Brief des Papstes vom 7. August finden wir-än der „Unita cat- lolica" vom 21. Okt. Der Artikel lautet: „Alle diejenigen, welche die Tause empfangen haben, gehören dem Papste an, — sagt Pio IX. Darauf entgegnet nun zwar Kaiser Wilhelm: Der evangelische Glaube erlaubt uns keine» andern Vermittler zwischen Gott und uns, als unfern Herrn Jesus Christus anzu- nehmen; aber alle Proteste des Kaisers und Königs stoßen den vom Papste aufgestellren großen Grundsatz nicht um. Denn die Tause ist die Thür, durch welche man in die Kirche eintritt, und als Wilhelm getauft wurde, ist er ebenfalls in die Kirche Jesu Chriiti, deren Haupt der römische Pontifex ist, eingetreten. Durch die Taufe ist er in das geistige Unterthanenoerhätlniß zum Papste getreten. Cr ist Ketzer und sucht sich jenem Unierthanenverhält- niß zu entziehen, aber die Rechte, welche der Papst in Folge der Taufe über ihn erhalten hat, kann er nicht vernichten. Alle Preußen, welche im Königreiche Preußen geboren, sind Unter- thanen des preußischen Königs. Was nützt es, wenn einer derselben sagen wollte: Ich erkenne den König nicht an? Dieser Akt der Rebellion entzieht ihn keineswegs der Herrschaft, welche sein Souverän über ihn ansübl. Ebenso wird man durch die Taufe Bürger der Kirche, der Ketzer begeht einen Akt der Rebellion, bleibt aber immer Unterlhan des Papstes, wie der Rebell gegen seinen Souverän trotzdem Unterthan desselben bleibt. Darin liegt der Grund, warum der heil. Vater dem König Wilhelm geschrieben hat, daß, was heute in Deutschland geschähe, nur seinen Thron uuterwühlen könne; denn die eine Rebellion zieht die andere nach sich, und dieselbe Ausrede, welche heule dem Papste entgegengestellt wird, kann morgen auch dem Könige ent- gegengehalten werden. Wir hoffen daher, daß König Wilhelm bessern Rath annehmen wird. Wenn der jetzige Kaiser und König an die glücklichen Tage znrückdenkt, wo man gleichzeitig kio Xona und Friedrich Wilheim IV. und die deutschen Bischöfe hoch leben ließ, so wird er sich leicht überzeugen, daß jene Zeiten besser waren, als die von Bismarck trotz aller Siege und Vergrößerungen Preußens."
Der berühmte Trompeter von Mars la Tour, der aus den Händen des Prinzen Friedrich Karl das eiserne Krenz empfing und von Freiliqrath so herrlich besungen worden ist, ist einem barten Schicksal anheimgefallen. Er wurde brustkrank und ist als Invalide mit einer monatlichen Pension von 8 Thalern entlassen worden. Die „Gartenlaube" sucht jetzt einen passenden Posten für ihn und empfiehlt ihn dem Mitgefühl des deutschen Volkes.
Wittenberg, 25. Okt. Gestern wurde hier die Ehefrau des Schuhmachermeisters W. Wagner von lebenden Vierlingen weiblichen Geschlechts glücklich entbunden.
Dresden, 29. Okt. Als eine der erste» des Reichs betreffenden Amtshandlungen des Königs Albert bezeichnet man die Aufhebung des besonderen sächsischen Kriegsministeriums.
Dresdccn, 31. Okt. Der Beisetzung der Leiche des Königs Johann in der Fürstengrust der katholischen Hofkirche wohnten außer dem König Albert und dem Prinzen Georg viele fürstliche Personen an, deren Reihe der deutsche Kronprinz, Prinz Alfred von England und Erzherzog Karl Ludwig von Oesterreick eröffneten. Die preußischen, bayerischen und österreichischen Regimenter, deren Chef König Johann gewesen, waren durch Deputationen vertreten.
Kein Kaiser und König hat so prächtiges silbernes Tafel- zeng wie der Rath der Stadt Lüneburg. Es ist ein allbe- rühmtes Tafelzeug, jedes Stück ein Kunstwerk von seltener Schönheit. Da die RathSschmäuse auch in Lüneburg abgeschafft sind und die Stadt klein Geld braucht, so soll das kostbare Taselzeng verkauft werden. Die preußische Regierung hat 200,000 Thaler geboten, damit der Schatz nicht in die Fremde und in alle Winde gehe.
Posen, 28. Okt. Es ist hier ziemlich allgemein das Gerücht verbreitet, daß Seitens der Behörde alle Maßregeln für die Ueberführung des Erzbischofs Ledochowski nach der Festung Glogau, sobald sein Gesundheitszustand dies gestaltet, vorbereitet sind. Die erzbischöfliche Residenz, dicht an der Bahn gelegen, werde, wie es heißt, durch einen militärischen Cordon mit der Bahn in Verbindung gesetzt und ein Zug zur Aufnahme des Bischofs bereit gehalien werden, um denselben direct nach dem schlesisch - märkischen Bahnhof und von da nach Glogau zu führen. Man versichert, daß diese Maßnahmen absichtlich nicht geheim gehalten werden, um den Bischof zu bewegen, denselben durch eine vorherige freiwillige Entfernung ans dem Wege zu gehen.
Wien, 31. Okt. Die von dem Tagblatt gebrachte Nachricht, die vreußische Negierung habe hier 100 Millionen für Anteilen zur Verfügung gestellt, findet wenig Glauben. Immerhin bereiten sich große Finanz - Operationen vor, welche zwar geheim gehalten werden, mit denen aber Bleichröder wahrscheinlich in Verbind una fleht.
Die Regierung von Solothurn hat den Klöstern das Recht zur Beherbergung fremder Priester entzogen, weil in einem derselben ein wegen Unzucht verfolgter Pfaffe ans Baden gastliche Ainnahme gefunden hatte.
Paris, 30. Okt General Bellemarre hat an den Kriegs- Minister geschrieben, er könne im Fall der Erklärung der Monarchie nicht weiter dienen. Der Kriegsminister belachtet dieses Schreiben als ein Entlassungs-Gesuch und enthob Bellmarre des Brigade - Commando's.
Paris, 30. Okt. Union veröffentlicht einen Brief des Grafen Chambord vom 27. Okt. an den Abg. Chesnelong, in welchem er ihm die Achtung ausdrückt, welche sein edler Charakter ihm einflöße und ihm dafür dankt, daß er von der unerschütterlichen Festigkeit seiner Entschlüsse nichts verhehlt habe, und fügt hinzu: Da trotz Ihrer Anstrengungen die Mißverständnisse sich häufen, so erkläre ich, daß ich von meinen früheren Erklärungen nichts zurückziehe und nichts beschränke. Meine Forderungen vom vorigen Tage sind mir maßgebend für die Forderungen des morgigen Tages. Ich kann nicht einwilligen, eine Regierung der Wiederherstellung und der Stärke durch einen Akt der Schwäche zu eröffnen. Man liebt es, die Festigkeit Heinrichs V. der Geschicklichkeit Heinrichs IV. entgegenzusetzen. Aber ich möchte wohl wissen, wer es gewagt haben würde, ihm zu rathen, das Banner von Arc und Jvry zu verleugnen. Chambord betheuert seine Liebe für Frankreich und seine Achtung für die französische Armee. „Aber ich will ganz der Reinliche bleiben, der ich bin. Heute geschwächt, würde ich morgen ohnmächtig sein. Es handelt sich um nichts Geringeres, als auf ihren natürlichen Grundlagen die lief erschütterte Gesellschaft wieder herzustellen, energisch die Herrschaft des Gesetzes zu sichern, wieder erstehen zu lassen die Wohlfahrt im Innern, nach Außen dauerhafte Bündnisse abzuschließen und vor Allem sich nicht zu fürchten, die Gemalt im Dienste der Ordnung und der Gerechtigkeit anzuwenden." Chambord bemerkt, daß der Graf von Paris ihm keine Bedingungen gemacht habe. „Man hat von Mac Mahon keine Bürgschaften verlangt, ich habe das Recht, auf dasselbe Vertrauen zu zählen, ich muß dieselbe Sicherheit einflößen, meine Person ist nichts, mein Prinzip ist Alles. Sie vermögen viel, mein Herr, um die Mißverständnisse zu zerstreuen und Schwächen zu beseitigen. Frankreich kann nicht untergehen, denn Christus liebt noch feine Franzosen, und wenn Gott beschlossen hat, ein Volk zu retten, wacht er darüber, daß das Szepter der Gerechtigkeit nur in Hände gelegt wird, welche fest genug sind, es zu führen."
Versailles, 31. Okt. Die „Agence Havas,, meldet: In Folge des Briefes des Grafen Chambord scheint die Absicht der Proclamirung der Monarchie völlig aufgegcben zu sein. Man versichert, daß die konservativen Fraktionen darin einig seien, die Verlängerung der Vollmachten Mac Mahon's zu beantragen. Die Bureaux der Rechten werden heute Abend in Paris zusammentreten.
Der König von Hannover erregt in Paris als ein Opfer der Bismarckschen Politik überall die größte Theilnahme, hält sich aber sehr zurück und besucht nur Museen, Theater und Musikaufführungen, in welchen Dingen er dort für einen „Sachverständigen" gilt. Bekanntlich hat der König die Schwäche, sich vor der Oeffentlichkeit zu benehmen, als sei er im vollen Besitze seines Augenlichts.
sDie Reliquien Pins IX.sj Wir leben im Jahrhundert der Spekulation. Ist es da zu verwundern, daß auch einige „schwarze" Spekulanten auf die Idee gekommen sind, aus Pins IX. abgetragenen Gewändern und gestickten Pantoffeln, aus seiner nicht mehr in Gebrauch stehenden Leibwäsche Kapital zu schlagen, d. h. durch den Verkauf derselben in kleinen Stücken oder Fetzen Geld zu verdienen? Es ist dies in gewisser Art ein Pins-Kultus, der Verkauf von Reliquien, welche von einem Menschen stammen, der noch am Leben ist und auch nicht Willens, so bald zu sterben. Diese Spekulation ist zum größten Theile auf die Geldbeutel von Schwachköpfen in Frankreich und Belgien gemünzt. Mit großer Leichtigkeit ist dieselbe auszusüh- ren. Theils sind solche Stückchen oder Fetzen von weißem Tuche, rother Seide, Leinwand und dgl. echt, in den meisten Fällen jedoch sicher nur untergeschoben. In Rom lebende französische Geistliche oder Laien, wohl auch anderer Nationalitäten, vorzüglich polnischer, treiben diesen lächerlichen, obschon gewinnreichen Handel, über den kürzlich der Papst selbst sein höchstes Mißfallen ausgesprochen haben soll. Pius IX. sagte: „Oft verlangt man von mir selbst ein Käppchen von denen, die ich getragen habe, oder überbringt mir ein neues, um das zu haben, welches ich gerade trage. Nie macht es mir Vergnügen, derartige Wünsche zu erfüllen, obschon ich glaube, daß jene Käppchen nicht zum Zerstückeln und Verkaufen gedient haben. Das aber, was ich höre, erregt mein höchstes Mißfallen." Ein anwesender Prälat ergänzte die dem Papste gemachte Erzählung durch die Worte: „Heiliger Vater, der Unfug geht so weit, daß in meinem Vaterlands sogar Strohhalme verkauft werden, welche angeblich aus dem Strohsacke kommen sollen, der unter den Matrazen in Eurer Heiligkeit Bett sich befindet. Solche Halme wurden mit 1 und 2 Fr. gezahlt." Des Papstes Züge wurden sehr ernst und er brach das Gespräch ab.
> In Pompeji wurde kürzlich bei der Porta Stabina eine