz unbe­schäftigt zu sein, eine Nähschule errichtet und sechs Schülerinnen darin ausgenommen. Die Mädchen standen in einem Alter von 15 bis 16 Jahren. Während des Nähens unterhielt sich Frau B. häufig mit den Backfischen und ließ dabei die Aenßerung fallen, sie würde sich gern noch einmal verheirathen, wenn sich eine für sie passende Partie fände. Abends beim Nachhausegehen überredete Franziska ihre Mitschülerinnen zu einem recht com- plicirteu Schelmenstreich. Sie gingen in eine Conditorei und suchten aus demIntelligenz-Blatt" und derVossischen Ztg." unter Hciraths-Annoncen sechsHerren, denen es an Damenbe- kaniNschast mangelt" heraus und schickten jedem derselben die Ad­resse und das Photogramm der Frau B. zu. Dieb Photogramm halte die Wittwe ihren Schülerinnen früher geschenkt, respeclioe mit Ihnen ausgetauscht. Die Briefe, von sechs Mädchenhänden geschrieben, lauteten alle gleich:Hierbei eine Photographie; zur Besprechung des Röthigen bitte um ihren persönlichen Besuch Freitag Mittag zwischen 1011 Uhr, aber präcise. Wittwe B., Inhaberin einer Nähschule, A . . . straße Nr. 11." Zu der festgesetzten Stunde saß Frau B. im Arbeitszimmer bei den Schülerinnen, als es klingelt. Sie geht hinaus, um zu öffnen, während die Anstifterinnen des güi pro guo sich bald ausschütten vor Lachen. Sie hören durch die offen gelassene Stubenthür, wie ein Herr in sehr verbindlichem Tone fragte, ob er das Ver­gnügen habe, Frau B. zu sprechen, und auf die bejahende Ant­wort bittet er um ein Paar Worte unter vier Augen. Die schöne Wittwe ist zwar erstaunt ob des wunderlichen Besuches, ladet aber den unbekannten Herrn ein, näher zu treten. Um in die Putzstube zu gelangen, muß man bei Frau B. durch die Küche und das Arbeitszimmer; man kann sich denken, wie der Frei- werber von den Mädchen bei seinem Eintritte gemustert wurde Kaum ist er mit der Wittwe im Putzzimmer, als eine zweite und gleich dritte Droschkeerster Güte" gerasselt kamen. Fran­ziska läßt die Herren ein, ehe sie klingeln und weist sie in

die Putzstube. Jetzt kamen aber noch drei; auch diese wurden eingelassen, und vor der Thür hielten nun sechs Droschken. Sämmtliche Bewohner des Hauses steckten die Köpfe zu den Fenstern hinaus, auf der Straße sammeln sich Neugierige und Einer fragt den Anderen, was denn da los sei. Da kommen fünf Herren mit zorngeröthelen Gesichtern aus dem Hause heraus, springen in ihre respectioen Droschken und jagen davon. Eine Droschke war stehe» geblieben, es war die des Cousins der Frau B-, eines reichen Seidenhändlers aus Erfurt, der sich wochen­lang nach der Wittwe erkundigt hatte, ohne sie finden zu können, da er nur ihren Familiennamen kannte. Durch den Schelmen­streich der Mädchen sah er nun plötzlich seinen Wunsch erfüllt. Die fünf Herren hatten geglaubi, die Witwe habe sich persön­lich einen Scherz mit ihnen erlaubt, und alle Betheuerungen der selbst Verblüfften, daß sie eben nichts wisse, zurückweisend, hatten sie wüthend das Haus verlassen. Am vergangenen Sonntag war die Verlobung der Frau B. mit ihrem Cousin, und als der Wein die Zungen gelöst, beichtete Franzisca und erhielt nach vorhergegangener Predigt, in Anbetracht des köstlichen Ausgan­ges, für sich und ihre Mitverschworenen General-Pardon und von dem glücklichen Bräutigam »och heimliche Anweisungen auf sechs neue seidene Kleider.

(Religionen in Amerika.) Nach demNew- Aork Journal" existireu in der nordamerikanischen Union dermalen 127 verschiedene kirchliche Secteu. von denen jede glaubt, alleinige Inhaberin derWahrheit" zu sein, während alle anderen im La­byrinth des JrrthumS wandeln. Nach der Zählung von 1870 hat sich die Mitgliedcrzahl der Kirchen innerhalb 20 Jahren im Ganzen um 40 Procent vermehrt, ihr Eigeuthum dagegen ver­vierfacht. Die Katholiken sind heute au der Zahl doppelt so stark als 1850, ihr Kircheneigenthum aber hat sich um das Sechs­fache vermehrt. Die Methodisten haben in 20 Jahren ihr Ei­genthum von 14 auf 70 Millionen Dollars gebracht. Von 1850 bis 1860 hatten sie an Mitgliederzahl um 50 Procent, seit 1860 aber nur um 4 Procent zugenommen. Dagegen haben sich die Mormonen in 20 Jahren von 10,000 auf 87,000 vermehrt und ihr Besitzthum verzwanzigfacht. Die regulären Baptisten haben um die Hälfte abgenommen, die irregulären dagegen sind 6mal zahlreicher als vor 20 Jahren. Die Congregalionslisten haben um 28 Procent, ihr Kirchengut nur dreifach zugenommcn. Die Episcopalen sind doppelt so stark und dreimal so reich. Die Quäker haben Geld, aber keine Proselyten gewonnen. Die Lu­theraner sind durch steten Zuwachs, namentlich aus Pommern, Mecklenburg und Hannover, um 90 Procent stärker geworden, ihr Kircheneigenthum jedoch hat sich nicht in gleichem Maße ver­mehrt. Die Juden zählten nach der Zählung von 1850 18,000 Personen mit 400,000 Dollars Grundcigenthum, nach dem Census 1870 dagegen 78,000 Personen mit 5,000,000 Dollars Grund- eigcnthum. Im Ganzen zählt der Censusbericht etwa 22,000,000 Kirchenangehörige auf, und es müßten sonach bei einer Bevölke­rung von 39 Millionen nahezu 17,000,000 Uukirchliche sich in den vereinigten Staaten befinden.

Unter dem Titel:Verwehte Zeitschriften" schreibt ein Feuilletonist der Dresd. P.: Ich bin kein Curiositätensammler, aber Ausbeute genug fand ich dieser Tage, als mir ein Zeitungs- Katalog aus den Jahren 1848 und 1849 in die Hand fiel. Welche Blüthenlese von drolligen Titeln fand ich da, Zeitschrif­ten, welche die Localpresse in Folge der Märzbewegungen in's Leben gerufen.Bunt und krauS, steht wie 'ne Narrenjacke aus", könnte mau ausrufen bei dem Anblick aller dieser Blätter, dieser literarischen Curiositäten, zu denen namentlich Berlin und Wien ein großes Contingent gestellt. Es möge zur Charakteristik nur eine kleine Probe dienen. Man höre: Die Hornisse, die spani­sche Fliege, Wespe, Bremse, Bremsen, die Reichsbremse und das Bremsennest. Es muß Tag werden, die Leuchte, der Leuchtthurm, die Leuchtkugeln, Phosphor, die Sternwarte, die Fackel, die Gas­flamme, die Laterne, die Lichtputze, die weiße Lampe und die Egyptische Finsterniß. Die Zahl ist noch nicht geschloffen, es kommen noch: der demokratische Raisonneur, der Torgauer Schrei­hals und das Berliner Großmaul, die Barrikaden-Zcitung, die Gassen-Zeitung, die Katzenmusik, der Stürmer, die rothe Mütze, der Ohne-Hosen, der Putsch und der Narrenthurm. Daß Mosje Urian nicht ausblieb, läßt sich denken. Somit kam denn gar bald: der Teufel, der reisende Teufel, der entfesselte Teufel, der Kirchenteusel, der Revolutionsteufel und der Verfolger der Bos­heit. Kladderadatsch, Kladerträtsch, Klitsch-Klatsch, Pumpernickel, Juchheirassasa, die Preußen sind da, die allgemeine Wäsche, der politische Esel, das Reibeisen, der Nürnberger Trichter u. s. w. In den kleineren Städten und auf dem Lande florirten da­gegen die zahllosen, durch alle möglichen Beiwörter unterschiede­nen Volksblätter, Volkszeitungen, Volksfreunde, Volkshallen, Volksgesellschafter, Volksspiegel, Volksstimmen, Volkstribunen u. s. w. Wo sind sie? alle diese Blätter jener Tage? Ihr Le­ben währte oft kaum vier, fünf Wochen, und ein Dasein von Jahresfrist gehörte schon zu den Seltenheiten.