ArnLsblütt für den Oberauttsbezirk Nügold.
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1873.
Tages-Neuigkeiten.
Die zweite Schulstelle i» Airchderg, Dekanats Marbach, wurde dem Unkerlehrer Murthum i» Wildberg, und die fünfte Knaben-Mit- telschulstelle in Ulm dem Schulmeister He yd in Berueck übertragen.
Stuttgart, 5. Nov. In der heutigen Sitzung der Abgeordnete n-K am m c r kamen zwei Anträge und eine Interpellation von Abgeordneten ein, welche im Grunde nichts anderes bedeuten, als eine Mahnung an die längst versprochene Verfassungs Revision, die übrigens nicht mehr als Ganzes, sondern in Bruchstücken erwartet wird. Diese Anträge und Interpellationen sind: von Holder und Genossen aus Abschaffung des Geheimen-Raths und Uedertragung von desfen Functionen, soweit sre die Administrativ-Justiz betreffen, an einen Verwaltungs-Gerichtshof, im Uebrigen an Len Minister-Rath; ferner von Oeslerlen an den Juftizminister um Vorlegung eines Minister-Verantwortlichkeits-Ge- setzes. Ein weiterer Antrag geht auf eine Bitte an die Regierung, sich beim deutschen Bundesrath uni Gewährung von Diäten an die Reichstags-Abgeordneten zu verwenden. Im Uebrigen wurden die Etats der Eisenbahnen und der Posten durchberathen und der Nein-Ertrag der ersten auf i, Millionen für 4873,74, und 6,262,500 fl. für 1874/75 in Voranschlag genommen. Beiden Posten wurde 4873/7 4 269,000 fl-, 1874/75 185,000 fl. Ertrag angesetzt.
Stuttgart, 6. Nov. Bei der gestrige» Berathungen des Etats der Eisenbahnen und der Posten in der zweiten Kammer waren es hauptsächlich zwei Punkte, lvelche auch für auswärts ein Interesse haben. Erstlich die Auslassung Elben's gegen den von Baden neuerdings eingesührten Staffel-Tarif, welcher ganz besonders für Württemberg seine Nachtheile habe. Dieser für Steinkohlen, Holz, Steine u. s. w. geltende Tarif führt zwar für ganze Wagenladungen von 2o0 Ctrn. die Pfennig- Taxe ein, aber nur bei Entfernungen von mehr als 20 Meilen. Unter 20 Meilen bis zu 1b trete ein Zuschlag ein, der sich von 5 zu 5 Meilen abermals steigere und bei Entfernungen unter 5 Meilen 40 pCt. erreiche. Da nun alle Zufahrts-Bahnen durch Baden nach Württemberg, bis auf die von Basel nach Wengen, weniger als 20 Meilen lang sind, so würde Württemberg am meisten davon betroffen, wenn dieser Staffel-Tarif, der bis jetzt allerdings nur im inneren badischen Verkehre gelte, auch im Verbands-Verkehr zur Geltung gelangte, worauf Baden hinarbeite. Geh. Rath v. Dillenius findet das jvon Elben Gesagte richtig, hofft aber, daß Baden damit nicht durchdringe, schon weit auch die Saarbrücker Bahn davon betroffen würde, welcher das preußische Handelsministerium die Weisung ertheüt habe, auf eine Aenverung nicht einzugehen. Mit- lerweile werde die badische Auslegung des tz. <5 der Reichsoersafsung, gegen welche Württemberg eine Entscheidung vom Bunbesrath provocirt habe, hoffentlich zu Gunsten Württembergs abgeändert und damit auch die Wirkung des Staffel-Tarifs ausgehoben werden. Beim Post-Etat brachte Wächter den Übertritt vieler württembergischen Postbeamten in den Reichsvienst zur Sprache, der ersvlgt sei wegen besserer Besoldung, rascheren Avancements und günstigerer Penstons-Verhältnisje beim Reich. Er wünscht, daß die Regierung die Beamten bester stelle und dadurch weiteren Uebertritten vvrbeuge. Minister v. Mittnacht weiß, baß 27 solcher Beamten in den Reichsdienst übergelreten, wo die Besoldung übrigens nur wenig bester sei, als in Württemberg, wohl aber die Avancements- und Pensions-Verhältnisse. Jndeß habe er, so geneigt er einer Besserstellung dieser Beamten insbesondere sei, doch vorgezogen, ein allgemeines Gesetz ausarbeiten zu lasten über die Rechtsverhältnisse der Beamten überhaupt nach Maßgabe des Reichsbeamten-Gejetzes.
Stuttgart, 7. Nov. Der Abgeordnetenkammer ist eine Vorlage der Regierung, die Abänderung des Etats des Ministeriums des Auswärtigen betreffend, zugegangen Nach derselben werden in dem Etat 20,619 fl. gestrichen, worunter 10,0o0 fl. für das Ministergehalt sort- sallen.
Stuttgart, 8. Nov. In der heutigen Sitzung der Abgeordnetenkammer wurde der Antrag Schmid und Genosten, die Regierung zu ersuchen, bei dem Bundesralh bahrn zu wirken, daß den Reichstagsmitgliedern Diäten und Reisekosten bewilligt werden, mit 56 gegen 27 Stimmen angenommen. Diese größere Anzahl der dagegen Stimmenden motivirte ihre Abstimmung damit, daß die angeregte Frage ausschließlich Reichstagssache sei. Während der Debatte erklärte Justizminister Mittnacht, daß, laut einer der Regierung gewordenen Mittheilung, die Neisesreihcit ver^ Reichstzoten auf allen Staats- und Privatdahnen sür die Dauer der Sessionen definitiv beschlossen sei; die Privalbahnen sollten eine Aoersalvsrgütung aus Reichsmitteln erhalten.
Stuttgart, 7. Nov. Die Negierung hat bei dem Landtage den Entwurf einer Verfassungs-Revision, hauptsächlich in Bezug auf das Recht der Präsioentenivahl und der Znittalive der Kammer, eingevrachl.
Telegraphischer Meldung zufolge ist gestern, die Kunstmühle in H e rm a r i n g e n, OA. Heibenheim ganz abgebrannt. Der Schaden beträgt ungefähr 29,000 fl.
Aus Baden. 'Nach Angabe der Blätter wird der nächste badische Landtag voraussichtlich 18 - 20 erklärte Allkathoti- ken in seinen Reihen zählen, ein Verhütiniß, welches die lebhafteste Besorg,,iß rer päpstlichen Nunil.itur in München erwecke; man befürchte, daß die Bewegung einen ganzen katholischen Land
strich, von Freiburg bis Constanz, von Nom abschälen könnte; die Altkatholiken würden -- fürchte man — die Regiernng vorwärts dränge», und diese Angesichts der entscheidenden Siege des AlikalhottzismuS im Ober-Lande und der Bodensce-Gegend nunmehr die Frage des Kirchen - Vermögens und der Bildung von Kirchen - Gemeindcräthen in Angriff nehmen.
München, 7. Nov. Der Deutsche Kaiser hat 5iru. Professor Dr. v. Döllinger, anläßlich seines bOjährigcn Jubiläums als Professor, durch den hiesigen Gesandten den rolhen Adlerorden zweiter Elaste mit dem Stern überreichen lassen.
Berlin, 5 Nov. Nach klerikalen Quellen macht die Florentiner „Nazione", ohne selbst die Richtigkeit zu verbürgen, folgende Angaben über den zweiten Brief des Papstes an Kaiser Wilhelm. Der Papst soll darin gesagt haben, daß es ihm in seiner Gefangenschaft den größten Schmerz verursache, sich und die Seinen zuletzt noch von Dem verfolgt zu sehen, welcher vormals aus sein ausschließlich göttliches Recht so stolz gewesen sei; daß er nicht erwartet habe, die vom Kaiser gegen ihn geführte Sprache zu vernehmen; daß er seit 10 Jahren und namentlich zur Zeit der Besetzung Roms durch die^italie- nischen Truppen unterhaltene Briefwechsel ihn zu ganz anderen Hoffnungen berechtigt hätte; daß Nichts sein unerschütterliches Vertrauen auf Gottes Hülse und seine» zuversichtlichen Glauben an den endlichen Triumph der katholischen Kirche wankend machen könne, daß er aber jeden Tag zu Gott bete, daß er ihre und seine von den vorübergehenden Siegen ihrer Waffen berauschten und verblendeten Feinde erleuchten und mir ibnen Erbarmen haben möchte, weit sie vergessen konnten, daß alle Throne nm- gestürzt werden können, nur der von Christo gegründete nicht u. s. w.
Dem Gerücht von der Existenz eines zweiten Briefes Pius IX. an den Kaiser wirdZu unterrichteten Kreisen nicht widersprochen. Wenn dieses Schreiben nicht gleichfalls der Oesfentttchkeit übergeben wird , so ist der Grund dafür nicht sowohl in Rücksichten der Courloisie, wie man vermeint, sondern hauptsächlich darin zu suchen, daß der Inhalt des Schreibens lediglich private Beziehungen behandelt, welche ausschließlich die Person des Kaisers berühren und mit den politischen Dingen fast gänzlich außer Verbindung stehen. Man legt dem Glanzen so wenig irgend welche Bedeutung bei, daß eine nochmalige Erwiderung Seitens des Kaisers kaum erfolgen dürfte.
Berlin, 7. Nov. Wie die „Deutsche N.-Corr." erfährt, werden die Reichstags-Wahlen im December d. I. vorgenommen werden.
Essen, den 3. Nov. Auf der Krupp'schen Gußstahl- fabrik hier ist heute folgendes Plakat angeschlagen : Neben den Bestrebungen, welche bereits an manchem Orte das gegenseitige Wohlwollen zwischen Arbeitgebern und Arbeitern zu beiderseitigem Nachtheile störten, droht seit einiger Zeit ein Unheil von noch tieferer Bedeutung. Kirchliche Zwietracht untergräbt den Frieden. . . Es ergeht demgemäß die Warnung: Niemand kümmere sich um die Meinung und den Glauben Desjenigen, der ordentlich und brav ist und seine Pflicht thut. Wer zuwider handelt, wer seine Stellung mißbraucht zur Beeinflussung oder gar zum Nachtheile eines Kameraden oder Untergebenen um der Meinung oder des Glaubens willen, der hat zu erwarten, daß er als Friedensstörer beseitigt wird, er möge der geringste Taglöhner oder ein angesehener Vorgesetzter sein , ohne Rücksicht darauf, ob die eine oder die andere Stelle nicht besetzt werden könnte, ob selbst ganze Werke vorübergehend außer Betrieb gestellt werden müßten." Besonders leid würde es mit sein, wenn Leute, welche bisher treue Dienste geleistet haben, betroffen werden sollten. Ich habe jedoch in 47jähriger Erfahrung im Allgemeinen nur Treue und Friedfertigkeit zu rühmen gehabt und vertraue daher, daß zum Besten für uns alle diese Warnung beachtet wird und somit Friede und Eintracht wie bisher erhalten bleibt. Dann werden auch die im Bau begriffenen Werkstätten der Bestimmung gemäß bald besetzt und die der Vollendung entgegengehenden neuen Kolonien und Ortschaf-